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Maler müssen sich eine wandernde Lebensart gefallen lassen, wenn sie nicht in einer großen Stadt oder reichen Residenz haushäblich sind, oder einen eminenten Ruf haben, der die Liebhaber zu ihnen hinzieht. In jener Zeit, wo das Künstlerlob noch nicht so papierne Flügel hatte, war dieß desto nothwendiger. Auch Holbein mußte mit seiner Kunst hinaus nach Brot gehen, das er in Basel nicht fand; wenn auch seine vorzügliche Geschicklichkeit in die Augen fiel, so ward doch sein großer Ruf erst durch seinen Aufenthalt in England begründet. Indessen weiß man auch von seinen Reisen wenig persönliches, Spuren aber sind genug vorhanden, daß er in dem schweizerischen Vaterlande und dem benachbarten Schwaben herumgekommen sey, und sich an mehreren Orten längere Zeit verweilt habe.
117 Es ist bekannt, daß er sich in Luzern einige Jahre aufgehalten und viel daselbst gemalt hat. Von dem Schultheiß Jakob von Hartenstein wurde er 1517 dahin berufen, um sein neuerbautes Haus mit Malereien auszuzieren, wie dessen noch Familienpapiere Zeugniß geben sollen. Dieses Haus, welches 1824 noch zu sehen war, jetzt aber abgetragen ist, um einem neuen Platz zu machen, war aus- und inwendig bemaltNoch ehe die Malereien gänzlich zerstört wurden, ließen zwei zu gutem Glück gerade anwesende Schweizeroffiziere colorirte Zeichnungen davon nehmen, die jetzt gestochen oder lithographirt werden sollen, woraus sich dann auch der nähere Inhalt dieser Bilder, der hier zu weitläuftig wäre, ergeben wird., und wenigstens die sichtbare Außenseite wurde von jeher als ein Werk Holbeins anerkannt und gepriesen. Zu oberst an derselben zeigten sich fünf Abtheilungen mit Bildern aus der altrömischen Geschichte, unten daran war ein Triumphzug nach Mantegna gemalt, dann kam zwischen zwei Fenstern das Hauptstück, auch eine Geschichte aus der alten Welt, von deren Inhalt kein bestimmter Aufschluß gegeben werden konnte. Ueber der Hausthüre war eine Reihe Kriegsspiele treibender Kinder angebracht, und an mehreren Orten dieser Außenseite die Wappen des Hausbesitzers und seiner Frauen, deren er nach einander viere hatte, mit der 118 Jahrzahl seiner Verehlichung. – Wenn auch nicht schon die von Alters her sich fortpflanzende Sage und der Holbeinische Styl in Anordnung und Stellung der Figuren, wie auch in der Drapperie und den Verzierungen auf den Meister hinwiesen, so thäte es noch eine in der Basler Bibliothek aufbewahrte Handzeichnung desselben, die einer der vorgestellten römischen Geschichten klar und überzeugend entspricht.
Auch die innern Gemächer des Hauses enthielten gemalter Gegenstände viele. Noch bis auf die letzte Zeit waren in fünf Zimmern an Wand und Mauer Bilder, mehr oder weniger gut erhalten, zu sehen; und es zeigten sich noch Merkmale, daß das ganze Haus damit angefüllt gewesen, wovon aber das Meiste durch Bauveränderungen sich verloren hat. Eines jener fünf Zimmer, einen großen Saal, der noch in seinem ursprünglichen Zustande war, sahe man mit Jagden ausgeschmückt, und zur Seite des Kamins den verjüngenden Born (fontaine de jouvence) mit mannigfaltigen Figuren angebracht. Ein anstoßendes Zimmer zeigte die Schutzpatrone der Familie, Legenden und andere geistliche Gegenstände. Und so waren auch die übrigen Abtheilungen und Kammern mit Kriegsscenen, Ornamenten, Stillleben und dergleichen, theils in Farben, theils grau in grau bemalt, wobei das Hartensteinische 119 Wappen immer wieder vorkam; bei einem derselben war die Jahrzahl 1517 zu lesen. Ein Monogramm war nirgends zu finden, welches überhaupt in Holbeinischen Bildern nur selten angetroffen wird.
Es ist auch noch ein Bildniß von dem Erbauer dieses Hauses bei einem seiner Nachkommen zu sehen, welches auf Tuch gemalt und mit der Jahrzahl 1514 bezeichnet seyn soll, wonach es zu Holbeins frühesten Erzeugnissen gehörte, wofern die Zahl nicht etwa 1517, als die Zeit seines Aufenthalts in Luzern, zu lesen ist, da nach alter Schreibart 4 und 7 leicht zu verwechseln sind. Auf Tuch hat Holbein in spätern Zeiten höchst selten, früher manchmal, so wie auch häufig auf Papier, gemalt.
Das Haus Zur Gilgen bewahrt ein Familien-Porträt, das immer für Holbeins Arbeit gegolten hat und auch ganz seinen Pinsel verrathen soll. Andere, denen hier ebenfalls dieß Prädicat beigelegt wird, möchten weniger begründeten Anspruch darauf machen können.
Noch sieht man bei Herrn Canonicus Geiger zwei Bilder auf Holz gemalt, mit der Jahrzahl 1516, ohne Monogramm, das Eine die Kreuzerfindung, das Andere die Kreuzerhöhung vorstellend, die ebenfalls für Holbein gehalten werden. Der Zeichnung und Composition nach könnten sie es wohl seyn; die Farbenbehandlung aber 120 ist etwas roh, doch nicht schlecht. Auf der Rückseite sind beide Stücke mit einem gemalten Maltheserkreuze bezeichnet.
Von den fünf oder sechs Kirchengemälden in Luzern, deren Patin gedenkt, konnte bis dahin nur Eines, die Kreuzabnahme, ausfindig gemacht werden. Dieß wurde als ein unstreitiges Originalstück aus früherer Zeit anerkannt, war aber untenher häßlich übermalt. Seit einiger Zeit ist es unter den Händen des geschickten Maler Wocher's in Basel, der das Fehlerhafte wegzubessern sucht.
Zu Altorf im Lande Uri, von wo der oben angeführte Hofjuwelier Philipp Holbein sein Geschlecht herleitet, und wo das Standeswappen mit dem Holbeinischen beinahe dasselbe ist, »warenMorgenblatt, 1821. Nr. 254. vor der Einäscherung des Fleckens 1799 noch einige seltene, nicht zu bestreitende Originale von Holbein in Kirchen und Privathäusern. Unter ihnen zeichnete sich das herrliche, unersetzliche Altargemälde über dem Hochaltare der Pfarrkirche aus. Es stellte Christum am Kreuze im Momente seiner Worte: Es ist vollbracht! vor, und war auf Tuch gemalt.« – Und gegenwärtig soll sich, eben dieser Nachricht gemäß, »in dem Convente des Capuzinerklosters noch ein bemerkenswerthes Gemälde, Christus im Grabe, wo nicht von 121 diesem Meister, doch, nach dem Urtheile der Kenner, von einem seiner besten Schüler, aus gleichem Zeitalter und ganz im Geiste des Meisters gemalt, befinden.« Welche Nachricht auf eine gute alte Copie hindeutet, denn eine Schule hatte der fahrende Künstler nicht; indessen lassen diese mancherlei Arbeiten auf einen verlängerten Aufenthalt desselben in Altorf schließen.
Auch in Bern, wo sein Oheim Sigmund sich niedergelassen und Haus und Hof hatte, mag er sich wohl mehr als einmal aufgehalten haben. Man trifft daselbst noch mehrere Bilder von ihm an, die nicht erst in neuern Zeiten hingekommen sind. Das bedeutendste derselben soll ein Ecce Homo mit lebensgroßen Figuren, im Besitze eines Herrn Tillier, seyn»Es ist würklich Holbeins würdig; auch Aberli, Freudenberger und Rieter hielten es für echt.« – Nach schriftlichem Zeugnisse des geübten Kunstfreundes, Herrn Sigmund Wagner in Bern. 1821..
Der Herr Schultheiß, Graf von Mülinen, besitzt ein sehr schönes auf Pergament gemaltes Porträt in Oehl; es ist auf blauem Grunde mit äußerstem Fleiß ausgeführt, und wird zu den besten Werken des Meisters gezählt. Die bedeutende Sammlung eben dieses Kunstkenners enthält auch ein Exvoto-Gemälde mit vielen 122 Figuren, auf Holz, von 3 Fuß Höhe und 2 Fuß Breite, oben abgerundet. Die Votanten, ein Ritter und seine Frau, kleiner, als die übrigen Figuren, liegen unten betend auf den Knieen, zwischen ihnen ihre Wappen und ein Stundenglas mit der Umschrift Ich wart der Stund. 1513. Höher, nach größerm Maaßstabe, sitzt Maria betend, und gegenüber die heilige Anna, die ihr das Kind reicht, das nach dem Buche greift. Um sie her stehen vier Heilige, als die Schutzpatrone des Ritters. Hoch in der Mitte in die blaue Luft empor hängt Christus am Kreuze, mit verzerrtem Gesichte, und den Hintergrund macht ein mit Felsen und Burgen begränzter See aus. Die meisten Köpfe sind Porträte. – Nach der Jahrzahl, wofern sie nicht eher auf das Votum (wie wahrscheinlich ist) als auf die Zeitangabe des Malens Bezug hat, denn ein Monogramm des Künstlers ist nicht dabei, müßte dieß eine der allerfrühesten Arbeiten Holbeins gewesen seyn, und der funfzehnjährige Knabe hätte wirklich schon Großes geleistet. Für ein Werk Holbeins sprechen das heitere Colorit, die schattenlose, zarte Carnation, die schön ausgeführten Köpfe (die Extremitäten sind nachlässiger behandelt) und das fließende Gewand ohne steife Ecken, vielleicht auch der häßliche Christuskopf, den der junge Holbein selten nach Würde darstellte. Das 123 Ganze verräth einen Meister, der sich an die van Eyckische Schule gehalten. – Dieß Bild kömmt von Luzern, auch gehörten die darauf befindlichen Wappen Luzerner Familien an.
Noch in andern Berner Häusern werden ebenfalls mehr oder minder gültige Bilder von Holbein vorgewiesen. Auf der Stadtbibliothek sieht man den Leichnam Christi, ohne Zweifel eine alte Copie von dem Baslerischen; und wenn es wahr ist, wie ein alter Catalog der Bibliothek angibt, daß das daselbst befindliche halblebensgroße Bildniß der Jeanne d'Albret, Mutter Heinrichs IV., Holbeins Arbeit seyEs ist fein, leicht und mit dünner Farbe gemalt, und merkwürdig durch die auffallende Aehnlichkeit mit ihrem Sohne., so müßte er in seinem spätern Leben auch in Frankreich gemalt haben.
In Zürich ist von allen den Stücken, die Patin anführt, nichts mehr bekannt. Mehrere Porträte daselbst unter Holbeins Namen sollen Hans Asper zum Urheber habenJ. E. Füßly's Gesch. der Künstler in der Schw. I. 29..
In Constanz ist (nach dem Berichte eines Kunstverständigen) in der Sakristei des Münsters eine große Tafel aufgestellt mit zwei Nebenflügeln, die auf beiden Seiten 124 bemalt sind; ein schönes Kunstwerk, das Holbein zugeschrieben wird. Die mittlere Tafel zeigt Christum am Kreuze zwischen den beiden Schächern; die heilige Mutter umfaßt das Kreuz, bei ihr stehen die Freundinnen und Johannes; auch zwei Männer, worunter einer geharnischt, sind im Vordergrunde zu sehen; in der Ferne Volk und Landschaft; die vordem Figuren sind über halbe Lebensgröße. Auch hier soll der Christus die mißlungenste Figur, hingegen andre Köpfe und Gestalten vortrefflich seyn. Vergoldungen, sonst selten in seinen Bildern, finden sich hier.
Die beiden Seitenflügel stellen Heilige vor, die auf das Bisthum Constanz Bezug haben; die Malerei daran wird sehr gepriesen. Ein Monogramm soll nirgends zu finden seyn; hingegen wird ein fußlanger hohler Knochen, der quer im Vorgrunde des größern Gemäldes liegt, sinnbildlich von Vielen dafür angesehen. Auf dem linken Flügelstück ist die Jahrzahl 1524.
Bischof Hugo von Landenberg ließ diese Altarbilder verfertigen, und soll sie bei angehender Reformation vor der Wuth der Bilderfeinde gerettet haben.
Die Mauergemälde in dem Kreuzgange des ehemaligen Dominicanerklosters daselbst, sind theils übertüncht, theils verblichen, und waren muthmaßlich aus älterer Zeit.
125 Es ist glaublich, daß einst der dortige Domherr, Johannes Botzemius, ein Kunstliebhaber, dessen Haus, nach dem Zeugnisse seines Gastfreundes ErasmusOpp. omn. Lugd. Bat. III. 754. Die Nachricht ist von 1523., von oben bis unten mit geistlichen und weltlichen Gemälden angefüllt war, auch Werke von der Hand des wohlbekannten Künstlers besessen habe. Die Beschreibung, die Erasmus von diesem Kunstaufenthalte macht, läßt kaum daran zweifeln, ob er gleich von keinem der Bilder den Namen des Meisters anführt; das war ihm zu wenig.
Der Herr Bisthums-Verweser, Freiherr von Wessenberg, besitzt eine Madonna mit dem Kinde, ein sehr fleißig ausgeführtes Bild, das, vermöge der alten Bezeichnung auf der Rückseite, im Jahre 1520 in Basel für einen Domherrn seines Geschlechts gemacht worden ist, von der Zeit aber etwas gelitten haben muß, da man Spuren der Nachbesserung von einer fremden, zwar nicht ungeschickten Hand, darin bemerkt.
In dem benachbarten Schwäbischen Kreise war beinahe kein Kloster, das sich nicht eines Gemäldes von Holbein rühmte, unter dessen großen Namen alles gebracht wurde, was nicht für Albr. Dürer genommen werden 126 konnte, und mit einiger Freiheit gemalt war, worunter jedoch auch mehrere Originalstücke mögen gewesen seyn.
Aus dem Stifte Weissenau in Schwaben sind drei Bilder, die von Holbein seyn sollen, in die Sammlung des Herrn Consulenten Wildt daselbst gekommen: eine große Kreuzigung mit Figuren, fast in halber Lebensgröße, und zwei etwas kleinere, das Abendmahl und den englischen Gruß vorstellend.
Paul von StettenKunst &c.-Geschichte der Stadt Augsburg. I. 272. schreibt: »Der berühmte Holbein der Jüngere mag wohl in seiner Jugend oder im erwachsenen Alter sich einige Zeit hier (in Augsburg) aufgehalten haben. Man findet wenigstens bei alten Familien einige Bildnisse von großer Kunst, die ihm zugeschrieben werden.«
In dem Verzeichnisse des Derschauischen Kunstkabinettes in Nürnberg kommen zwei 3½ Fuß hohe und 2¼ Fuß breite Gemälde auf Holz vor, an deren Echtheit man nach der Beschreibung kaum zweifeln kann. Die Leiden Hiobs das Eine, und die Freuden des reichen Mannes das Andre. »Beide mit mehrern Banden um die Tafel herum haben Inschriften im altschweizerischen 127 Dialekt und mit alten Typen. – Es waren die innern Flügelthüren eines Altares in einer Capelle einer aufgehobenen Abtei in Schwaben an der Schweizergrenze. – In dem noch vorhandenen Stiftungsbuche dieser Capelle war die Nachricht beigesetzt, daß Hans Holbein zwanzig Goldgulden für jede dieser Tafeln zu malen erhalten habe.«
Vor vielen andern auf den Namen des Meisters getauften Schildereien, die hier nicht angeführt werden können, und deren Werth der Augenschein bestimmen muß, verdienen jedoch die in Eine Tafel vereinigten zwei Altarbilder in dem Münster zu Freyburg im Breisgau, wegen ihrer Vortrefflichkeit und unbestrittenen Originalität, Erwähnung. Ein Theil der Tafel enthält die Geburt Jesu, wo das Hauptlicht von dem Kinde ausgeht; auf dem andern sind die Gaben bringenden drei Könige vorgestellt. Beide Bilder mit vielen Figuren, und unter beiden sieht man, hier die männlichen und dort die weiblichen Mitglieder der Familie Oberriedt aus Basel, mit den Wappen.
Man vermuthet, diese Gemälde seyen 1529 bei den Unruhen der Reformation von Basel nach Freyburg in Sicherheit gebracht worden; es hätte aber auch wohl früher geschehen können, indem die Familie Oberriedt, durch deren Vergabung sie dahin gekommen, schon lange vorher 128 das Bürgerrecht in Basel aufgegeben hatte und von dort weggezogen warOchs Gesch. von Basel. V 661..
Sie sind in der Universitätscapelle des Münsters aufgestellt, haben aber von der Feuchtigkeit des Ortes, dem Staube, vom Wurmstich und Abspringen einzelner Stücke ziemlich gelitten, so daß ihnen eine sachverständige Ausbesserung und dann mehr Sicherheit des Platzes zu wünschen wäre. Zudem mögen auch noch die seltsamen Wanderungen, die dieß Kunstwerk schon hat machen müssen, ihm nachtheilig gewesen seyn. Denn schon 1596 äußerte Kaiser Rudolph II. das Verlangen, daß solches nach Prag möchte abgeliefert werden. Zwar bewürkten die Vorstellungen der Universität dieß Mal, daß der Kaiser von seinem Wunsche abstand. Als sich aber der dreißigjährige Krieg anhob, fand die Universität selbst für gut, dieß Kleinod in Sicherheit zu bringen, und schickte dasselbe nach Schaffhausen, wo es viele Jahre an einem etwas feuchten Orte blieb. Inzwischen hatte Churfürst Maximilian von Bayern so viel Rühmliches davon vernommen, daß er es mit Einwilligung der Universität blos zum Besehen von Schaffhausen nach München, und von da wieder nach Schaffhausen, mit einem Dankschreiben an die 129 Universität bringen ließ. – Noch war des Wanderns kein Ende. Als Kaiser Ferdinand III. im Jahre 1652 sich auf dem Reichstage zu Regensburg befand, und der Ruf des Kunstwerks bis zu Ihm hinangedrungen war, bekam auch Er Lust, dasselbe zu sehen; es wurde nach Regensburg gebracht, jedoch im folgenden Jahre seinem rechtmäßigen Besitzer wieder zugestellt.
Nach so viel fürstlicher Ehre, die selten einem Gemälde widerfahren ist, und die Holbein, als er es malte, freilich nicht voraussah, aber doch, wie jeder, der etwas Unsterbliches macht, ahnen mochte, wartete nun noch ein gewaltsamer Raub auf dasselbe. Es wurde nämlich, als die Franzosen 1796 feindlich in Freyburg einrückten, sogleich von einem ihrer Commissairs, nebst einem Bilde von Hans Baldung, weggenommen und über den Rhein geschafft. So blieb es Jahre lang für Freyburg verloren, bis von ungefähr ein Bürger von da dasselbe auf der Bibliothek des Collegiums zu Colmar entdeckte, und seinem Stadtmagistrate davon Anzeige machte, dem es nach wiederholter Bemühung gelang, das geraubte Eigenthum erst im Jahre 1808 zurück zu erhalten und seiner alten Stelle wieder zu gebenNach Prof. H. Schreibers Geschichte des Münsters zu Freyburg im Breisgau. 1820..
130 Die Meinung, welche man hier und da hört, daß diese ehemaligen Altarflügel und die Passion in Basel einst zusammengehört haben, kann nicht statt finden, indem es sich bei genauer Messung ergeben, daß sie zwei Fuß drei Zoll höher sind, als jenes Bild aus der Bibliothek zu Basel.
Es stehen auch an verschiedenen Kunstorten Bildnisse von Luther und Melanchton zur Schau, die Holbein soll verfertigt haben. Im Schlosse zu Warwick sollGöde's England &c. V. 285. Mechel behauptet, daß dieß Bild unstreitig Holbeins Arbeit, aber nicht Luthers Kopf sey, sondern ein ganz andres Gesicht mit einem Bart und viereckigem schwarzen Hut. (Handschriftl. Nachlaß.) Holbein hätte wohl auch mit Luthers Porträt sich bei Heinrich VIII. nicht sonderlich empfohlen. ein schönes Porträt des Reformators Luther zu sehen seyn. In DresdenBeschr. der K. Sächsischen Gemälde-Gallerie. 1808. S. 10. sind Bildnisse von M. Luther und Katharina von Bora aufgestellt. Ein Porträt Dr. Luthers soll sichCasp. Füßli Gesch. der Künstler &c. I. 28. in der Gallerie zu Florenz befinden. Horaz Walpole hatte in seiner eignen Sammlung den Kopf Melanchtons in Oehl auf Holz, sehr schön gemalt. Und in den Nachbildungen Holbeinischer Originalzeichnungen, die J. Chamberlaine herausgegeben, kommt ein Kopf vor, 131 bezeichnet: Phil. Melanchton, der aber wenig oder gar keine Aehnlichkeit mit andern Bildnissen Melanchtons hat.
Wo hat nun Holbein diese Männer gesehen? In der Schweiz nicht, denn dahin sind sie nie gekommen, also auf der Wanderschaft; oder er hat diese Bildnisse nur copirt; oder sie sind nicht das, wofür sie ausgegeben werden; oder sie werden ihm fälschlich zugeschrieben, und möchten wohl eher von Lucas Cranach seyn, der Luthere zu Dutzenden malte, wie Holbein Erasmusse, und wie nach dem siebenjährigen Kriege Anton Graff Könige von Preußen.
In SchleißheimMannlich. III. 49. ist das Bildniß des Markgrafen Christoph von Baden, welches Holbein allenfalls in Basel selbst könnte gemacht haben. Hingegen führt WalpoleI. 147. aus seinem eignen Cabinette ein Bild von Philipp dem Schönen, Erzherzoge von Oestreich und König von Spanien, an, der als ein Knabe gemalt sey. Da dieser Fürst aber schon 1506 gestorben, so müßte es Holbein einem frühern Gemälde nachgebildet haben.
Zu den Bildern, die er außer Landes malte, könnte auch gezählt werden das Porträt Karls des Kühnen, in 132 halber Figur und Lebensgröße, im Profil, prächtig gekleidet, mit dem goldnen Vließ u. s. w., das sich auf der K. Bildergallerie zu Wien befindetMechels Verzeichniß der Bildergallerie. 255. S.. Allein Karl verlor sein Leben schon 1477, welches Mecheln, als einem Schweizer, wohl hätte bekannt seyn können, da das Panzerhemd des Helden noch in dem Zeughause seiner Vaterstadt aufbewahrt wird. Ist es aber eine Copie, so hätte er solches angeben sollen. Allein die Galleriedirectoren müssen Namen in Vorrath haben, und da giebt es manchmal Mißgriffe.
Ein unvergleichliches Gemälde, das auch für ein Bild Karls des Kühnen gehalten und Holbein zugeschrieben wird, besaß, 1823, Maler Wocher in Basel. Es ist von vornen genommen, in Lebensgröße, und sehr gut erhalten, wenigstens der Kopf; sollte am Grund und am Gewande etwas nachgebessert worden seyn, so ist es mit Verstand und Maaß geschehen. Einer Copie sieht es nicht gleich, und ist fast zu frei und zu idealisch für Holbein. Wer es immer seyn mag, ein wahres Heldengesicht ist es, stolz, kühn, gewandt, vornehm, herrisch, geistig, schön. Hat Karl so ausgesehen, so hat er seine physiognomische Bestimmung nur halb erfüllt.
133 Das durch die Boisseréeische Sammlung berühmt gewordene Bildniß des Johann von Carondilet, Erzbischofs von Palermo, eins der trefflichsten Erzeugnisse Holbeins, so zart und weich, und dennoch so bestimmt und kräftig gemalt, als wenn Tizian sich in deutschem Fleiße hätte versuchen wollen, mag von ihm auf seiner Reise nach England in den Niederlanden gemacht worden seyn, wo sich dieser Erzbischof aufhielt, dem wahrscheinlich von seinem Freunde Erasmus der junge Künstler war empfohlen worden. 134