Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Von Guaham nach St. Helena.

Den 1sten December. Breite 16º 31', Länge 219º 6'. Eine Menge Seevögel kündigte die Nähe einer unbewohnten Insel an. Nach Arrowsmiths Karte liegt in dieser Breite eine Sandbank, welche auch von spanischen Seefahrern gesehen seyn soll.

Den 6ten. Breite 20º 00' 00", Länge 232º 12' es wurde heute ein kleiner Habicht gefangen. Schon vor einigen Tagen ist ein ansehnlicher Leck im Schiff entdeckt; wahrscheinlich hat sich eine Kupferplatte abgelöst, und die Würmer, welche zwischen den Korallengruppen so häufig sind, haben das Holz durchbohrt; wir mußten also wünschen, Manila sobald als möglich zu erreichen.

Den 9ten um zehn Uhr Morgens wurde von Salnik in W die Insel Baton, eine von den Baschi-Inseln, in der Entfernung von 27 Meilen entdeckt. Ich richtete meinen Cours jetzt so, daß ich zwischen der Insel Sabtang und den drei Balington-Felsen durch ins chinesische Meer treten konnte. Ein frischer Wind begünstigte uns, und schon um halb vier Uhr Nachmittags lag uns der östlichste und größte der Balington-Felsen sieben Meilen entfernt, im wahren Süden. Meine Chronometer gaben für die Länge desselben 237º 13' 30", seine Breite fanden wir 19º 58' 5". Hieraus richtete ich den Lauf südlicher, um Cap Bajador zu umschiffen; nach und nach zeigten sich uns die hohen felsigen Babujan-Inseln, und wir hatten also den großen Ocean jetzt verlassen, nachdem wir ihn über zwei Jahr befahren. Es ergriff mich ein wehmüthiges Gefühl bei der Trennung vom Südmeer, wo uns manche bittere, aber auch viele frohe Stunden zu Theil geworden; und ich sah jetzt meine Reise beinah als beendigt an. Wie groß ist die Veränderung in der Atmosphäre, wenn man aus dem Ocean in das chinesische Meer tritt Statt des fast immer heiteren Himmels, sieht man hier Sturmwolken, die vom Winde hin und her getrieben werden, und der Horizont ist mit einem ewigen Schleier umzogen. Der Strom hatte uns heute achtzehn Meilen nach SO 18º versetzt.

Den 10ten befanden wir uns Mittags in der Breite 9º 12', Länge 239º 43' und wir waren durch den Strom seit gestern 26¼ Meile nach NO 3º getrieben. Wir mußten des heftigen Windes wegen alle Riffe nehmen; da er aus O.t.N. vom Lande wehte, so segelten wir rasch auf Cap Bolinao zu, während wir zuweilen durch den Nebel einige Bergspitzen von Lugonia erblickten.

Den 11ten ward der Wind etwas geringer und wir fanden den Strom 34½ Meile nach NO 14º.

Den 12ten Abends sahen wir Cap Bolinao und umschifften es während der Nacht. Wir hielten uns immer im Angesicht des Landes, umsegelten den 14ten Mittags Cap Capones, und mußten jetzt suchen, die Manila-Bay durch Laviren zu gewinnen, weil in dieser Jahreszeit der Wind immer aus der Bucht weht. Das Wasser im Schiffe nahm stark zu.

Den 15ten Mittags befanden wir uns in der Nähe der Insel Coregidor, und sahen dort einen Telegraphen in großer Thätigkeit, welcher unsere Ankunft nach Manila kund that. Beim Untergang der Sonne hatten wir den südlichen Eingang in die Manila-Bay erreicht, und lavirten eben zwischen der Insel Cavalo und dem festen Lande, als wir von einem großen Boote mit zwanzig Rudern, hier Pango genannt, angehalten wurden. Ein spanischer Offizier kam an Bord, um sich mit vieler Höflichkeit zu erkundigen, zu welcher Nation wir gehörten, und in welcher Absicht wir Manila berührten, was er dem Gouverneur rapportiren müsse. Bei der Insel Coregidor stehen mehrere dergleichen Wachtböte, die aber eigentlich nur da sind, um den Mohren den Weg in die Bay zu versperren, welche oft von den südlichen Inseln der Philippinen herkommen, plündern, morden und sogar Gefangene machen, die sie nachher unter sich als Sclaven verkaufen. Der Offizier ließ uns einen Lotsen, der das Schiff nach Manila führen sollte; dieser aber hatte nur wenig Geschicklichkeit in seinem Fache. Die Karte, welche ich von der Manila-Bay besaß, war sehr fehlerhaft, ich mußte also schon meiner eigenen Kenntniß folgen, die ich aus verschiedenen Reisebeschreibungen über die Bay gesammelt.

Die St. Nicolas Untiefe, ist hier die gefährlichste Stelle, bei einiger Vorsicht aber leicht zu vermeiden; ohne viel zu gewinnen, lavirten wir die ganze Nacht, denn der Wind war schwach; während des Lavirens muß man sich hüten, so weit nach N zu gehen, daß man den nördlichen Eingang im Auge hat, weil man sich dort in der Strömung befindet, die in dieser Jahreszeit immer stark hinaus setzt; dieses ist die Ursache, weshalb die Schiffe während des NO Monsoon nur durch die südliche Passage dringen können, und sich beim Heraussegeln der nördlichen bedienen.

Den 16ten. Der schwache Wind hielt uns noch immer in der Nähe der Insel Coregidor, auf der wir einen Krater bemerkten; wahrscheinlich war in dieser Gegend früher ein feuerspeiender Berg, der durch seinen Einsturz mehrere kleine Inseln und ein Bassin bildete. Da der Wind sich ein wenig erhob, so hofften wir, die Stadt Manila bald zu erreichen; die Windstille aber, welche gleich wieder eintrat, zwang uns, um nicht durch den Strom zurückgetrieben zu werden, acht Meilen von der Stadt die Anker fallen zu lassen.

Den 17ten. Die Windstille dauerte fort. Um 1 Uhr Nachmittags kam ein Boot mit sechzehn Ruderern zu uns. Zwei Offiziere, Abgesandte des Gouverneurs, der von unserer Ankunft bereits unterrichtet war, bewillkommten uns in seinem Namen, und versicherten, er freue sich sehr, auch einmal die russische Flagge in seinem Hafen wehen zu sehen, was bisher noch nie der Fall gewesen war. Die Herren sagten uns viel Schmeichelhaftes über unsere Nation, welche sie unter andern die Erretter Europas nannten. Ich benutzte die Gelegenheit, mit dem Pango, in Gesellschaft der spanischen Offiziere in die Stadt zu fahren, wo ich dem Gouverneur meine Aufwartung machen, und ihn um die Erlaubniß ersuchen wollte, nach Cavite zu segeln, um dort den Rurick ausbessern zu lassen. Herr von Chamisso, welcher der spanischen Sprache mächtig ist, begleitete mich, und wir erreichten um vier Uhr die Rhede, welche in dieser Jahrszeit sehr sicher ist, und wo acht Kauffartheischiffe, unter Amerikanischer und Englischer Flagge vor Anker lagen.

Manila liegt auf einer Ebene, und gewährt von der Seeseite keinen angenehmen Anblick, indem man nur einen mit Kanonen bepflanzten steinernen Wall erblickt, über welchen die Dächer der Häuser und einige Kirchthürme emporragen. Um zu landen, rudert man in den Fluß hinein, der auch für große Schiffe tief genug ist, und an dessen Mündung sich eine Untiefe befindet, über welche beym Voll- und Neumonde nur vierzehn Fuß Wasser ist. Der Fluß theilt sich hier in mehrere Arme, und zwei derselben, deren Ufer mit Dörfern besäet sind, führen in den berühmten See Bahia, der sich zwanzig Meilen landeinwärts befindet. Auf der Untiefe sah es lebhaft aus; eine Menge Fischerböte, mit Chinesen und Malayen bemannt, trieben hier ihr Wesen; einige dort stehende Fähren, zogen besonders unsere Aufmerksamkeit an, denn von diesen ward durch eine einfache, von zwei Menschen regierte Maschine, ein großes Netz ins Wasser geworfen, und nach einer Minute mit kleinen Fischen angefüllt, wieder herausgezogen. Als wir in den Fluß gedrungen waren, sahen wir an dessen rechtem Ufer die Stadt, umgeben von einer gut gezogenen Mauer; links lag ein großes, von Malayen bewohntes Dorf, das, wie in Guaham, aus lauter Vogelbauern bestand. Nachdem wir bei einem hübschen Thal gelandet, und in der Stadt zwischen hohen steinernen Häusern, wo die Luft eingeschlossen und drückend ist, eine Menge schmutziger Gassen durchstrichen hatten, gelangten wir an das Haus des Gouverneurs, Don Fernando Mariana Fulgeras, der uns sehr freundlich empfing; er ertheilte mir die Erlaubniß, nach Cavite zu segeln, und noch heute sollte der dortige Port-Capitain den Befehl erhalten, mir bei der Ausbesserung des Ruricks alle mögliche Hülfe zu leisten. Ich empfahl mich, um so schnell als möglich dorthin zu eilen, denn der NO Monsoon gestattete uns höchstens eine Frist von zwei Monaten, die leicht hingehen konnte, ehe das Schiff in segelfertigem Stande war. Der Gouverneur, der ein kenntnißreicher, interessanter Mann zu seyn schien, bat mich, ihn oft zu besuchen; er erbot sich, dem Herrn von Chamisso behülflich zu seyn, wenn dieser Reisen ins Innere des Landes unternehmen wollte, und ein eleganter, mit vier Pferden bespannter Wagen brachte uns bis an den Pango, mit dem wir um sieben Uhr Abends den Rurick erreichten. Eben hatte sich ein schwacher Wind erhoben, ich befahl die Anker zu lichten, und wir lavirten die ganze Nacht, um Cavite zu gewinnen, das 21 Meilen südlich von Manila liegt.

Den 18ten. Der Wind war so schwach, daß wir nur wenig avancirten, und erst am Mittag in Cavite ankamen, wo zwei Kauffartheischiffe vor Anker lagen. Herr von Chamisso ging sogleich ans Land, um dem Port-Commandanten unsere Ankunft zu melden, der uns den 19ten früh ein Paar Barkassen mit Werpanker und Kabeltauen schickte, welche den Rurick ins Arsenal werpten, wo er in Stand gesetzt werden sollte. Ich selbst besuchte jetzt den Capitain Herrn Tobias, Ein Sohn des Gouverneurs der Marianen, dessen Lapeyrouse in seiner Reisebeschreibung erwähnt. der sogleich das Schiff abtakeln und ausladen ließ; alle Sachen wurden in einer nebenstehenden, leeren Gallione geborgen, wo auch die Matrosen bequem einquartirt waren, und uns ward, auf Befehl des Gouverneurs, ein Haus in Cavite eingeräumt. Herr Tobias, mit dem ich mich leicht verständigen konnte, da er fertig französisch sprach, begleitete mich mit einem Schiffsbaumeister an den Rurick, und alle Anstalten zur Reparatur wurden getroffen.

Den 20sten nahmen wir Besitz von unserer Wohnung, die, am Ufer des Flusses gelegen, uns sehr wohl gefiel. Die Häuser sind hier alle, wie das des Gouverneurs von Guaham, nach N mit einem offenen Balcon versehen, der durch Rahmen mit Perlmutterscheiben zugezogen werden kann.

Durch den Eifer des Herrn Tobias, der hundert Menschen dazu angestellt hatte, ging die Arbeit rasch von Statten, obzwar sehr viel zu thun war, denn Segel, Takellage, Böte, Masten, Pumpen und sogar Wasserfässer, alles war auf der langen Reise unbrauchbar geworden. Ein so kleines Schiff wie unser Rurick, hat den Nachtheil, daß man nicht alles Nothwendige mitnehmen kann, und daher in die Verlegenheit kommt, die Hülfe anderer oft theuer bezahlen zu müssen. Beim Kielen des Schiffs fand sichs noch, daß die meisten Kupferplatten untauglich, und der Boden an verschiedenen Orten von Würmern zernagt war. Ich schrieb deshalb an den Gouverneur nach Manila, und dieser ertheilte Herrn Tobias den Befehl, das Schiff neu mit Kupfer beschlagen zu lassen. Der großen Thätigkeit des Herrn Commandanten vom Port danken wir es, ungeachtet der vielen Arbeiten, zu rechter Zeit fertig geworden zu seyn. Ich beschäftigte mich unterdeß damit, meine Chronometer zu prüfen, und die von uns verfertigten Karten ins Reine zu zeichnen.

Cavite, nur von Militair und von Malayen, die zu Arbeiten gebraucht werden, bewohnt, ist eine Festung, die keinen angenehmen Aufenthalt gewährt; man muß eine lange Promenade machen, ehe man in ein Dorf kömmt, dessen Häuser von zwei Stock, halb chinesisch halb malayisch gebaut sind. Hieher ging ich, wenn es kühler ward, täglich, um mich an dem hell erleuchteten Markt zu ergötzen, der immer nach Sonnenuntergang gehalten wird. Hunderte von Weibern, in langen Reihen auf der Erde sitzend, verkaufen verschiedene Gattungen von Speisen, Früchten u. dgl. und die Arbeiter aus der Festung und selbst das Militair kommt her, um das Abendbrod einzunehmen. Das Gewühl ist groß, und da die Eingebornen sehr musikalisch, sich fast nie von ihren Guitarren trennen, so wird nach dem Abendessen unter freiem Himmel gespielt, getanzt und gesungen. Drei Meilen von hier liegt der allerliebste Flecken Terra alta, wohin mich Herr Tobias oft in seiner Kalesche brachte. Der Weg führt durch Alleen von Mango-Bäumen, die unsern Linden ähnlich, aber die schönsten Früchte tragen; die kleinen, hübschen Wohnungen der Malayen mit ihren Pflanzungen, unterhalten den Reisenden sehr angenehm. In Terra alta ist die Gegend schön und die Natur üppig; viele reiche Spanier haben hier Landsitze, weil sie die Luft für vorzüglich gesund halten.

Den 24sten. Der Weihnachtsabend setzte ganz Cavite in Bewegung; Pfaffen mit Heiligenbildern zogen durch die Straßen, die Malayen folgten der Prozession, und alle Kinder liefen hinterdrein mit Laternen, welche die Gestalt verschiedener Thiere hatten. Eine angenehme Musik war zuweilen hörbar, wurde aber bald übertäubt durch das Getöse verschiedener Feuerwerke und Raketen. In dieser Nacht schläft Niemand in Cavite; um zwölf Uhr werden alle Glocken geläutet, und das Volk strömt in die Kirche zum Gebet.

Den 25sten. Heute machten wir in der Schaluppe des Herrn Tobias eine Fahrt nach Manila, wo uns der Adjutant des Gouverneurs bei sich aufnahm, weil es dort kein einziges Wirthshaus gibt. Der Gouverneur schickte uns sogleich ein Paar Equipagen, um die bekanntlich sehr schönen Umgebungen Manilas zu besuchen, wo wir auf der Lieblingspromenade eine Menge reich geputzter Herren und Damen zu Fuß und in Wagen antrafen.

Ich war am 26sten eben im Begriff, dem Gouverneur meine Aufwartung zu machen, als dieser zu uns kam, und uns zum Mittagsessen einlud. Den Vormittag besahen wir noch die schöne Vorstadt, welche meistens von reichen Chinesen bewohnt wird, die dort ihre Läden haben, und es sehr gut verstehen, die Christen zu betrügen.

Nach dem Mittagsmahl, wozu die Vornehmsten der Stadt eingeladen waren, fuhren wir nach Hause. Erst gegen Abend fängt die vornehme Klasse der Einwohner an, sich zu bewegen; bis dahin wird geschlafen, gegessen und Taback geraucht, was gewiß nirgend so häufig geschieht, als auf der Insel Luconia; denn Kinder, welche noch nicht gehen können, schmauchen bereits ihren Cigarro. Die Weiber treiben es in dieser Liebhaberei noch weiter als die Männer; sie begnügen sich nicht mit den gewöhnlichen kleinen Cigarros, sondern bestellen sich welche, die einen Fuß lang und verhältnißmäßig dick sind. Man denke sich einen Mund, der ein solches Tabacksröllchen mit den Lippen zu fassen vermag. Diese großen Cigarros werden hier Weiber-Cigarros genannt, und es gewährt den possirlichsten Anblick, wenn Abends die eleganten Damen, mit diesen brennenden Dingern im Munde, spazieren gehen. Das Kauen des Betel gehört ebenfalls zu den Bedürfnissen des schönen Geschlechts, und ist besonders schädlich dadurch, daß es in ein mit ungelöschtem Kalk bestrichenes Blatt gewickelt, und so gekauet wird. Die Regierung, welche hier allein das Recht hat, den Taback zu bauen, verkauft das Pfund für 4-5 Realen, und der König gewinnt allein von der Insel Luconia dafür gegen 300 000 Piaster; auch der Rum, welchen man hier aus Cocosblüthen zieht, gehört dem Könige, und trägt ihm jährlich 120 000 Piaster ein.

Abends tranken wir bei dem Gouverneur Chokolade, und hatten dabei einen Genuß, den wir schon seit Jahren entbehrten, indem seine beiden liebenswürdigen Töchter uns durch Gesang und Spiel entzückten. Er überredete mich, morgen den Rückweg nach Cavite zu Lande über Terra alta zu machen, wozu er mir seinen Wagen anbot; ich nahm den Vorschlag mit Dank an, und des andern Morgens befanden wir uns schon um sieben Uhr auf dem reizenden Wege, der durch Bambusalleen und cultivirte Felder fuhrt; so hohes Bambusrohr sah ich hier zum ersten Mal; man weiß es aber auch in diesem Lande sehr zu benutzen, denn es werden daraus Brücken, Häuser und Gerätschaften aller Art verfertigt. Auf dem halben Wege nach Terra alta liegt ein Kloster, bei dem wir anhielten, da Chamisso einen Mönch zu sprechen wünschte, der eine Geschichte der Philippinen geschrieben hat. Wir speisten dort zu Mittag, und nachdem uns ein in spanischen Diensten stehender Franzose, Namens Chaparé, wenn wir öfter herkommen wollten, sein Landhaus angeboten, fuhren wir weiter, und langten Abends glücklich in unserer Festung an.

Den 28sten. Gleich nach meiner Ankunft trug ich Sorge, meine sechs Aleuten vacciniren zu lassen; der hiesige Kreisarzt hatte den Befehl, mit ein Paar Kindern, welche die Schuhblattern hatten, an Bord zu kommen, und Doctor Eschscholz impfte die Aleuten ein. Auf der Insel Luconia haben die Chirurgen den strengsten Befehl, jede Woche in den Dörfern die kleinen Kinder zu vacciniren.

Heute fertigte Herr Tobias aus dem Arsenal eine kleine Ruderflotte gegen die Mohren ab, was zwei Mal im Jahr geschieht. Die Flotte bestand aus neun Kanonierböten; fünf derselben trugen jedes einen 24 Pfünder und die vier kleineren hatten 10 Pfünder; alle wären stark bemannt, und reichlich mit kleinem Schießgewehr versehen. Diese Flotte segelt bis an die Straße Bernardino, wo sie sich trennet; die eine Hälfte nimmt ihren Posten in der Straße, und die andere geht nach dem nördlichen Theil der Insel Mindano. Seitdem die Spanier die Parthie ergriffen, die Mohren in ihrer Heimath zu züchtigen, wagen diese es nicht mehr so oft, in Manila einzudringen.

Wir hatten hier beim NO Monsoon am Tage 23 und in der Nacht 18 Grad Wärme, und während wir die Hitze kaum ertragen konnten, hüllten sich die Eingebornen Nachts in ihre warme Decken, und nannten diesen Monat den Wintermonat. Hiernach zu urtheilen, muß die Hitze während des südlichen Monsoon schrecklich seyn; es sterben dann aber auch viele Menschen plötzlich, wenn sie sich erhitzt dem Nordwinde aussetzen, der hier zuweilen im Sommer weht. Es gibt hier eine Krankheit, St. Lazaro genannt, die furchtbarste, welche mir jemals vorkam. Man bekömmt einen Aussatz über den ganzen Körper, die Glieder faulen ab, und der unglückliche Kranke, der den unvermeidlichen Tod vor Augen sieht, behält unter den schrecklichsten Schmerzen, bis zum letzten Augenblick seine Besinnung. Diese Krankheit herrscht hauptsächlich unter den ganz armen Eingebornen, und entsteht wahrscheinlich durch schlechte Kost und Unreinlichkeit. Ein Hospital in Manila, das von der Regierung und den Reichen aus der Stadt unterhalten wird, ist mit solchen Kranken angefüllt, und ein Mönch, der schon seit zwanzig Jahren die Aufsicht darüber hat, meinte, es gäbe kein Mittel gegen diese Strafe Gottes, wie er sich ausdrückte. Ich machte die Bemerkung, daß die Unglücklichen schmutzige, wollene Kleider auf dem bloßen Leibe trugen, und verdorbenes Fleisch zu ihrer Nahrung erhielten; als ich aber fragte, ob nicht reine Wäsche und gesunde Kost ihren Zustand mildern könnten, erhielt ich zur Antwort: das kostet zu viel.

So träge die hiesigen Eingebornen bei der Arbeit sind, so geschickt wissen sie, besonders Fremde, zu betrügen. Ihr einziges Vergnügen, das sie aber leidenschaftlich treiben, ist der Hahnenkampf; und sie erziehen zu diesem Behuf Hähne, die sie immer mit sich herumschleppen. In jedem Dorfe ist ein von der Regierung erbautes Haus, worin allein die Hähne kämpfen dürfen, und zwar nur an Sonn- und Festtagen; der Zuschauer zahlt für den Eintritt einen Real, die Besitzer der Hähne aber müssen vier Realen zahlen, und die Einkünfte erhält der König. Die Bühne, welche niemand betreten darf, ist mit zwei Reihen Logen umgeben; wenn der Kampf beginnen soll, wird die Summe, auf welche sie gewettet, bei Seite gelegt; jeder Eigenthümer setzt seinen Hahn, der an beiden Füßen mit zwei Zoll langen Messern versehen ist, aufs Theater, und oft ist der Kampf schon beim ersten, gewöhnlich aber beim dritten oder vierten Stoß entschieden. Der besiegte Hahn wird von seinem Herrn grausam behandelt, indem er ihm zur Strafe gleich alle Federn ausrupft. Es werden hier große Summen verspielt, da auch die Zuschauer zu wetten pflegen, und wenn einer von ihnen eben sein letztes Hemd vom Leibe verlor, so verläßt er doch das Schauspielhaus eben so vergnügt, als er es betrat.

Den 12ten Januar 1818. Ich fuhr nach Manila, um die Lebensmittel in Augenschein zu nehmen, welche man uns bestimmt hatte, und wohnte bei dem Doctor Amador, dem ich von dem Gouverneur der Marianen empfohlen war. Den folgenden Tag besuchte ich den Erzbischof von Manila, Don Juan Antonio de Zulaybar, und erfreute dadurch den alten Mann sehr, weil er nie zuvor einen Russen gesehen, und doch die Nation, wie er sagte, sehr schätzte. Mittags erzählte mir der Gouverneur folgende Begebenheit, die sich hier oft zutragen soll: es laufen nämlich zuweilen im Innern des Landes Pferde ohne Aufsicht umher, die dem sonderbaren Schicksal unterworfen sind, daß ein Vogel in dem obern Theile ihres Schweifes nistet; sobald das geschieht, magert das Pferd ab, und kann sich nicht wieder erholen, selbst wenn der Vogel mit seinen Jungen schon wieder davongeflogen ist. Der Gouverneur schien von der Wahrheit dieser Erscheinung überzeugt, die ich aus dem Munde eines minder unterrichteten und aufgeklärten Mannes für eine Fabel erklärt hätte.

Ich besah heute noch in der Vorstadt die Cigarrofabrik, welche vormals ein Mönchskloster war, und wo ich 2000 Weiber und 350 Männer in größter Thätigkeit fand.

Den 14ten fuhr ich nach Cavite zurück; die Arbeiten am Schiffe nahten sich ihrem Ende, und der Rurick wurde bereits aufgetakelt.

Den 26sten brachte ich meine Chronometer an Bord, und richtete mich darauf ein, morgen nach Manila zu segeln, wo ich noch Zwieback und andere Lebensmittel einzunehmen hatte. Der Gouverneur hatte unserm Maler ein Mädchen zum porträtiren geschickt, das von den Bergbewohnern aus dem Innern des Landes herstammte. Diese waren, wie bekannt, früher die einzigen Bewohner der Philippinen, und führen, seit sie von den Malayen verdrängt wurden, ein ruhiges Nomadenleben im Gebirge. Mit Christen mögen sie nicht gern zu thun haben, und wollen auch nicht gern getauft seyn.

Den 28sten. Gestern Mittag verließen wir Cavite, und warfen einige Stunden darauf die Anker vor Manila; heute besuchte uns der Gouverneur, empfing unsern Dank, und ward, als er den Rurick verließ, mit 15 Kanonenschüssen salutirt. Der Capitain Guerin von dem französischen Schiff Eglantine, wünschte mir bis zur Straße Sunde zu folgen, weil er keine Chronometer an Bord hatte, und ohne diese das chinesische Meer gefährlich ist. Ich hatte ihn deshalb mit den nothwendigsten Signalen bekannt gemacht, und wir verließen zusammen den 29sten die schöne fruchtbare Insel Luconia.

Den 3ten Febr. Das schönste Wetter und ein frischer NO Monsoon hatten bis jetzt unsere Fahrt begünstigt; um neun Uhr lag uns Pulo Sapata im wahren W 14 Meilen entfernt, und die Chronometer gaben für die Länge dieser Insel 251º 00' 6". Abends bezog sich der Himmel, schwarze Wolken verkündeten eine stürmische Nacht, und die Windstöße wurden so heftig, daß wir öfters die Segel einnehmen mußten.

Den 6ten. Um vier Uhr zeigte sich Pulo Aor in SW 25º, 22 Meilen entfernt. Die Eglantine war so weit zurück geblieben, daß wir sie vier Stunden unter gerifftem Marssegel erwarten mußten. Jetzt suchte ich sowohl die Magelans-Untiefe, als die Insel Gaspar westlich zu umschiffen, um so in die Gaspar-Straße zu kommen, was mir bequemer und sicherer schien, als sie östlich zu passiren, wie viele Seefahrer es thun.

Den 8ten durchschnitten wir um sechs Uhr Morgens den Aequator in der Länge 253º 9'. Rechts von uns ward tief am Horizont ein Schiff unter Segel gesehen, das ich, als es näher kam, seiner Segel und Bauart nach, für ein den Malayen gehöriges Raubschiff hielt. Ich bemerkte bald, daß das feindliche Fahrzeug besser segelte, als das unsrige, sich aber, indem es uns den Cours abzuschneiden suchte, immer in einer gewissen Entfernung hielt, wahrscheinlich um keinen Verdacht zu erregen, und uns erst in der Dunkelheit der Nacht zu überfallen. Mir war bekannt, daß die Bewohner von Banca und Sumatra auf großen Böten, welche 300 Mann fassen, in dieser Gegend herumschwärmen, und nicht selten Kauffartheischiffe entern, die sie dann ausplündern und die Mannschaft ermorden. Einigen unserer Herren schien meine Besorgniß zu weit getrieben, ich ließ mich aber nicht irren, sondern setzte sogleich das Schiff in Vertheidigungszustand; die Kanonen wurden doppelt mit Kartätschen und Kugeln geladen, die Lunten brannten, und die ganze Mannschaft stand auf der Schanze, mit Säbel und Schießgewehr bewaffnet, um sich bis auf den letzten Blutstropfen zu vertheidigen. Als es dunkel ward, mußten zwei Matrosen sich auf den Bugspriet setzen, und mit dem Schlage acht riefen sie: Feuer! Es war gerade in der Gegend, wohin unser Cours uns führte, gesehen, schien nicht weit zu seyn, verschwand aber gleich, und ich ließ jetzt einige Segel einnehmen, um auf den Fall eines Angriffs das Schiff leichter regieren zu können. Wir segelten langsam weiter, und es herrschte eine Todtenstille, die plötzlich durch den Ruf: Feuer! Feuer! ein Fahrzeug ist uns ganz nah! schauerlich unterbrochen ward. Ich hatte jetzt das Feuer, welches gleich wieder verschwand, selbst gesehen; das Fahrzeug war, ungeachtet der Dunkelheit, deutlich zu unterscheiden; und hätten wir noch zwei Minuten unsern Cours beibehalten, so wäre der Rurick geentert, was vermuthlich die Absicht der Räuber war. Fest entschlossen zu siegen oder zu sterben, ließ ich auf der Stelle die rechte Seite des Schiffs gegen den Feind wenden, der höchstens zwanzig Faden von uns entfernt war, und sogleich die Kanonen abfeuern; auf einer so kleinen Entfernung mußten natürlich Kugeln und Kartätschen treffen, was den Räubern gewiß sehr unerwartet kam, und ihnen viel Schaden zufügte; denn kaum waren unsere Kanonen gelöst, so schlugen sie einen andern Cours ein, und man hörte noch einige Zeit verschiedene Stimmen durch einander schreien. So waren wir einer Gefahr entgangen, die bei geringerer Vorsicht uns das Leben hätte kosten können, und auch diese hätte uns vielleicht nicht gerettet, wenn die Räuber nicht so unvorsichtig gewesen wären, uns das Feuer sehen zu lassen. Als der Capitain Guerin, welcher wieder eine halbe Meile zurückgeblieben war, unsere Kanonade hörte, kam er auf die Idee, daß wir Nothschüsse thäten, weil wir gescheitert waren, und wandte sein Schiff, um nicht ebenfalls auf die Untiefe zu gerathen. Ich ließ ein Signal machen, daß ich ihn zu sprechen wünschte; der Rurick ward beigelegt, bis die Eglantine neben uns war, und nachdem ich ihm unsern Vorfall erzählt, setzten wir unsern Cours fort.

Den 9ten. Um elf Uhr Morgens sah man von der Spitze des Mastes die Insel Gaspar in S.t.W. und Mittags lag sie uns in SW 8º 37 Meilen entfernt. Unsere Länge nach den Chronometern betrug 252º 52' 40". Der Wind war so schwach, daß wir uns der Insel nur langsam näherten. Wir bemerkten einen starken Strom nach SO, umschifften um elf Uhr Abends, der Dunkelheit ungeachtet, die westliche Seite der Insel in der Entfernung von sieben Meilen, und um Mitternacht, als sie uns in N ungefähr acht Meilen entfernt lag, warfen wir die Anker, weil während der Nacht die Fahrt zwischen Pulo-leat und der Insel Banco gefährlich ist; die Eglantine mußte ebenfalls vor Anker gehen. Die Tiefe betrug 16 Faden über einem Boden von grauem Sande, der Strom lief nach SO 1½ Meile die Stunde.

Den 10ten wurden die Anker mit Anbruch des Tages gelichtet, der Wind wehte frisch aus NW, wandte sich aber bald nach W; Mittags lag uns die Gaspar-Straße schon im Rücken, und wir segelten bei schwachem Winde den zwei Brüdern zu. Ich habe erst später erfahren, daß vor einem Jahre die englische Fregatte Alceste, auf welcher Lord Amherst als Gesandter nach China ging, bei seiner Rückreise an einer bis jetzt unbekannten Untiefe scheiterte, welche in der Nähe von Pulo-leat liegen soll. Wir haben diese nicht bemerkt; denn da mir der nördliche Theil von Pulo-leat gefährlich schien, so ließ ich ihn in beträchtlicher Entfernung; an der westlichen Spitze aber sind wir so nah vorbeigesegelt, daß wir die Menschen am Ufer mit bloßen Augen hätten sehen können.

Den 12ten. Um sechs Uhr Morgens wurde vom Mast der Berg Knob, oder Montagne D'apres, welcher sich auf Sumatra befindet, entdeckt; um 7 Uhr sah man ihn schon deutlich von der Schanze in SW 12º, und drei Stunden später auch die beiden Brüder in SW 9º. Mittags waren wir zwischen den beiden Brüdern und Sumatra durchgesegelt, und nahmen den Lauf auf Straße Sunde, mußten aber, weil Windstille eintrat, die Anker fallen lassen. Die beiden Brüder lagen uns in NO 23º in einer Entfernung von 10 Meilen.

Den 13ten brachte uns ein schwacher Landwind wenig vorwärts. Mittag lag uns die Nord-Insel in NW 12º 3 Meilen entfernt, und als sich um zwei Uhr der Wind erhob, benutzte ich ihn sogleich, um die Insel Zupften zu erreichen, wo ich die Anker, zwei Meilen von der Sumatra-Küste, fallen ließ. Die Nord-Insel lag uns in NO 14º sieben Meilen entfernt; 1½ Meile nördlich von unserm Ankerplatze lagen drei kleine, niedrige, stark mit Wald bewachsene Inseln, die auf keiner Karte angedeutet sind.

Ein Nachen befand sich in unserer Nähe, auf dem die Menschen emsig angelten, und sich gar nicht um uns zu bekümmern schienen; ich bemerkte aber, daß sie uns sehr genau beobachteten, und als sie sich uns wie von ungefähr näherten, warf ich ihnen ein Messer zu, das sie mit freundlichem Kopfnicken empfingen. Sie gaben uns durch Zeichen zu verstehen, daß sie uns vom Lande ein großes Thier bringen wollten, und verschwanden sogleich hinter den drei Inseln. Diese Insulaner waren mager und von dunkler Farbe, und ihre schwarz gefärbten Zähne machten sie sehr häßlich; ihre Köpfe waren mit großen Strohhüten, in Form der chinesischen, bedeckt, und ihre Kleidung bestand aus alten Nankin-Hemden, woraus ich schloß, daß sie oft mit Europäern in Berührung kommen. Der Nachen war ein ausgehöhlter Baumstamm, versehen mit einem Balancier. Nach einer Stunde kamen die Insulaner wieder mit einer mächtig großen Schildkröte, die sie auf den Rücken gelegt und quer über den Nachen gebunden hatten; zwei Affen und einige Papageien saßen auf dem Bauche derselben. Der Insulaner, dem ich das Messer geschenkt, gab zu verstehen, daß die Schildkröte, die er Curpat nannte, mit einem Tau aufs Schiff gehoben werden sollte, und kaum konnten zwei Matrosen das ungeheure Thier heraufheben, von dessen Fleisch sich nachher die ganze Mannschaft zwei Tage nährte. Als die Schildkröte an Bord war, welche ich als Gegengeschenk für das Messer erhielt, bestieg der halb nackte Insulaner selbst den Rurick mit einem kleinen Bündel in der Hand; ohne ein Wort zu sagen, oder eine Bewegung zu machen, die einem Gruße ähnlich war, setzte er sich auf der Schanze nieder und wickelte seinen Bündel los. Wir alle standen, voll Erwartung der Schätze, die da zum Vorschein kommen sollten, um ihn herum, als er ein Paar sehr alte, seidene, goldgestickte Hosen hervorzog, die er jetzt ohne Umstände anlegte; nach vollendeter Toilette nahm er eine wichtige Miene an, und machte mir begreiflich, daß er mir die große Schildkröte geschenkt, wobei er das Wort Präsent sehr oft wiederholte. Ich merkte, daß er auch beschenkt seyn wollte, und gab ihm Perlen, Messer, Scheeren und andere Kleinigkeiten, die ihm zwar recht gut gefielen, ihn aber doch nicht ganz befriedigten. Sein Hauptwunsch war eine Pistole, die er verständlich nannte, und Pulver, in seiner Sprache Belbedil, und als ich ihm das nicht gab, schien er zu bedauern, daß er sich mit dem Geschenk der Schildkröte übereilt hatte. Es war unterdeß ein zweites Canot mit fünf Menschen angelangt, von denen einer etwas Spanisch und Englisch sprach; die Ladung bestand ebenfalls aus Affen und Schildkröten, die sie aber nur für Piaster, Pistolen und Belbedil hergeben wollten, und wenn sie einen Piaster erhielten, so untersuchten sie am Klange, ob es auch wirklich Silber sey. Wir kauften einige Affen, worunter sich einer befand, der das Gesicht eines alten Frauenzimmers hatte, und dessen Gattung die Herren Gelehrten für eine bis jetzt in der Naturgeschichte unbekannte erklärten. Auch Hühner überließen sie uns, und man könnte sich hier gewiß reichlich mit Lebensmitteln versorgen, wenn man einige Tage verweilen wollte. Nachdem die Insulaner fast alle ihre Waare verkauft, verließen sie das Schiff, und wir ergötzten uns noch an dem Anblick des schönen Landes und an dem Sumatra-Berg, der sich stolz bis in die Wolken erhebt.

Den 14ten gingen wir bei Tagesanbruch unter Segel, und der Strom führte uns schnell dem Sunde zu. Ich hatte mich für den Canal zwischen der Zupften-Insel und dem Stromfelsen bestimmt, den wir auch um sieben Uhr schon passirt waren; hier aber ward der Wind schwach, der Strom führte uns dem nahen Felsen zu, und unsere Lage wäre mißlich geworden, wenn nicht ein sich plötzlich erhebender, frischer Wind uns der Gefahr entrissen hätte. Die Zahl der Zupften-Inseln ist auf der Karte auf fünf angegeben, wir haben deren acht gezählt. Meinen Plan, zwischen den Inseln Crocotoa und Tamarin durch zu segeln, vereitelte der ungünstige Wind, der uns zu laviren zwang. Mittags lag uns der Pic auf der Insel Crocotoa in SW 60º, und der Pic auf der Insel Tamarin in NW 20º. Nachmittags um sechs Uhr hatten wir die Straße gewonnen; ich erwartete nicht weiter die Eglantine, welche zu langsam segelte, und überdem jetzt alle Gefahren überstanden hatte, und setzte ohne Zeitverlust meine Reise fort.

Den 15ten. Abends um acht Uhr gelang es uns, die Straße ganz zu durchsegeln.

Den 16ten setzte sich der Wind in O fest, und begann frisch zu werden, wobei ich den Cours SW und S.W.t.W. richtete, um die Cocosinsel in S zu lassen.

Den 2ten März hatten wir bei einem frischen Passat die Breite 22º 2', und Länge 289º 40' erreicht. Um sechs Uhr Abends ward das Schiff durch eine große Feuerkugel so hell erleuchtet, daß wir alle Gegenstände wie am Tage unterscheiden konnten; sie entstand an der östlichen Seite der Playaden, und nahm senkrecht ihren Lauf dem Horizonte zu; die ganze Erscheinung dauerte nur drei Secunden.

Den 4ten März passirten wir um zwölf Uhr in der Nacht den südlichen Wendekreis, und den 12ten, als wir uns in der Breite 29º 18', Länge 213º 26' befanden, schien es, als wollte uns der bis jetzt so treue Passat verlassen. Der Wind drehte sich nach N, und diese plötzliche Veränderung war in der Temperatur sehr merklich; der Wind wehte uns kalt an, während die Luft noch drückend warm war. Schwarze Wolken verbreiteten sich in N über den Horizont, wo wir ein beständiges Wetterleuchten bemerkten; der Barometer fiel, und ich erwartete einen heftigen Sturm, der an der südlichen Spitze von Madagaskar, wo wir uns eben befanden, nicht selten ausbricht. Um Mitternacht, indem wir eben bei frischem Winde sieben Knoten segelten, entstand plötzlich Windstille; die Wellen, welche in verschiedenen Richtungen liefen, beunruhigten das Schiff; ich vermuthete, daß der Strom hier sehr stark seyn müßte, und unsere Observationen am nächsten Mittag bewiesen, daß er uns 48½ Meile nach N 72º getrieben hatte. Während der Windstille sahen wir ganz in unserer Nähe (es war so dunkel, daß wir kaum auf 15 Faden die Gegenstände unterscheiden konnten) ein großes Schiff mit drei Masten; wir erwarteten, da der Rurick sich durchaus nicht steuern ließ, an das andere Schiff zu stoßen, was unsern Untergang zur Folge gehabt hätte; indeß der Wind, der uns schon so oft gerettet, wenn die Gefahr am größten war, erhob sich auch dieß Mal zu rechter Zeit, und brachte uns glücklich auseinander.

Den 17ten März. Breite 32º 40', Länge 325º 36'. Ein heftiger Windstoß aus W zwang uns, eilig die Segel einzuziehen, um unsere Masten nicht zu verlieren; der Regen floß in Strömen herab, der Donner rollte fürchterlich gerade über uns, rechts und links schlugen die Blitze dicht neben uns ins Meer, unsern Rurick aber schützte Gott. Am Cap der guten Hoffnung sollen solche Windstöße nicht selten seyn, und mit Recht hat der Seefahrer sie zu fürchten, da das Schiff bei der geringsten Nachlässigkeit zu Grunde gehen kann.

Den 27sten. Nachdem wir mehrere Tage in der Nähe des Cap heftige SW Stürme ausgehalten, wandte sich der Wind nach O, und wir befanden uns heute schon auf der Bank. Ich hatte den Cours nach dem äußersten Rand derselben gerichtet, um den Strom, der hier nach W läuft, in seiner ganzen Kraft zu benutzen. Die Mittagsobservation gab uns für die Breite 35º 18', Länge 337º 4'. Den Strom fanden wir 72 Meilen nach SW 66º, jede Stunde also drei Meilen.

Den 29sten. Als wir uns Mittags in der Breite 34º 55', Länge 339º 2' befanden, ward zu gleicher Zeit in NO 32º und in NO 10º hohes Land entdeckt, das östlich vom Cap Lagulas lag.

Den 30sten umschifften wir Mittags das Vorgebirge der guten Hoffnung, und nahmen längs der Küste den Cours der Tafelbay zu. Um sechs Uhr lag uns die Robben-Insel in NO 73º 14 Meilen entfernt. Der Wind war schwach, und wir näherten uns nur langsam dem Canal, der von der Robben-Insel und dem grünen Vorgebirge gebildet, in die Tafelbay führt. Die Sonne war schon untergegangen, und wir hatten den Canal noch nicht erreicht; ich beschloß, ungeachtet der Dunkelheit, ihn zu passiren, was mir nicht leicht wurde, da ich früher nie hier war; indeß es gelang uns, und wir warfen um ein Uhr in der Nacht die Anker in der Tafelbay. Durch verschiedene Feuer am Ufer irre geleitet, hatte ich zwar nicht den Ort getroffen, wo die Schiffe gewöhnlich zu liegen pflegen, indeß schätzte ich mich sehr glücklich, nur angekommen zu seyn, als gleich darauf ein so heftiger Sturm ausbrach, daß wir ein zweites Anker werfen, und die Stengen mit dem Raa aufs Verdeck herunterlassen mußten.

Den 31sten. Bei Tagesanbruch merkten wir erst, daß wir nicht vor der Cap-Stadt geankert, sondern am östlichen Theil der Bay, drei Meilen von der Stadt entfernt, vor welcher 19 Schiffe vor Anker lagen. Auffallend war es, daß wir noch immer den Sturm aus S auszustehen hatten, während die Schiffe vor der Stadt Windstille, und weiterhin gar einen leichten Wind aus N, also einen ganz entgegengesetzten hatten; diese Verschiedenheit der Winde wird durch den Tafelberg bewirkt. Jetzt kam ein Lotse an Bord, wir lichteten die Anker, und kaum hatten wir eine Meile nach W zurückgelegt, so hörte der Sturm auf, und ein nördlicher Wind brachte uns zur Stadt, wo wir unter den übrigen Schiffen die Anker fallen ließen. Ich fuhr sogleich ans Land, um dem Gouverneur, Lord Sommerset, meine Aufwartung zu machen, der sich aber auf seinem Landgute befand und erst morgen zurückkehren wollte.

Den 1sten April. Nachdem der Capitain der Französischen Corvette, l' Uranie, M. L. de Freycenet Freycenet ist durch Baudias Reise bekannt, die er als Lieutenant mitmachte., der eben auf einer Entdeckungsreise begriffen ist, mich mit seinem Besuch beehrt, fuhr ich zu Lord Sommerset, der mich bat, ihn auf seinem Landgute New-land zu besuchen, das fünf Meilen von der Stadt liegt. Der Tafelberg bedeckte sich mit weißen Wolken, das sichere Zeichen eines herannahenden Sturms, und schon am Abend wehte dieser so heftig, daß man nicht mehr zu den Schiffen kommen konnte, obzwar sie kaum 50 Faden vom Lande entfernt lagen, und ich mußte die Nacht am Lande bleiben.

Den 2ten. Konnte ich gestern nicht ans Schiff, so war es heute noch unmöglicher; selbst meine Fahrt zu Lord Sommerset mußte ich aufgeben, weil man allgemein versicherte, daß das Landgut bei diesem Sturm, der ungeheuere Sandmassen und selbst kleine Steine in die Höhe trieb, nicht zu erreichen sey.

Den 3ten wüthete der Sturm noch heftiger, kein Mensch wagte sich auf die Straße. Meine Chaluppe, die am Ufer lag, ward vom Winde fortgetrieben und sehr beschädigt; mehrere Schiffe in der Tafelbay wurden von drei Ankern losgerissen, obgleich sie Raaen und Stengen aufs Verdeck genommen hatten. Dieser Sturm erinnerte mich an den Orkan, der mir so viel Schaden zufügte, und ich prieß mich glücklich, die Nacht in die Bay eingedrungen zu seyn. Als ich, nachdem der Sturm sich endlich gelegt, ans Schiff fuhr, fand ich es überall voll Sand, und durch den salzigen Wasserstaub ganz wie krystallisirt. Der Barometer zeigt hier nie einen SO Sturm an; man muß im Gegentheil gutes Wetter erwarten, denn ehe der heftige Sturm begann, stand er auf 31º 00, und stieg während des Sturms auf 31º 10. Der NW Sturm soll hingegen stark auf den Barometer wirken.

Den 4ten. Heute hatten wir wieder das schönste Wetter; ich besuchte die Corvette l' Uranie, und Herr Freycenet hatte die Güte, mir alle seine Instrumente und übrige Sehenswürdigkeiten zu zeigen, worunter eine Destillirmaschine, vermittelst welcher man Seewasser in trinkbares verwandeln konnte, meine besondere Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Diese Maschine, die einen Raum von 20 Fuß in der Breite, und 10 in der Länge und Höhe einnimmt, befand sich am vordern Theile im untern Raum des Schiffs; in einem Tage bringt sie so viel Trinkwasser hervor, als 130 Mann in drei Tagen brauchen, wozu nur eine unbedeutende Quantität Steinkohlen gehört. Ich hatte nicht das Glück, der jungen Madam Freycenet vorgestellt zu werden, die ihren Mann begleitet, und die erste Dame ist, welche eine Entdeckungsreise mitmacht.

Den 5ten. Heute speiste ich endlich auf dem Landgute des Lord Sommerset, das sehr hübsch ist, und überall die Spuren des holländischen Fleißes verräth. Hier machte ich die Bekanntschaft des sehr verdienstvollen Obrist Warre, der mich auf morgen zu sich einlud, um mich nach Constantia zu begleiten, das ich zu sehen wünschte.

Den 6ten machte ich mit dem Obrist Warre den sechs Meilen weiten Ritt nach Constantia, das schon zu oft beschrieben ist, als daß ich noch etwas darüber sagen könnte. Nur die Hoffnung kann ich dem Leser mittheilen, daß der herrliche Constantia-Wein in Zukunft billiger zu haben seyn wird, indem ein Engländer einen neuen Weinberg angelegt hat, der in Hinsicht der Lage und Beschaffenheit des Erdreichs einen Wein hervorbringt, der ganz dem Constantia gleich kommt. Ich fand die Gegend von Constantia herrlich, und den hundertjährigen Wein, welchen man uns vorsetzte, köstlich. Der Verwalter von Constantia versicherte, daß er nicht nöthig habe, umherzureisen, um die verschiedenen Nationen der Erde kennen zu lernen, denn alle kämen zu ihm; einen Russischen Offizier hatte er indeß doch noch nicht gesehen. Auf dem Rückwege bemerkte ich eine Menge kleiner, hübscher Vögel, die den Colibris glichen, und Obrist Warre erzählte mir bei dieser Gelegenheit von einer merkwürdigen Naturbegebenheit, wovon er selbst öfter Augenzeuge gewesen, als er in Begleitung einiger Hottentotten eine Reise ins Innere des Landes machte. Die Hottentotten, welche ein sehr scharfes Sehorgan besitzen, suchen eine Biene zu bemerken, die mit ihrem eingesammelten Honig nach Hause fliegt, und laufen dieser nach; oft würde es ihnen aber dennoch nicht gelingen, der Biene zu folgen, wenn nicht die erwähnten Vögel, welche die Absicht des Menschen bemerken, ihm behülflich wären. Der Vogel verfolgt jetzt die Biene, und gibt dem Hottentotten, der beiden nachläuft, durch Pfeifen zu erkennen, wo sich der Stock befindet, und wenn dieser den Honig herausgenommen, so wirft er dem Vogel, den sie den Honigfresser nennen, zum Lohn etwas hin.

Die Engländer haben ein Regiment von Hottentotten errichtet, das sehr gut seyn soll, da sie alle vortreffliche Schützen sind, große Strapazen aushalten und lange hungern können. Die Kaffern, welche oft die Colonie beunruhigen, und von Englischen Soldaten in Zucht gehalten werden, fürchten diese wenig, indem sie zu sagen pflegen: was seyd ihr für Kerle, ihr könnt ja nicht hören, nicht sehen, nicht laufen; aber dem Hottentotten zu entwischen ist schwer, denn er sieht wie ein Falke, läuft wie ein Hase, und seine Kugeln treffen immer! –

Die Hottentotten sind, im Vergleich mit den Kaffern, sehr klein, und bilden überhaupt eine eigene, von den andern Afrikanischen Völkern ganz abweichende Menschenrace, sind aber wegen ihrer Wahrheitsliebe und Gutmüthigkeit hier sehr beliebt.

Ich kehrte erst den andern Tag auf den Rurick zurück, wo ich auch Herrn von Chamisso schon vorfand, der unterdeß eine Excursion nach dem Tafelberge gemacht und dort eine Menge Pflanzen gesammelt hatte.

Den 13ten. Als das Wasser und die frischen Lebensmittel eingenommen waren, verließen wir am 8ten April die Cap-Stadt. Den 13ten, in der Breite 30º 39', Länge 345º 33' gestattete die Windstille folgende Observationen mit dem Sixthermometer:

Temperatur der Luft 68º 0
Temperatur des Wassers auf der Oberfläche des Meeres 67º 0
Auf 200 Faden Tiefe 49º 5
Auf 50 Faden 60º 8
Auf 25 Faden 66º 0

Den 21sten. Vom Anfang unserer Reise bis zum heutigen Tage hatten wir, vom Greenwich-Meridian angerechnet, 360 Grad von O nach W zurückgelegt, und daher einen Tag verloren; ich avancirte also den 21sten zum 22sten, und aus Dienstag wurde Mittwoch gemacht.

Den 24sten sahen wir die Insel St. Helena in einer Entfernung von 50 Meilen in NW. Ich beschloß, hier einen Tag zu verweilen, damit der Russische Commissär, Graf Balleman, Gelegenheit hätte, durch mich in sein Vaterland Briefe abzuschicken, und näherte mich gegen Abend einer englischen Kriegsbrigg, welche hier kreuzt, und alle Schiffe, die nach St. Helena wollen, genau untersucht. Der Offizier kam an Bord, spannte aber, ehe er meine Kajüte betrat, den Hahn einer im Ermel verborgenen Pistole; er gab mir den Rath, mich während der Nacht in der Nähe der Insel zu halten, damit sie bei Tagesanbruch durch den Telegraphen unsere Ankunft melden und wir dann den Weg nach Jamestown nehmen könnten.

Den 25sten nahm ich meinen Cours der SO Spitze der Insel zu, welche die Engländer, des zuckerhutförmigen Berges wegen, die Zuckerhut-Spitze nennen. Die Brigg machte Signale, der Telegraph antwortete, und es fiel mir nicht ein, daß eine Kanonenkugel, die über uns weg pfiff, uns gelten könnte, da der wachthabende Offizier mir die Erlaubniß ertheilt, nach der Rhede zu segeln; als aber ungeachtet der Russischen Flagge, die wir trugen, eine zweite Kugel durch die Masten fuhr, legte ich das Schiff bei, um eine Erklärung zu erwarten, und bald erschien der Lieutenant von dem Linienschiffe Conqueror, erbot sich, uns selbst auf die Rhede zu führen, und meinte, die Batterie habe kein Recht, auf uns zu feuern. Wir setzten uns jetzt getrost in Bewegung, und in demselben Augenblicke zischte die dritte Kugel über unsere Köpfe weg; ich legte wieder bei, und der Offizier verließ uns mit dem Versprechen, daß wir um 11 Uhr die Erlaubniß haben sollten, auf die Rhede zu gehen; als aber diese um 12 Uhr noch immer nicht erfolgt war, ließ ich die Flagge streichen, bedankte mich mit einem Kanonenschuß für die freundliche Aufnahme, zog ab, und richtete meinen Cours auf die Insel Ascension. Man hat die Länge dieser Insel so verschieden angegeben, daß ich recht nahe gehen wollte, um sie nach meinen Chronometern recht genau zu bestimmen.


 << zurück weiter >>