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Unentschieden blieb vor allem das Schicksal des Deutschen Reiches; Österreich konnte und wollte nicht ertragen, von dem deutschen Kaisertum ausgeschlossen zu sein, es ließ den bayrischen Nebenbuhler das volle Übergewicht seiner Waffen empfinden, und da nun der König von England, Kurfürst von Hannover, weit entfernt, den Wittelsbachschen Kaiser anzuerkennen, vielmehr die Hilfsmacht, auf die derselbe sich stützte, aus allen Kräften bekämpfte und den Franzosen mitten in Deutschland eine Niederlage beibrachte, so geriet nach einiger Zeit die Existenz des neuen Kaisertums in die größte Gefahr. Friedrich, der an der Bildung dieses nicht-österreichischen Kaisertums durch die Erhebung des Kurfürsten von Bayern zum Kaiser den wesentlichsten Anteil hatte und daran mannigfaltige Entwürfe für die Umwandlung Deutschlands knüpfte, zog im Jahre 1744 nochmals das Schwert; vor allem, um seinen Kaiser – Karl VII. – zu retten; er dachte dabei zugleich Absichten durchzuführen, die er bei dem Frieden von Breslau nicht hatte erreichen können. Die Unternehmung hatte nicht den Beifall seiner Minister; man kann anderweit lesen, wie viel sich dagegen einwenden ließ, und was auf diese Einwendungen erwidert wurde. Historisch liegt das Hauptmoment darin, daß ein Kaisertum, welches auf französischer Unterstützung beruhte, zugleich aber der Waffen des Königs von Preußen bedurfte, nicht zu behaupten war; hätte der König den Kaiser aufrecht erhalten, hätte er zu demselben in ein Verhältnis treten können, wie etwa der Kurfürst von Hannover zu Österreich, so würde sich ein Wittelsbachsches deutsches Kaisertum haben denken lassen. Aber Karl VII. war viel zu schwach zu einer einfachen Bundesgenossenschaft; er würde allezeit von Frankreich abhängig geblieben sein. Das Unternehmen war großartig, aber doch in der Tat unausführbar; denn Friedrich mußte dabei auf die energische Unterstützung von Frankreich zählen; Frankreich und Preußen hatten zwar gemeinschaftliche, jedoch auch entgegengesetzte Interessen. Unter allen Umständen hätte der König zuletzt doch daran denken müssen, das Kaisertum wieder von Frankreich zu emanzipieren, und Frankreich konnte an einer Bundesgenossenschaft, welche Tendenzen der Selbständigkeit hervorkehrte, keinen Gefallen finden. Wie einst der König seine erste Abkunft geschlossen hatte, um der österreichischen Macht Zeit zu lassen, sich gegen Frankreich zu wenden, so hatten nun ihrerseits, den ausdrücklichen Verpflichtungen des Traktats zum Trotz, die Franzosen keine Neigung, mit den Österreichern im Elsaß zu schlagen und den König von Preußen in den Stand zu setzen, sich einiger Kreise in Böhmen zu bemächtigen, wiewohl sie dies Land noch als Eigentum des Kaisers betrachteten, dem sie zur Krone desselben geholfen hatten. Denn neben den Interessen, die man nicht allein vorgibt zu haben, sondern wirklich hat, wenn auch erst in zweiter Linie, machen sich auch immer andre wesentlichere geltend, die jenen vorangehen. Ich weiß nicht, ob man viel daran gedacht hat, aber augenscheinlich ist es doch, daß eine weitere Bekämpfung von Österreich, durch welche die Franzosen das neue Kaisertum behauptet hatten, vornehmlich dem König von Preußen zu statten gekommen wäre, der sich nochmals vergrößert und an der Zentralverwaltung in Deutschland überwiegenden Anteil erlangt haben würde. Die Franzosen hatten überhaupt den Impuls nicht mehr, der sie in den Krieg gezogen hatten überdies aber, es war ihnen eben recht, daß die Österreicher durch den König von Preußen beschäftigt wurden und ihnen freie Hand zu einem Angriff auf die Niederlande ließen. So geschah es, daß die gewaltige Kriegsmacht der Königin, die gegen Frankreich im Felde gestanden und die Waffen führen gelernt hatte, sich gegen den König von Preußen wandte und ihm in Böhmen entgegenrückte. Der König hätte nichts mehr gewünscht, als mit derselben sich zu schlagen; aber die Österreicher nahmen bei Marschowitz eine so starke Position, daß er doch Bedenken trug, sie daselbst anzugreifen; er sah sich genötigt, Böhmen zu verlassen, zumal da er Sachsen gegen sich hatte. Kurz darauf starb der Kaiser, dessen Sache er führte, eines unerwarteten Todes (20. Januar 1745). Einen Nachfolger für ihn zu finden, der von Österreich unabhängig gewesen wäre, war eine Sache der Unmöglichkeit; diese ganze das Kaisertum betreffende Kombination zerfiel in nichts. Der Sohn Carl Alberts schloß seine Abkunft mit Österreich (April 1745): allenthalben im Reiche überwog der Einfluß der Königin, die nun nicht allein ihren Gemahl zum Kaisertum erhoben zu sehen hoffte, sondern den Gedanken faßte, Schlesien wieder zu erobern. Hier aber war Friedrich unüberwindlich; es ist eine seiner glänzendsten und glücklichsten Waffentaten, daß er ein großes österreichisch-sächsisches Heer bei Hohenfriedberg am 4. Juni 1745 auf das Haupt schlug. Auch ohne mitwirkende Bundesgenossen war er stark genug, Schlesien zu behaupten. Zwischen Österreich und Sachsen wurde der Plan verabredet, ihm durch einen Angriff auf die Mark Brandenburg beizukommen und ihn daselbst doch noch zu überwältigen. Noch zur rechten Zeit aber wurde Friedrich das inne und begegnete dem Angriff mit einer energischen Abwehr, die ihn zum Meister von Sachsen machte. Hierauf wurde Maria Theresia bewogen, den erneuerten Ratschlägen des englischen Gesandten, der den Frieden forderte, Gehör zu geben. Wenn die Franzosen erwartet hatten, daß Friedrich zugleich auf eine allgemeine Pazifikation Bedacht nehmen würde, in welcher auch sie inbegriffen worden wären, so lag ihm das ferne; denn auf seinen Antrag auf Unterstützung in dieser gefährlichen Krisis hatte er lauter ausweichende Antworten bekommen; er begnügte sich in dem Frieden zu Dresden (25. Dezember 1745) mit der Herstellung der Abkunft von Breslau, die das enthielt, was ihm am notwendigsten war. Dagegen behielt Maria Theresia in Deutschland die Oberhand, ihr Gemahl wurde zum deutschen Kaiser gekrönt, Friedrich selbst mußte ihn anerkennen. Ein mächtiges Österreich, dem das Übergewicht in Deutschland zufiel, trat nun der neugebildeten preußischen Macht, die auf sich selbst angewiesen war, entgegen. Alles war in heftigem, blutigem Kampfe geschehen, und zu ihrem letzten Ziele war doch keine der beiden Mächte gelangt, der König von Preußen nicht in bezug auf das Deutsche Reich, noch bei weitem weniger Österreich in bezug auf Schlesien. Maria Theresia war wohl eigentlich niemals gesonnen, sich in den Verlust, den sie erlitten hatte, zu finden. Aber im Widerspruch mit ihr erreichte Friedrich in dem Frieden von Aachen (18. Oktober 1748), daß Schlesien und Glatz ihm von allen beteiligten Mächten aufs neue garantiert wurden, und zwar ohne eine Klausel, welche diesen Besitz bisher immer noch zweifelhaft hätte erscheinen lassen. Für Friedrich ein höchst vorteilhaftes Resultat. Wenn er es bisher unerträglich gefunden, daß man ihm so oft »Schach dem König« bieten konnte, so war er dieser Besorgnisse fürs erste, so lange nämlich keine große Veränderung in Europa eintrat, entledigt.
Die landesväterlichen Sorgen traten bei ihm bereits den militärischen ebenbürtig zur Seite.
Friedrich II. bemühte sich, die Beschränkungen, die ihm Grund und Boden seines Gebietes auferlegten, zu überwinden und sich auch in dieser Beziehung von den Nachbarn möglichst unabhängig zu machen. In die innere Verfassung seiner Landschaften vermied er, willkürlich einzugreifen; er suchte den Bauer bei seinem Eigentum zu schützen und von den drückendsten Lasten zu befreien, ohne doch die Edelleute zu verletzen, deren Degen er brauchte; sie bildeten die Offiziere seiner Armee. Eine neue Aufgabe erwuchs ihm aus der Vermehrung seiner katholischen Untertanen; von dem Papst forderte er die nämlichen Rechte, die derselbe katholischen Fürsten gewährte; er wußte mit den kirchlichen Behörden in den Provinzen in ein gutes Verhältnis zu treten; denn der Geist des Jahrhunderts war überhaupt nicht mehr auf das strenge Festhalten, sondern auf die Beseitigung der religiösen Differenzen gerichtet. Die Idee des Staates kam insofern empor, als man dieser Differenz allen Einfluß auf die gegenseitigen politischen Beziehungen zu entreißen suchte. Was Friedrich darunter verstand, wenn er sagte, er setze Religion der Religion entgegen, sieht man unter anderem aus seinem Verfahren in Schlesien. Den österreichischen Jesuiten, die einen großen Einfluß auf die Verwaltung und die Erziehung ausübten, setzte er eine Schule französischer Jesuiten entgegen, ebenso gut katholisch wie die anderen, jedoch frei von österreichischen Sympathien. Auf diesem Wege konnte er die religiöse Toleranz aufrechterhalten und sie zum Grundprinzip seines Staates machen. Den schlesischen Evangelischen hatte er Sicherheit verschafft, die Regierung des Landes aber wollte er nicht in ihre Hände legen. In allen seinen Gebieten hat er im Anfange seiner Regierung viele Kirchen bauen lassen. Den beiden protestantischen Parteien der Lutherischen und der Reformierten ließ er gleichmäßigen Schutz angedeihen; denn ihr Hader hätte Beunruhigungen veranlassen können, und für die einander schroff gegenüberstehenden Meinungen hatte er überhaupt keinen Sinn. Von gesundem Urteil zeugt der Rat, den er den Geistlichen gab: die Welt zu nehmen, wie sie ist, übrigens aber die heilige Schrift zu studieren. Obwohl er sich hütete, in die innere Verfassung der Landeskirche einzugreifen, so gab doch die allgemeine Tendenz, die er verfolgte, seiner Regierung in geistlicher Beziehung einen andern Charakter, als die seiner Vorgänger gehabt hatte. Er brauchte nicht mehr die Reformierten gegen die in den Provinzen herrschende Übermacht der Lutheraner in Schutz zu nehmen, wie etwa der Große Kurfürst; noch auch die konfessionellen Institute zu verstärken, wie seine älteren Vorgänger, um einer katholischen Propaganda entgegenzutreten. Dem entsprach es nun, wenn Friedrich II. in sich selbst von allen religiösen Überlieferungen abstrahierte. Er schloß sich den Anschauungen der Philosophen des Jahrhunderts an, ohne ihnen in die neuen Systeme zu folgen, mit denen sie nach und nach zum Vorschein kamen. Voltaire mit seiner Opposition gegen die positiven Kirchenlehren, die aber nicht über den Deismus hinausging, war nicht allein sein Freund, oft sein Gesellschafter, sondern selbst sein Verbündeter. Wenn er die »Akademie der Wissenschaften« erneuerte oder erst recht begründete, so übten die religiösen oder vielleicht der positiven Religion entgegengesetzten Gesinnungen Friedrichs auf ihre Zusammensetzung keinen Einfluß aus. Der Präsident der Gesellschaft, Maupertuis, war von religiöser Gesinnung und ging in die Messe. Die bedeutendsten wissenschaftlichen Arbeiten wurden von deutschen Gelehrten abgefaßt und nur darum ins Französische übersetzt, um allgemein bekannt zu werden. Denn die französische Sprache war die allgemeine des gebildeten Europa; Friedrich selbst bediente sich ihrer bei seinen Produktionen. Die Akademie, der er mehrere seiner Arbeiten zuerst vorlesen ließ, bildete gewissermaßen sein erstes Publikum. Die Anwesenheit Voltaires in Potsdam hat eine literaturgeschichtliche Bedeutung durch zwei Werke, die in der Zeit des vertrauten Uniganges des Königs und des größten Literaten des Jahrhunderts entstanden sind: Voltaires Siècle de Louis XIV., vorlängst entworfen, in Potsdam vollendet, in einer Atmosphäre jedoch, die keine rein französische war, und der erste Entwurf einer Darstellung der letzten Kriegsereignisse durch Friedrich selbst, der sich ebenfalls mehr in europäischen, als lokalen Anschauungen bewegt. Von Friedrichs poetischen Werken vielleicht das beste, das Lehrgedicht über die Kriegskunst, datiert aus derselben Epoche; es wurde von Voltaire stylistisch durchgesehen; die Arbeit ist auch kriegswissenschaftlich bedeutend; sie beruht auf den Prinzipien über den Krieg, die der König als das Resultat seiner Erfahrungen damals überhaupt theoretisch zusammenfaßte.