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Auch der zweite Unterschied, welchen der angeführte Kunstrichter zwischen dem Ekel und andern unangenehmen Leidenschaften der Seele findet, äußert sich bei der Unlust, welche die Häßlichkeit der Formen in uns erwecket.
»Andere unangenehme Leidenschaften«, sagte erKlotzii epistolae Homericae, p. 103., »können auch außer der Nachahmung, in der Natur selbst, dem Gemüte öfters schmeicheln, indem sie niemals reine Unlust erregen, sondern ihre Bitterkeit allezeit mit Wollust vermischen. Unsere Furcht ist selten von aller Hoffnung entblößt; der Schrecken belebt alle unsere Kräfte, der Gefahr auszuweichen; der Zorn ist mit der Begierde sich zu rächen, die Traurigkeit mit der angenehmen Vorstellung der vorigen Glückseligkeit verknüpft, und das Mitleiden ist von den zärtlichen Empfindungen der Liebe und Zuneigung unzertrennlich. Die Seele hat die Freiheit, sich bald bei dem vergnüglichen, bald bei dem widrigen Teile einer Leidenschaft zu verweilen, und sich eine Vermischung von Lust und Unlust selbst zu schaffen, die reizender ist, als das lauterste Vergnügen. Es braucht nur sehr wenig Achtsamkeit auf sich selber, um dieses vielfältig beobachtet zu haben; und woher käme es denn sonst, daß dem Zornigen sein Zorn, dem Traurigen seine Unmut lieber ist, als alle freudige Vorstellungen, dadurch man ihn zu beruhigen gedenket? Ganz anders aber verhält es sich mit dem Ekel und den ihm verwandten Empfindungen. Die Seele erkennet in demselben keine merkliche Vermischung von Lust. Das Mißvergnügen gewinnet die Oberhand, und daher ist kein Zustand, weder in der Natur noch in der Nachahmung, zu erdenken, in welchem das Gemüt nicht von diesen Vorstellungen mit Widerwillen zurückweichen sollte.«
Vollkommen richtig; aber da der Kunstrichter selbst, noch andere mit dem Ekel verwandten Empfindungen erkennet, die gleichfalls nichts als Unlust gewähren, welche kann ihm näher verwandt sein, als die Empfindung des Häßlichen in den Formen? Auch diese ist in der Natur ohne die geringste Mischung von Lust; und da sie deren ebensowenig durch die Nachahmung fähig wird, so ist auch von ihr kein Zustand zu erdenken, in welchem das Gemüt von ihrer Vorstellung nicht mit Widerwillen zurückweichen sollte.
Ja dieser Widerwille, wenn ich anders mein Gefühl sorgfältig genug untersucht habe, ist gänzlich von der Natur des Ekels. Die Empfindung, welche die Häßlichkeit der Form begleitet, ist Ekel, nur in einem geringern Grade. Dieses streitet zwar mit einer andern Anmerkung des Kunstrichters, nach welcher er nur die allerdunkelsten Sinne, den Geschmack, den Geruch und das Gefühl, dem Ekel ausgesetzet zu sein glaubet. »Jene beide« sagt er, »durch eine übermäßige Süßigkeit, und dieses durch eine allzugroße Weichheit der Körper, die den berührenden Fibern nicht genugsam widerstehen. Diese Gegenstände werden sodann auch dem Gesichte unerträglich, aber bloß durch die Assoziation der Begriffe, indem wir uns des Widerwillens erinnern, den sie dem Geschmacke, dem Geruche oder dem Gefühle verursachen. Denn eigentlich zu reden, gibt es keine Gegenstände des Ekels für das Gesicht.« Doch mich dünkt, es lassen sich dergleichen allerdings nennen. Ein Feuermal in dem Gesichte, eine Hasenscharte, eine gepletschte Nase mit vorragenden Löchern, ein gänzlicher Mangel der Augenbraunen, sind Häßlichkeiten, die weder dem Geruche, noch dem Geschmacke, noch dem Gefühle zuwider sein können. Gleichwohl ist es gewiß, daß wir etwas dabei empfinden, welches dem Ekel schon viel näher kömmt, als das, was uns andere Unförmlichkeiten des Körpers, ein krummer Fuß, ein hoher Rücken, empfinden lassen; je zärtlicher das Temperament ist, desto mehr werden wir von den Bewegungen in dem Körper dabei fühlen, welche vor dem Erbrechen vorhergehen. Nur daß diese Bewegungen sich sehr bald wieder verlieren, und schwerlich ein wirkliches Erbrechen erfolgen kann; wovon man allerdings die Ursache darin zu suchen hat, daß es Gegenstände des Gesichts sind, welches in ihnen, und mit ihnen zugleich, eine Menge Realitäten wahrnimmt, durch deren angenehme Vorstellungen jene unangenehme so geschwächt und verdunkelt wird, daß sie keinen merklichen Einfluß auf den Körper haben kann. Die dunkeln Sinne hingegen, der Geschmack, der Geruch, das Gefühl, können dergleichen Realitäten, indem sie von etwas Widerwärtigem gerühret werden, nicht mitbemerken; das Widerwärtige wirkt folglich allein und in seiner ganzen Stärke, und kann nicht anders als auch in dem Körper von einer weit heftigern Erschütterung begleitet sein.
Übrigens verhält sich auch zur Nachahmung das Ekelhafte vollkommen so, wie das Häßliche. Ja, da seine unangenehme Wirkung die heftigere ist, so kann es noch weniger als das Häßliche an und vor sich selbst ein Gegenstand weder der Poesie, noch der Malerei werden. Nur weil es ebenfalls durch den wörtlichen Ausdruck sehr gemildert wird, getrauete ich mich doch wohl zu behaupten, daß der Dichter, wenigstens einige ekelhafte Züge als ein Ingrediens zu den nämlichen vermischten Empfindungen brauchen könne, die er durch das Häßliche mit so gutem Erfolge verstärket.
Das Ekelhafte kann das Lächerliche vermehren; oder Vorstellungen der Würde, des Anstandes, mit dem Ekelhaften in Kontrast gesetzet, werden lächerlich. Exempel hiervon lassen sich bei dem Aristophanes in Menge finden. Das Wiesel fällt mir ein, welches den guten Sokrates in seinen astronomischen Beschauungen unterbrachNubes v. 169-174..
ΜΑΘ. Πρώην δέ γε γνώμην μεγάλην αφηρέθη Υπ' ασκαλαβώτου. ΣΤΡ. Τίνα τρόπον; κατει̃πέ μοι. ΜΑΘ. Ζητου̃ντος αυτου̃ τη̃ς σελήνης τὰσ οδοὺς Καὶ τὰς περιφοράς, ει̃τ' άνω κεχηνότος ’Απὸ τη̃ς οροφη̃ς νύκτωρ γαλεώτης κατέχεσεν. ΣΤΡ. ‛Ήσθην γαλεώτη καταχέσαντι Σωκράτους. |
Man lasse es nicht ekelhaft sein, was ihm in den offenen Mund fällt, und das Lächerliche ist verschwunden. Die drolligsten Züge von dieser Art hat die hottentottische Erzählung: Tquassouw und Knonmquaiha, in dem »Kenner«, einer englischen Wochenschrift voller Laune, die man dem Lord Chesterfield zuschreibet. Man weiß, wie schmutzig die Hottentotten sind; und wie vieles sie für schön und zierlich und heilig halten, was uns Ekel und Abscheu erwecket. Ein gequetschter Knorpel von Nase, schlappe bis auf den Nabel herabhängende Brüste, den ganzen Körper mit einer Schminke aus Ziegenfett und Ruß an der Sonne durchbeizet, die Haarlocken von Schmer triefend, Füße und Arme mit frischem Gedärme umwunden: dies denke man sich an dem Gegenstande einer feurigen, ehrfurchtsvollen, zärtlichen Liebe; dies höre man in der edeln Sprache des Ernstes und der Bewunderung ausgedrückt, und enthalte sich des LachensThe Connoisseur, Vol. I. No. 21. Von der Schönheit der Knonmquaiha heißt es: He was struck with the glossy hue of her complexion, which shone like the jetty down on the black hogs of Hessaqua; he was ravished with the prest gristle of her nose; and his eys dwelt with admiration on the flaccid beauties of her breasts, which descended to her navel. Und was trug die Kunst bei, so viel Reize in ihr vorteilhaftes Licht zu setzen? She made a varnish of the fat of goats mixed with soot, with which she anointed her whole body, as she stood beneath the rays of the sun; her locks were clotted with melted grease, and powdered with the yellow dust of Buchu; her face, which shone like the polished ebony, was beautifully varied with spots of red earth, and appeared like the sable curtain of the night bespangled with stars: she sprinkled her limbs with woodashes, and perfumed them with the dung of Stinkbingsem. Her arms and legs were entwined with the shining entrails of an heifer: from her neck there hung a pouch composed of the stomach of a kid: the wings of an ostrich overshadowed the fleshy promontories behind; and before she wore an apron formed of the shaggy ears of a lion. Ich füge noch die Zeremonie der Zusammengebung des verliebten Paares hinzu: The Surri or chief priest approached them, and in a deep voice chanted the nuptial rites to the melodious grumbling of the Gom-Gom; and at the same time (according to the manner of Caffraria) bedewed them plentifully with the urinary benediction. The bride and bridegroom rubbed in the precious stream with extasy, while the briny drops trikled from their bodies; like the oozy surge from the rocks of Chirigriqua.!
Mit dem Schrecklichen scheinet sich das Ekelhafte noch inniger vermischen zu können. Was wir das Gräßliche nennen, ist nichts als ein ekelhaftes Schreckliche. Dem LonginΠερὶ ύψους, τμη̃μα ή, p. 18. edit. T. Fabri. mißfällt zwar in dem Bilde der Traurigkeit beim HesiodusScut. Hercul. v. 266. das Τη̃ς εκ μὲν ρινω̃ν μύξαι ρέον; doch mich dünkt, nicht sowohl weil es ein ekler Zug ist, als weil es ein bloß ekler Zug ist, der zum Schrecklichen nichts beiträgt. Denn die langen über die Finger hervorragenden Nägel (μακροὶ δ' όνυχες χείρεσσιν υπη̃σαν) scheinet er nicht tadeln zu wollen. Gleichwohl sind lange Nägel nicht viel weniger ekel, als eine fließende Nase. Aber die langen Nägel sind zugleich schrecklich; denn sie sind es, welche die Wangen zerfleischen, daß das Blut davon auf die Erde rinnet:
– – – – εκ δὲ παρειω̃ν Αι̃μ' απελείβετ' έραζε – – – |
Hingegen eine fließende Nase, ist weiter nichts als eine fließende Nase; und ich rate der Traurigkeit nur, das Maul zuzumachen. Man lese bei dem Sophokles die Beschreibung der öden Höhle des unglücklichen Philoktet. Da ist nichts von Lebensmitteln, nichts von Bequemlichkeiten zu sehen; außer eine zertretene Streu von dürren Blättern, ein unförmlicher hölzerner Becher, ein Feuergerät. Der ganze Reichtum des kranken verlassenen Mannes! Womit vollendet der Dichter dieses traurige fürchterliche Gemälde. Mit einem Zusatze von Ekel. »Ha!« fährt Neoptolem auf einmal zusammen, »hier trockenen zerrissene Lappen voll Blut und EiterPhiloct. v. 31-39.!«
ΝΕ. | ‛Ορω̃ κενὴν οίκησιν ανθρώπων δίχα. |
ΟΔ. | Ουδ' ένδον οικοποιός εστί τις τροφή; |
ΝΕ. | Στειπτή γε φυλλὰς ως εναυλίζοντί τω. |
ΟΔ. | Τὰ δ' άλλ' έρημα, κουδέν εσθ' υπόστεγον; |
ΝΕ. | Αυτόξυλον γ' έκπωμα, φαυλουργου̃ τινος Τεχνήματ' ανδρός, καὶ πυρει̃' ομου̃ τάδε. |
ΟΔ. | Κείνου τὸ θησαύρισμα σημαίνεις τόδε. |
ΝΕ. | ’Ιοὺ, ιού· καὶ ταυ̃τα γ' άλλα θάλπεται ‛Ράκη, βαρείας του̃ νοσηλείας πλέα. |
So wird auch beim Homer der geschleifte Hektor, durch das von Blut und Staub entstellte Gesicht, und zusammenverklebte Haar,
Squallentem barbam et concretos sanguine crines,
(wie es Virgil ausdrücktAeneid. lib. II. v. 277.) ein ekler Gegenstand, aber eben dadurch um so viel schrecklicher, um so viel rührender. Wer kann die Strafe des Marsyas, beim Ovid, sich ohne Empfindung des Ekels denkenMetamorph. VI. v. 387.?
Clamanti cutis est summos derepta per artus: Nec quidquam, nisi vulnus erat: cruor undique manat: Detectique patent nervi: trepidaeque sine ulla Pelle micant venae: salientia viscera possis, Et perlucentes numerare in pectore fibras. |
Aber wer empfindet auch nicht, daß das Ekelhafte hier an seiner Stelle ist? Es macht das Schreckliche gräßlich; und das Gräßliche ist selbst in der Natur, wenn unser Mitleid dabei interessieret wird, nicht ganz unangenehm; wie viel weniger in der Nachahmung? Ich will die Exempel nicht häufen. Doch dieses muß ich noch anmerken, daß es eine Art von Schrecklichem gibt, zu dem der Weg dem Dichter fast einzig und allein durch das Ekelhafte offen stehet. Es ist das Schreckliche des Hungers. Selbst im gemeinen Leben drücken wir die äußerste Hungersnot nicht anders als durch die Erzählungen aller der unnahrhaften, ungesunden und besonders ekeln Dinge aus, mit welchen der Magen befriediget werden müssen. Da die Nachahmung nichts von dem Gefühle des Hungers selbst in uns erregen kann, so nimmt sie zu einem andern unangenehmen Gefühle ihre Zuflucht, welches wir im Falle des empfindlichsten Hungers für das kleinere Übel erkennen. Dieses sucht sie zu erregen, um uns aus der Unlust desselben schließen zu lassen, wie stark jene Unlust sein müsse, bei der wir die gegenwärtige gern aus der Acht schlagen würden. Ovid sagt von der Oreade, welche Ceres an den Hunger abschickteIbid. lib. VIII. v. 809.:
Hanc (famem) procul ut vidit – – – refert mandata deae; paulumque morata, Quanquam aberat longe, quanquam modo venerat illuc, Visa tamen sensisse famem – – – |
Eine unnatürliche Übertreibung! Der Anblick eines Hungrigen, und wenn es auch der Hunger selbst wäre, hat diese ansteckende Kraft nicht; Erbarmen, und Greul, und Ekel, kann er empfinden lassen, aber keinen Hunger. Diesen Greul hat Ovid in dem Gemälde der Fames nicht gesparet, und in dem Hunger des Eresichthons sind, sowohl bei ihm, als bei dem KallimachusHym. in Cererem. v. 109-116., die ekelhaften Züge die stärksten. Nachdem Eresichthon alles aufgezehret, und auch der Opferkuh nicht verschonet hatte, die seine Mutter der Vesta auffütterte, läßt ihn Kallimachus über Pferde und Katzen herfallen, und auf den Straßen die Brocken und schmutzigen Überbleibsel von fremden Tischen betteln:
Καὶ τὰν βω̃ν έφαγεν, τὰν ‛Εστία έτρεφε μάτηρ, Καὶ τὸν αεθλοφόρον καὶ τὸν πολεμήιον ίππον, Καὶ τὰν αίλουρον, τὰν έτρεμε θερία μικκά – Καὶ τόθ' ο τω̃ βασιλη̃ος ενὶ τριόδοισι καθη̃στο Αιτίζων ακόλως τε καὶ έκβολα λύματα δαιτός – |
Und Ovid läßt ihn zuletzt die Zähne in seine eigene Glieder setzen, um seinen Leib mit seinem Leibe zu nähren.
Vis tamen illa mali postquam consumserat omnem Materiam – – – – – Ipse suos artus lacero divellere morsu Coepit; et infelix minuendo corpus alebat. |
Nur darum waren die häßlichen Harpyen so stinkend, so unflätig, daß der Hunger, welchen ihre Entführung der Speisen bewirken sollte, desto schrecklicher würde. Man höre die Klage des Phineus, beim ApolloniusArgonaut. lib. II. v. 228-233.:
Τυτθὸν δ' η̃ν άρα δή ποτ' εδητύος άμμι λίπωσι, Πνει̃ τόδε μυδαλέον τε καὶ ου τλητὸν μένος οδμη̃ς. Ου κέ τις ουδὲ μίνυνθα βροτω̃ν άνσχοιτο πελάσσας, Ουδ' εί οι αδαμάντος εληλάμενον κέαρ είη. ’Αλλά με πικρὴ δη̃τά κε δαιτὸς επίσχει ανάγκη Μίμνειν, καὶ μίμνοντα κακη̃ εν γαστέρι θέσθαι. |
Ich möchte gern aus diesem Gesichtspunkte die ekele Einführung der Harpyen beim Virgil entschuldigen; aber es ist kein wirklicher gegenwärtiger Hunger, den sie verursachen, sondern nur ein instehender, den sie prophezeien; und noch dazu löset sich die ganze Prophezeiung endlich in ein Wortspiel auf. Auch Dante bereitet uns nicht nur auf die Geschichte von der Verhungerung des Ugolino, durch die ekelhafteste, gräßlichste Stellung, in die er ihn mit seinem ehemaligen Verfolger in der Hölle setzet; sondern auch die Verhungerung selbst ist nicht ohne Züge des Ekels, der uns besonders da sehr merklich überfällt, wo sich die Söhne dem Vater zur Speise anbieten. In der Note will ich noch eine Stelle aus einem Schauspiele von Beaumont und Fletcher anführen, die statt aller andern Beispiele hätte sein können, wenn ich sie nicht für ein wenig zu übertrieben erkennen müßteThe Sea-Voyage Act. III. Sc. 1. Ein französischer Seeräuber wird mit seinem Schiffe an eine wüste Insel verschlagen. Habsucht und Neid entzweien seine Leute und schaffen ein paar Elenden, welche auf dieser Insel geraume Zeit der äußersten Not ausgesetzt gewesen, Gelegenheit, mit dem Schiffe in die See zu stechen. Alles Vorrates an Lebensmitteln sonach auf einmal beraubet, sehen jene Nichtswürdige gar bald den schmählichsten Tod vor Augen, und einer drückt gegen den andern seinen Hunger und seine Verzweiflung folgendergestalt aus:
Doch alles dieses ist noch nichts gegen den folgenden Auftritt, wo der Schiffschirurgus dazu kommt.
Ich komme auf die ekelhaften Gegenstände in der Malerei. Wenn es auch schon ganz unstreitig wäre, daß es eigentlich gar keine ekelhafte Gegenstände für das Gesicht gäbe, von welchen es sich von sich selbst verstünde, daß die Malerei, als schöne Kunst, ihrer entsagen würde: so müßte sie dennoch die ekelhaften Gegenstände überhaupt vermeiden, weil die Verbindung der Begriffe sie auch dem Gesichte ekel macht. Pordenone läßt, in einem Gemälde von dem Begräbnisse Christi, einen von den Anwesenden die Nase sich zuhalten. Richardson mißbilliget dieses deswegenRichardson de la peinture T. I. p. 74., weil Christus noch nicht so lange tot gewesen, daß sein Leichnam in Fäulung übergehen können. Bei der Auferweckung des Lazarus hingegen, glaubt er, sei es dem Maler erlaubt, von den Umstehenden einige so zu zeigen, weil es die Geschichte ausdrücklich sage, daß sein Körper schon gerochen habe. Mich dünkt diese Vorstellung auch hier unerträglich; denn nicht bloß der wirkliche Gestank, auch schon die Idee des Gestankes erwecket Ekel. Wir fliehen stinkende Orte, wenn wir schon den Schnupfen haben. Doch die Malerei will das Ekelhafte, nicht des Ekelhaften wegen; sie will es, so wie die Poesie, um das Lächerliche und Schreckliche dadurch zu verstärken. Auf ihre Gefahr! Was ich aber von dem Häßlichen in diesem Falle angemerkt habe, gilt von dem Ekelhaften um so viel mehr. Es verlieret in einer sichtbaren Nachahmung von seiner Wirkung ungleich weniger, als in einer hörbaren; es kann sich also auch dort mit den Bestandteilen des Lächerlichen und Schrecklichen weniger innig vermischen, als hier; sobald die Überraschung vorbei, sobald der erste gierige Blick gesättiget, trennet es sich wiederum gänzlich, und liegt in seiner eigenen kruden Gestalt da.