Carl Hauptmann
Nächte
Carl Hauptmann

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Ausklang

Franz Popjel war seit der Mutter Tode neu erwacht. Starr und fremd, dunkel und unnahbar noch immer. Aber streng gegen sich und von zäher Arbeitssucht.

Franz hatte begonnen mit Selbstvergessenheit die Rechte zu studieren und brachte es sehr schnell vorwärts.

Schon als junger Richter wurde er wegen seines Scharfblickes angestaunt.

Eduard und Hellen waren ein Paar, dessen Klänge allen ein Glück deuchten, die die harte Welt unter Harmonien vergessen wollten.

Die Brüder sahen sich fast nie. Sie hatten sich gar nichts mehr zu sagen. Sie wußten mit einander nur noch von den gleichgültigsten Dingen zu reden.

Aber wenn sie an einander dachten, geschah es mit Liebe und Stolze.

Auch Eduard konnte mit Stolz an Franz denken.

Franz galt bald als einer der glänzendsten Rechtsmänner, die mit sicherem Gefühl das Körnchen Wahrheit erspähten, und Verrat und Treue, die Lüge und die sittliche Haltung wie Spürer wogen. Das bißchen Feingold und den kleinen, blinkenden Edelstein in der grauen Erzgrube.

Auch Franz war ein Meister geworden, wie Eduard es in der Musik war.

Und Franz war rastlos tätig und sah nicht zurück.

Er blieb unverheiratet.

In seinem Hause war es einfach wie in getäfelten Hallen. Nur strenge Bildungen der Antike standen ein paar auf Sockeln herum. Und ein Uhu stand groß als mächtiges Wahrzeichen an Weisheit gemahnend über seinem Schreibtisch.

Sein Blick war immer vergraben und sprang jäh auf die Dinge, die sich plötzlich vor seine Augen stellten. Aber sein Blick war doch voll Güte.

Nur das häßliche, heisere Lachen war von dem einstigen Franz zurück geblieben. Wenn Franz Popjel in schwarzer Robe und schwarzem Barett im Schwurgerichtssaal präsidierte, konnte es noch einmal unversehens ausbrechen. Und es mußte jedes feinere Ohr seltsam treffen und verletzen. Aber die andern Richter im Saale wußten dann, daß sein schwermütiger Blick einen Augenblick noch tiefer und sehnsüchtiger glänzte, der den Angeklagten gleichsam nur für sich mitleidig zu streifen schien. Und sie wußten auch, daß er dann zur Milde gewonnen war.


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