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Der Fürst arbeitete in seinem Kabinet, wie dies jeden Morgen zu derselben Stunde geschah, mit derselben Minute begann und, wenn irgend möglich, mit dem Glockenschlage aufhörte. Es war Alles streng geordnet, was täglich und stündlich geschehen sollte, und die geringste Abweichung von der vorschriftsmäßigen Regel konnte den leutseligen Herrn oft sehr unwillig und heftig machen. Gegen das, was ihm Gewohnheit geworden war, durfte Niemand sündigen; er selbst that es am wenigsten.
Die Gewohnheit war sein höchstes Gesetz, darum ertrug er Personen sowohl wie Verhältnisse, mochten sie ihm auch unbequem und lästig sein, weil er daran gewöhnt war und sie nicht missen konnte. Pünktlich um sechs Uhr stand er auf, mit dem Schlage sieben mußte der Kabinetsrath vor ihm stehen, um neun Uhr, spätestens um zehn Uhr die Arbeit beendet sein, und dann gab es für jede Stunde einen genau bestimmten Inhalt, der ausgeführt werden mußte.
Das Arbeitszimmer war so einfach, beinahe ärmlich, ausgestattet, wie der mächtige Fürst ärmlich gekleidet war. Ein großer, brauner Tisch befand sich in der Mitte des Gemachs, der viele Jahre gedient hatte, ein abgenutzter Teppich bedeckte den Boden, die Wände waren mit verdunkelten Tapeten bekleidet, und grüne, von Luft und Sonne verblaßte Gardinen beschatteten die Fenster. Ein paar Stühle mit Rohrgeflecht standen um den Tisch, auf einem dieser Stühle saß der Kabinetsrath, der einen ganzen Stoß Schriften vor sich hatte, die zum Unterschreiben bereit lagen, und einen Bogen in der Hand hielt, auf welchem nach der Nummer alle die Vorstellungen, Bitten, Eingaben und Berichte verzeichnet standen, über welche er Vortrag halten sollte.
Ihm gegenüber vor dem Kamin, den Rücken dem Feuer zugekehrt und beide Hände in den Taschen des fadenscheinigen Uniformüberrocks, stand der Fürst an den Sims gelehnt und hörte den Vortrag seines Rathes an. Bei jedem einzelnen Falle sagte er einige kluge Worte über das, was geschehen, oder was geantwortet werden sollte und der Kabinetsrath machte seine Bemerkungen am Rande des Papiers.
Die klaren, braunen Augen des gebietenden Herrn sahen scharf umher und sein langes ernstes Gesicht hatte heut einen Zug vermehrter Strenge und Ungeduld, denn der Kabinetsrath war fünf Minuten zu spät gekommen. Zum Schelten ließ der Fürst sich nicht herab, er blickte nur zu der Uhr hin und dann in das Gesicht des Strafwürdigen, der eine halblaute Entschuldigung gestammelt, sich gesetzt und seine Arbeit begonnen hatte. Zu spät kommen war ein Fehler, den der Fürst, der niemals zu spät kam und doch so Vieles versäumt hatte, am allerwenigsten nachsichtig beurtheilen konnte.
Nach einiger Zeit hob die Uhr aus und schlug neunmal und beim letzten Schlage richtete der Fürst die Augen nach der kleinen Seitenthür im Hintergrunde und runzelte die Stirn. Die kleine Thür führte in das Zimmer seines Kammerdieners und es kam ihm vor, als sei dort ein Gemurmel von Stimmen, die bald lauter, bald leiser wurden.
Eine solche Störung der geheiligten Ruhe, die das Arbeitskabinet umgab, war ihm fatal; er hatte die strengsten Befehle gegeben, daß Niemand während des täglichen Vortrags dort lärmen und Störungen verursachen sollte. Die Falten zwischen seinen Augen zogen sich daher dichter zusammen, seine Aufmerksamkeit wurde von der gedämpften Rede des Kabinetsraths abgezogen und seine spähenden Blicke glitten ärgerlich über den langen Bogen, der heut ganz besonders viel zu enthalten schien.
Während dies in dem Kabinette vorging, fand nebenan eine ganz andere Scene statt. Der Gerichtsdirector stand dort vor einem kleinen, blassen, spitznasigen Manne in schwarzem Frack, weißer Halsbinde, wohlgekämmtem, graumelirtem Haar und Backenbart, der höfliche Anstrengungen machte, den eingedrungenen Besuch zur Thür hinauszubringen, an welche eine Treppe stieß. – Es war der Kammerdiener des Fürsten, der nicht geneigt schien, die dringenden Vorstellungen des alten Richters zu beherzigen.
Es ist heut ganz unmöglich, sagte er leise, der gnädigste Herr will den Vortrag abkürzen, ich merke es an seinem Räuspern, daß er ungeduldig ist, und der Kabinetsrath weiß das eben so gut. Hören Sie die Räder auf dem Hof rollen? Da kommt der Wagen schon. In einer halben Stunde fährt der Herr.
Wohin fährt er? fragte Zeltwach.
Es ist heut der Geburtstag seiner Enkelin, der lieben, kleinen Prinzessin, antwortete der Kammerdiener. Er fährt zu ihr.
Seiner Enkelin? O, mein Gott! so muß ich ihn sprechen! Ich habe sechzehn Meilen in acht Stunden gefahren, es hängt Glück und Leben eines Mannes daran, der des Fürsten treuster Diener ist; Leben und Ehre eines Menschen, dessen lichte Hoffnung ich mit mir trage. Sein Sie mitleidig, helfen Sie mir, weisen Sie mich nicht ab!
Er hielt sich am Arm der einflußreichen Mittelsperson fest, die durch den Ausdruck der Rührung und Angst in dem würdigen Gesicht des Greises offenbar schwankend geworden war. –
Wenn es irgend gehen könnte, flüsterte der Kammerdiener, so wäre es hier. Ist einmal der Vortrag beendet, so bleibt keine Zeit mehr. Aber ich wage es nicht, ich darf es nicht.
Wagen Sie es, ich bitte Sie flehentlich, fiel Zeltwach ein. Vielleicht sind Sie selbst Vater und haben Kinder, haben Enkel, welche sie zärtlich lieben!
Der Kammerdiener schien noch mehr gerührt, aber er schüttelte den Kopf.
Sie kennen das nicht, sagte er. So wie ich die Thür öffnete, würde ich hinausgewiesen werden und keine Sylbe sagen dürfen.
So will ich sie öffnen, antwortete der Gerichtsdirector entschlossen.
Auf keinen Fall! flüsterte der Kammerdiener entsetzt, das würde Sie und mich verderben.
Aber was können wir thun?
Er muß selbst kommen und die Ordnung aufheben, lächelte der kluge Rathgeber. Erheben Sie Ihre Stimme laut und eindringlich, dann sehen Sie zu, was geschieht. Die Folgen aber fallen auf Sie.
Ich bin hier in einem so dringenden Fall, daß ich mich nicht abweisen lassen kann, rief der alte Richter, diesen Rath befolgend. Ich muß eine Audienz haben! Ich weiß, daß ich sie begehren darf, und gehe nicht von der Stelle.
Bei den letzten Worten stampfte im Nebenzimmer ein Fuß heftig auf, und eine scharfe Stimme rief:
Unerträglich! abscheulich!
Jetzt kommt er! flüsterte der Kammerdiener, die Hände reibend. Fangen Sie noch einmal an. Noch lauter!
Ich will abwarten, was mir geschieht, schrie der Richter. Ich rufe die Gerechtigkeit meines allergnädigsten Herrn an, er mag über mich entscheiden.
Die Thür wurde mit Heftigkeit aufgerissen, das zornige rothe Gesicht des Fürsten ließ sich sehen; dann trat er selbst auf die Schwelle; seine Augen blitzten vor Entrüstung.
Mein Herr! mein Herr! schrie der Kammerdiener, Sie machen sich unglücklich; ich rufe die Wache!
Er faßte nach der Klingel, aber indem er sich umdrehte und den Fürsten erblickte, prallte er zurück und verbeugte sich.
Zu gleicher Zeit hatte auch der Gerichtsdirector sich umgewandt und seine Arme hochhebend, sagte er:
Gott sei Dank! da ist mein allergnädigster Herr, er wird prüfen, ob ich berechtigt bin, zu ihm zu dringen auf jede Gefahr.
Der Fürst erkannte den Richter sogleich. Sein außerordentliches Gedächtniß fand auch sofort den Namen des Mannes, der es wagte, so unschicklich Gehör zu verlangen.
Gerichtsdirector Zeltwach aus Königswalde! begann er in seiner abstoßenden Weise – sonderbare Manier – bin dergleichen nicht gewöhnt!
Nur die äußerste Noth konnte mich dazu treiben, antwortete der greise Mann unerschrocken. Wo keine Hülfe ist, wendet sich das geängstigte Gemüth an den höchsten Herrn auf Erden, ihm sein Leid zu klagen und seine Weisheit anzurufen.
Der Fürst blickte ihn streng und forschend an, aber seine Züge wurden milder. Zurücktretend, winkte er dem kühnen Sprecher, der ihm in das Kabinet folgte.
Der Kammerdiener hielt sich die Hände vor den Mund und lachte in sich hinein.
So hat er denn richtig wieder selbst gethan, was kein Anderer wagen durfte, kicherte er. Er hat seine Arbeitsstunden unterbrochen, die ganze Tagesordnung erschüttert, seine höchsten Gesetze über den Haufen geworfen. Es hilft ihm doch Alles nichts, fuhr er sich die Hände reibend fort, das Herz läuft doch immer mit ihm davon.
Aber es geschah etwas, was den Kammerdiener noch mehr verwunderte. Er hielt das Ohr der Thür nahe, denn seine Neugier war gereizt, und richtete die Nase vor Erstaunen hoch in die Höhe, als er den alten Graurock sagen hörte:
Was ich Ew. Majestät mitzutheilen habe, ist von solcher Art, daß ich unterthänigst bitten muß, mich ohne Zeugen zu hören.
Der Kammerdiener verwandelte seine hochaufgerichtete Stellung schnell in eine gebückte und brachte sein rechtes Auge an das Schlüsselloch. Richtig, der Kabinetsrath packte seine Papiere zusammen und verließ das Zimmer. Der Fürst mußte ihm einen Wink gegeben haben.
Jetzt strengte der Kammerdiener Augen und Ohren an, um zu erfahren, was der untergeordnete Beamte denn eigentlich für wichtige Geheimnisse überbringe? Er war ein verschwiegener, in seinem langjährigen Dienste erprobter Diener, der manches Wichtige gesehen und gehört hatte, ohne es sich jemals merken zu lassen, aber er ärgerte sich doch, daß er von dieser gewiß unbedeutenden Sache nichts erfahren sollte. –
Der Fürst hatte sich nach seiner Gewohnheit an den Kamin zurückgezogen und hörte, vor diesem stehend, an, was der Gerichtsdirector ihm mittheilte, der in so gedämpftem, murmelndem Tone sprach, daß der Lauscher kein Wort verstand. Allein er sah an den Geberden seines Herrn, daß die Nachrichten tiefen Eindruck auf diesen machten. Der mächtige Monarch war daran gewöhnt, seine Gemüthsbewegungen zu unterdrücken. Schweigsam von Natur hatten die Stürme seines Lebens seine Verschlossenheit vergrößert. Auf seiner Höhe hatte er Menschenschicksale der verschiedensten und der furchtbarsten Art um sich walten und Viele verderben sehen; treue Diener und Freunde waren ihm in großer Zahl gestorben, Elend und Schuld warfen sich täglich vor ihm nieder und forderten sein Mitleid und sein Urtheil.
Der alte Kammerdiener kannte seinen Herrn genau; er wußte, was es zu bedeuten hatte, wenn dessen Arme zuckten und die Schultern sich bewegten, wenn er seine rechte Hand zwischen die Knöpfe seines Rockes schob und wenn er nach und nach in Unruhe gerieth, die ihn hin und her schob. Es war ein heftiger Kampf, den der Fürst mit seinem Herzen und seinem Gewissen kämpfte. Seine Lippen klemmten sich dann zusammen, seine Stirn und der ganze Kopf wurden roth und während er mit aller Gewalt sich sträubte, die Milde in seinem Herzen zu besiegen, wandte sich diese an seine Augen und machte diese trübe, zuweilen feucht.
Als der Gerichtsdirector geendet hatte, nahm der Fürst etwas aus dessen Hand, was wie ein Zettel aussah. Er hielt es vor sich ausgestreckt und legte es auf den Tisch, indem er einige Schritte that.
Entsetzlich! sagte er scharf und heftig, entsetzlich! Es giebt keine Hülfe – ich kann nicht helfen!
O! Majestät! erwiederte der Richter, Gott ist barmherzig und die Fürsten sind seine Statthalter auf Erden.
Der Fürst blieb vor ihm stehen und sah ihn streng an.
Was sagen die Gesetze? fragte er.
Die Gesetze, antwortete Zeltwach, kennen keine Gnade. Sie sehen die That allein, ohne auf menschliche Schwäche, auf Verzweiflung, Schande und den Wahn der Leidenschaften Rücksichten zu nehmen.
Und was würden Sie als Richter thun?
Als Richter in meiner Stellung muß ich das Verbrechen strafen mit dem Gesetzbuche in der Hand.
Ich bin der oberste Richter, sagte der Fürst mit einem gewissen Ingrimm auf seine Brust klopfend. Ich bin da, die Gesetze aufrecht zu erhalten, nicht sie zu verletzen.
Der Gerichtsdirector schwieg einen Augenblick, um seinen Muth zu sammeln.
Gesetze, antwortete er dann, sind Menschenwerk, mögen sie noch so weise, noch so gut sein; es ist unmöglich, sie so zu machen, daß sie für jeden Fall passen. Sie bestimmen, daß für dieses oder jenes Verbrechen diese oder jene Strafe erkannt werden soll, und der Richter kann nichts anderes thun; mag sein Herz auch von Mitleid erfüllt sein, er muß seiner Pflicht gehorchen. Ein einziger Weg ist ihm übrig geblieben, der Weg an den höchsten Richter im Lande und an dessen Recht. Das Gesetz ist von Eisen, die Gerechtigkeit soll blind und fühllos sein, der höchste Richter aber soll sein fühlendes, empfindendes Menschenherz mitbringen, wenn er die Wage in seiner Hand hält. Ihm steht kein Gesetz entgegen, er kann mit göttlicher Milde, mit göttlicher Liebe prüfen, was Schuld, was Strafe ist. Nicht die Unerbittlichkeit der Gesetze aufrecht erhalten, mein hoher Herr, heißt die Gesetze aufrecht erhalten. Die Gesetze fordern es, daß ein edler, freier, die menschliche Noth und Schwäche erkennender Geist über dem Buchstaben stehe und das niederfallende Schwert aufhalte.
Ja, Sire! fuhr der alte Richter fort, indem er seine dunklen, feurigen Augen zu dem schweigenden Herrn aufhob, das ist die heiligste und schönste Mission der Fürsten, das ihr erhabenes, göttliches Vorrecht, daß sie sich der Sünder erbarmen können, die Mitleid verdienen. – Steht denn der Bösewicht, der verhärtete Verbrecher mit dem Opfer unseliger Verblendung, sinnverwirrender Leidenschaft, auf einer Stufe?! Das Gesetz stellt ihn dahin. Es baut für den Einen wie für den Anderen das Schaffot auf, oder sperret sie in denselben Kerker. Es fragt nicht nach den entsetzlichen Seelenkämpfen, der Todesangst, der Verzweiflung, die den Unglücklichen endlich zu einer schrecklichen That trieb, nur der Mörder steht vor ihm.
Wenn wir Einrichtungen hätten, wie diese in anderen Ländern bestehen; wenn es Richter aus dem Volke gäbe, Volksgeschworene, die der Buchstabe in dem Gesetzbuche nicht kümmert, sondern welche allein in ihrem Gewissen erwägen, ob der Angeklagte schuldig oder unschuldig sei, nachdem sie Alles gehört, was ihn getrieben: dann Majestät würde ich nicht zu Ihnen gekommen sein; ich würde diesen Richtern vertraut haben. Jetzt aber sind Sie der Geschworene vor Gott, mein hoher Herr; jetzt haben Sie dies heilige Amt zu erfüllen und im Namen der Menschheit, im Namen des lebendigen Rechtes in Ihrer Brust, sprechen Sie das Urtheil!
Die gebeugte Gestalt hatte sich aufgerichtet, es lag ein hoher feierlicher Ernst auf dem Gesicht des Greises, die irdischen Unterschiede schien er vergessen zu haben.
Der Fürst blickte ihn streng, mißfällig an.
Sie haben sonderbare, eigenthümliche Ansichten, sagte er hart abstoßend. Extreme liebe ich nicht!
O! Majestät, sagte der alte Mann mit bewegter Stimme, ich bin wohl ein schlechter Anwalt, denn ich folge meinem Herzen und dies reißt mich fort, ohne den Kopf zu fragen; aber ich denke an meinen alten Freund auf dem Todtenbette, ich denke an das unglückliche Kind und ich liebe es, als wäre es meine eigene Tochter.
Und wenn Sie nicht als Vater, wenn Sie als höchster Richter, als Geschworener im Namen Gottes und des lebendigen Rechtes, wie Sie sagen, urtheilen sollten? unterbrach ihn der Fürst – Was dann?
Dann würde ich sie freisprechen, erwiederte der Greis mit fester Stimme. Ich würde nach Gewissen und Ueberzeugung vor Gott und Menschen behaupten, daß ich kein Schuldig über sie aussprechen könnte. – Ein Nichtswürdiger gewinnt ein unerfahrenes, schwärmerisches Mädchen, das ihren erregten ersten, heißen Empfindungen folgt. Zu spät erkennt sie, wohin sie gerathen. Ein edler Mann ist ihr nahe getreten, aber der Elende läßt sie nicht los, er droht ihre Ehre Preis zu geben, droht ihr ganzes Lebensglück zu zerstören, droht ihr mit der äußersten Schande und Schmach, die ein Weib erfahren kann. Aber noch mehr, er beraubt ihren Großvater, er will sie zur Flucht zwingen; wie das Ende auch sein möge, überall tritt ihr dasselbe Verderben, dieselbe Vernichtung entgegen. Majestät! ich rufe Ihre Gnade nicht für den auf seine Ehre so stolzen, treuen Diener an, ich rufe sie nicht an für das Fräulein von Bruchen, dem Sie Ihren gnädigen Schutz in jeder Bedrängniß verheißen haben. Mein gnädigster Herr, üben Sie Ihr höchstes Richteramt väterlich für ein armes, zur Verzweiflung getriebenes Mädchen, das in seines Herzens Noth, verrathen und mißhandelt, sich von einem Elenden zu retten suchte, der sie entehren und ihr mehr als das Leben rauben wollte!
Der Fürst hörte schweigend, in seinem Gesicht regte sich nichts, er blickte vor sich hin durch das Fenster zum Himmel hinauf. Plötzlich fiel heller Sonnenglanz durch die dunkle Gardine auf den Teppich und er wandte sich um, ergriff den Zettel, der auf dem Tische lag und warf ihn in das Feuer des Kamins. Sein hoher Körper nahm eine gebietende Stellung an, seine Stirn wurde stolz und königlich. –
Gerichtsdirector Zeltwach, sagte er, ich befehle Ihnen, von dieser Sache fortan gegen Jedermann zu schweigen. Kehren Sie zurück und sagen Sie dem Fräulein von Bruchen, daß ich allein von ihrer That weiß, ich kraft meines Amtes auf Erden ihr Zeit zur Reue lasse, und Gott anheimstelle, ihr zu vergeben. Aber ich verbanne sie aus meinem Lande, fügte er nachdrücklich hinzu, sie soll es meiden, sobald es geschehen kann, und sich nie wieder darin blicken lassen!
O, Majestät! erwiederte der Gerichtsdirector mit zitternder Stimme, Sie segnen, indem Sie strafen!
Der Fürst ging nach der Thür, dort wandte er sich noch einmal um. –
Sagen Sie ihr, daß ich ihr Frieden wünsche und trösten Sie meinen armen, alten Bruchen, wenn er irdischen Trost nöthig hat. –
Mit diesen Worten entfernte er sich.