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Geleitwort

Zu »Rhythmen«, zehn Steinzeichnungen von Ludwig von Hofmann

Ob man auch wenige Blätter eines bedeutenden Künstlers vor Augen hat, sie werden sein gesamtes Werk vor die Seele rufen. Das Werk Ludwig von Hofmanns ist durch und durch Kultus der Schönheit. Es ist damit wenig gesagt. Der Streit über das Wesen der Schönheit ist noch nicht ausgetragen. Wir wollen ihn nicht entscheiden. Das Werk Ludwig von Hofmanns überträgt in die willig erschlossene Seele Heiterkeit, Freude, Rausch, Glanz. Die Gestalten des Werkes, Mensch, Tier, haben die Aura von Göttern, oder sie leben in Götternähe. Sie trinken den gleichen Äther mit Zeus und Helios. Besonders diesem Gotte scheint das in ewiger Jugend freudeatmende Menschengeschlecht entsprossen zu sein und den Sonnenrossen die Hofmannschen Pferde.

Selige Mädchen, selige Knaben, selige Kindlein, Tänzerinnen, Badende, Licht- und Freudeberauschte überall, allüberall. Überall auch die keusche Nacktheit des Griechentums. Ob dieser Künstler Pinsel, Farbstift oder Holzschnittmesser führt, es ist immer ein Suchen, nach dem entschwebten Lande der Griechen, mit der Seele. Die Zartheit, die Reinheit, die Innigkeit seiner Hand in diesem Betracht erinnert an Hölderlin.

Wie seltsam, wenn man von diesem Suchen und Finden des entschwundenen Landes der Griechen den Blick auf die grundstürzenden Geschehnisse unserer harten Zeiten abirren läßt. Beinahe ist es, als blickte man von der Mondinsel Leuke auf eine verfluchte Erde hinunter. Als weltfern und weltfremd könnte man diesen Gestalter mit Pinsel und Stift ansprechen, ihm etwa auch einen Mangel an Ernst vorwerfen, träten nicht essentielle, vom reinsten Feuer des Lebens durchglühte Gebilde aus ihm hervor, die als solche nach einem Recht auf Dasein nicht zu fragen haben, und läge nicht Flucht in jeder Art Eigenleben, das sich erhalten und durchsetzen will. Hier ist also kein Mangel an Tiefe, kein Mangel an Ernst, kein ruchloser Optimismus, wie Schopenhauer es nennen würde, sondern aus dem gesättigten Humus, aus dem Kampf-und Gräberfelde der Erde, darin ihre Wurzeln sich ausbreiten, erhebt sich die überirdische Blume dieser Kunst.

Agnetendorf im Sommer 1921


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