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Einführungsartikel in der ersten Nummer des Armen Teufel
Als die Nachricht vom Tode Ludwig Feuerbachs in Amerika bekannt wurde, meinte ein in New York wohnender ehemaliger Studiengenosse des Philosophen: »Es ist eigentlich schade um ihn, daß er's nicht weiter gebracht hat, aber er war sein Lebtag ein armer Teufel.«
Als Frau Barbara Schiller, ehemalige Jungfer Kodweis, zu Marbach im Schwabenland einem Söhnlein das Leben schenkte, das nachmalen in der Taufe Friedrich benamset wurde, bemerkte der Großonkel der Frau Schiller, ein wohlhabender Bäckermeister, dem man beim Abendschoppen die Nachricht überbrachte: »Wieder ein armer Teufel mehr in der Welt!«
Lessing war gestorben, und selbst am Hofe seines »Arbeitgebers«, des Herzogs von Braunschweig, wurde die leichtsinnige Gesellschaft einigermaßen ernüchtert durch den Untergang dieses Sternes erster Größe. Eine der französischen Favoritinnen des Herzogs, welche sich nach der Ursache der vielen ernsten Gesichter erkundigt hatte, brach in die charakteristischen Worte aus: »Mon dieu, tant de bruit pour un pauvre diable!«
Ein amerikanischer Professor hatte in seinem Vortrag den Schülern das Leben Faradays als eine nachahmenswerte sittliche Tat vorgestellt und ihnen an dem Beispiel dieses Gelehrten gezeigt, wie man arm geboren und arm sterben und doch als Wohltäter der Menschheit verehrt werden kann. »Pshaw«, meinte nachher einer der hoffnungsvollen »Studenten«, »he was nothing but a poor devil after all.«
Doch genug der illustren Beispiele. Dieser arme Teufel, der als neuestes Produkt der deutsch-amerikanischen Journalistik an all die Männer und Frauen appelliert, welche noch Freude an einem offenen, ehrlichen Wort haben, hat weder die Fähigkeit, noch den Ehrgeiz, zu jenen erhabenen Geistern gezählt zu werden. Wir dachten vielmehr, als wir für unsre Zeitung diesen Namen wählten, an eine merkwürdige Figur, die gelegentlich einmal in unseren Gesichtskreis trat. Es war ein Mann, der die Achtzig überschritten hatte, und der in seinem langen Leben nur einmal Heimat und Eigentum kennen gelernt hatte. Das war vor langer, langer Zeit, als er, ein eingewanderter Norweger, in der Schweiz sich ein kleines Geschäftchen gegründet hatte und ein liebendes Weib sein eigen nannte. Sein Weib starb im ersten Jahre des Glücks und mit ihr sein Interesse an allem, was sonst die Menschen ihr Teuerstes nennen. Er wurde zum ruhelosen Wanderer; aber, merkwürdig, wo immer die Standarten der Freiheit erhoben wurden, da hat ihn auch sein Schritt hingeführt. Er stritt mit den Schweizer Eidgenossen gegen den pfäffischen Sonderbund, er träumte als Freischärler den achtundvierziger Traum in Baden mit, er kämpfte auf den Pariser Barrikaden, er durchzog als einer der ersten Pioniere den amerikanischen Kontinent vom atlantischen bis zum stillen Ozean, er blutete in den Schlachten des Unionskrieges; und seit der Zeit bringt er die Winter in einer Soldatenheimat zu, während er im Sommer nach alter Gewohnheit von Ort zu Ort wandert. Seine wenigen Bedürfnisse deckt er entweder durch zeitweilige Arbeit als Schriftsetzer oder aber durch die freiwilligen Gaben, welche ihm gute Menschen darbieten. Dieser Mann hat seit langen Jahren nicht mehr in einem Bett geschlafen, »aber«, erzählte er mir, »wenn ich so des Nachts an irgend einer Landstraße liege, unter irgend einem Baum, und ich sehe die Sterne blinken und höre die Winde sausen, so kommt es mir vor, als ob ich der glücklichste Mensch sei, ich fühle mich als einen Teil dieser großen unendlichen Welt, und von jenen Sorgen, wie sie die anderen Menschen plagen, kann ich mir kaum mehr einen Begriff machen.«
Das ist gewiß ein armer Teufel! und wenn wir bei der Taufe unsrer Zeitung an ihn dachten, so war es, weil er zwei Eigenschaften gewissermaßen verkörpert, die einem echten armen Teufel nicht fehlen dürfen, nämlich erstlich die vollständige Unabhängigkeit von allen Verhältnissen, welche die Urteilskraft beeinflussen können, und zweitens die idealistische, tatkräftige Liebe zur Freiheit.
In manchen andern Beziehungen wird unser armer Teufel dem von uns geschilderten nicht nacheifern, wenigstens nicht vor seinem achtzigsten Jahre: wir werden zwar im Geist und in Druckerschwärze das weite Land bereisen, aber wir werden uns in dieser guten Stadt Detroit so fest als möglich einnisten und unser Bett so warm machen, wie es ein armer Teufel verdient. Wir appellieren auch nicht an das Mitleid und an den Wohltätigkeitssinn der Menschen, sondern wir beanspruchen nur für unsre geistige Arbeit den entsprechenden Lohn. »Geld machen« zu wollen liegt uns fern. Wann wäre das einem armen Teufel eingefallen? Wirft ihm das Schicksal unerwarteten Reichtum in den Schoß, so nimmt er ihn dankbar entgegen und teilt ihn mit seinem Nebenmenschen, darnach zu streben hat er keine Zeit. Wie? Keine Zeit? Was hat denn so ein armer Teufel zu tun? O, werte Leser und Leserinnen, viel, unendlich viel! Er muß all die Erhabenheit und Schönheit, die uns in der weiten Natur und in den Werken der Menschen sich darbieten, in seinem Herzen erfassen und, wie Klopstock sagt, noch einmal denken; er muß die ganze Weltgeschichte noch einmal mit durchleben.
Das ahnst du freilich nicht, reicher Mann, wenn du über die Sorgen klagst, welche dir die Flauheit des Geldmarkts verursacht, daß der arme Teufel vielleicht am selben Tage die Verzweiflung eines Ahasver beim Untergang der heiligen Stadt Jerusalem teilen oder die Verzweiflungskämpfe der letzten Goten in Italien mit durchfechten muß. Und wie viele Mächte streiten sich erst in der Gegenwart um das Herz des armen Teufels! Da lacht der Frühlingssonnenschein, da lockt des Sommers schläfernder Duft, da blinken goldig des Herbstes Früchte, da winkt im Becher sokratische Weisheit, ach, und die schönen Augen – daß auch noch die von Urzeiten her immer den armen Teufel als erstes Opfer sich erkiesen mußten! Ja, wann sollte er da Zeit finden nach Gütern zu streben, welche die Motten und der Rost fressen? Und doch hat für eins seine Seele noch Raum übrig, ja dieses Eine läßt ihn manchmal alles Andere vergessen, das ist das Mitgefühl mit den Armen und Elenden.
Der arme Teufel erträgt es lächelnd, daß man ihn am höchsten besteuert, daß jeder schuftige Narr sich damit rühmt, ihn übervorteilt zu haben, ja er läßt sogar achselzuckend das heuchlerische Mitleid über sich ergehen, womit die sogenannten Wohlwollenden ihn beglücken zu müssen glauben; aber sein Herz ergrimmt, wenn er zusehen muß, wie unverschämte Ignoranz im Gewande der Weisheit stolziert, wie die schmarotzende Bosheit dem Stamm der Einfalt, der sie trägt, die Lebenskraft aus den Adern saugt, wie man der Lüge zujauchzt, je ungeschminkter sie auftritt, und wie man an der Wahrheit so lange herummaskiert, bis sie von der Lüge nicht mehr zu unterscheiden ist. Wenn aber einem armen Teufel einmal das Herz ergrimmt, was hat er zu fürchten? Sein Vaterland ist die Welt, seine Religion heißt: tue was dir recht dünkt und scheue Niemand, nicht einmal den Gottespopanz, den man für große Kinder zurechtgeschnitzt hat, seine Partei wird nie einen Beuteanteil beanspruchen, seine Einkünfte können nicht beschnitten werden, und was alle bändigt – das Gemeine nennt es Goethe, die öffentliche Meinung nennt man's heutzutage – liegt für ihn »tief im wesenlosen Scheine«. Er begnügt sich also nicht damit, die Faust im Sack zu machen, er spricht und zwar recht laut, und sobald es Taten gilt, steht er in der ersten Reihe. Luther, der fett gewordene Fürstenknecht, hatte nur Schmähreden für die armen deutschen Bauern, aber Ulrich von Hütten, der Landfahrende, appellierte für sie an Kaiser und Reich, und der arme Ritter Florian Geyer starb für sie den Heldentod.
In dem Programm, das in unsrer ersten Nummer erschien, haben wir einige Männer namhaft gemacht, welche, trotzdem sie wahrhafte Wohltäter der Menschheit waren, doch ihr Lebtag arme Teufel bleiben. Der Ärmste aller Armen aber, in dessen Namen die ganze Welt in zwei Heerlager sich geteilt hat, den stellen wir heute, mit Erlaubnis unserer gläubigen Mitmenschen, unsern Lesern als unseren besonderen Protektor vor. Dieser arme Teufel heißt: Jesus, Sohn des Zimmermanns von Nazareth.
Ecce homo! Welch eine Menschengestalt, wenn wir sie der sagenhaften Zutaten entkleiden! Er stammte aus dem verachtetsten Winkel Palästinas – »was kann von Nazareth Gutes kommen?« – er war weder ein Priester, noch ein Krieger, noch ein Handwerker, er war im vollen Sinne des Wortes ein erwerbloser Proletarier, er hatte nicht, wo er sein Haupt hinlegen konnte, und doch erzitterten vor ihm die Hohepriester Gottes und Roms stolzer Statthalterkönig, und doch sank vor ihm in den Staub Jerusalems Tempelpracht.
Dieser Jesus begnügte sich nicht damit, im allgemeinen Reden, die Heuchelei zu verdammen, nein, er trat mitten unter die hochkirchlichen Pharisäer und die blasierten Sadduzäer: »Ihr Otterngezücht, wisset ihr nicht, daß die Axt dem Baum schon an die Wurzel gelegt ist?«
Er erging sich nicht in allgemeinen Betrachtungen über das Wechselrecht, er ging selber in die Vorhalle des Tempels und stieß die Tische der Wechsler und Wucherer um.
Er begnügte sich nicht damit, den Armen und Elenden die Erlösung zu prophezeien, er setzte sich selber nieder mit Zöllnern und Sündern zum gemeinsamen Mahle; er pries vor den Ohren des reichen Frömmlers das Scherflein der armen Witwe, und sagte den Kapitalisten ins Gesicht: Ein reicher Mann kann nicht selig werden.
Als die Ehebrecherin vor ihn gebracht wurde, hielt er nicht eine Rede über die unverzeihliche Sünde, die jene begangen, sondern er sprach zu den Anklägern: Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie! Und als die Ankläger beschämt hinweggegangen waren, sprach er zu dem Weibe: Hat dich Niemand verdammt? So verdamme ich dich auch nicht.
Dieser Jesus, der selber ein armer Teufel war, soll uns ein Vorbild sein! Gleich ihm, wollen wir der Heuchelei und der Ungerechtigkeit auf den Leib rücken, wo wir sie zu fassen kriegen. Andere Zeitungen mögen sich's zur Aufgabe machen, die allgemeinen Grundsätze der neuen Weltanschauung zu predigen, wir wollen den praktischen Konsequenzen das Wort reden und Alles, was um uns her verlogen und versklavt ist, schonungslos an den Pranger stellen. Nomina sunt odiosa, es ist nicht gut, Namen zu nennen, das ist auch so ein Sprichwort, hinter dem so oft Feigheit und Ignoranz sich verstecken. Wir werden im Gegenteil so viel als möglich Namen nennen. Hört Ihr die Geißel sausen, Ihr Pharisäer und Sadduzäer?
Poor Devil!
Charles Lamb, der bekannte englische Humorist, reiste einst im Postwagen von London nach irgend einem Landaufenthalt. Es befanden sich vier Personen im Wagen: ein Geistlicher, ein Bauer, eine obrigkeitlich aussehende Person und eine dicke Frau. Lamb, welcher kaum dreimal in seinem Leben aus London herauskam, bewunderte im Stillen alles das, was den Mitfahrenden selbstverständlich erschien, »den grünen Baum, die junge Saat, die Welt in ihrem Frühjahrsstaat«, er schenkte einem Jungen, der ihm drei Äpfel für einen Penny verkaufen wollte, einen Schilling, und nahm nur einen Apfel, weil er sonst den Jungen zu beleidigen glaubte, er schrieb ein paar Verse in sein Taschenbuch über ein junges Dienstmädchen, das zwar sehr häßlich war, aber das die Kutsche von fern durch Winken mit dem Taschentuch gegrüßt hatte, kurz er betrug sich so närrisch, wie das nur einem Menschenkind passieren kann, das sich freut, wenn es einmal losgelassen ist. Da bemerkte er plötzlich, daß die Augen der sämtlichen Mitreisenden mit stummer Frage sich auf ihn richteten, und die dadurch auf seinem Gesicht sich ausprägende Verlegenheit benützend, fragte der Bauer, wie die Viehpreise jetzt in London stünden. Lamb mußte zugestehen, daß er sich nie darum gekümmert habe. »Natürlich«, meinte der Geistliche, »das liegt nicht in Ihrer Sphäre, Sie werden mir schon eher mitteilen können, in wie weit bei der letzten Konferenz der anglikanischen Bischöfe Zugeständnisse an die liberale Richtung gemacht wurden? Nein? Haben Sie die letzte Rede von Lord N.N. gelesen? Auch nicht? Wissen Sie etwas von der Bodenkultur und vom Eingangszoll? Wissen Sie, daß wir beabsichtigen, ein neues Schulsystem einzuführen, haben Sie dasselbe gründlich studiert? Sagen Sie mal, wo stammt eigentlich Ihr Vater her?« – Der arme Lamb, der schon längst die verschiedenen »Nein«, mit welchen er alle diese gründlichen Fragen beantworten mußte, mit schweren Schweißtropfen übergossen hatte, wußte auch auf diese letzte Frage nur ein schüchternes: »ich glaube in Essex County.« »Ach so, Sie glauben!« sagte der Geistliche mit einem vernichtenden Blicke und lehnte sich, nachdem er dergestalt seine geistige Tiefe und die Unwissenheit des Fremdlings dokumentiert hatte, mit dem Bewußtsein eines Mannes, welcher der Welt einen Dienst getan hat, in seine Wagenecke zurück. Der wie ein Beamter Aussehende meinte zu seiner dicken Nachbarin: »Das scheint mir ein verdächtiges Subjekt zu sein.« »Keine Idee«, antwortete diese, »das ist nur ein unwissender armer Teufel!«
Genau so ergeht es uns in dem bescheidenen Omnibus der Öffentlichkeit, den wir bestiegen haben. Unsre Leser haben gar keine Idee davon, auf wie viele Fragen und Anforderungen wir im Bewußtsein unsrer Unwissenheit und Inkompetenz zerknirscht schweigen müssen.
»Der Kerl hat kein festes Programm«, sagt der Sozialist, »und außerdem versteht er von der wirtschaftlichen Frage absolut nischt.« – »Hat die Idee des demokratischen Staates, wie sie Heinzen so klar dargelegt hat, nie erfaßt«, sagt der Radikale. »Schade«, hören wir im Geiste Frau Klara Neymann bemerken, »er hat kein System und die Frauenrechtsfrage kann nur systematisch gelöst werden.« – »Wo bleiben die praktischen Vorschläge zur Schöpfung eines besseren gesellschaftlichen Zustandes?« fragt Freund Zaisser in New York, und aus derselben Stadt donnerts von der internationalen Bierhöhle Justus Schwabs: »Hat zwar revolutionäre Anlagen, ist aber kein Anarchist!« Boppe vom »Freidenker« bezweifelt hartnäckig unsern »sittlichen Ernst«, und Herr Doktor Fritsch von Evansville bedauert gar sehr, daß wir dem leider unter Deutschen schon zu sehr verbreiteten Laster der Trunkenboldhaftigkeit und Bummelei Vorschub leisten (siehe Weihnachtsphantasien mit zwei (!) Flaschen Wein).
O heiliger Bacchus nebst den zwölf Aposteln, wo mag der Mann zu Hause sein!
Armer Teufel! es wäre zum Verzweifeln, wenn du nicht wüßtest, daß es doch noch Menschen gibt, die sich über das Zwitschern eines Vogels freuen können, ohne gleich traurig zu werden, wenn sie besagten Vogel nicht in eine bestimmte Klasse Federvieh einreihen können.
Ist es denn der Mühe wert, dem Bauern zu beweisen, daß er trotz aller Viehkenntnis doch keinen Begriff hat von Viehzucht? Dem Gelehrten, daß er's höchstens soweit bringen kann, nichts zu wissen? Dem schuftigen Spion, daß man's ehrlich meint? Der dicken Frau, daß eine dicke Frau von rechtswegen auch eine gute Frau sein sollte?
Nein! Aber es ist der Mühe wert, es macht Vergnügen, uns und andern, weil es gut ist, die Feigheit, die Dummheit und die Frechheit, wo dieselben immer erscheinen mögen, in ihren Farben zu malen.
Ist es der Mühe wert, den Leuten, welche glauben, die Sonne ginge um die Erde, klar zu machen, daß die Sache sich umgekehrt verhält, da doch in ihrem Schädel nach wie vor die alte Nacht herrschen wird?
Ist es der Mühe wert für einen armen Teufel, der selber ganz unverantwortlich unsystematisch ist, sich über ein Zukunfts-Welt-System den Kopf zu zerbrechen, das unsre Nachkommen verlachen werden?
Nein, aber es ist der Mühe wert, und es liegt System darin, die Wahrheit zu sagen!
Auch ein armer Teufel war Tillier, der revolutionäre Pamphletist unter der Regierung Louis Philippes. Ich werde vielfach angegriffen in Bezug auf die Kampfweise, die ich verfolge, und namentlich wird es mir vielfach übel genommen, daß ich zu »persönlich« bin. Folgende Stellen aus einem Werke des genannten Freiheitskämpfers sind mir aus der Seele geschrieben.
»Den Namen Pamphletist, den ihr mir wie einen Schimpf nachwerft, den heb ich auf und trag ihn als Ehrentitel. Den Menschen die Wahrheit sagen, das ist, all eurem Gerede zum Trotz, ein edles Handwerk. Was kümmerts mich, wenn ein paar alte Grillen und zwei oder drei Hornkäfer, die kein Gebiß mehr haben, mich zornmütig ansummen in ihrem kleinen Grimm; ich bin mir bewußt, einen guten Gebrauch von dem bißchen Verstand gemacht zu haben, das Gott mir zuteilte. Ich bin lieber mit mir selber in Frieden als mit andern, und meine Achtung ist mir mehr wert, als die eines Trupps Maulaffen, welche mich weder kennen noch verstehen. Was haben sie mir als Schriftsteller vorzuwerfen? Ich nahm stets Partei für den Schwachen gegen den Starken; ich wohnte stets unter den zerrissenen Zelten der Besiegten und schlief an ihrem harten Biwak. Freilich habe ich einige allzu pomphafte Beiwörter gestrichen, welche gewisse Namen sich zugelegt hatten; auch habe ich da oder dort einer aufgeblasenen Eigenliebe ihre Blase verknallt. Aber die Leute, die ich so behandelte, standen auf Seiten des Feindes, und ich hatte das Recht, ihre Wichtigkeit zu beschnipfeln. Ich habe das Kriegsrecht nicht überschritten gegen sie; und wenn sie sich über mich beklagen, so ist dies gerade wie wenn ein alter Reichssoldat sich beklagen wollte, er sei bei Austerlitz von einem Franzosen verwundet worden. Nennt das Persönlichkeiten – meinethalben; hat doch jeder seine Art, Krieg zu führen; die andern schießen in halber Mannshöhe auf die Massen; ich aber wähle meinen Mann und nehme ihn aufs Korn. Wenn zufällig ein Federbusch an meiner Tür vorübergeht, dem gebe ich immer den Vorzug.
Mein Name verliert sich unter den vielen, welche die große Stadt täglich in ihrem weiten Munde wälzt; aber dennoch bilde ich mir ein, meine Feder sei nicht unnütz.«