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In den Verhandlungen der Konferenz in Wien im April 1884 trat das Bestreben hervor, aus den gemachten Erfahrungen solche Folgerungen zu ziehen, die dazu führen könnten, bei zukünftigen ähnlichen Unternehmungen, wie die nunmehr zum Abschluß gebrachten, die geeignetsten Anordnungen zu treffen. Von allen Seiten wurde die Notwendigkeit betont, in den Veröffentlichungen Vorschläge darüber zu machen, wie in Zukunft vorgegangen werden sollte. Es liegt auf der Hand, daß solche Vorschläge nur auf Grund eingehender Untersuchungen – sofern sie sich auf die bei den Beobachtungen zur Verwendung zu bringenden Methoden und Instrumente beziehen – gemacht werden konnten, während das, was sich auf Organisation der Expeditionen, auf Einrichtung der Station, auf Kleidung und Ernährung der Leute bezieht, unmittelbar aus den Erlebnissen gefolgert werden konnte. Es hat nicht an Veröffentlichungen über die Expeditionen im internationalen Systeme gemangelt, welche Winke, Vorschläge und Ansichten enthielten, die darauf abzielten, die zukünftigen Forschungen auf dem Gebiete des Erdmagnetismus und der Meteorologie innerhalb der Polarzonen in die richtigen Wege zu leiten. Es kann hier nicht die Stelle sein, des Näheren auf alle diese Veröffentlichungen einzugehen, und mag es nur genügen, darauf hingewiesen zu haben, daß in den Publikationen über die Ergebnisse der internationalen Polarforschung fast aller betheiligten Nationen Arbeiten dieser Art enthalten sind, so daß es sich nur darum handeln würde, das bereits Vorhandene zu sammeln und zum allgemeinen Nutzen zu veröffentlichen. Allein – wie schon angedeutet – fehlt in mancher Hinsicht noch die Schlußfolgerung, welche sich aus einer strengen Diskussion aller Beobachtungen ergeben müßte und ist auch eine solche, da einzelne Nationen noch mit ihren Veröffentlichungen im Rückstande sind, kaum zu erwarten, ja sie wäre vielleicht nicht einmal rathsam. Die Litteratur über diesen Gegenstand wird uns bei gründlicher Benutzung klar legen, daß eine zusammenfassende, alle Nationen einschließende Untersuchung über die Ergebnisse wohl nach einzelnen Richtungen hin versucht wurde, bis jetzt aber sicherlich nicht in dem gewünschten Umfange zur Ausführung gelangte. Gewiß ist es eine interessante Thatsache, daß man sich in den einzelnen Kommissionen bemühte, so rasch als möglich die gewonnenen Resultate in brauchbarer Form der Oeffentlichkeit zu übergeben, daß schon vor mehr als 3 Jahren die meisten zu erwartenden Veröffentlichungen vorlagen und bis heute eine – wenn wir so sagen wollen – General-Diskussion der mit so großen Erwartungen verknüpften wissenschaftlichen Unternehmungen nicht erfolgt ist. Die wissenschaftliche Forschung geht in unseren Tagen mit solchen Riesenschritten voran, daß selbst eine so großartig angelegte und von aller Welt unterstützte wissenschaftliche Aufgabe – wie es die der internationalen Polarforschung unzweifelhaft ist – nicht ohne besonderen Anstoß bis zu den letzten Konsequenzen verfolgt werden konnte. Die Vertreter Deutschlands auf der Wiener Konferenz wollten denn auch diesen Anstoß dadurch gegeben haben, daß sie Preisaufgaben über einzelne Zweige der bearbeiteten Forschungsgebiete gestellt zu sehen wünschten. Die Resultate dieses Vorgehens sollten dann in den einzelnen Veröffentlichungen zum Abdrucke gelangen. Von anderer Seite wurde der Einwand erhoben, daß es Aufgabe der Akademien und wissenschaftlichen Körperschaften sein müsse, die endgültige Verarbeitung des werthvollen Materielles herbeigeführt zu sehen. Zweifellos ist eine solche Auffassung über die das Ableiten der Endresultate bezweckenden Bestrebungen eine berechtigte. Nach Jahren wird wohl auch das gesammelte außerordentlich werthvolle Material eine Verwerthung finden; rascher und deshalb erfolgverheißender würde der andere angedeutete Weg gewesen sein, und zwar namentlich aus dem Grunde, weil auf dem Gebiete der mitten Arbeit die gemachten Erfahrungen rascher zu Tage getreten sein würden und in weiteren Forschungs-Unternehmungen ähnlicher Art hätten verwerthet werden können.
In einzelnen Theilen, sowohl des Hauptwerkes, wie des Ergänzungswerkes ist darauf Bedacht genommen worden, wenigstens die bei den deutschen Unternehmungen gemachten Erfahrungen wissenschaftlicher und anderer Natur zusammen und für die Verwerthung bereit zu stellen. Vieles von dem, was in den Berichten der Leiter der Expeditionen, namentlich darüber niedergelegt worden ist, wie sich nach den gemachten Erfahrungen für die Folge eine systematische Erforschung der Polar-Regionen gestalten müßte, konnte eine Verwerthung auf diesem Wege nicht finden. Dies gilt insonderheit von den eingehenden Berichten, welche Dr. Giese, der Leiter der deutschen Nord-Expedition, zu verschiedenen Zeiten an die Polar-Kommission einsandte, so unter anderen von jenem, welcher am 28. Januar 1884 einging und wichtiges, bei der Bearbeitung theilweise verwertetes Material lieferte, aber auch namentlich in dem Schlußparagraphen alles das niederlegte, was nach Ansicht Dr. Giese's in Zukunft bei ähnlichen Unternehmungen eine Beachtung finden sollte. Der Wichtigkeit der Sache wegen sollen hier die wesentlichsten Theile der angeführten Paragraphen zum Abdrucke kommen. Es heißt darin unter Anderem wie folgt:
»Die Variations-Apparate anlangend, haben sich die bei ihnen zur Verwendung gebrachten hufeisenförmigen Nadeln sehr bewährt: ohne sie, d. h. mit weniger stark gedämpften Nadeln, würden die Konstanten-Bestimmungen an den Variations-Apparaten ganz unvergleichlich mehr Zeit in Anspruch genommen und zugleich in demselben Maaße an Zuverlässigkeit verloren haben. Denn es kann nicht scharf genug betont werden, daß bei magnetischen Arbeiten im hohen Norden Alles, was die Geschwindigkeit der Messungen fördert, einen Zuwachs an Sicherheit bedeutet. Nicht bloß, weil im Winter der Beobachter, unter der Kälte leidend, schnell abgespannt wird, sondern mehr noch wegen der schnellen Aenderungen im Zustande der Nadeln, besonders, weil Perioden der Ruhe meist nur von kurzer Dauer und für schnell zu erledigende Messungen jedenfalls häufiger zu finden sind, als für solche, die sich über mehrere Stunden erstrecken.«
Was weiterhin in diesem Paragraphen folgt, bezieht sich auf die bei magnetischen Messungen zur Verwendung gelangten Lamont'schen Apparate und deren geringen Grad von Geeignetheit für Forschungen in hohen arktischen ober antarktischen Breiten. Die Ansichten Dr. Giese's sind überdies in wissenschaftlichen Journalen Siehe Bd. II d. Werkes, Nr. 18 Seite 573. in eingehender Weise dargelegt worden, so unter Anderem in Exner's Repertorium der Physik (Bd. XXII, Seite 203 u. f.). Sowohl bei der Bearbeitung der Resultate im Hauptwerke, sowie im Anhange zu diesem Bande ist auf diesen Gegenstand des Näheren eingegangen worden, so daß es keinen Zweck haben könnte, nochmals an dieser Stelle darauf zurück zu kommen und muß vielmehr für das gründliche Studium der Frage auf diese Werke sowohl, wie auf die Arbeiten, welche auf Grund der Erfahrungen der Expeditionen anderer Nationen ausgeführt worden sind, verwiesen werden. Dagegen scheint es uns wichtig, den in dem Schlußparagraphen des Giese'schen Berichtes niedergelegten Erörterungen über das, was in Zukunft zu geschehen haben würde, damit die Ziele der internationalen Polarforschung gefördert werden, eine Stelle zu gewähren. Es heißt daselbst unter Anderem:
»Eine Sichtung der vielen der hinsichtlich der Konstruktion der magnetischen Apparate zu erwartenden Abänderungs-Vorschläge kann nur durch den Versuch, durch die Erfahrung selbst auf einer arktischen Station geschehen. Darum sollte der nächste Schritt auf dem Wege der systematischen Polarforschung jetzt der sein, daß man eine arktische Versuchsstation zur Prüfung der Instrumente und Entwickelung der Methoden für die arktische Forschung errichtete, damit das nächste Mal, wenn ein Ring von Stationen um den Pol gelegt wird, ähnliche Schwierigkeiten im Bereiche der Beobachtungsmittel, wie wir sie diesmal zu überwinden hatten, nicht wieder auftreten. In der That, wären wir im Besitze eines für arktische Verhältnisse zweckmäßig entwickelten Apparat-Systems und mit den Erfahrungen ausgerüstet gewesen, wie sie eine Versuchsstation der vorgeschlagenen Art liefern würde, so hätten wir reichlich die Hälfte der Zeit sparen können, die wir jetzt den magnetischen Untersuchungen haben widmen müssen, und diese Zeit hätte sich sehr fruchtbringend auf andere Untersuchungen, besonders über das Nordlicht, verwenden lassen.
»Die Versuchsstation sollte an einer Stelle errichtet werden, wo sie das ganze Jahr hindurch mit der Welt in Verkehr bleiben kann, also im nördlichsten Europa, auf Island oder Kanada. Sie würde die kommenden Expeditionen nicht nur durch Prüfung der Apparate, sondern auch durch Heranbildung eines Stabes von Beobachtern, die auf ihr mit den wissenschaftlichen und praktischen Aufgaben des Polarforschers sich vertraut gemacht hätten, fördern. Dieser zweite Theil ihrer Aufgabe kann um so gründlicher gelöst werden, je leichter die Station zugänglich ist, weil dadurch auch ein Hospitiren auf kürzere Zeit für solche möglich gemacht wird, die der Vorbereitung auf die Polarforschung nicht Jahre widmen können oder wollen.
»Wenn die Nützlichkeit, ja Nothwendigkeit einer arktischen Versuchsstation aus der augenblicklichen Sachlage auf magnetischem Gebiete abgeleitet worden ist, so geschah es, weil hier das Bedürfniß am deutlichsten in die Augen springt, vielleicht auch, weil mir (Dr. Giese) dies Feld am nächsten liegt. Aber auch die anderen Forschungszweige bedürfen noch sehr der Ausbildung ihrer Instrumente und Methoden. Um nur bei der Meteorologie und in diesem Berichte bereits erwähnten Gegenständen zu bleiben, weise ich auf die dringende Nothwendigkeit hin, für die Alkohol-Thermometer einen Ersatz zu schaffen, auf die Schwierigkeiten der Feuchtigkeitsbestimmung während des arktischen Winters, auf das Fehlen eines Thermographen für niedrige Temperaturen.
»Man könnte versucht sein, in dem Vorschlage, ein Unternehmen, das mit Aussendung von 14 Expeditionen begonnen wurde, durch eine einzelne Station fortsetzen zu lassen, ein Zurückweichen von dem ursprünglich ins Auge gefaßten großen Ziele zu erblicken. Mit Unrecht. So wenig man durch den Umstand, daß man erst Jahre auf die Bearbeitung der diesmaligen Beobachtungen verwendet, ehe man neue Expeditionen aussendet, auf die Fortsetzung des Unternehmens im großen Style verzichtet, so wenig geschähe dies durch Errichtung einer Versuchsstation. Auch ihre Aufgabe wäre ja nur die Bearbeitung des jetzt gewonnenen Materiales, wenn auch in ganz anderer Weise, als dies am Schreibtische möglich ist. Nicht einmal verzögert würde die Aussendung eines Systems künftiger Polarstationen durch Errichtung einer Versuchsstation werden, vorausgesetzt, daß mit dieser schnell genug vorgegangen würde. Sollte aber dennoch durch die Arbeiten dieser Station eine Verzögerung eintreten, weil sie zu dem Ergebnisse führen, daß die Apparate zu der Zeit, wo man sonst wohl neue Expeditonen auszurüsten in der Lage sein würde, noch nicht in der erforderlichen Weise durchgearbeitet sind, so könnte dies nur von segensreicher Wirkung für das ganze Unternehmen sein, für eine kleine Verzögerung würde man viel an Aussicht auf durchschlagenden Erfolg gewinnen.
»Die Kosten der Versuchsstation würden verhältnißmäßig gering sein; sie können, wie bei jedem ähnlichen Unternehmen in drei Theile: Kosten für Aufrüstung, Transport und Unterhalt zerlegt werden. Die für Ausrüstung und Transport sind einmalige und würden daher bei einem immerhin auf eine Reihe von Jahren zu berechnenden Unternehmen verhältnißmäßig wenig in's Gewichts fallen, die Unterhaltungskosten, welche jährlich wiederkehren, würden wohl etwas bedeutender ausfallen, als bei einer unserer deutschen Expeditionen, aber immerhin keinen zu hohen Betrag erreichen. Gerade in dem Kostenpunkt liegt das stärkste Argument für Errichtung der Versuchsstation; indem sie die zeitraubende Arbeit der Prüfung von Apparaten und Methoden den Polarstationen der Zukunft nach Möglichkeit abnimmt, entlastet sie diese zu Gunsten ihrer eigentlichen Aufgabe und erledigt eine Arbeit, die diesmal den Stationen selbst oblag, in ungleich billigerer Weise. Denn äußerst unökonomisch war es gewiß, daß all die Schwierigkeiten des Lamont'schen Apparat-Systems zugleich an 14 Stellen studirt wurden, ohne daß man an irgend einem dieser Orte von den Bemühungen an den anderen hätte Nutzen ziehen können, so daß eine einzige, gut geleitete Station in dieser Richtung genau dasselbe hätte leisten können, wie alle zusammengenommen, ja sehr viel mehr sogar, wenn ihr das Studium der Apparate zur Hauptaufgabe gemacht worden wäre. Diese Erfahrung weist für die Zukunft mit Nachdruck auf den Weg der Arbeitstheilung, der sich auch hier als der wohlfeilere und zugleich zweckmäßigere bewähren wird.
»Nur ein Bedenken vermag ich (Dr. Giese) gegen die Errichtung der vorgeschlagenen Anstalt zu sehen, nämlich das, daß es immerhin mißlich ist, einem einzelnen Institute einen so großen Einfluß auf die Entwicklung der Polarforschung einzuräumen. Aber es bleibt ja daneben den jetzt bestehenden magnetischen Observatorien unbenommen, auch ihrerseits an der Entwickelung der Apparate und Methoden weiter zu arbeiten und die Thätigkeit der arktischen Station unter Kontrolle zu halten. Die beste Beseitigung dieses Bedenkens bestände übrigens in der Errichtung zweier Versuchsstationen, etwa einer in der alten, der anderen in der neuen Welt. So lange aber zwei Stationen nicht zu haben sind, erscheint doch das geäußerte Bedenken nicht so gewichtig, daß man deßhalb auf eine Anstalt verzichten sollte, die in hohem Maaße geeignet wäre, der Polarsorschung der Zukunft schnelle und stetige Fortschritte zu sichern.«
Wenn wir auch nicht mit Allem, was in dem Vorstehenden gesagt, uns unbedingt einverstanden erklären können, so verdienen doch viele der darin ausgesprochenen Ansichten eine ernste Beachtung und können bei Weiterentwicklung des Planes der internationalen Polarforschung von Bedeutung werden, und mußten schon aus dieser Rücksicht die Auszüge aus den Berichten des Herrn Dr. Giese hier eine Stelle finden.
Um nur noch kurz ein, den magnetischen Untersuchungen nahe verwandtes Gebiet zu berühren, nämlich das über Erdströme, sei es gestattet, nur in wenigen Worten hervorzuheben, daß die während der Polar-Epoche angestellten diesbezüglichen Untersuchungen nicht unbenutzt liegen blieben, wenn auch keineswegs bis heute ein abschließendes Urtheil über deren Natur und Zusammenhang mit erdmagnetischen Erscheinungen ausgesprochen werden kann. Außer den Arbeiten des Herrn Dr. Giese über Erdströme, so u.A. der in der Elektrotechnischen Zeitschrift vom Februar 1885, betitelt »Ueber die in einer geschlossenen Kreisleitung auf der deutschen Polarstation zu Kingawa beobachteten Erdströme und eine sich daran knüpfende Methode zur Bestimmung des Ohm« Siehe Bd. II dieses Werkes, Seite 573., erschienen im Laufe der Zeit mehrere zusammenfassende Darstellungen Dessen, was auf diesem Gebiete bisher gefolgert werden konnte. Wir verweisen mit Rücksicht hierauf auf die schönen Arbeiten des Herrn Dr. B. Weinstein, welche in der Elektrotechnischen Zeitschrift erschienen sind und möchten besonders aufmerksam machen auf diejenigen unter denselben, welche sich mit den Beziehungen zwischen Erdströmen, Polarlichtern und den Vorgängen in dem magnetischen Zustande der Erde befassen, weil darin Vieles von hoher Wichtigkeit für die Weiterentwicklung der Erforschung dieser Beziehungen enthalten ist. Auch die der Akademie der Wissenschaften in Berlin vorgelegte Abhandlung von Herrn Staatssekretär des Reichs-Postamtes, Dr. von Stephan, »Die Erdstrom-Aufzeichnungen in den deutschen Telegraphen-Leitungen« darf, wenn auch nicht der Zeit nach in die Polar-Epoche gehörig, als eine Frucht der durch die internationale Polarforschung gegebenen Anregung angesehen werden.
In Bezug auf den täglichen Gang der meteorologischen Elemente dürfte das interessanteste Ergebniß aus den Beobachtungen der internationalen Polarstationen eine Entdeckung von Greely an der täglichen Schwankung des Barometers sein. Bei Vergleichung des täglichen Ganges des Barometers zu Fort Conger mit jenem zu Jan Mayen, Ssagastyr, Spitzbergen und Point Barrow fand er, daß diese Kurven eine sehr auffallende Uebereinstimmung zeigen, wenn man sie ans Simultanzeit reducirt, während fast jede Uebereinstimmung fehlt, wenn man von der Ortszeit ausgeht. Wir lernen damit zum ersten Male eine meteorologische Erscheinung kennen, welche eine Periode von der Länge eines Sonnentages befolgt und dennoch nicht nach dem Gange der Sonne am betreffenden Orte, sondern ohne Rücksicht auf diesen nach deren Gange auf einen bestimmten Meridian sich richtet. Es ist dies vermuthlich der ungleichen Wirkung der Sonne, je nachdem sie über Wasser oder Festland steht, und der passiven Beeinflussung des ganzen Polargebiets durch die intensive tägliche Schwankung ans den benachbarten Festlands-Centren zuzuschreiben.
Nach diesen kurzen Ausführungen über einzelne Folgerungen, die zukünftigen Forschungen zum Nutzen gereichen können, sei es gestattet, zum Schlusse noch auf die Nothtwenbigfeit der Gleichzeitigkeit der systematischen Forschung in der nördlichen und südlichen Polarzone aufmerksam zu machen. Es ist schon so Vieles über diesen Gegenstand gesprochen und geschrieben worden, daß es fast überflüssig erscheinen könnte, noch einmal, und zwar an dieser Stelle, darauf zurückzukommen. Allein wir erkennen es als eine Pflicht, immer wieder zu betonen, daß über die großen Fragen, welche sich auf die Natur der Polarlichter, der Erdströme und der Vorgänge im magnetischen Zustande der Erde beziehen, nichts Entscheidendes ermittelt werden kann, wenn nicht gleichzeitig in magnetischen Warten im hohen Norden und im hohen Suden beobachtet wird. Die nun zu Ende geführte Untersuchung während der Polar-Epoche 1882–83 zeigt – und es läßt sich dieses von keinem Gesichtspunkte aus in ein günstigeres Licht stellen – eine Lücke von großer Tragweite, weil bei den Diskussionen die an einer wirklichen antarktischen Station erhaltenen Ergebnisse nicht zur Verfügung stehen. Es ist ja als ein Fortschritt zu bezeichnen, daß man den Plan für diese Forschung erweiterte, indem man einige in höheren Breiten der südlichen Hemisphäre belegene Stationen errichtete und die Ergebnisse an denselben für die Diskussion bereit stellte. Allein die beiden Stationen Süd-Georgien und Orange-Bai konnten für den Ausfall keinen genügenben Ersatz bieten, einmal um deßwillen nicht, weil sie von der eigentlichen antarktischen Zone noch erheblich nach Norden zu lagen, sodann aber mich befanden sich dieselben – wie schon hervorgehoben – auf der von dem Gebiete größter magnetischer Thätigkeit in der südlichen Hemisphäre abliegenden Seite unserer Erde, was verursachte, daß die Erscheinungen weder so häufig, noch so intensiv und mannigfaltig, als es sonst der Fall gewesen wäre, sich gestalteten. Einigermaaßen ließe sich die Lücke vielleicht ausfüllen durch das Hereinbeziehen der während der Periode der Polarforschung in der magnetischen Warte von Melbourne ausgeführten Registrirungen.
Es steht zu erwarten, daß die hier nur flüchtig angedeuteten Gründe für die Nothwendigkeit der Ausdehnung einer künftigen internationalen Polarforschung auch über die antarktische Zone mehr und mehr zur Geltung gelangen. Wenigstens regen sich allerwärts Vertreter dieser Richtung. Selbst bei den Antipoden beginnt man die Agitation für die Erforschung der antarktischen Regionen neu zu beleben und hervorragende Männer der Wissenschaft und des praktischen Forschens suchen dadurch, daß sie persönlich für eine Durchführung antarktischer Unternehmungen eintreten, das Interesse für die Sache in weiteren, und zwar in maaßgebenden Kreisen zu wecken. Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, daß – sollte der Plan der internationalen Polarforschung noch einmal auf die Tagesordnung wissenschaftlicher Bestrebungen kommen – auch die Regionen höherer südlicher Breiten mit physikalischen Warten bedacht werden würden.
Diese wenigen Ausführungen sollen nur dazu dienen, den Gegenstand in Erinnerung zu halten, während von einem Eingehen auf Pläne und Projekte für die Zukunft schon aus dem Grunde Abstand genommen wird, weil hier nicht die Stelle sein kann, auf Entwürfe für die Durchführung einer zukünftigen internationalen Polarforschung einzugehen. Solches muß einer späteren Epoche vorbehalten bleiben.
Ende des ersten Bandes