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Die Morgensonne schien in die Stube.
Der Freihöfler saß zum Ausgehen gerüstet am Pult und schrieb. Es war eine seiner Gewohnheiten, über Schweres, das ihn bedrängte, einen schriftlichen Abriß zu machen, um dadurch mit sich selber ins klare zu kommen.
Gertrud, die mit blassem Gesicht ab und zu ging, wußte, was ihn beschäftigte.
Er schrieb das Sündenregister Röbis.
Sie erwartete, er werde ihr das Blatt zeigen, aber er faltete es, legte es in die Brieftasche und stand mit einem Seufzer auf.
»Ich will mich wegen Röbi nicht bloß auf die Aussagen des Pfarrers berufen, sondern auch vom Sternenwirt und seinem Dienstmädchen Berta hören, was in den Sitzungen der Jungmannschaft vorgegangen ist, und ein paar der Burschen selber einvernehmen. Gewiß leiste ich damit dem Gericht auch einen Dienst.«
»Gericht!« schrie Gertrud auf.
»Ja, Gericht! Heute handelt es sich um eine frevelhafte Lebensgefährdung, vielleicht mit bleibendem Nachteil, morgen kann es fahrlässige Tötung sein – auf beiden steht Gefängnis. Daß du als Friedensrichtertochter nicht so weit siehst!«
Doch, jetzt sah sie auch so weit.
Der Vater aber fuhr fort: »Wenn ein Knecht in einer Rauferei einem Mitknecht den gleichen Lebensschaden zugefügt hätte wie Röbi dem Gesellen Balz, wäre er sicherlich schon verhaftet. Was schützt Röbi davor? Nur die Tatsache, daß er bisher ein angesehener junger Mann war und das Opfer ein wenig beachteter, fremder Mensch. Er braucht aber nur einen einzigen Feind zu haben, der klar auf den Tatbestand hinweist, und die Behörden müssen ihn verhaften. Oder, wenn Balz stirbt –-!«
Als der Vater nicht schnell, nicht langsam, doch schwer bedrückt ins Dorf hinunterstieg, blieb Gertrud am Fenster stehen und sah ihm mit verkrampften Händen nach. Die Worte: »Lebensgefährdung«, »bleibender Nachteil«, »fahrlässige Tötung«, »Verhaftung« lagen ihr wie Blei im müden Kopf. Sie ließ ihn hoffnungslos sinken. Sie wußte, ihre Liebe zu Röbi mußte an dem gestrigen Unglücksfall sterben. Wenn sie ihm zehnmal verzieh, so kam doch der Vater nicht über die unbegreifliche Missetat hinweg, –er und Röbi würden sich nie wieder in Eintracht und gegenseitiger Achtung finden. Ja, die goldenen Ringe waren zersprungen!
Sie konnte nicht lange in sich hineingrübeln, die Pflicht forderte sie.
Die für den Tag bestellte Wärterin kam, diejenige, die über Nacht bei Balz gewacht hatte, ging, und bald darauf erschienen die beiden Ärzte, der von Haldenegg und der von Buchen, die den Verunglückten endlich einmal gründlich untersuchen wollten.
Nach einer halben Stunde gab der alte Doktor Heuscher Auskunft: »Es handelt sich um einen Lungenriß und innere Quetschungen, über deren Natur wir noch nichts weiter feststellen können. Wir glauben nicht an eine unmittelbare Lebensgefahr, sondern daß erst einer der nächsten Tage die Entscheidung bringen wird. Die Schmerzen und das Fieber werden sich noch steigern, die Überführung des Verunglückten in ein Krankenhaus oder auch nur ins Dorf hinunter ist vorläufig unmöglich. Sie werden ihn eine Weile behalten müssen!«
»Das soll gern geschehen,« versetzte Gertrud.
Als sie die Ärzte an die Türe begleitete, bemerkte sie, daß Konrad Erb mit einem halben Dutzend Burschen die Wiesen reinigte, und bat ihn um rasche, gründliche Arbeit, damit das Ärgernis dem Vater aus den Augen komme.
»Das ist der traurigste Tag meines Lebens!« jammerte der Bucklige. »Ich habe Röbi Heidegger stets gemocht und ihn gleich zu Anfang vor der Komödie mit dem Gesellen Bläser gewarnt. Was half's? Er hat sie durchgesetzt!« Und er erzählte ihr von der wirren Heimkehr Röbis und dem schrecklichen Zuruf der Alten.
Gertrud stürzten die Tränen hervor, sie schwankte ins Haus zurück.
Das Unglück wuchs ja stets!
Sie wußte vor trüben Gedanken und Elend kaum, was sie tat. Gegen zwölf Uhr kam der Vater aus dem Dorf zurück, keuchend, und sie hatte ihn noch nie so alt gesehen, seinen Kranzbart noch nie so grau; aber er bewahrte doch die äußere Ruhe.
»Nun, wie steht's? Deinem Gesicht nach schlecht. Du bist erbärmlich dran, Kind!«
»O,« erwiderte sie, »wenn man das Unglück mit Geld gutmachen könnte, ich würde, was ich von der Mutter habe, gleich für Balz bestimmen, und Röbi gewiß gern sein Alles. Wir wollen arbeiten! Wenn wir nur nicht auseinander müssen!«
»Ihr werdet schon auseinander müssen,« grollte der Freihöfler finster, »und Röbi kann Gott danken, wenn es bei eurer Trennung und einem Schadenersatz an Balz sein Bewenden hat. Wie ein Blindwütiger hat er gehandelt, Balz angegeben, du seiest seine Base, ihm aufgebunden, du erwiderst seine närrische Leidenschaft. Ein sauberer Verteidiger des Rechts! Auch erzählten die Burschen einmütig, Rothlisberger wäre freilich geritten, wenn Röbi es geduldet hätte; aber er wollte den Scherz mit dem Gesellen.«
»Sie sind jetzt alle gegen ihn!« Gertrud atmete rasch und schwer.
Der Vater kam ins Feuer. Mit überzeugender Klarheit und Schärfe gab er ihr von Anfang bis zu Ende das Bild, wie sich Röbi an Balz vergangen habe, wie er einzig und allein die Schuld trage, wenn ein achtbares Menschenleben verloren gehe.
Weit vorgebeugt, die Hände auf den Knien, saß sie wie ein Häuflein Unglück, und nur ihre Schluchzer unterbrachen seine Anklage.
»Und seine Verhaftung wird doch wohl erfolgen müssen. Seine Großmutter hat es ja auf die Straße hinausgeschrien, was über dem Unglück werden kann.«
»Nein, sprich es nicht aus!«
Ihr Gesicht zermarterte sich stets mehr, und ihre Hände ballten sich krampfhaft.
»Vater, ich bin nicht weniger schuldig als er.«
Leise wie ein Windhauch kam das Bekenntnis von ihren Lippen.
»Kind!« fuhr er empor. »Doch ich weiß es. Als Balz in der letzten Stunde nicht mehr reiten wollte, da hast du ihn beredet. Du hast gewußt, daß er dir in seiner törichten Leidenschaft nichts abschlagen konnte. Was hast du ihm gesagt?«
Sie beichtete ihm die verhängnisvolle Unterredung, ohne den Blick zu erheben.
Er ging eine Weile schweigend in der Stube auf und ab. Dann keuchte er: »Eine Kammer in unserem Haus. Vortrefflich! Dann hat er allerdings ein Recht, hier zu liegen und zu sterben.«
»Du hast mir den Gedanken selber eingegeben, Vater! Du erinnerst dich –am Ostervorabend. Du sprachst von einem Gotteslohn, der sich an Balz verdienen ließe. Im Hintergrund meiner freundschaftlichen Zurede stand der Wunsch, ihn von seinem Heißhunger zu heilen, wie die Großmutter das Knechtlein, von dem du mir erzählt hast. Ich habe Balz trotz seiner Lächerlichkeit stets gern gehabt.«
»Es war aber doch kühn von dir,« knurrte der Freihöfler. »Ohne mein Vorwissen!«
»Haben wir uns nicht immer verstanden, Vater?«
»Ja, ein Alter läßt sich viel gefallen, wenn er nur eine einzige hat –zu viel! Doch jetzt die Frage: Hat dich Röbi aufgestiftet, daß du Balz zu dem Ritt überredest?«
»Nein, Vater. Ich tat es aus eigenem Trieb, aus Liebe zu Röbi, aus Erbarmen mit seiner großen Verlegenheit. In diesem Punkt ist er unschuldig!«
»Aber er hat eine andere Schuld! In seinem falschen Ehrgeiz hat er dir verschwiegen, daß Balz noch unter den Folgen seines Heißhungeranfalles litt –und so bist du allerdings unwissentlich seine Mitschuldige geworden!«
Sie nickte leise und schmerzerfüllt.
»Kind –Kind! Wir sind tief im Unglück!«
Dumpf kam's von seinem Munde. Er faßte Mitleid mit der Erschöpften, er ließ sie allein, ging ins Freie, doch planlos und ohne einen Gedanken an Arbeit. Gegen Abend aber kam er wieder: »Ich will mich noch heute mit Röbi auseinandersetzen!«
»Nur heute gönne ihm Ruhe, Vater, er hat eine schreckliche Nacht hinter sich,« bat sie.
»Ich muß doch mit ihm sprechen –um seinet- und deinetwillen! Ich werde ihm den Rat geben, Haldenegg in aller Stille zu verlassen. Ich kann ihm vielleicht damit die Schande der Verhaftung und dir ein Verhör ersparen. Aus den Augen, aus dem Herzen! Wenn Röbi fort ist, so beruhigt man sich im Dorf eher wieder! Freilich, wenn Balz stirbt, wird ihn auch die Stadt nicht schützen.«
»Ja, geh, Vater,« stöhnte Gertrud.
Sie war am Ende ihrer Kraft, und als er fort war, versank sie in einen Dämmerzustand zwischen Schlummern und Weinen.
Auch der Freihöfler hatte das Gefühl, daß er in seinem Leben nie einen schwereren Weg gegangen sei als an diesem Tage, selbst damals nicht, als ihm sein schöner Knabe dahinstarb, und nicht, als er seinem Weibe die Augen zudrückte. Wie ist es furchtbar, junge Liebesleute zu trennen!
Im Elternhaus Röbis empfing ihn die alte Frau Heidegger.
»Ihr kommt wegen des Lausbuben!« rief sie ihm aufgeregt entgegen. »Ist Balz gestorben?«
»Nein –und den Lausbuben würde ich unterschreiben, aber Ihr habt am Morgen mit Eurem Zuruf wie ein Todfeind an Röbi gehandelt. Wenn er verhaftet wird, seid Ihr schuld. Wo habt Ihr den Verstand, alte Frau? –Ich möchte ihn jetzt unter vier Augen sprechen.«
Röbi, der seine Stimme gehört und erkannt hatte, kam, an Leib und Seele zerschlagen, im Gesicht und an den Kleidern noch die Spuren der vergangenen schrecklichen Nacht, aus einem Obergemach in die Stube herunter. Unfähig, sich aufrecht zu halten, ließ er sich quer auf einen Stuhl sinken, stützte den Kopf und starrte den Freihöfler mit geröteten Augen an.
Ihn jammerte der junge Mann. »Nein, das ist kein schönes Wiedersehen! –Dein Vater hätte an dir jetzt auch keine Freude!« So begann der Freihöfler.
Röbi war zu erschöpft, als daß er den Vorwürfen und Anklagen hätte Widerstand leisten können, er brach unter der Rede des Freihöflers immer tiefer zusammen, und darüber wurde die Sprache des Alten milder, als er sich selber gedacht hatte, in der Sache aber blieb er fest.
»Ich kann dir also das künftige Schicksal Gertruds nicht anvertrauen. Sie sieht es auch selber ein, daß Euer Verlöbnis rückgängig gemacht werden muß. Und du hoffentlich mit ihr! Wie hast du dein Glück zerschlagen, du, der jetzt zu Gott um das Leben des langen Balz bitten und betteln muß.«
Mit zitternder Stimme schloß der Freihöfler seine Auseinandersetzung.
Röbi quollen schwere Tropfen in die Augen. »Ich muß mich fügen,« murmelte er, und ein jähes Wort kam ihm zwischen die Zähne, das den Alten zornig aufschnellen ließ.
»Dort hängt das Bild deines Vaters –schäme dich! –Du hast die Pflicht, zu leben und dich dem Gericht bereitzuhalten, wenn es wegen Balz zu einer Untersuchung kommt, –du, der du ein Diener des Rechtes werden wolltest!«
»Also –ich halte mich bereit. Man braucht mich gar nicht zu suchen, nur zu rufen. Was ich eingebrockt habe, esse ich aus!« ermannte sich Röbi.
Beinahe hatte der Freihöfler wieder ein Gefallen an ihm. Was war doch Röbi für ein Mensch! Sobald er blickte und sprach, faßte man Vertrauen zu ihm, hatte man das Gefühl, er müsse einmal ein Mann werden, der Großes leiste –und doch enttäuschte er diejenigen, die auf ihn bauten, stets wieder. –Das schoß dem Freihöfler durch den breiten Kopf.
Als er ihn aufforderte, unauffällig in die Stadt zu reisen, vergaß Röbi seine Schwäche, er richtete sich stolz vor ihm empor: »Nein, ich bleibe hier! Was da kommen mag, ich biete euch allen die Stirn.«
»Dann geh um Gertruds willen dem aufgeregten Dorf aus den Augen. Bedenke dir das Elend, wenn sie auch nur als Zeugin gegen dich sprechen müßte. Es ist der letzte große Dienst, den du ihr leisten kannst!«
Da stutzte Röbi. »Ich will ihr, wenn es möglich ist, die Qual eines Verhörs ersparen. –Ich gehe! –Daß ich aber heimlich aus der Heimat schleichen muß, das tötet mich fast!«
Die Tränen rollten ihm über die Wangen.
»Und nun noch eines, Röbi, zu deinem Vorteil. Darf ich vor den Behörden und jedem, der es wissen will, bezeugen, schriftlich vorweisen, daß du Balz für Kosten und Schmerzen freiwillig aus deinem Vermögen einen ebenso großen Schadenersatz verbürgst, als ihn ein Gericht dem Verunglückten zusprechen würde? Das wird die öffentliche Meinung beruhigen, mit dir versöhnen und, wenn es zum Schlimmsten kommt, selbst auf die Richter einen guten Eindruck machen.«
»Ich schreibe den Schein!« stieß Röbi hervor.
»Zunächst kommt Gertrud für Balz auf,« erklärte der Freihöfler.
Das Abendlicht spielte auf seiner nicht durch die Narbe entstellten Wange, und der Alte betrachtete ihn schweigend. Stich um Stich ging ihm durch das Herz. Was war Röbi noch gestern für ein hoffnungsvoller junger Mann gewesen, ein Mann, dem die Achtung und das Vertrauen der anderen von selber zufiel und alle Schönheiten des Lebens winkten. Wie er jetzt aber aschgrau und abgeschlagen dasaß, erinnerte er schon an jene, die hinter den Mauern eines Gefängnisses die Farbe der Sonne und Freiheit verloren haben. Und doch lag erst ein Tag zwischen Glück und Unglück! -
Röbi reichte ihm den Schein.
»Steig in deine Kammer und zieh dich um,« mahnte der Freihöfler. »Ich will dich aus dem Hause gehen sehen!«
Eine Viertelstunde später gab ihm Röbi mit tränenerfüllten Augen die Hand. Stumm! –Vater durfte er ihn nicht mehr nennen, und »Herr Friedensrichter« brachte er nicht übers Herz. -
Dort ging er in der Dämmerung den Wiesenweg.
Mit klopfendem Herzen blickte ihm der Freihöfler nach. Was brachten die nächsten Tage? –Welch ein Elend, wenn auf den jungen Mann der Makel einer gerichtlichen Verurteilung fiele! Da hatte Röbi ein verfehltes Leben vor sich. Nach verbüßter Strafe würde er sich, um seine Schande zu verbergen, irgendwohin in die Fremde schlagen und über die verscherzte Mannesehre sein Leben lang unglücklich sein.
Noch mehr jammerte es den Freihöfler, der gesenkten Hauptes den Heimweg antrat, um Gertrud. Wie schrecklich, eine junge, hoffnungsreiche Liebe aus dem Herzen reden zu müssen! Aus einem so heißen, tiefen Herzen wie dem ihren. Das brauchte Jahre, ihre schönsten Jahre, –und ein Riß blieb auch in ihren: Leben.
Er sah vor sich nichts als Kummer. Die Trennung aber hatte sein müssen. Nur keinen Schwiegersohn mit einem Flecken auf der Ehre!
Hatte er wohlgetan, Röbi zur Abreise zu bewegen?
Im Dorf munkelten viele: »Da sieht man den Feigling! Den anderen ins Unglück bringen und sich aus dem Staube machen, ist leicht. Und was haben wir für Behörden? Weil er aus einem angesehenen Hause stammt, hat er fliehen dürfen. Als aber bekannt wurde, daß er sich freiwillig und schriftlich anerboten habe, für den langen Balz mit seinem Vermögen einzustehen, da hieß es: »Ja, er war stets ein vornehmer Mensch, er ist es sogar jetzt, da er sich selber ins Unglück gebracht hat. Nicht jeder handelt so!«
Allmählich beruhigten sich die Dörfler. Am meisten, weil sich die stets wieder auftauchenden Gerüchte, Balz sei gestorben, ebenso stetig als unwahr erwiesen.
»Siebenmal umsonst totgesagt –da kommt einer sicherlich wieder auf!« lachten sie.
»Und wenn einer die Pflege hat wie er! Die Tochter des Friedensrichters sitzt Tag und Nacht an seinem Bett, und Wälti muß für ihn in der Runsmühle junge Täubchen holen. –So gut geht es nicht jedem heißhungrigen Gesellen!«
»Sie wird wissen, warum sie's tut. Kommt Balz mit dem Leben davon, so kommen Röbi und sie zusammen; stirbt er, so muß sich Röbi vor Gericht verantworten –und der Freihöfler ist der Letzte, der ihn dann noch zum Schwiegersohn nimmt!«
So fielen die Gespräche im Dorf.
Der Tod streifte Balz.
Erst am neunten oder zehnten Tag trat eine merkbare Wendung zur Genesung ein.
Doktor Heuscher von Buchen gab Gertrud einen Blick der Bewunderung. »Wir hätten ihn ohne Ihre Hand auf seiner Stirn nicht durch die Fieber gebracht. –Nun aber legen Sie sich selber hin, sonst wird Bläser gesund, und Sie sterben!«
Ihr brausten die Ohren vor Müdigkeit, und farbige Ringe tanzten vor ihren Augen. Als sie in den Spiegel schaute, erschrak sie über sich selber, über ihre eingefallenen Wangen und tiefliegenden Augen. –Wie war sie schon alt!
In ihrer Brust aber hatte sie ein hohes, reines Glück. Sie wußte, weder Ärzte noch Wärterinnen hatten Balz am Leben erhalten, nur sie, die ihn mit ihren Bitten selbst in den wildesten Fiebern zur Ruhe zwang. Er wäre ohne sie in den Fieberstürmen an den wieder aufreißenden inneren Wunden verblutet. Nun waren sie doch schon leise vernarbt.
Schnell ein Paar befreiende Worte an Röbi!
Und sie versank in einen langen Schlaf.