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Alkesimarchus. Melänis (bei Seite).
Alkesimarchus. Amor hat die erste Folter, glaub' ich, auf der Welt ersonnen.
An mir selbst erfuhr ich solches, brauch' es auswärts nicht zu suchen;
Denn an Herzensplackereien übertreff' ich alle Menschen.
Mich wirft es, mich martert's, mich treibt es, mich stachelt's, mich dreht es umher auf dem Rade der Liebe;
Mich reißt es, mich zerrt es, mich schleppt es, mich viertheilt's;
Mein Geist ist umwölkt von ewiger Nacht.
Da, wo ich bin, da bin ich nicht, und wo ich nicht bin, ist mein Kopf.
So steh'n mir alle Gedanken: was ich will, das will ich gleich nicht mehr.
So spielt die Lieb' ihr Spiel mit mir; sie jagt, sie treibt, sie lockt, sie packt
Mich Lebensmatten, zieht mich an, hält mich zurück, und stößt mich fort.
Und was sie gibt, das gibt sie nicht; sie ködert mich, und foppt mich nur.
Sie widerräth, wozu sie mir erst rieth, und was sie widerrieth,
Das beut sie mir. Sie treibt mich um, dem sturmempörten Meere gleich,
Und wirft mich hin, und wirft mich her, zerscheitert mir das lecke Schiff
Des Herzens. Ach, mir Armen fehlt kein Leid, als noch zulezt der Tod.
So hielt mich die sechs Tage lang mein Vater auf dem Lande fest,
Und unterdessen durft' ich, ach! mein Kind mit keinem Auge seh'n.
Ist das nicht ganz entsezlich?
Melänis. (vortretend)
Bist du so spaßhaft, weil du jezt die Zweite freist, die reiche Braut
Aus Lemnos? Nimm sie! Freilich sind wir nicht so angesehen hier,
Noch haben wir so vieles Geld, wie du. Indessen fürcht' ich nicht,
Daß irgend Jemand irgendwann uns eines Meineids zeihen wird.
Wenn dir's in Zukunft übel geht, so weißt du jezt, woher es kommt.
Alkesimarchus. Mögen mich die Götter strafen –
Melänis. Was du wünschest, werde dir!
Alkesimarchus. Wenn ich je die Frau mir nehme, die mein Vater mir bestimmt!
Melänis. Und auch mich, im Fall du meine Tochter je zum Weib erhältst!
Alkesimarchus. Kannst du's dulden, daß ich Meineid schwöre?
Melänis. Lieber, als ich mich
Und mein Haus zu Grunde richten und die Tochter narren will.
Geh und suche dir ein Pläzchen, wo dein Schwur noch etwas gilt;
Hier bei uns, Alkesimarchus, brachst du selbst die Scherb' entzwei.»Hier bei uns, Alkesimarchus, brachst du selbst die Scherb' entzwei,« d. h. die Gastfreundschaft und Liebe, die bisher unter uns bestand, hast du selbst aufgehoben. Das Zeichen einer unter zwei verschiedenen Familien oder Individuen geschlossenen Gastfreundschaft war eine Scherbe (tessera), welche die beiden Gastfreunde in zwei Theile brachen und so unter sich theilten. Jeder von beiden hob seine Hälfte auf, um sich und seine Nachkommen bei jenem und dessen Nachkommen legitimiren zu können, wenn die einst gestiftete Freundschaft vielleicht in Vergessenheit gerathen war. Die beiden Stücke paßten in einander, wenn die Sache ihren Grund hatte. Man vergleiche Pœnul. 5, 2, 88 folg. Wer seine Hälfte zerbrach oder verlor, konnte die frühere Verbindung dem Anderen nicht darthun. Daher sagt hier Melänis bildlich: »du zerbrachst die Marke unserer früheren vertrauten Verbindung, wir sind fortan für immer geschieden.« Köpke.
Alkesimarchus. Nur noch eins»Nur noch eins versuch' es.« Eins für Einmal hat Luther. Hos. 3, 1. »gehe noch eins hin.« versuch' es!
Melänis. Oft schon that ich's und beklag' es jezt.
Alkesimarchus. Gib sie wieder!
Melänis. Bei dem neuen Falle gilt der alte Spruch:
Was ich gab, o hätt' ich's noch! Was übrig ist, behalt' ich hübsch.
Alkesimarchus. Schickst du sie mir nicht zurück?
Melänis. Du gibst dir selbst Antwort für mich.
Alkesimarchus. Soll sie mir nicht wieder werden?
Melänis. Meine Meinung kennst du längst.
Alkesimarchus. Dein Entschluß steht fest?
Melänis. Ich denke jezt an ganz was Anderes.
Traun, für keines deiner Worte hab' ich mehr ein offnes Ohr.
Alkesimarchus. Nicht? Was sagst du?
Melänis. Lieber denke drauf, zu wissen, was du thust.
Alkesimarchus. Nun, so sollen alle Götter mich und alle Göttinnen
Auf der Oberwelt und Unterwelt und aus der Mittelwelt,
Soll die königliche Juno, Zeus', des allerhöchsten, KindIn seiner leidenschaftlichen Hize macht Alkesimarchus einen mythologischen Fehler um den anderen. So ist Juno die Schwester und Gemahlin des Zeus, nicht seine Tochter, Saturnus nicht sein Oheim, sondern sein Vater, wie Ops, die Gemahlin des Saturnus, seine Mutter ist. ,
Soll Saturnus mich, sein Oheim –
Melänis. Nein, sein Vater, meinst du wohl.
Alkesimarchus. Soll mich Ops, des Gottes Urgroßmutter –
Melänis. Mutter, meintest du.
Alkesimarchus. Tochter Juno, dann der Ohm Saturnus, dann der höchste Zeus – –
Du verwirrst mich; deinethalben fehl' ich immer.
Melänis. Weiter nur!
Alkesimarchus. Nicht erfahren soll ich, was du meinethalb beschließen wirst?
Melänis. Weiter doch! Ich gebe sie nicht wieder: fest ist mein Entschluß!
Alkesimarchus. Nun, so soll der höchste Zeus mich, soll Saturn, soll Juno mich –
Was ich hier noch sagen soll, ich weiß es nicht. – Jezt weiß ich es.
Ja, vernimm noch, Weib, damit du meine Meinung gründlich kennst.
Alle groß' und kleine Götter, alle SchüsselgötterSchüsselgötter, dii patellarii sind die Laren und Penaten, denen man Speisen und Getränke in kleinen Schüsseln vorzusezen pflegte. auch,
Sollen mir's verwehren, daß ich lebend noch Silenium
Küsse, wenn ich deine Tochter, dich und mich nicht heute noch
TödteDer Schwur des Alkesimarchus hat drei Abtheilungen, von denen die beiden lezteren in's Lächerliche fallen und sich selbst widersprechen, wenn das erste Drittheil des Schwures in Erfüllung gegangen ist; denn im ersten Drittheil schwört er schon, daß er sich und die beiden anderen Frauen tödten will; er wird also das zweite und dritte Andringen zum Morde der beiden sparen können. Köpke. , dann mit Tagesanbruch morgen euch nicht alle zwei
Morde, dann bei'm dritten Anlauf nicht (so wahr mich Herkules!)
Alle niederstrecke, falls du jene mir nicht wiederschickst!
Was ich wollte, sagt' ich dir. Jezt lebe wohl!
(er geht in's Haus,)
Melänis. Er ging erzürnt
Weiter. Was beginn' ich nun? Geht sie zu ihm zurück in's Haus,
Steh'n wir auf dem alten Flecke. Wenn es Einmal Hader sezt,
Dann verstößt er sie, und führt die Lemnerin als Gattin heim.
Doch ich will ihm nach, ihn hüten, daß er nicht im Zorne was
Tolles macht. Und weil's so schwer ist, daß ein Armer Recht behält
Einem Reichen gegenüber, will ich lieber mein Verdienst
Hier verlieren, als von meiner Tochter lassen. Aber wer
Ist es, der gerades Wegs die Straße dort gelaufen kommt?
Jenes schreckt mich, dieses fürcht' ich, bin (o Graun!) stets voller Angst.
(ab.)
Lampadiskus, Sklave der Phanostrata, tritt auf.
Lampadiskus. Der Alten folgt' ich mit Geschrei die Gassen durch:
Ich sezt' ihr unablässig zu, Doch wie gewandt
Sie sich beherrschte, that vergeßlich, stellte sich,
Als wüßte sie von Allem nichts! Was hab' ich ihr
Geschmeichelt, wie viel Schönes ihr nicht zugesagt!
Wie viele Listen sezt' ich an die Mauer an!
Wie viele Fallen legt' ich ihr! Mit Mühe nur
Bracht' ich's heraus am Ende, daß sie mir gestand,
Als ich ein Faß voll süßen Weines ihr versprach.
Phanostrata. Lampadiskus. Melänis (im Hintergrunde).
Phanostrata. Ich hörte, dünkt mich, eben vor dem Hause hier
Die Stimme meines Knechtes Lampadiskus.
Lampadiskus. Frau,
Du bist nicht taub; du hörtest recht.
Phanostrata. Was hast du denn?
Lampadiskus. Du wirst darob dich freuen.
Phanostrata. Und was wäre das?
Lampadiskus. Ich sah, es ist nicht lange her, aus diesem Haus
Ein Weib herausgeh'n.
Phanostrata. Jene, die mein Töchterchen
Aufnahm?
Lampadiskus. Du trafst es richtig.
Phanostrata. Was geschah hernach?
Lampadiskus. Ich sag' ihr, daß ich's von der Rennbahn aus geseh'n,
Wie sie die Tochter unsers Herrn vom Boden hob.
Phanostrata. Erschrack sie da?
Melänis. (bei Seite) Mein Leib erstarrt, mir hüpft das Herz.
Ich weiß es wohl noch, wie man einst ein kleines Kind
Mir von der Rennbahn brachte, daß ich dieses Kind
Für meines ausgab.
Phanostrata. (zu Lampadiskus) Rede fort, ich bitte dich!
Mich brennt es recht, zu hören, wie das weiter ging.
Melänis. (bei Seite)
O könntest du's nicht hören!
Lampadiskus. Nun, ich fahre fort,Ich lese mit Bothe:
Pergo illam subagitare blandis, benedicis
Dictis. Illaec Forti Fortuna fortius
Aures obturat. Ergo alumnam voco foras.
Nam illaec tibi nutrix est; ne matrem censeas!
Ego te reduco et voco ad divitias, ubi
Tu locere in luculentam familiam.
Mit liebevollen Worten, glatten Schmeichelei'n
Ihr zuzusezen. Sie verstopft noch mehr das Ohr,
Und stellt sich tauber, als das Glück. Ich rufe dann
Die Pflegetochter selbst heraus. Die Alte da
Ist, sagt' ich ihr, nicht deine rechte Mutter, nein,
Ist deine Pflegemutter nur. Ich rufe jezt
Zu großem Reichthum dich zurück, ich führe, Kind,
In ein beglücktes, angesehenes Haus dich ein,
Wo zwanzig Goldtalente dir dein Vater einst
Mitgibt zum Brautschaz, daß du nicht nach schändlicher
EtruskersitteDie Etrusker, bemerkt Köpke, stammten von den Lydiern in Kleinasien, von denen Herodot meldet, was hier gesagt wird, daß ihre Töchter durch Preisgebung ihres Körpers sich die Mitgift zusammen verdient hätten. (Herodot. 1, 93.) Aber nicht blos der lydischen Stammväter wegen sind die Etrusker hier auf diese Weise angezogen; auch sie selbst waren in Rom übel berüchtigt. Gaukler, Tänzer, Flötenspieler und überhaupt Menschen, welche für Geld dem öffentlichen Vergnügen dienten, kamen den Römern aus Etrurien; ja selbst öffentliche Mädchen, von denen wahrscheinlich die frühesten in Rom, oder die meisten derselben aus Etrurien gekommen waren, füllten nebst männlichen Dienern der Unzucht in Rom eine Straße, welche die etrurische hieß (vicus tuscus). S. Horat. sermon. 2, 3, 288. mit dem eignen Leibe hier
Dir deine Mitgift schaffen mußt.
Phanostrata. Ich bitte dich:
Ist, die sie aufgenommen, eine Buhlerin?
Lampadiskus. Sie war es; doch jezt höre nur, wie's weiter ging.
Schon überredet hatt' ich sie durch meine Kunst:
Da schmiegt' an ihre Kniee sich die Alte, bat
Mit Thränen, nicht von ihr zu geh'n. Sie sei ihr Kind,
Sie habe sie geboren, das beschwor sie mir
Mit allen Eiden. Jene, sprach sie, die du suchst,
Die gab ich meiner Freundin, die sie jezt erzieht
Als eigne Tochter. Und sie lebt. Wo? rief ich gleich.
Phanostrata. (freudig bewegt)
Ihr Götter, schafft mir Hülfe!
Melänis. (bei Seite) Mich vernichtet ihr.
Phanostrata. Wem sie das Kind gegeben, hast du das gefragt?
Lampadiskus. Das that ich, und sie nannte mir die Buhlerin
Melänis.
Melänis. (bei Seite) Meinen Namen sprach er aus: ich bin
Verloren!
Lampadiskus. Als sie das gesagt, so fragt' ich gleich:
Wo wohnt Melänis? Führe mich zu ihr. »Sie zog
Von hinnen, wohnt jezt außer Lands,« erwiedert sie.
Melänis. (bei Seite)
Jezt schöpf' ich wieder Athem!
Lampadiskus. »Und wo zog sie hin?
Wir folgen ihr,« versez' ich. »Foppen willst du mich?
Du bist des Todes! Wahrlich, lange treibst du's nicht.«
So fuhr ich fort zu drängen, bis die Alte schwur,
Sie wolle mich hinführen.
Phanostrata. Doch du hättest sie
Nicht lassen sollen.
Lampadiskus. Kann sie doch nicht los von mir.
Sie müsse nur mit einer guten Freundin erst
Sich noch besprechen, sagte sie; denn diese sei
In das Geschäft verwickelt. Und ich weiß, sie kommt.
Melänis. (bei Seite)
Die wird mich jezt verrathen und ihr eigenes
Unheil zu meinem fügen.
Phanostrata. Laß mich wissen, Freund:
Was soll ich jezt beginnen?
Lampadiskus. Geh hinein und sei
Nur gutes Muthes! Kommt dein Mann, so soll er mich
Zu Haus erwarten, daß ich ihn nicht suchen darf,
Im Fall ich ihn was fragen will. Ich laufe jezt
Zu meiner alten Frau zurück.
Phanostrata. Lampadio,
Ich bitte dich, bestell' es gut.
Lampadiskus. Ich werde dir
Es alles wohl vollenden.
Phanostrata. Auf die Götter und
Auf dich vertrau' ich.
Lampadiskus. Auf die Götter bau' ich auch,
Daß du sie bald nach Hause führst –
(Phanostrata geht hinein)
Melänis. (tritt plözlich vor) Halt, junger Mensch,
Und höre!
Lampadiskus. Frau, mich rufst du?
Melänis. Ja.
Lampadiskus. Was soll es sein?
Ich habe schrecklich viel zu thun.
Melänis. Wer wohnt denn dort
Im Hause?
Lampadiskus. Demipho, mein Herr.
Melänis. Derselbe wohl,
Der seine Tochter dem Alkesimarch verlobt
Mit großer Mitgift?
Lampadiskus. Eben der.
Melänis. So sage mir:
Was habt ihr denn für eine zweite Tochter jezt
Zu suchen?
Lampadiskus. Das erklär' ich dir: es ist das Kind
Der Gattin, das die Gattin nicht geboren hat.Lampadiskus faßt seine Antwort als ein Räthsel ab; das mußte sie wenigstens der Melänis sein. Die Gesuchte ist allerdings der Gattin (Phanostrata) Tochter; allein die Gattin hat sie nicht geboren, d. h. Phanostrata nicht als Gattin. Demipho wird daher als Einer vorgestellt, der gleichsam dreimal verheirathet gewesen ist: 1) mit der Phanostrata, von welcher er die Silenium hat, 2) mit der Lemnierin, und 3) abermals mit der Phanostrata.
Melänis. Das heißt?
Lampadiskus. Von seiner ersten Frau ward meinem Herrn
Ein Kind geboren.
Melänis. Doch du sagtest ja vorhin,
Du suchst des Weibes Tochter, das hier eben sprach.
Lampadiskus. Die such' ich.
Melänis. Wie kann aber die die früh're sein,
Die jezt mit ihm vermählt ist?
Lampadiskus. Wer du seist, o Weib,
Du bringst mit deinen Reden mich noch um. Die Frau,
Die er in zweiter Ehe nahm, gebar ihm einst
Die Tochter, die Alkesimarchus freit. Indeß
Die Frau ist todt. Verstehst du jezt?
Melänis. Das ist mir klar;
Doch kann ich mir's nicht deuten, wie die erste Frau
Die lezte, wie die lezte dann die erste wird.
Lampadiskus. Sie wurde Frau, ward schwanger, und gebar sodann
Von ihm die Tochter, eh' er sich mit ihr vermählt.
Kaum war das Kind geboren, da ward's ausgesezt.
Mir ward der Auftrag, eine Frau hob's auf, ich selbst
War Zeuge. Mein Gebieter nahm sie dann zur Frau.
Dies Mädchen also, ihre Tochter, suchen wir.
Was guckst du jezt mit offnem Munde himmelan?
Melänis. Wohin du geh'n willst, gehe nun; ich will dich jezt
Nicht länger mehr aufhalten; ich verstand dich schon.
Lampadiskus. Den Göttern allen sei's gedankt! Denn hättest du
Mich nicht verstanden, ließest du mich schwerlich los.
(geht ab.)
Melänis. (allein)
Jezt muß ich wider Willen etwas Gutes thun;
Wohl thu' ich's ungern; doch die Sache liegt am Tag.
So will ich denn weit lieber mir bei jenen selbst
Den Dank verdienen, als von dieser Alten mich
Verrathen lassen. Ohne Säumen geh' ich heim,
Und ihren Eltern bring' ich die Silenium.
(ab.)