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Die Straße »Montagne de la Cour«, zu deren Entlastung neuerdings die von einem Terrassenpark überragte Rue de Coudenberg bis zur Rue de la Madeleine durchgeführt wurde, findet ihre direkte Fortsetzung in dieser letztgenannten Straße, die mit ihren weiteren Fortsetzungen, dem »Marché aux Herbes« und dem »Marché aux Poulets«, das gesamte Stadtzentrum von Osten nach Westen bis zu den Kanalhäfen hinab durchquert. Die als »Magdalenenstraße« bezeichnete Teilstrecke dieses Straßenzuges ist eine der am meisten überlasteten Verkehrsadern Brüssels und in diesem Sinne etwa mit der Londoner »Bondstreet« zu vergleichen. Da hier seit beinahe hundert Jahren der elegantere Modewaarenhandel monopolisiert ist, bildet diese Straße in der Nachmittagsstunde zwischen vier und fünf Uhr auch das beliebteste Promenadenziel der Damenwelt. Wahre Riesenvermögen sind seit Generationen von den umsichtigen Leitern und Inhabern dieser Modenhäuser der Rue de la Madeleine eingeheimst worden.
Das Problem der »Geradelegung« der Montagne de la Cour hat seit mehr als einem halben Jahrhundert zahllosen Architekten schweres Kopfzerbrechen bereitet. Da jedoch bei einer wirklichen Geradelegung dieser Straßenflucht die enormen Niveauunterschiede der Terrainbildung nur mit Hilfe von Terrassen- und Treppenanlagen zu überwinden wären, hat man sich schließlich unter Annahme des Bebauungsplanes des Architekten Maquet für die Beibehaltung gekrümmter Fluchtlinien bei der Neugestaltung dieser Hauptverbindungsstraße zwischen der Unterstadt und der Oberstadt entschieden. Sogar der alte Name der Straße soll aufgegeben und einer Entschließung König Leopolds II. gemäß durch den neuen Namen » Montagne des Arts« ersetzt werden im Anschlusse an einen neu zu errichtenden mächtigen Kunstpalast, der zur Erweiterung der Nationalmuseen und zur Aufnahme der periodischen Kunstausstellungen bestimmt ist. Vorläufig ist das steil ansteigende Abbruchgelände in eine mit Statuen und Kaskaden geschmückte Parkanlage verwandelt worden.
»Wäre diese Stadt« – so schrieb im Jahre 1734 der bekannte Baron von Poellnitz – »so groß wie Paris, dann könnte man sie wahrlich als eine Hölle für Pferde bezeichnen.« Diese Bemerkung ist noch heute ebenso wahr wie vor zwei Jahrhunderten. Aber nicht minder berechtigt wäre für Brüssel der Spitzname »Hölle für Hunde,« da der Hund noch jetzt in ausgedehntem Maße hier als Zugtier ausgenutzt wird. Joseph Stevens hat diesen gewohnheitsmäßigen Mißbrauch des Hofhundes zum Vorwurfe genommen für einige seiner ergreifendsten Tierbilder, die unter dem ingeniösen Titel »Ein Hundsgewerbe« – »Un métier de chien« – volkstümliche Beliebtheit erlangt haben.
Die Rue de la Madeleine darf – trotz ihrer Gefährdung durch die bevorstehenden Umgestaltungen des Stadtzentrums – vorläufig noch immer den Ruhm als gewohnheitsmäßiges Alltagsziel der Brüsseler eleganten Welt für sich in Anspruch nehmen. Namentlich im Winter bildet diese Geschäftsstraße zu gewissen Tagesstunden den täglichen Treffpunkt des vornehmen »Tout Bruxelles«. Die klassische Straßenpromenade beginnt in den Bazarhallen der Galeries St. Hubert und erstreckt sich von dort aus langsam ansteigend bis hinauf zur Place Royale. Auch wir schließen uns diesem »Alltagsbummel« an und entdecken dabei zu beiden Seiten des Straßenzuges so manche architektonisch wertvolle alte Straßenfassade, soweit unser Blick nicht allzusehr durch die neu eingebauten glänzenden Schauläden abgelenkt wird. All diese Fassaden stammen erst aus der Zeit nach dem Bombardement von 1695, durch das auch die Rue de la Madeleine in Trümmer gelegt worden war. Besondere Beachtung schenke man dem schönen Säulenportal des ehemaligen »Hôtel des Messageries«, über dem die Jahreszahl 1763 zu lesen ist. Im Jahre 1846 wurde dieses Grundstück nach Cluysenaars Bauplänen zur Markthalle – »Marché de la Madeleine« – umgebaut, wobei es auch die an der Rue Duquesnoy gelegene, mit einer doppelten Säulenhalle geschmückte neue Fassade erhielt. Jetzt dient dieses häufig als Festsaal benutzte Gebäude mit einem Teile seiner Räume als Metallbörse.