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Man war in Hof- und Militärkreisen überzeugt, daß Götzens Kopf wegen des Verlustes von Breisach würde springen müssen; denn der Kurfürst von Bayern, hieß es, wolle durchaus seinem Zorn ein Sündenböcklein schlachten, und der Kaiser halte es zur Rechtfertigung seines Lieblings Savelli für notwendig. Am wenigsten Hoffnung hatte Götz selbst, besonders wenn der frühe Abend sein kleines Gelaß in der Ingolstädter Burg mit kalter, nackter, häßlicher Nacht füllte und es in eine von Schatten wimmelnde Höhle jenseits der Lichtwelt verwandelte. Dann dachte er wohl an den hellen Sommermorgen zu Regensburg, als der arme Schaffgotsch auf seinem Todeswege in den großen Saal des Goldenen Kreuzes kam, ihn, Götz, mit wild aufflackernden Augen ansah und ihn vor Gottes Richterstuhl forderte. Er erinnerte sich deutlich, was für ein seltsames, unheilweissagendes Gefühl ihm durch Mark und Bein gelaufen war, obwohl er es sich weggeleugnet und geringschätzig die Schultern gezuckt hatte. Deutlich sah er den Krug voll schäumenden Bieres vor sich, der vor ihm gestanden und den er in einem Zuge ausgetrunken hatte, um den verdrießlichen Augenblick wegzuspülen. Was für ein glücklicher, freier Mann war er damals gewesen, und wie hatte er sich geweidet, daß er nicht in der Haut des hübschen, eitlen Schaffgotsch steckte. Allerdings hatte er damals nur seine Pflicht getan, und es war nicht seine Schuld, daß Schaffgotsch in das Wallensteinische Netz gegangen war und sich darin hatte ertappen lassen. Wer ihm die Schlinge um den Hals geworfen hatte, das waren Schlick und Slawata gewesen, die dem Kaiser keine Ruhe gelassen hatten, etwa auch Gallas und Colloredo, die ihn rechtzeitig hätten warnen können. Warum sollte denn ihn, den Guten, Weichherzigen, die Rache treffen? Aber gleichzeitig sagte er sich, daß das nur lose Einwände wären: ihn hatte der leidige Fluch nun einmal getroffen, und es gab denkwürdige Geschichten genug, wo sich ähnliches begeben hatte und der Betreffende zur bestimmten Stunde ganz unerwartet und unbegreiflich vom Tode erwischt worden war. Den Angstschweiß auf der Stirne, sah er den Tod wie ein gelöstes Rechenexempel vor sich. Indem er die alten lutherischen Gebete zusammensuchte, verwünschte er sich, daß er aus Ehrsucht den väterlichen Glauben verraten und sich mit dem katholischen Wesen eingelassen hatte, was sich nun als der rechte breite Höllenweg erwies, der ihn spöttisch ins Verderben führte. Er hätte sich herzlich gerne zurückbekehrt, wenn er sich nicht hätte sagen müssen, daß seine Rettung jetzt einzig auf katholischer Fürsprache beruhte; aber heimlich verschwor er sich gegen den alten Protestantengott, mit der Abgötterei aufzuräumen, wenn er jemals wieder ledig würde.

Es war ein Septembertag, als Götz in Regensburg während des Reichstages freigesprochen wurde; die Sonne blitzte wie der Rand einer silbernen Posaune am Himmel, und man glaubte fast den Lobgesang zu hören, den sie über die Erde hinschmetterte. Mit behaglichem Grausen dachte Götz an jene schwarzen Stunden in der Ingolstädter Burg zurück und suchte sich die bereits etwas erblichene Erinnerung lebendiger zu machen, um den gegenwärtigen Augenblick desto besser zu würzen. Kopfschüttelnd betrachtete er die Stelle, wo dem Schaffgotsch der Kopf abgeschlagen worden war, und lachte dazu. Wer es nicht durchgemacht hatte, glaubte es nicht, daß ein paar Wochen im Gefängnis aus einem Helden eine abergläubische, niederträchtige alte Vettel machen konnten! Nun, dachte er, vielleicht hätte er mit diesen Leiden jede vergangene Schuld abbüßen sollen, bevor Gott ihm, dem Geläuterten, die neue, wahre Glücks- und Ruhmesbahn eröffnete. Johann von Werth war gefangen, Gallas konnte es nicht lange mehr machen, auch Piccolomini stand nicht so sicher mehr wie einst; hätten sie ihn denn begnadigt, wenn sie seiner nicht bedürften? Und mußten sie ihn nicht mit den höchsten Ehren für die ausgestandene Qual entschädigen?

*

In einem Waldtal im oberen Elsaß suchte ein zwölfjähriges Mädchen Schwämme, Beeren und Reisig; aber sie mußte weiter gehen als gewöhnlich, denn in der Nähe des Dorfes gab es nichts mehr. Ohnehin hatte sie es auf eine andere Beute abgesehen als Holz und Beeren, eine, die nur in der Schlucht gewonnen werden konnte, wohin sie sich allein noch nie getraut hatte. Die alte Frau, bei der sie wohnte, da ihre Eltern gestorben oder doch verschwunden waren, hatte ihr erzählt, wie vor Jahren alle Bewohner des Dorfes, damals drei- oder viermal soviel wie jetzt, bei Annäherung der Soldaten in den Wald geflohen waren. Es war ein heißer Tag gewesen, und mit den Flüchtenden zog ein schweres Gewitter; aber in der Angst und Trauer beachtete es niemand. Auch des Mädchens Mutter war mit dabeigewesen, das etwa zweijährige Kind auf den Armen, und der Pfarrer, der ein Kruzifix und den goldenen Abendmahlskelch unter seinem schwarzen Mantel trug. In der Schlucht hatte der Pfarrer zu seinem neben ihm gehenden Enkel gesagt, an diesem verborgenen Ort wolle er die Heiligtümer eingraben, die Erde könne sie zu dieser Zeit, wo keiner seines armen Lebens sicher sei, besser hüten als er. Mit Hilfe des Knaben grub er ein Loch, legte Kreuz und Kelch hinein, häufte Erde darüber und war im Begriff aufzustehen, als hinter ihm ein paar Soldaten auftauchten, ihn anpackten und fragten, was er da treibe. Wie er ihnen wehren wollte, die vermeintlichen Schätze auszugraben, stachen sie den guten alten Mann ins Herz, so daß er auf der Stelle tot umfiel, und würden es mit dem Knaben ebenso gemacht haben, wenn Gott sie nicht gehindert hätte. Es stürzte nämlich, wie wenn ein feuriges Schwert vom Himmel geschleudert würde, ein Blitz durch die sausenden Baumkronen und fällte den Mörder, worüber seine Kameraden sich so entsetzten, daß sie davonliefen. So habe der Enkel des Pfarrers den Vorgang erzählt.

Das kleine Mädchen konnte nicht begreifen, warum man den versenkten Schatz nicht wieder ausgegraben habe, und beruhigte sich nicht damit, daß man es mehrmals, aber vergeblich versucht habe. Während des langen Aufenthalts im Walde bis zum Beginn des Winters war eine Seuche ausgebrochen, an der neben vielen anderen auch der Enkel des ermordeten Pfarrers gestorben war; so konnte niemand die Stelle bezeichnen. Weder die Leiche des Pfarrers noch die des Soldaten waren bei der Rückkehr mehr in der Schlucht gewesen.

An diesem Tage war es dem Mädchen geglückt, einen alten zerbrochenen Spaten in einer Scheune aufzufinden, und mit dem Werkzeug ausgerüstet, wollte sie es versuchen, die Kostbarkeiten ans Licht zu bringen.

Als sie in die Schlucht kam, überlief sie ein Frösteln; es war dunkel und feucht und still wie in einer Höhle. Kein Vogel piepte, kein Blatt rührte sich an den Bäumen, und keins raschelte zu ihren Füßen, wo sie eine schlüpfrige Decke bildeten. Es roch nach Herbst und Verwesung; wie sie sich daran gewöhnt hatte, fühlte sie sich wunderlich wie in einen Traum davon verschlungen. Nach einer Weile weitete sich die Schlucht ein wenig und lud zu einem Aufenthalte ein; es schien ihr, dies könne die richtige Stelle sein. Sie setzte sich auf einen morschen, moosgrünen Baumstamm, den einmal ein Sturm entwurzelt haben mochte, und sah sich um: es war da mitten im Dickicht ein Fleck, wo kein Kraut oder Strauch wuchs; da, dachte sie, könnte der arme Pfarrer gegraben haben. Je länger sie nach der Stelle hinblickte, desto bestimmter glaubte sie daran; es war ihr fast, als sähe sie das Gold des Kelches, rötlich wie die Sonne, die pechschwarze Erde durchglühen. Nun mußte sie sich entschließen, was sie tun wollte, wenn sie den Schatz gehoben hatte. Daß sie nicht ins Dorf zurück wollte, stand ihr fest; einen Pfarrer gab es nicht mehr, da sie behaupteten, in einer so armen Gemeinde nicht bestehen zu können, und die alte Frau, bei der sie wohnte, würde die Kostbarkeiten aus Furcht sogleich wieder vergraben haben. Also wollte sie fort, sich bis zur nächsten Stadt durchbetteln und ihren Schatz verkaufen; dann würde sie reich sein, sich satt essen, schöne Kleider anziehen, und diejenigen, die sie früher geschlagen und mißhandelt hatten, würden sich vor ihr bücken und ihr schmeicheln. Sie würde die Frau irgendeines großen Herrn werden, dann konnte sie in die Welt hinaus und ihren Vater und ihre Mutter suchen, von denen sie nicht glaubte, daß sie tot wären. Ihr Vater war, als sie noch ganz klein war, unter die Soldaten gegangen, ihre Mutter hatte sich in der Not und Verzweiflung einmal aufgemacht, ihn zu suchen, und war nicht wiedergekommen. Noch erinnerte sie sich an die großen braunen Augen ihrer Mutter und an ihr Entsetzen, als sie sie zum ersten Male im Schlaf geschlossen gesehen hatte; denn sie hatte ein dunkles Gefühl, als hänge die Welt an diesen Augen und müsse mit ihnen zugrunde gehen. Sinnend sah sie an den glatten Buchenstämmen und an der Wand der Schlucht in die Höhe und bemerkte, daß oben an ihrem Rande ein gelbes Blatt von der Sonne beschienen war und funkelte wie ein Flämmchen, an dem man sich wärmen könnte.

Sie sprang auf und begann zu graben. Bei der Arbeit wuchs ihr die Kraft, so daß die Erde flog, und zugleich wurde ihre Hoffnung entschiedener, und sie glaubte jedesmal, wenn der Spaten auf einen Stein oder eine Wurzel stieß, es wäre das Kreuz oder der Kelch. Allmählich erlahmte sie ein wenig, und indem sie sich aufrichtete und die Haare aus dem Gesicht strich, sah sie, daß das gelbe Blatt am Rande der Schlucht nicht mehr glänzte; die Sonne war weitergerückt, und es mochte schon auf den Abend zugehen. Mit der Enttäuschung wurde sie sich bewußt, daß es sie hungerte; aber noch wollte sie die Hoffnung nicht aufgeben, sondern weitergraben, obwohl es ihr nicht glaublich schien, daß das Versteck so tief sein sollte. Wie sie sich bückte, um die Arbeit wieder aufzunehmen, hörte sie einen behutsamen Schritt hinter sich auf den nassen Blättern. Sie hielt inne, und das Bild des armen Pfarrers stieg vor ihr auf, wie er, von seinen grauen Haaren umflattert, hastig die Erde über seinen Heiligtümern aufschüttete. War er es, der hier umging, um sie zu behüten? Oder war es der von Gottes Hand getroffene Mörder, den der Geruch des vergossenen Blutes aus dem Grabe an diese Stätte zog? Zitternd wandte sie sich um und erblickte hinter sich ein Tier, das ihr wie ein Hund vorkam und das die blutigen Augen starr und gierig auf sie richtete. Plötzlich fiel ihr ein, daß es der Wolf sein müßte, der in einer der letzten Nächte bis in das Dorf gekommen war; die alte Frau hatte gebetet, als sie sein heiseres Bellen gehört hatte, und selbst die Männer fürchteten sich vor ihm. Wie würden sie staunen, wenn Gott ihr beistand und sie, das Mädchen, den Feind erlegte! Da sah sie, wie die schwarzen, triefenden Lippen des Tieres sich schnuppernd bewegten und die starken weißen Zähne herausschienen; ihr Herz zog sich kläglich zusammen, sie dachte an die braunen Augen ihrer Mutter und wie verlassen sie war. Sie vermochte weder zu rufen noch aufzustehen; wie nun aber das Tier zusprang, faßten ihre kleinen Hände unwillkürlich den Spaten fester, und sie setzte sich zur Wehr. Sie kämpfte mit dem ganzen Körper und fühlte eine unerschöpfliche Kraft; da drängte sich der häßliche, borstige Kopf an ihre Kehle, und als sie mit beiden Händen nach ihm griff, um ihn wegzustoßen, verging ihr die Besinnung.

*

In einer von den Kutschen, die nach Hildesheim fuhren, wo Herzog Georg residierte, befand sich Banér mit seiner jungen Frau, die stramm aufrecht saß und von Zeit zu Zeit einen verstohlenen Blick auf ihren schlafenden Mann warf. Er hatte zuerst den Kopf an ihrer Schulter liegen gehabt; aber da es ihr peinlich war, daß er ihr so dicht ins Ohr schnarchte, hatte sie sich ein wenig geschüttelt, und da war er in die andere Ecke getaumelt, wodurch sie sich sehr erleichtert fühlte. Banér war wider Willen eingeschlummert; denn er schämte sich vor dem jungen, immer wachen, immer munteren Geschöpf, seiner Frau; aber die Mattigkeit hatte ihn überwältigt, und wenn der Tod darauf gestanden hätte, er hätte doch schlafen müssen. Im Traume war er in entlegene Zeiten versetzt und suchte erwachend unwillkürlich die Hand seiner verstorbenen Frau, in deren Schoß er früher zu schlafen pflegte; da fiel sein Blick auf das zierliche Profil und die wippenden Locken der kleinen Prinzessin an seiner Seite, und eine Empfindung, die halb Unbehagen, halb Wonne war, strömte über sein Herz. Sie saß so still und behutsam da wie ein seidenweiches, schnupperndes Häschen, und doch spürte er das listige Lachen, das um das kleine, runde Kinn, um das Mündlein und die frommen Augen gaukelte. Er riß sie an sich, preßte sie fest in seine Arme und bedeckte sie mit Liebkosungen. »Hat der Herr Feldmarschall gut geschlafen?« fragte sie sich windend und wehrend unter tollem Gelächter. Das Küssen und Drücken wurde ihr jedoch bald lästig, und sie war froh, als sie am Ziele waren und sie sich mit ihren Damen in die ihr bestimmten Zimmer zurückziehen konnte.

Herzog Georg schmunzelte, als er die kleine Schönheit sah, und bat um die Erlaubnis, ihr einen Kuß geben zu dürfen. Banér werde wegen eines so alten Verehrers keine Jalousie empfinden.

Man könne nicht wissen, lachte Banér. Von Männern heiße es in der Liebe wie vom Wein: Je älter, desto feuriger!

Ja, so feurig wie ein alter, wackeliger Ofen, kicherte Herzog Georg, indem er der hübschen Frau das zarte Kinn streichelte.

Bei dem Bankett, das zu Ehren des berühmten Gastes veranstaltet wurde, brachte der Herzog den ersten Trinkspruch auf den Helden aus, der den unbesiegbaren Banér besiegt hätte.

Dabei wundere ihn hauptsächlich eines, sagte Banér, daß, wenn einer ihn besiegt hätte, der Herzog von Lüneburg, sein fürstlicher Freund und Bundesgenosse, dessen Gesundheit ausbringe!

Ja, das tue er, sagte der Herzog, und er sei überzeugt, nicht nur die größten Imperatoren und Ritter der Welt, sondern Banér selbst rühmte den Riesen, der das Heldenstück vollbracht hätte; es sei nämlich der kleine Gott Amor.

Wahr sei es, rief Banér, besiegt sei er; aber loben und preisen tue er das kleine Ungeheuer nicht, das ihm auf dem Nacken säße. Wahrhaftig, zum Sklaven habe es ihn gemacht, zum willenlosen, gekrümmten, kniefälligen Sklaven. Und er wolle Rache nehmen, so gut er könne. Er wolle des Gottes Blut in Strömen vergießen, und Gott Amors Blut sei der Wein! Bis auf den letzten Tropfen solle es vergossen werden.

Nun wurde die kleine Markgräfin zum Trinken genötigt. Sie müsse Gott Amor Ehre antun, der aller Weiber Verbündeter sei, sagte der Herzog; es habe doch jede ihre Heimlichkeiten mit Gott Amor.

Die junge Frau nahm einen Schluck und schüttelte mit dem Ausdruck des Widerwillens den Kopf, daß die Locken an ihren Hals schlugen.

Das Schlücklein gehe nicht tief, tadelte der Herzog, sie müsse das Glas auf einen Zug leeren. Banér solle zeigen, daß er der Herr sei! Solche rebellische kleine Weiblein müßten gebändigt werden.

Banér hielt den hohen Römer an ihren Mund und hieß sie trinken. »Hinunter damit!« rief er, ungeduldig werdend, und versuchte das Glas zwischen ihre fest zusammengepreßten Zähne zu zwängen, so daß der Wein über ihre bloße Brust und ihr silberweißes Kleid floß. Die Tränen schossen ihr in die Augen, sie sprang auf und lief geschwind, ehe jemand sie zurückhalten konnte, aus dem Saal.

Der junge Graf von Schaumburg, der voll Entrüstung zugesehen hatte, stand gleichfalls auf und rief aus: Und wenn es ihn das Leben kosten sollte, er müsse es sagen, das sei nicht wie ein Kavalier gehandelt!

»Was?« schrie Banér, »will der Gelbschnabel mich lehren, wie ich mit meiner Ehefrau umgehen soll?«

Schaumburg habe recht, sagte Christian von Hessen, ein Kavalier müsse eine Dame mit Diskretion und Delikatesse behandeln, auch wenn sie seine Frau sei. Prinz Christian, der jüngste Sohn des verstorbenen Landgrafen Moritz aus zweiter Ehe, stotterte, besonders wenn er getrunken hatte, und brachte dann selten einen Satz zu Ende.

Banér lachte laut und rief, sein dichtes blondes Haar schüttelnd: »Es scheint, die jungen Kälber wollen des Löwen Lehrmeister sein? Nur heran! Wir wollen sehen, ob seine Tatze oder ihre Zunge recht behält!«

Herzog Georg warf sich zwischen die Streitenden und brachte es mit eifrigem Zureden dahin, daß Graf Schaumburg und der Prinz von Hessen Banér um Entschuldigung baten, wogegen er zugestand, daß sie aus guter Meinung und löblicher Gesinnung gesprochen hätten.

»In der Ehe, Ihr Herren,« sagte Banér, schnell begütigt, »ist nicht lauter Girren und Schnäbeln. Man kann auch einmal eine Maulschelle austeilen und doch ein guter Ehemann sein.«

Nein, sagte Graf Schaumburg, wenn ihm das begegnete, daß er sich an seiner Frau vergriffe, würde er sich an einem Nagel aufhängen! Die Dame, die er liebte, müsse unbefleckt bleiben.

Christian von Hessen sagte, er habe kürzlich gelesen, die höchste Tugend sei die Selbstbeherrschung, und das scheine ihm auch richtig zu sein. Für einen Mann von Stand und Bildung zieme es sich nicht, sich von Launen regieren zu lassen.

»Das sind neumodische Torheiten«, sagte Banér. »Ich lasse mein Herz brausen und mein Schwert sausen. Zum Teufel das Denken!« Es folgte ein Trinkspruch dem andern: Banér trank auf Herzog Georg, seinen freigebigen Wirt, und auf das Wohl Deutschlands.

Er höre es nicht gern, sagte er, wenn man ihn den schwedischen Löwen nennte, obwohl man doch diesen Titel dem großen König Gustav gegeben hätte; aber er sei nun einmal kein Schwede mehr. Er habe deutsche Frauen geküßt, deutschen Wein getrunken und etwa auch deutsches Blut vergossen, und Küsse, Wein und Blut miteinander hätten ihn deutsch getauft. Und wenn seine Väter ihn verfluchten, er könne es nicht ändern, die deutsche Sprache sei ihm die liebste Musik geworden, die möchte er hören, wenn er stürbe. Er wolle seine Liebe auch bezeugen, indem er dem erwählten Vaterlande den Frieden brächte. Ja, Frieden wolle er Deutschland bringen, und müsse er ihn mitten aus der Hölle holen. Nachher könne er sich ins Grab legen; denn er tauge für den Frieden nicht mehr. Im bloßen Hemde komme er sich nicht so nackt vor wie ohne Schwert. Trotzdem wolle er den Frieden, weil der Jammer Deutschlands ihn erbarmte.

Allgemeine Zustimmung begrüßte diese Beteuerungen. Der Herzog ersah die Gelegenheit, um etwas über Banérs Pläne zu erfahren. Ach ja, der liebe Frieden! sagte er. Es sei sehr zu fürchten, daß der Kaiser nicht nachgäbe, bis er völlig erschöpft und niedergeworfen wäre. Und wie das zu erreichen sei?

Indem man ihn mitten ins Herz träfe! rief Banér triumphierend. Und das eben habe er jetzt vor. Er wolle das ausführen, was der große König unterlassen hätte. Einen Feldzug werde er machen, der Krone und Ende des Kriegs sein sollte. »Wer sagt,« rief er, »daß Banér ein Bärenhäuter sei? Wer sagt, daß Banér wie ein verliebter Kater auf dem Dache hockt? Nachts geküßt und am Tage gesiegt, das ist Banérs Devise! Schreiben Euer Gnaden die Friedenstraktaten auf, ich hole Ferdinands Unterschrift!«

Der Herzog blinzelte forschend nach dem erregten Feldmarschall hinüber. Inzwischen hoffe er noch recht lange Banérs Wirt zu sein, sagte er.

Banér lachte dröhnend. Er wisse wohl, sagte er, daß der Herzog ihn ungern missen würde, und eh er ihm nicht den Wein ausgesoffen hätte, ginge er nicht. Aber allzulange dürfe es nicht dauern, die jungen Herren müßten ihm beistehen. »Trinkt, Ihr Herren!« rief er. »Habt Ihr Lust, mit mir zu gehen und Euch einen Lorbeer vom Eise zu holen? Trinkt, begießt Euern Lorbeer!«

»Ich bin voll,« sagte der Graf von Schaumburg, »es geht nicht mehr.«

»Was seh ich?« spottete Banér, »ihr jungen Kriegshelden seid kreidebleich, und jetzt soll das Fest erst angehen! Ich hole meine Frau! Ein Hund, wer unter dem Tische liegt, wenn die Königin kommt! Trinkt, ihr Gecken, damit ihr rote Backen bekommt!«

Nach einigen Minuten kam er wieder, die Prinzessin auf der Schulter, die seinen blonden Kopf fest umklammert hielt und schrie und lachte. Sie hatte sich nicht ungern entführen lassen, denn sie langweilte sich, und so war ihr jede Unterbrechung willkommen. Nachdem Banér sie von der Schulter hatte heruntergleiten lassen, ergriff er ein Glas, rief: »Auf das Wohl meiner Herrin!«, leerte es und warf es in großem Schwunge gegen die Wand. Die anderen folgten seinem Beispiel, und Banér rief außer sich: »Wir wollen nicht aufhören, bis alles, was klingt und klirrt, zum Ruhme des Liebesgottes zerschmissen ist!« Herzog Georg, der mitten im Lärm eingeschlafen war, fuhr zuweilen auf und verlangte mit lallender Stimme nach Waffen; denn in traumhafter Verwirrung glaubte er Geschütze krachen zu hören.

Als Banér in nüchternen Stunden seinen geheimnisvollen Plan enthüllte, daß er nämlich Regensburg überrumpeln, den Reichstag aufheben und den Kaiser gefangennehmen wolle, machte Herzog Georg große Augen. Das sei ja etwas ganz Außerordentliches! sagte er. Das wäre ein Hauptschlag, wenn er gelänge.

»Wer zweifelt, dem gelingt freilich nichts«, sagte Banér.

Man müsse doch etwas überlegen, wovon Land und Leute abhingen, sagte Georg. Ein Fürst könne das Glück nicht auf einen Wurf setzen. Das habe König Gustav auch nicht getan.

Was wäre da zu überlegen? sagte Banér. Der Feind liege in den Winterquartieren wie im Grabe. Wenn er nicht verraten würde, werde ihm niemand den Weg verlegen.

Herzog Georg bedachte bei sich, daß, wie das Wagestück auch ausschlüge, er den lästigen Schwarm dadurch loswürde und daß er also keine Ursache hätte, Banér seine Absicht auszureden. Möglich war es ja auch, daß das Glück den Tollkopf begünstigte.

Es gehöre ein heroisches Gemüt dazu, solch einen Plan zu fassen, sagte er bewundernd.

Banér durchschaute zwar des Herzogs Hintergedanken, gab aber deswegen den Feldzug nicht auf, der ihm die einzige Rettung aus verzweifelter Lage zu sein schien, und nachdem frühes Frostwetter eingetreten war, brach er am 3. Dezember von Hildesheim auf. Mit Guébriant vereinigt, der sich ungern und zweifelnd anschloß, gelangte er an die Donau, überschritt auch den gefrorenen Fluß und erschreckte den in Regensburg versammelten Reichstag; aber anstatt Eroberungen zu machen, mußte er selbst auf schleunigen Rückzug denken, da er der rechtzeitig aufmerksam gewordenen kaiserlich-bayrischen Macht nicht hätte standhalten können. Um nicht beschämt wie ein Ausreißer nach mißlungenem Bubenstreich zu Herzog Georg zurückkehren zu müssen, wollte er sich in Böhmen festsetzen und entzweite sich darüber mit Guébriant, der sich nicht noch weiter ins Innere des Reiches wagte. Während dieser die Straße nach Nürnberg einschlug, nahm Banér Cham am Eingange des Böhmerwaldes und blieb dort, bis Piccolomini ihn aufschreckte. Durch einen geschwinden Rückzug, der ihm Bewunderung eintrug, entzog er sich der drohenden Gefahr, vom Feinde eingeschlossen zu werden, dem nur Geschütz, Troß und einige Nachzügler in die Hände fielen. Indes Piccolomini und der bayrische General Geleen in ernstlichen Streit darüber gerieten, wer am Entweichen des Schweden die Schuld trüge, vereinigte sich dieser in Thüringen mit Guébriant, der auf die Schreckensnachricht hin ihm zu Hilfe kam. Schwer erkrankt hätte Banér in Merseburg bleiben sollen, mußte aber vor dem schnell nachfolgenden Piccolomini, in einer Sänfte getragen, unaufhaltsam nach Norden fliehen. Die Kunde vom Tode Herzog Georgs von Lüneburg vermehrte seine Sorge und Aufregung; ohne sich die von den Ärzten vorgeschriebene Pflege gewähren zu können, eilte er mit seinem meuternden Heere über Quedlinburg nach Halberstadt.

*

Durch die engen Straßen von Halberstadt klapperten Reiter des Banérschen Regimentes. An der Tür des Hauses, wo der kranke Feldmarschall abgestiegen war, stand sein Geheimschreiber und schrie einen vorübergaloppierenden Leutnant an, der den Ruf hörte und sein Pferd anhielt. Wie es denn draußen stände? fragte der Schreiber. Es komme keine Nachricht, ihm sei zumute, als sitze er auf einer Bombe, die jeden Augenblick platzen könnte.

Der Tumult sei ja einstweilen gestillt, berichtete der Leutnant. Ein paar Soldaten wären auf der Stelle gehängt, unter die übrigen sei Geld verteilt worden. Ein sächsischer Agent, den man gefangen habe, sei auch gleich aufgeknüpft worden. Die Soldaten sollten aber des festen Willens sein, sich keinen neuen Herrn aufzwingen zu lassen, wenn Banér tot sei; sie wollten sich selbst regieren wie die Weimaraner.

Man wisse wohl, aus welcher Quelle die Rede käme, sagte der Schreiber. Die Soldaten müßten so oder so hungern und fronen; die Häupter wären es, die keinen Herrn über sich wollten, um ungestört rauben und schlampen zu können.

Der Leutnant nickte, indem er sich ängstlich umsah. Er könne sich nicht aufhalten, sagte er, müsse rekognoszieren, ob der Feind in Sicht sei.

Der letzte Bote, sagte der Schreiber, habe hereingebracht, in Quedlinburg sollten sich schon Piccolominische Schwarze gezeigt haben. Wenn es wahr wäre, so möchten es wohl Abgesandte des Teufels sein.

Ob es dem Feldmarschall noch nicht besser gehe? fragte der Leutnant flüsternd.

Der Geheimschreiber schlug die Augen zum Himmel auf. Wenn es nur wenigstens schnell ginge, daß der Piccolomini ihn nicht lebendig bekäme!

Inzwischen stritt der Todkranke mit dem Arzt, der an seinem Bette saß, über den Tod des Herzogs von Lüneburg. So strafe Gott die Mörder, sagte er. Der Herzog habe ihm Gift in den Wein gegeben bei jenem verräterischen Gastmahl in Hildesheim, und in seiner Schlaftrunkenheit habe er selbst ein unrechtes Glas erwischt.

Der Arzt wiegte bedenklich den Kopf hin und her. Es wären doch fünf Monate seitdem vergangen, meinte er.

Und was weiter? entgegnete Banér. Die beiden Schwächlinge, der Schaumburg und der von Hessen, wären nach zwei Tagen hin gewesen, der Herzog und er hätten länger gegen das Gift in ihrem Blute gekämpft.

Der Herzog von Lüneburg sei ein alter, verbrauchter Mann gewesen, sagte der Arzt, schon seit Jahren bettlägerig.

Und er? fragte Banér, indem er sich aufsetzte und den Arzt aus seinen fiebernden Augen wild ansah. Ob er auch ein alter, verbrauchter Mann sei? Ihm fehlte gar nichts, wenn er nur das Gift nicht im Blute hätte. Der Arzt solle ihm etwas gegen das Gift geben!

Ruhe, Ruhe sei das beste und einzige Mittel gegen seine Krankheit, sagte der Arzt, indem er vorsichtig aufstand und ein paar Schritte vom Bett zurücktrat. Er könne nur das eine immer wiederholen, der Feldmarschall wüte gegen sich selbst, wenn er sich nicht ruhig verhielte.

»Hund, so entkommst du mir nicht!« rief Banér, sprang aus dem Bette, ergriff das Schwert, das am Knauf der Bettstelle hing, und drang damit auf den Arzt ein, der mit einem verzweifelten Satz aus dem Zimmer entwich.

Banér stand mitten in dem Zimmer, in dessen Dämmerung ein stilles Wachslicht vom Bett her hineinglühte, und sein sinnlos suchender Blick blieb an dem weißen Vorhang haften, der sich am offenen Fenster leise bewegte. Er war überzeugt, das Kleid seiner Frau zu sehen, ging mit wankenden Schritten darauf zu und kniete davor nieder. »Geliebte,« stammelte er, »komm zu mir! Sei mein! Mein Herz bricht vor Liebe! Das Gift, das ich getrunken habe, bist du, heile du mich! Komm in mein Bett, es ist Nacht!« Plötzlich brach er in leidenschaftliches Schluchzen aus und warf sich ganz auf den Fußboden, während der Geruch von Jasmin und die entzückten Wirbel der Nachtigall neben ihm durch das Fenster quollen. »Küsse mich,« stöhnte er, »küsse mich! Es ist Nacht!« Da es still blieb, sprang er auf, warf sich gegen das Fenster und zerriß mit fliegenden Händen den Vorhang. Dann starrte er auf die Fetzen und brach von neuem in Tränen aus.

Durch die leise geöffnete Tür sah der Arzt zu und suchte ein paar Diener zu überreden, daß sie ihren Herrn ins Bett brächten. Wenn er nicht Ruhe gäbe, flüsterte er, würde er die Nacht nicht überleben. Das würde er freilich ohnehin nicht.

Wenn er nur das Schwert nicht hätte! sagten die Diener. Er könnte ihnen in seiner Raserei etwas antun. Es wären auch noch Sachen zu packen und Kisten aufzuladen, bei Tagesanbruch müßten sie fort, der Piccolomini wäre schon in Quedlinburg.

Soeben kam der Geheimschreiber auf den Fußspitzen mit einer kleinen Tasche die Treppe herunter, um zu flüchten. Wenn er in der Kaiserlichen Hände fiele, sagte er, sei ihm der Strick gewiß. Vielleicht daß die Nacht und ein flinkes Pferd ihn retteten.

»Den dort rettet keins mehr, und wenn es acht Beine hätte«, sagte der Arzt, bedeutungsvoll nach der halboffenen Tür weisend, durch die das Stöhnen des sterbenden Feldmarschalls drang. Der Geheimschreiber nickte bekümmert und glitt schnell aus der Haustür, deren Knarren den Arzt veranlaßte, mit beleidigter Miene Ruhe zu gebieten.

Jetzt könnten sie es wagen, sagte er dann zu den Dienern, indem er durch die Türspalte spähte, er rühre sich nicht mehr. Behutsam traten sie ein, und während ein Diener das Schwert aus dem Wege schaffte, hoben die andern den bewußtlos Röchelnden auf und trugen ihn auf sein Bett.

*

Kurfürst Johann Georg war über Banérs Tod sehr erfreut und machte sich den Spaß, seine Frau und seinen ältesten Sohn, die entgegengesetzter Stimmung waren, ausführlich davon zu unterhalten. Gott sei gerecht, sagte er, und gebe zuletzt einem jeden nach Verdienst. Mit Banér habe er lange zugewartet, um ihn endlich desto abscheulicher hinfahren zu lassen.

Einmal müßten freilich alle Menschen sterben, sagte die Kurfürstin ablehnend. Einmal, ja, sagte der Kurfürst scharf, aber es frage sich, wann. Gustav Adolf habe es auch erfahren müssen, als er vorwitzig nach Deutschland gekommen sei und das Kriegsfeuer angezündet habe.

Gelöscht habe er es! rief die Kurfürstin unwillig errötend.

Der Kurfürst lachte. Gelöscht! Eine hübsche Bezeichnung, das müsse man sagen, nachdem das ganze Reich und nicht zum wenigsten Sachsen seit mehr als zwanzig Jahren in Flammen stünde.

Um die Streitenden abzulenken, fragte der Kammerherr Taube, ob der Kurfürst sich des Bauern Warner entsinne, der früher einmal am Hofe geweissagt habe? Derselbe habe, einem glaubhaften Gerücht zufolge, im kaiserlichen Lager den Tod Banérs richtig vorausgesagt.

Ja, das sei ja der Galgenvogel, rief der Kurfürst, der sich falscher Prophezeiungen über die Stadt Magdeburg unterstanden habe! Wenn er ihn bekäme, den ließe er auspeitschen. Und den Tod Banérs habe er prophezeit? Wie denn das zugegangen sei?

Der Kammerherr erzählte, was er davon wußte, und daß kürzlich mehrere Warnersche Prophezeiungen im Druck ausgegangen wären, die er dem Kurfürsten vorlesen wolle, wenn dieser es erlaubte.

Während der Kurfürst sich behaglich in seinem Sessel zurechtsetzte, zog der Kammerherr ein bedrucktes Blatt aus der Tasche und las: wie die Menschen böse und sündhaft wären, weswegen Gott zuweilen Warnungen ausließe, um sie zu bessern, daß die Menschen diese aber nicht verständen, und weil sie es nicht verdienten, gewarnt zu werden, würde er, Warner, sich das, was Gott ihm hin und wieder offenbarte, auch nicht mit Zangen entreißen lassen.

Der Kurfürst fuhr entrüstet von seinem Sessel in die Höhe. Ja, warum der Kerl denn Bücher drucken ließe? Das heiße doch die Leute zum Narren halten! Wenn er den Warner nur hätte, er wollte ihm seine Warnungen schon herauskarbatschen! Einem erst das Maul wässern zu machen und dann leere Schüsseln vorzusetzen!

Nein, nein, sagte der Kammerherr begütigend, so sei es nicht gemeint, es komme schon noch etwas; und fuhr dann fort zu lesen: Warner habe sich doch endlich erweichen lassen und teile nun von seiner geheimen Wissenschaft einiges mit, nämlich erstens, den Regensburger Reichstag betreffend, so sei das ein Baum mit vielen Blättern, aber ohne Früchte, in dem zwar viel geschwatzt und geratschlagt werde, aber kein Nutzen daraus kommen würde.

Hier schlug der Kurfürst vor Vergnügen mit beiden Händen auf die Armlehnen seines Sessels. Das sei einmal wahr und gut prophezeit, sagte er triumphierend; dasselbe habe er auch dem Lobkowitz geantwortet, als der ihn tribuliert hätte, in Person auf den Reichstag zu kommen. Die Speisen, die auf dem Reichstag gekocht würden, habe er zu Lobkowitz gesagt, habe er schon oft gekostet, aber gemundet hätten sie ihm noch niemals, und dabei sei er geblieben und habe ja auch recht gehabt. Ein hübsches Mäuschen habe der Berg bis jetzt aus seinem Bauch gelassen: den Lobkowitz und den Eggenberg hätten sie zu Fürsten kreiert. Ändern könne er es nicht; aber er, Johann Georg, werde sich niemals auf dieselbe Bank mit den neumodischen Fürsten setzen.

Der Kammerherr sagte, ihm komme die Prophezeiung über den Reichstag auch sehr artig vor, und las weiter. Das Haus Österreich werde vom Herrn nicht gänzlich verworfen, sondern wieder zu Gnaden angenommen werden, in der Meinung, daß es sich bekehrte. Wenn es sich aber nicht bekehrte, so werde Gott es zwar verwerfen, aber nicht gänzlich verlassen, sondern ihm zur Strafe für sein Pochen und Trotzen den Thron etwas tiefer heruntersetzen.

Die Kurfürstin seufzte, und der Kurfürst brummte, ihm sei es gleich, der Kaiser solle jetzt selbst zusehen; so lange habe er ihm geholfen und doch keinen Dank davon gehabt, nun dürfe ihm keiner mehr von den Kriegshändeln reden, oder er redete gern umsonst; denn er habe sich die Ohren verstopft.

Was den Frieden betreffe, las Taube weiter, so habe es damit noch gute Weile, einmal weil Deutschland noch nicht genug gestraft wäre; wenn aber auch die Deutschen Frieden machen wollten, so würde Schweden etwas dawider haben oder vielleicht auch Frankreich, oder es könne auch der türkische Sultan sein.

In Amerika werde im nächsten Jahr ein großes Erdbeben stattfinden und in China und Japan viel Blut vergossen werden. Was aber das anbelange, daß in Persien ein schwangeres Weib ein Kind ohne Vater erzeugt habe, welches schon in der ersten Stunde gesprochen und allerlei Seltsames prophezeit habe, so wolle er, Warner, das dahingestellt sein lassen, obwohl es ihm erstunken und erlogen zu sein scheine. Sollte es aber wahr sein, so habe es große Katastrophen und Veränderungen zu bedeuten, mit denen Gott, aus Zorn über die unleidliche Bosheit der Menschen, die Welt zu überziehen gedenke.

Ein Kind ohne Vater! schrie der Kurfürst. Das wären schelmische Lügen! Es könne ja nicht einmal ein Huhn ohne Hahn ein rechtes Ei legen!

Die Kurfürstin wies auf den Heiland hin, welcher auch nur durch ein Weib mit Hilfe des Heiligen Geistes erzeugt sei, worüber der Kurfürst sich ärgerte, so daß er sagte, die Jungfrau Maria solle sie lieber nicht anziehen, sondern den leichtgläubigen Katholiken überlassen.

*

Nach dem blutigen Treffen um die Festung Wolfenbüttel waren die Kaiserlichen, die trotz der großen Verluste nichts erreicht hatten, in verdrießlicher Stimmung, besonders Piccolomini wurmte die Niederlage; aber er trug die ihm eigene unbekümmerte Laune nachdrücklich zur Schau.

Etwa zwei Tage nach der Schlacht bahnte sich der bayrische General Geleen den Weg zu ihm, den Diener beiseite schiebend, der ihn verhindern wollte. »Was gibt es?« fragte Piccolomini, mit gespieltem Erschrecken von einem Ruhebett aufstehend. »Ist der Feind in Sicht?«

Geleen zuckte geringschätzig die Achseln und sagte, er habe Dringendes mit Piccolomini zu sprechen.

Es wäre wohl nicht so dringend, sagte Piccolomini, daß deswegen sein Mittagsschlaf hätte unterbrochen werden müssen.

Er sei bereits vor einer Stunde dagewesen, sagte Geleen. Inzwischen hätte Piccolomini nach seiner Meinung ausschlafen können.

Er pflege zu schlafen, bis er aufwachte, sagte Piccolomini. Er habe das Recht, glaube er, seine Gewohnheiten zu halten.

Was ihn betreffe, sagte Geleen, so habe er die Gewohnheit, das Warten nicht ertragen zu können. Er wolle sich erkundigen, ob es wahr sei, daß Piccolomini in seinem Schlachtbericht den Verlauf so dargestellt hätte, als habe das bayrische Fußvolk auf dem linken Flügel das Zeichen zur Flucht gegeben? Das wolle er nur wissen!

Wer ihm das gesagt habe? fragte Piccolomini.

Das tue nichts zur Sache, antwortete Geleen. Er wolle nur die Tatsache feststellen.

Das lasse sich an wie ein Verhör! brauste Piccolomini auf.

Immerhin! sagte Geleen. In einer Sache, die seine Ehre betreffe, lasse er nicht mit sich spielen.

Nun denn, sagte Piccolomini, aus dessen braunen Augen Wut und Rachsucht blitzten, die Schlachtberichte pflege sein Sekretär auszufertigen; aber wenn Geleen seine Meinung wissen wolle, so sei der große Angriff Guébriants auf den linken Flügel allerdings das punctum saliens der Schlacht gewesen, und wenn das bayrische Fußvolk diesen Angriff besser refüsiert hätte, so würde der Ausgang anders gewesen sein.

Geleen fuhr sich, vor Entrüstung zitternd, in die Haare. Das sei ja zum Auseinanderbersten! rief er. Über solchen Verdrehungen müßte ja der Himmel einfallen! Ihm ins Angesicht wage Piccolomini das zu sagen? Wo Piccolomini trotz seiner Warnung die offene Feldschlacht gegen den überlegenen Feind in günstiger Stellung gewollt und dadurch das Unglück herausgefordert hätte! Man brauchte ja nur die Toten auseinanderzulesen, um zu sehen, wo am tapfersten gekämpft worden wäre; er habe ja fast kein Fußvolk mehr.

Wenn er recht gehört hätte, sagte Piccolomini mit der Hand am Degen, so wolle Geleen ihn der Lüge zeihen?

Ja, ja, rief Geleen, einer von ihnen müsse hin werden!

Er stehe zu Diensten, sagte Piccolomini; Geleen solle seine Ungeduld nur bezähmen, bis sie draußen wären, hier sei es etwas eng. Er wisse einen angenehmen Platz unter hohen Bäumen an einem Teich, wo es schattig sei.

Sie waren im Begriff aufzubrechen, als Erzherzog Leopold Wilhelm eintrat und, die Lage überblickend, freundlich sagte: Da gebe es wohl ein kleines Mißverständnis? Nun, dann sei er ja im rechten Augenblick gekommen; Mißverständnisse zwischen so vortrefflichen, unentbehrlichen Generalen müßten geschlichtet werden können. Sie wüßten, daß er sie beide gleich hochschätze, und würden ihn deshalb gern als Schiedsrichter annehmen. Sein kaiserlicher Bruder würde ihm einen Vorwurf machen, wenn er geschehen ließe, daß so unersetzlichen Kriegshäuptern etwas zustieße.

Sowohl Geleen wie Piccolomini waren unwillig über die Störung, hielten aber der unbefangenen Gemütlichkeit des Erzherzogs gegenüber an sich.

Dieser setzte sich, zog einen Brief aus der Tasche und sagte, da sei eben ein Schreiben von den braunschweigischen Herzögen eingelaufen, sie entschuldigten sich mit flehentlichen Worten, daß ihre Truppen am Kampfe teilgenommen hätten; sie hätten nach wie vor die Absicht, sich defensiv zu verhalten, die vorgefallene Betätigung ihrer Truppen sei nicht als Konjunktion, sondern als eine zufällige Verwickelung aufzufassen.

Nach seinem Dafürhalten, sagte Geleen, sollte man diese braunschweigischen Schelme als Rebellen traktieren, die sie wären.

Die rühmlich bekannte Milde des hohen Erzhauses, sagte Piccolomini, vergriffe sich hier allerdings wohl ein wenig. Hätte man Anno 1625 Wolfenbüttel dem seligen Pappenheim oder Tilly gegeben, so wäre man wegen dieser Länder jetzt besser versichert.

Ja, ja, lachte der Erzherzog, die Braunschweiger hätten damals einen mächtigen Fürsprecher gehabt, den es vielleicht jetzt selbst gereue. Nun, soviel er urteilen könne, ließen sich die ärgsten Nachteile vielleicht wieder einbringen. Die Kundschafter meldeten, daß es beim Feinde kopfüber, kopfunter zuginge. Das schwedische Heer löse sich auf, ein paar Obersten wären bestimmt auf die kaiserliche Seite gebracht. Mit Schweden wollten sie alle nichts zu tun haben. Gott habe den Banér doch auch nicht umsonst sterben lassen, jetzt müsse nur ein wenig nachgeholfen werden, dann liege der tönerne Koloß am Boden.

Geleen kraute sich verlegen in den Haaren. Wenn man nur den neuen Kurfürsten von Brandenburg gewinnen könnte, sagte er nach einer Pause; aber dessen Ratgeber legten sich alle auf die schwedische Seite.

Es sei merkwürdig, seufzte der Erzherzog, daß alle Ketzer ein unfriedfertiges Gemüt hätten. Was für Nutzen hätten sie davon? Was ihn betreffe, so sei er des Krieges schon herzlich müde.

Ja, sagte Piccolomini, wenn alle Menschen so engelgleicher Sinnesart wären wie der Erzherzog, würde die Welt leicht zu regieren sein.

Unter den Siegern herrschte nicht mindere Niedergeschlagenheit. Guébriant berichtete über den errungenen Vorteil nach Paris, rühmte die Tapferkeit verschiedener Offiziere und schrieb den glücklichen Ausgang hauptsächlich dem Fehler der Gegner zu, sie in gesicherter Stellung angegriffen zu haben. Im ganzen sei seine Lage durch den Sieg nicht gebessert. Nur durch täglich neu aufgewendete Kunst vorsichtig verteilter Überredung und Drohung könne er die Weimaraner bei dem Vertrage festhalten. Wenn das Geld nicht geliefert würde, das man vertragsgemäß schulde und worauf er immer wieder vertröstete, sehe er vor sich, daß er nicht nur sein Leben, sondern auch seine Ehre in Deutschland würde lassen müssen. Er habe drei Jahre lang unter Entbehrungen und Demütigungen ausgeharrt, von denen man in Frankreich keine Vorstellung hätte: nun bitte er um seinen Abschied. Könne er nicht bald nach Frankreich zurückkehren, so würde seine Schwermut ihn ganz dienstunfähig machen und für immer vom Schauplatz großer Taten entfernen.

*

In der Nähe von Schladen lag das Regiment des Obersten von Seckendorff. Nach einem gewitternden Tage war es am Abend kühl geworden, und in die leichte Luft stiegen von vielen Feuern, an denen gekocht wurde, Rauchsäulen auf wie vom Körper befreite, triumphierende Seelen. In froher Erwartung des Nachtmahls spielten die Lagerkinder mit hölzernen Kreiseln und Kieselsteinen, andere setzten selbstgefertigte Kähne und Segelschiffe auf den klaren Fluß und sahen ihnen nach, solange sie den schaukelnden Punkt wahrnehmen konnten. Als das Essen eingenommen war, versammelten sich die Männer, um eine Ansprache ihres Obersten zu hören, und auch viele Frauen, größtenteils mit einer Näherei beschäftigt, gesellten sich zu ihnen.

Der Oberst ging zuerst zwischen den Reihen der Soldaten hin und her, begrüßte den und jenen, erkundigte sich nach den Verwundeten, scherzte auch mit den Frauen; dann suchte er sich einen bequemen Stein, setzte sich und fing an zu reden.

Es freue ihn, sagte er, daß sie zahlreich beieinander wären; sie wären sich wohl auch bewußt, daß er sie nicht wie ein Blutsauger, sondern wie ein Vater hielte. Ja, er sei streng; aber das achteten sie an ihm, weil sie als tüchtige Männer an ihrem Platze auch streng wären. Unordnung und Unbotmäßigkeit richteten jedes Geschäft zugrunde, darum sei Strenge notwendig; aber er sähe darauf, daß sie nicht über Gebühr geplagt würden. Er habe ihnen den Lohn oft aus seinem Eigenen vorgestreckt, damit sie nicht darbten. Er sei auch nicht wie gewisse Offiziere, die sich besöffen und voll fräßen, indes die Soldaten am Hungertyphus hinstürben. Er stillte seinen Hunger nicht eher, bis der ihre befriedigt wäre; denn so sei es eines rechten Vaters Pflicht.

Ein zustimmendes Gemurmel ging durch die Reihen der Soldaten. Nun, sie wüßten also, daß er es gut mit ihnen meinte, fuhr Seckendorff fort, und deshalb gehe es ihm zu Herzen, wie sie drangsaliert, hin- und hergezogen, ausgebeutet würden, ohne ihren oder des Vaterlandes Nutzen.

Der verstorbene Banér sei ein großer Feldherr gewesen, aber ein Tyrann. Nun, Gottes Hand habe ihn getroffen, er liege und erwarte Gottes Gericht, dem könne man ihn getrost überlassen. Da es aber an dem sei, daß Gott selbst das Joch von ihnen genommen hätte, sollten sie auch Männer sein und sich ferner nicht das Lebensblut durch fremde Vampire aussaugen lassen. Sie sollten einmal nachdenken, wofür sie sich eigentlich schindeten, hungerten und darbten? Wofür sie ihr Blut vergössen? Nur Schweden komme es zugute. Und was gehe Schweden sie an? Sei der gute König Gustav für ihren Glauben gestorben, nun, die Schuld sei hundertmal getilgt. Sie wären es ja am Ende selbst, die alle seine Siege erkämpft hätten, die paar nackten Schweden, die er herübergebracht hätte, wären längst zerstreut und hin. Da rühmten sich denn die paar schwedischen Offiziere ihrer, der deutschen Soldaten, Siege und genössen ihre Eroberungen; von ihnen, den braven, tapferen Deutschen, die darum geblutet hätten, sei nie die Rede. Warum sie sich das von den Eindringlingen wollten gefallen lassen? Er spräche als ein freier Deutscher von Adel zu freien deutschen Männern und Soldaten. Jetzt sei der Augenblick der Befreiung gekommen. Jetzt müßten sie Mann für Mann beieinanderstehen, damit ihnen das Joch nicht wieder aufgeschnallt würde.

Er stand bei diesen Worten auf, und aus seinen sonst freundlichen grauen Augen schlug eine heiße Flamme. Wenn sie ihr Leben wagten, sagte er, so sollten sie es für ihr Vaterland wagen. Wenn sie kämpften und litten, so sollten sie es für ihr Vaterland tun. Jetzt würde geworben und verheißen und geschmeichelt werden: sie sollten sich nicht wieder fangen lassen. An ihn und die anderen Obersten sollten sie sich halten, die sich gegen den schwedischen Dienst verschworen hätten. Sie sollten auch nicht glauben, was man ihnen von Religion vorschwatze, und wenn ihnen einer sagte, daß er, Seckendorff, vom Kaiser bestochen sei, so sollten sie ihn als einen Lügner aufs Maul schlagen. Er sei gut evangelisch und lasse sich seinen Gott und sein Gotteswort nicht nehmen.

Warum aber das Bestechung hieße, wenn ein Soldat von seinem Kaiser Sold annähme, und dagegen der schwedische Dienst den Himmel eintragen sollte? Die Schweden müßten weg vom deutschen Erdboden! Kahl gefressen hätten sie ihn schon, sie sollten ihn wenigstens für neue Saat freimachen. Wenn es möglich wäre, daß er sie allesamt mit seinem einzigen Schwert durchbohrte, so würde er's auf sein Gewissen nehmen und wäre ihnen recht geschehen. Er wüßte gewiß, daß der neue schwedische Feldherr, der unterwegs nach Deutschland wäre, diejenigen vor ein Strafgericht stellen würde, die in letzter Zeit dem Banér aufsässig gewesen wären und jetzt dem schwedischen Dienst widerrieten. Er fürchte sich nicht. Wenn sie alle zusammenhielten, könnten sie der hungrigen Wölfe leicht Meister werden.

Als der Oberst sich entfernt hatte, begann unter den Soldaten lebhaftes Bereden und Beratschlagen. Ein Unteroffizier sprang auf den Stein, wo jener gesessen hatte, und beleuchtete die Sachlage von einem anderen Standpunkt: Daß der Seckendorff allerdings ein guter, rechter Mann sei und es redlich mit den Soldaten meinte, daß aber andere nicht wie er wären und daß er nicht allein den Ausschlag gäbe. Die großen Herren dächten doch allemal zuletzt nur an ihren Vorteil, und der stehe nicht auf demselben Blatt wie der des Soldaten. Jetzt wären der Derfflinger und der Mortaigne und andere in Schweden, da würde man ihnen die Taschen füllen und schöne Titel anhängen, darüber würden sie ihr Großtun und ihre Versprechungen vergessen, würden sich die neuen goldenen Ketten gefallen lassen, und sie, die armen Schlucker, würden als Meuterer bestraft werden. Dann würden ihre Leichname wie nasse Stricke von den Bäumen herunterhängen, und die Obersten würden hoch zu Roß darunter wegreiten, kaum daß eine Reiherfeder auf ihren Hüten sich an den zappelnden Füßen knickte …

Bis tief in die blasse Sommernacht hinein wogten die erregten Massen schwatzend, singend und trinkend durcheinander.

*

Auf der Rückreise von Wien sprach der Advokat Bögler in Köln vor, wo Melander ein Haus hatte, um ihm von dem unerwünschten Fortgange seines Prozesses Bericht zu erstatten. Melander möge ihm bezeugen, sagte er voranschickend, daß er von Anfang an kein gutes Zutrauen zu dem Prozeß gehabt und ihm eigentlich abgeredet hätte.

Ob er damit sagen wolle, fragte Melander stirnrunzelnd, daß seine Sache schlecht wäre?

Bögler beeilte sich zu versichern, seine Sache wäre die beste von der Welt, es komme vor Gericht aber nicht darauf an, wer recht habe, sondern wer recht bekomme, und dazu habe Melander, obwohl er klärlich und unwidersprechlich im Rechte sei, wenig Aussicht.

Es handelte sich darum, daß Melanders Verwandte mit Berufung auf ihren adligen Stand Abgabenfreiheit beanspruchten, welche der Graf von Nassau-Hadamar, in dessen Erbländern ihre Güter lagen, ihnen nicht zugestehen wollte, indem er die Rechtmäßigkeit ihres Adels bestritt. Es lasse sich zwar nachweisen, behaupteten die Vertreter des Grafen, daß Kaiser Rudolf einen gewissen Wilhelm Eppelmann in den adligen Stand erhoben hätte, nicht aber, daß die Familie des Generals von diesem abstammte, was sie zwar prätendierten, aber nicht erhärten könnten. Vielmehr wären sie nichts als Bauern und daher zur Abgabenleistung verpflichtet, wovon das Gegenteil zu beweisen dem Advokaten des Generals noch nicht gelungen war.

Dem Sinne nach, sagte dieser, habe er das Erforderliche zur Genüge dargetan, er habe darauf hingewiesen, daß Brüder und Oheime des Generals studiert hätten, wie lange der Familiensitz in ihren Händen wäre und mehreres, was im Verein mit dem großen Ansehen und den unsterblichen Verdiensten des Generals vor einem unparteiischen Gericht genügt haben würde, zu seinen Gunsten zu entscheiden; aber in diesem Falle könne er das Recht wie ein Dreieck auf den Tisch legen und die Winkel nach den Vorschriften des Pythagoras berechnen, die Herren würden ihm bestreiten, daß a gleich a und daß zweimal zwei gleich vier sei.

Der Advokat lächelte fein und überlegen, während Melanders Mund sich verkniff und seine Augen mit strengem Blick zu Boden starrten.

Graf Johann Ludwig von Nassau-Hadamar war nämlich, durch Tilly bedrängt und auf Betrieb einer katholischen Tante, im Jahre 1629 in Wien zur katholischen Kirche übergetreten und wurde seit dieser Zeit bei jeder Gelegenheit vom Kaiser begünstigt und ausgezeichnet.

»Wenn der Graf behaupten wollte,« fuhr der Advokat fort, »daß Euer Exzellenz überhaupt nicht existierten, so würde es schlechterdings unmöglich sein, das Vorhandensein des streitigen Gegenstandes zu beweisen. Man würde Euer Exzellenz vermutlich für eine Schimäre oder Hirngespinst erklären.«

»Ich bin imstande zu beweisen,« sagte Melander mit erzwungenem Lächeln, »daß eine Schimäre Schläge austeilen kann.«

Der Advokat lachte hell und herzlich und berichtete, um Melander in gute Laune zu versetzen, allerlei Histörchen über Johann Ludwig von Nassau, die er aufgelesen hatte: wie daß die Gräfin, die bei ihrem Glauben geblieben war, fast nicht mehr aus der Kirche käme, wo sie die Verirrung ihres Gemahls abzubeten versuche, und daß kürzlich der Jesuit auf Schloß Dillenburg gewesen sei, der seinerzeit den Grafen durch glückliches Disputieren überzeugt hätte, und daß der Graf ihn kniefällig wie den Heiland in eigener Person begrüßt habe.

Melander lachte nicht, sondern seine Miene wurde immer saurer und grämlicher. So sei es also des Advokaten Meinung, sagte er, daß im Reiche außer durch Lug und Trug kein Recht zu erlangen sei?

Der Advokat verschnörkelte seine Lippen und sah nach der Decke. Der sicherste und nächste Weg wäre das in dieser trübseligen Zeit wohl, sagte er. Das Recht und der irdische Erfolg wären gewissermaßen zwei Parallelen, die sich in der Ewigkeit schnitten. Vor Gott genüge das ja. Wolle man aber hienieden schon etwas Reales sehen, so müsse man, wie der Graf von Nassau getan hätte, einen Salto mortale oder verzweifelten Sprung darum wagen.

Eins wisse er bestimmt, entgegnete Melander, daß kein Hundsfott auf der Welt ihn zwingen könne, auch ein Hundsfott zu werden. Aber aufgeben tue er den Kampf doch nicht. Ein Ehrenmann könne sich sein Recht mit dem Schwert erkämpfen.

Der Advokat äußerte seine Bewunderung des heldenhaften Entschlusses in lebhaften Worten und erlaubte sich den Rat, Melander möchte schleunig nach Wien gehen, sein persönliches Erscheinen werde Wunder wirken. Ihm sei von vielen Seiten versichert, daß der Kaiser die größte Hochachtung vor Melander hätte. Bei einem Manne von Melanders Verdiensten und Tugenden versteife er sich nicht wegen der Religion. Melander wisse ja wohl selbst, daß Offiziere in Österreich so häufig wie Krautköpfe wären, gute Feldherren aber rar wie das liebe Geld.

Melander wußte das allerdings und daß es nur von ihm abhing, nachdem Piccolomini nach Spanien entfernt war, eine angesehene Stelle im kaiserlichen Heere zu bekommen. Es sprach indessen zu vieles dagegen, als daß er sich ohne weiteres dazu entschlossen hätte; erstens, daß die Kurzsichtigen und Böswilligen unter seinen Glaubensgenossen ihn Überläufer gescholten hätten, und zweitens würde er niemals unter Gallas dienen, den seine zahlreichen Freunde und Gönner trotz offensichtlicher Unfähigkeit an die Spitze des Heeres gebracht hatten und dort erhielten. Würde man ihm die unumschränkte Gewalt einräumen, wie sie etwa Wallenstein gehabt hatte, so, dachte er bei sich, würde er sich bereit finden lassen und dann vollenden, was Wallenstein nicht vermocht hatte, nämlich Frieden machen. Seiner Meinung nach war er dazu geeignet und gewissermaßen dazu bestimmt: seine Beziehungen nach allen Seiten und die Höhe seines Standpunktes, von der aus er die Schwächen seiner Glaubensgenossen durchschaute, sicherten ihm die nötige Überlegenheit. In seinem Innersten verachtete er sie alle: die Landgräfin von Hessen, ihre Räte, den Grafen von Nassau und seinen Advokaten. Nur der Kaiser, wie untauglich er auch als Person sein mochte, behielt doch den Vorzug, Kaiser zu sein. Eine Autorität, das hatte er eingesehen, mußte im Reiche sein, und er wollte inskünftig seinen Degen nur noch ziehen, um rebellische Glieder unter diese Autorität zu beugen und Eindringlinge hinauszuwerfen.

Außer seiner eigenen Angelegenheit hatte er noch einen Anlaß, nach Wien zu gehen, nämlich die Restituierung der pfälzischen Familie, mit der er seit Jahren in Freundschaft verbunden war. Er hatte keine besonders hohe Meinung von Karl Ludwig, den er für einen schlechten Feldherrn und planlosen Kopf ansah, aber er bewunderte seine Mutter, die Kurfürstin-Witwe Elisabeth, deren Scharfsinn und Redegewandtheit ihm fast den Atem raubte und die sich trotzdem vertraulich und huldvoll gegen ihn benahm. Sie sollte ihm nicht umsonst gesagt haben, daß sie sich auf ihn verlasse und von niemandem außer ihm die Rettung und Rechtfertigung ihrer Familie erwarte, weil seit dem Tode des Königs von Schweden er der einzige Mann in diesem läppischen Zeitalter wäre. Dem König von Schweden, pflegte sie zu sagen, hätten seine schwedischen und lutherischen Vorurteile geschadet, und nicht zum wenigsten seine alberne Frau. Als Lutheraner habe er stets geglaubt, sich vornehmlich auf den Kurfürsten von Sachsen stützen zu müssen, der nur scheinbar ein starker Knüttel, in Wirklichkeit aber ein Schafsschwanz sei; und seine Frau habe sogleich nach seinem Tode bewiesen, daß für heroische Gedanken kein Platz in ihrem Kopfe sei, indem sie die brandenburgische Prinzessin herausgekehrt und gegen Schweden konspiriert habe.

Das Vertrauen seiner hohen Freundin zu rechtfertigen, machte sich Melander nach Wien auf, wo er namentlich von Lobkowitz mit großer Auszeichnung behandelt wurde. Die pfälzische Angelegenheit, sagte dieser, würde längst geordnet sein, wenn die unerschwinglichen Forderungen des Kurfürsten von Bayern nicht wären. Was hätte den Kaiser die bayrische Bundesgenossenschaft nicht schon gekostet! Das dürfe Melander glauben, daß der Kaiser in seiner Magnanimität keinen Groll gegen die unglückliche pfälzische Familie hege, vielmehr väterliches Mitleiden. Man steife sich auch hierorts nicht auf die Religion. Cujus regio, ejus religio, wenn sich nur ein jeder bei dem Sprüchlein wollte belieben lassen. Melander sehe nun mit eigenen Augen, wie kalumniös diejenigen redeten, die dem Kaiser und den Jesuiten fanatische Glaubenswut zuschreiben möchten. Es komme darauf an, den Kaiser, unabhängig von Bayern, stark im Felde zu machen, und das vermöge niemand als Melander.

Melanders Wunsch, nebst seinen Brüdern und Neffen in den erblichen Reichsgrafenstand erhoben zu werden, glaubten die kaiserlichen Räte nicht abschlagen zu dürfen, obwohl ihnen das Begehren exorbitant vorkam und auch wegen der entgegenstehenden Wünsche des Grafen von Nassau-Hadamar schwierig. Der Kaiser löste die Verwickelung dadurch, daß er dem Grafen Aussicht auf den von ihm ersehnten Fürstentitel eröffnete und sie etwa auch zu verwirklichen sich vorbehielt, wenn es sich durchaus nicht anders tun ließe.

*

Langsam, langsam reiste Torstensson, der neue schwedische Feldmarschall, zum Heere. Auf der letzten Strecke, vor Winsen an der Aller, wo er Quartier nehmen wollte, befand er sich so schlecht, daß er in der Sänfte getragen werden mußte, und auch diese Bewegung verursachte ihm solche Schmerzen, daß er zuweilen mit der knotigen Hand den Trägern ein Zeichen gab, stehenzubleiben. Diese warfen verstohlene Blicke auf ihn und sahen nicht ohne Grauen das wächserne Gesicht, das vom Schweiß der Todesangst feucht glänzte, und auf seinen Wink trabten sie wieder rasch und leise, als ob es das Leben gölte; denn obwohl er sie weniger grob behandelte, als sie gewohnt waren, fürchteten sie ihn, sie wußten selbst nicht warum, unbeschreiblich. Abseits vom Wege, zwischen Wacholderbäumen und wild wucherndem Heidekraut, stand ein Schäfer mit seiner Herde und ließ den gleichgültigen Blick auf dem lange Zuge ruhen, der phantastisch riesenhaft durch den weichen Novembernebel glitt: hinter der Sänfte Graf Königsmarck auf prächtig gezäumtem Goldfuchs, den breitkrempigen weißen Federhut auf den braunen Locken, einen ziegelroten Tuchmantel über die Schulter geworfen; hinter ihm die Obersten Wrangel und Mortaigne, die alle den kranken Feldmarschall in Stralsund empfangen hatten, dann andere Offiziere, Reiter und Fußvolk und Wagen voll Proviant und Gerät.

Am folgenden Abend fühlte Torstensson sich imstande, Königsmarck zu empfangen; er winkte ihm, sich an sein Bett zu setzen, und sagte mit leiser, deutlicher Stimme, vielleicht kämen seine Schmerzen in einer Viertelstunde zurück, sie wollten das Nötige in der Kürze miteinander besprechen. Königsmarck habe wohl inzwischen einige von den Obersten getroffen: wie die Stimmung wäre und ob Hoffnung bestände, sie im guten zu gewinnen.

Allerdings, sagte Königsmarck, die Lage sei günstiger, als man hätte erwarten können. Die meisten Obersten wären schon ins Wanken geraten, als sie gehört hätten, daß Mortaigne bei der schwedischen Krone bleiben wolle. Der Neid auf den Vorzug, mit dem sie, wie Torstensson ja wüßte, beehrt worden wären, ließe ihnen keine Ruhe. Man würde sie mit mäßigen Zugeständnissen gewinnen können. Wäre man der Mehrzahl sicher, so hätte man auch die übrigen in der Hand, die ja froh sein müßten, wenn sie nur Gnade fänden.

Torstensson, der die Augen geschlossen hielt und von Zeit zu Zeit an einer Zitrone roch, sagte, es entspreche seinen Grundsätzen nicht, Meuterei im Heere durch Versprechungen zu ersticken. Das ermutigte die rebellischen Elemente. Es müßten auch Strafen verhängt werden.

Königsmarck billigte den Grundsatz des Feldmarschalls und nannte einige Obersten, die am eifrigsten und hartnäckigsten gegen Schweden gewesen wären, namentlich den von Seckendorff. Er habe einen unversöhnlichen Haß auf Schweden, und man halte dafür, daß er Geld vom Kaiser genommen hätte.

Torstensson notierte den Namen und fiel nach dieser Anstrengung mit erbleichendem Gesicht in die Kissen zurück.

»Ein paar Köpfe müssen springen,« sagte er nach einer Pause, »das wird den Gehorsam der übrigen befördern.«

Königsmarck meldete weiter, er habe gehört, daß Guébriant nur auf Torstenssons Ankunft warte, um sich auf den Rhein zurückzuziehen, und daß er sich schwerlich werde halten lassen. Dann fing er von der Verteilung der Quartiere zu sprechen an, unterbrach sich aber, weil er sah, daß Torstensson der Ruhe bedurfte.

Torstensson nickte und versuchte die Zitrone an den Mund zu bringen. Er habe gehört, sagte er nach einer längeren Pause, daß Königsmarck sich die großen Forsten im Halberstädtischen angeeignet und auf seine eigene Rechnung verkauft hätte. Es sei gut, er sei damit vollkommen einverstanden. Die hohen Offiziere müßten über große Geldmittel verfügen, das setze sie instand, ihre Regimenter in Ordnung zu halten.

Königsmarck, über dessen Gesicht ein kaum merkbares Erschrecken geglitten war, lachte leichthin und sagte, seine Habe gehöre wie seine Person der Königin von Schweden; er verschwende beides in ihrem Dienst und sei auf einen Wink von ihr bereit, beides zu ihren Füßen niederzulegen.

Da Torstensson eine entlassende Gebärde mit der Hand machte, verabschiedete sich Königsmarck, schwang sich auf sein Pferd und ritt durch die Heide nach dem nächsten Gasthause, wo mehrere Gefährten ihn erwarteten. Wenn der davonkäme, so berichtete er, müsse man glauben, daß er mit dem Teufel im Bunde stände. Jedenfalls müsse man sich auf seinen Tod gefaßt machen.

Mortaigne nippte am heißen Punsch und blickte durch die kleinen Fenster in den schnell sich verdichtenden Nebel. In dem Falle, sagte er, würde das ganze Heer wieder abfallen, und sie könnten in die übelste Lage kommen. Ihn würde man sicherlich als Verräter traktieren.

Königsmarck lachte. Das Gesindel flöße ihm keine Angst ein, sagte er. Was er fürchte, sei nur, daß Gustav Horn an Torstenssons Stelle käme, das passe ihm nicht. Dem Torstensson könne ein Mann von Geist füglich gehorchen, nicht dem Horn, der nur eine Schreiberseele wäre. Wenn er nicht Oxenstiernas Schwiegersohn wäre, würde er nie in die Höhe gekommen sein. Niemals würde er, Königsmarck, sich an die altmodische, kleinmütige Art der Kriegführung gewöhnen.

Soviel er wisse, sagte Mortaigne, sei Horn bei der schwedischen Regierung auch nicht beliebt, die deshalb seine Auswechslung bisher hintertrieben hätte.

Ja, das sei das einzige Mittel, rief Königsmarck, er dürfe nicht ausgewechselt werden. Wenn nur Horn nicht an seinen Platz käme, möge auch Torstensson immerhin sterben.

Indessen, nachdem Torstensson im Dezember dem Tode nahe gewesen war, genas er unversehens wieder so weit, daß er die Ordnung der Verhältnisse selbst in die Hand nehmen und den Feldzug des nächsten Jahres vorbereiten konnte. Zwar gelang es ihm nicht, Guébriant festzuhalten; aber er stellte die Ruhe im Heere wieder her, so daß er es wagen konnte, die unerfahrenen Schweden, die er mitgebracht hatte, damit zu vereinigen. Nachdem Seckendorffs Kopf in Salzwedel gefallen war, drang er durch die Lausitz nach Schlesien, nahm im Mai die Festung Groß-Glogau und bald darauf Schweidnitz, das zu entsetzen Franz Albrecht von Sachsen-Lauenburg vergeblich sich bemühte.

Bei dem Versuche, die Fliehenden aufzuhalten, ward Herzog Franz gefangengenommen; zwar wehrte er sich verzweifelt, empfing aber eine Wunde am Arm, die ihn kampfunfähig machte. Als er in einer Kutsche in das Dorf gebracht wurde, wo Torstenssons Quartier war, sagte er zu dem ihn begleitenden Offizier, es sei eine rechte Fatalität, daß er gefangen sei. Die Schweden hätten ihn sowie den Arnim niemals leiden können, und nun nach Arnims Tode sei er die alleinige Zielscheibe. Warum sie ihn haßten, wisse er eigentlich nicht. Er habe seinerzeit bei seinem Oheim, dem Kurfürsten von Sachsen, immer die Sache der Schweden vertreten. Jetzt sei er in Kaisers Dienst und müsse des Kaisers Vorteil wahren, wie jeder General von Ehre für seinen Herrn täte. Er hoffe, Torstensson würde ihn so halten, wie ein Edelmann einen tapferen Feind hielte, der noch dazu ein Reichsfürst sei.

Der Offizier hatte kaum eine etwas einsilbige Antwort gegeben, als lautes Stimmengewirr hörbar wurde, die Kutsche schwankte und anhielt; zugleich flog ein Stein durch das Fenster und streifte den Gefangenen. »Was ist das?« rief der Offizier, sich hinausbeugend.

Einer von den Berittenen, die die Kutsche eskortierten, gab Auskunft, es wären schwedische Soldaten, die den Herzog ausgeliefert haben wollten, um Rache an ihm zu nehmen. Zugleich suchte er die Wütenden abzuhalten, aber sie drängten ihn weg, und nun wurden die Rufe vernehmbar: »Nieder mit dem Mörder unseres Königs! Reißt ihn in Stücke! Reißt ihm das verräterische Herz aus dem Leibe!« Der erschrockene Offizier suchte die Aufgeregten zu beschwichtigen, indem er hinausrief, der Herzog sei Gefangener der Königin, und die Königin würde ihn nach Gebühr bestrafen; aber plötzlich schob Franz Albrecht ihn beiseite und sprang, ehe jener es hindern konnte, mitten unter die tobende Menge.

»Was wollt ihr von mir?« schrie er. »Habt ihr Soldatenehre im Leibe, daß ihr über einen Kavalier herfallt, der ohne Waffe ist?«

Im ersten Augenblick der Überraschung entstand Stillschweigen.

»Gebt mir einen Säbel,« fuhr Franz Albrecht fort, »so fordere ich einen jeden von euch zum Zweikampf heraus, der es wagt, mich Mörder zu nennen. Oder seid ihr Canaille, die keine Satisfaktion gibt, so fallt mich alle zusammen an; aber gebt mir ein Schwert, ihr Feiglinge, daß ich mein Leben teuer verkaufe!«

Schon wälzte sich die Menge drohend gegen den Herzog heran, als die Sänfte Torstenssons erschien, deren Anblick genügte, um die Wütenden zu verscheuchen. Er ließ Franz Albrecht zu sich einsteigen, reichte ihm aber, wie die Umstehenden mit Befriedigung bemerkten, nicht die Hand. Da der Herzog, der im Zorne den verwundeten Arm aus der Binde gerissen hatte, in der Sänfte vom erlittenen Blutverlust ohnmächtig wurde, gab Torstensson Befehl, daß nach Ärzten geschickt würde; dann lehnte er sich, von dem Bewußtlosen abgewendet, mit geschlossenen Augen in seine Kissen zurück.

Die Wunde des Gefangenen schien nicht bösartig zu sein, aber sei es, daß die Aufregung ihm geschadet hatte oder daß die Behandlung nicht zweckmäßig war, er starb nach einigen Tagen in Schweidnitz, das dem schwedischen Feldmarschall die Tore hatte öffnen müssen.

* * *

 


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