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Achtzehntes Kapitel.
Heimanns Leben 4.

War der Sieg schwer zu erringen gewesen, so war die Verfolgung desselben nicht leicht und dringend geboten.

Recha und ihre Mutter nützten denn auch ihren Vorteil trefflich aus und betrieben die Vorbereitungen zur Verlobung und Trauung mit rastloser Energie, aber auch mit großer Klugheit und in aller Stille. Rechas Vater, das Fruchtlose ferneren Widerstandes einsehen, wollte wenigstens Heimanns Religionswechsel durch vorzeitige Verlautbarung nicht gefährden, und Recha, schon längst von Eifersucht gegen einige Verehrerinnen Heimanns beunruhigt, wollte ihren Sieg erst bekannt werden lassen, wenn er nicht mehr gefährdet werden konnte.

Mit der sorgfältigen Bewahrung des Geheimnisses war auch Heimann und insbesondere dessen Chef, der junge Bankier, einverstanden.

Der Letztere, von Heimann pflichtschuldigst ins Vertrauen gezogen, war von der Neuigkeit, die er anfangs als wohlersonnenen Scherz ansah, in mehr als einer Hinsicht unangenehm berührt. Die Frage des Religionswechsels hatte in seinem Hause schon mehr als billig von sich reden gemacht, und es war bei der Stellung und bei den Beziehungen Heimanns zu ihm vorauszusehen, dass der Übertritt zum Judentume das größte Aufsehen verursachen und die unerquicklichsten Glossen veranlassen werde. – Ritter von ** war – wie man medisierte – zum Christentume übergetreten, um den Adelstitel früher zu erwerben, und nun tritt der Freund und Vertraute des jungen Chefs zum Judentum über, um die reiche Judenbraut heimzuführen! Welch' ein Anlass zu den unbequemsten, wohlfeilsten Anspielungen! Des jungen Bankiers Unruhe wuchs mit der Überzeugung, dass an der Tatsache nichts mehr geändert werden könne; er förderte daher vor allem die Bewahrung des Geheimnisses und sann auf Mittel, wie später, wenn der Religionswechsel nicht mehr zu verbergen war, dem unbequemen Aufsehen tunlichst vorgebeugt werden könnte.

Ritter von ** suchte Heimann zu bereden, nur konfessionslos zu werden, und machte rastlose Anstrengungen, auch Rechas Mutter für diesen Ausweg zu gewinnen. Auch Heimann war sofort geneigt, durch diesen Schritt seinem eigenen Unbehagen und den Widersprüchen seines Innern entgegenzuarbeiten; allein Rechas Mutter trat diesem Ansinnen mit großer Entschiedenheit entgegen; denn es widersprach ihren religiösen Ansichten durchaus, und sie bemerkte warnend, dass ihrem Manne nur ein Vorwand gegeben würde, sein Wort zurückzunehmen. »Heimann wird Jude«, sagte sie; »er gewährt uns einige Revanche gegen die gewalttätigen Bekehrungen unserer Zeit – oder ich selbst erkläre die Verbindung meiner Tochter mit Heimann für unmöglich!«

Einem solchen Widerstande war der junge Bankier nicht gewachsen, und so suchte er nur durchzusetzen, dass Religionswechsel und Trauung rasch nacheinander vor einem kleinen Kreise von Verwandten und Freunden vollzogen werden und das neuvermählte Paar dann eine längere Hochzeitsreise antreten sollte; während seiner Abwesenheit hatte die öffentliche Meinung Zeit, sich mit der vollzogenen Tatsache abzufinden.

Ritter von ** selbst beschloss, gleichzeitig eine »Geschäftsreise« anzutreten, und Rechas Eltern sollten, da die Zeit der Sommerfrischen herannahte, sich nach einem entfernten Kurorte, von dem ohnehin schon die Rede gewesen, etwas früher begeben.

Dieser Vorschlag wurde allseitig angenommen, und so war an dem Tag nach der Hochzeit das neuvermählte Paar auf dem Wege nach Florenz und Neapel, der junge Bankier »in Geschäften eines großen Anlehens« auf der Reise nach Paris, und Rechas Eltern fuhren den Gesundheitsquellen zu, welche ihrem gemeinsamen Leberleiden Linderung und Hilfe bringen sollten; hinter ihnen, in der Hauptstadt, aber trieb das Aufsehen über den Religionswechsel und über die Eroberung der »Millionenbraut« hochgehende Wogen, die sogar in die Spalten der öffentlichen Blätter übertraten und in verschiedenen Glaubens- und Partei-Organen die unerquicklichsten Kontroversen hervorriefen, bis die Zeit auch hier mildernd und beschwichtigend ins Mittel trat und die Rückkehr der Vielgenannten namentlich den in den Gesellschaftskreis des Bankiers gehörenden Personen Vorsicht und Zurückhaltung, endlich Schweigen auferlegte …

Was Heimann anbelangt, so kehrte er außerordentlich gestärkt und in ausgezeichneter Stimmung zurück.

Die weite interessante Reise, mit den einem reichen Manne zu Gebote stehenden Bequemlichkeiten zurückgelegt, hatte ihn wohltuend zerstreut, Unbehagen und Skrupel aus seinem leichten Sinn vertrieben und seinen Humor nicht nur wieder belebt, sondern noch erhöht. Mit Hilfe derselben und einer fast aufdringlichen Liebenswürdigkeit entwaffnete er Freunde und Bekannte, bevor es zu irgendwelchen Bemerkungen kam, durch ein anziehendes offenes Haus, eine glänzende Gastfreundschaft machte er sich bald zahlreiche Freunde, und da er sonst bescheiden blieb, viele Wohltaten erwies – bei allen öffentlichen Sammlungen mit namhaften Beiträgen erschien, die Kunst durch Ankauf würdiger Werke unterstützte, seine Verbindungen mit den öffentlichen Blättern warm hielt und nun in seinem eigenen Haustheater für die trefflichste Unterhaltung sorgte, hatte er bald rings um sich Frieden geschaffen und genoss in den Tag hinein, unter sorgfältiger Wahrung und Vermehrung des großen Familien-Vermögens, das Leben in vollen Zügen.


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