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Kapitel XVI.
Von der Zahl.

§ 4. Philal. Bei den Zahlen sind die Ideen genauer und lassen sich daher bestimmter unterscheiden als bei der Ausdehnung, wo man nicht jede Gleichheit oder Ungleichheit der Größe so leicht wie bei den Zahlen beobachten oder messen kann: aus dem Grunde, daß wir im Raum durch das Denken nicht bis zu einer bestimmten Kleinheit gelangen können, über die sich nicht weiter hinausgehen läßt, wie die Einheit in der Zahl eine solche ist.

Theoph. Das muß von den ganzen Zahlen verstanden werden. Denn nimmt man den Begriff der Zahl in seiner ganzen Weite, so daß er die irrationalen, gebrochenen und transzendenten Zahlen, kurz, alle diejenigen, die sich zwischen zwei ganzen Zahlen angeben lassen, mitumfaßt, so ist die Zahl der Linie proportional, und besitzt ebensowenig wie das Kontinuierliche ein Minimum. Auch gilt jene Definition, daß die Zahl eine Menge von Einheiten ist, nur für die ganzen. Die genaue Unterscheidung der Ideen in der Ausdehnung besteht nicht in der Größe: denn die Größe selbst erfordert zu ihrer deutlichen Erkenntnis, daß man auf die ganzen Zahlen (oder die anderen Zahlen, die man mit Hilfe der ganzen bestimmt) zurückgeht und auf diese Weise die stetige Quantität, um eine deutliche Erkenntnis ihrer Größe zu gewinnen, auf die diskrete Quantität zurückführt. Die Modifikationen der Ausdehnung können also, wenn man sich nicht der Zahlen bedient, nur durch die Gestalt unterschieden werden, wenn man dabei dies Wort so allgemein nimmt, daß es alles das bezeichnet, was bewirkt, daß zwei ausgedehnte Dinge einander qualitativ ungleich sind.

§ 5. Philal. Indem wir die Idee der Einheit wiederholen und zu einer Einheit eine andere fügen, bilden wir aus ihr eine kollektive Idee, die wir zwei nennen. Wer dies Verfahren anwenden und von der letzten kollektiven Idee, die er hierbei erreicht, und mit einem besonderen Namen bezeichnet hat, immer noch um einen Schritt weitergehen kann, der kann zählen, und zwar soweit, als er über eine bestimmte Folge von Namen verfügt und genug Gedächtnis besitzt, um sie zu behalten.

Theoph. Auf diese Art allein würde man nicht weit kommen. Denn das Gedächtnis würde zu sehr beschwert werden, wenn man für jede Zuzählung einer neuen Einheit einen ganz neuen Namen behalten müßte. Daher ist eine gewisse Ordnung und eine bestimmte Wiederholung in diesen Namen nötig, derart, daß man gemäß einer bestimmten Progression immer wieder von neuem anfängt.

Philal. Die verschiedenen Modi der Zahlen sind keiner anderen Verschiedenheit fähig als der des Mehr oder Weniger; darum sind es einfache Modi, wie die der Ausdehnung.

Theoph. Das kann man von der Zeit und von der geraden Linie sagen, aber keineswegs von den Figuren und noch weniger von den Zahlen, die nicht allein an Größe verschieden, sondern auch einander unähnlich sind. Eine gerade Zahl kann in zwei gleiche geteilt werden, aber nicht eine ungerade. Drei und sechs sind Dreieckszahlen, vier und neun sind Quadratzahlen, acht ist eine Kubikzahl usw. Bei den Zahlen tritt dies noch mehr als bei den Figuren hervor; denn zwei ungleiche Figuren können einander vollkommen ähnlich sein, niemals aber zwei ungleiche Zahlen. Aber ich wundere mich nicht, daß man sich oft darüber täuscht, weil man gewöhnlich keine deutliche Idee von dem hat, was ähnlich und unähnlich ist Zu Leibniz' Definition der »Ähnlichkeit« s. Band I, S. 55 f., 71 u. ö.. Sie sehen also, daß Ihre Idee oder der Gebrauch, den Sie von dem Begriff der einfachen und gemischten Modifikation machen, einer bedeutenden Abänderung bedarf.

§ 6. Philal. Sie haben recht, zu bemerken, daß es gut sei, den Zahlen Eigennamen zu geben, um sie zu behalten. Ich halte es also für passend, daß man beim Zählen, statt Million mal Million zu sagen, der Abkürzung wegen Billion, und statt Million mal Million mal Million oder Million mal Billion, Trillion sage, und so fort bis zur Nonillion; denn weiterzugehen hat man beim Gebrauch der Zahlen kaum nötig.

Theoph. Diese Bezeichnungen sind ganz gut. Wenn x = 10 ist, so wäre eine Million = x6; eine Billion = x12, eine Trillion = x18 usw. und eine Nonillion = x54.


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