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Richard Wagner an den Musikverleger Herrn Franz Schott in Mainz

20. Oktober 1862.

Sie irren sich, mein bester Herr Schott! Sie irren sich sehr in der Weise, wie ein Mensch meiner Art zu behandeln sei. Durch Hunger kann man viel erzwingen, aber nicht Arbeiten höherer Art. Oder glauben Sie, wenn mich des Nachts die Sorgen nicht schlafen ließen, werde ich Tags Heiterkeit und gute Einfälle für meine Arbeit haben? Die ›Meistersinger‹ waren jetzt der Vollendung unmittelbar nahe, wenn Sie, seit ich mich dazu niederließ, die gehörige Sorge für mich getragen hätten. Sie hatten genug getan – und erkenne ich dies stets an! – mich zur Unternehmung einer solchen Arbeit in Stand zu setzen, nun mußten Sie auch weiter gehn und – da es nötig war und nicht anders ging – mich auch guter Laune dabei erhalten. Kostete es Opfer, so waren die hier oder nirgends angewandt, während Sparsamkeit oder Ängstlichkeit alles lähmte. Seit Ende August – nun bald zwei Monate – lassen Sie mich geradezu in der Lage eines Ertrinkenden. Endlich erklären Sie sich doch zu einiger Hilfe bereit: wiederum gewinnen Sie es nun schon 14 Tage lang über sich, mich schmachten zu lassen!

Nun, auch Sie beklagen sich über fehlende Ruhe: ob Sie zu Ihrer Ruhe dazu beitragen, daß Sie die meinige mir unmöglich machen, müßte ich Ihnen schon gönnen, kann es aber kaum denken.

Gut denn! Sie werden wissen, wie Sie nach Ihrer Art zu handeln haben: ich bin und bleibe meiner Verpflichtungen eingedenk, wünsche jedoch, Ihnen meine Schulden statt in Manuskripten in barem Gelds abtragen zu können – was Ihnen am Ende auch angenehm sein würde? Das Mögliche wird geschehn, und können Qualen zum Guten führen, so wird ja auch meinerseits wohl etwas Gutes herauskommen, denn gequält bin ich.

Diesen Erguß einer schlaflosen Nacht glaubte ich nach den ewigen Gesetzen der Gerechtigkeit, Ihnen nicht ersparen zu dürfen.

Ergebenst der Ihrige
Richard Wagner.


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