Fritz Reuter
Läuschen un Rimels, 1. Folge
Fritz Reuter

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39. De goldne Hiring

                    Ick will jug mal vertellen wat;
Hürt, mine Herrn un Damen!
In Meckelnborg, dor liggt 'ne Stadt,
Un Lübs heit sei mit Namen;
Dat is en lüttes, narsches Nest
Un is all ümmerher so west,
So lang ick kann man denken.

Dor wohnten mal twei Gastwirts drin,
Ein hadd 'ne gall'ge Lewer,
De anner hadd en sturren Sinn
Un wahnt em gegenäwer;
Un wenn dat einer weiten will,
De ein heit Büll, de anner Müll,
Un lewten beid in Findschaft.

Sei gnatzten sick, sei kiwten sick,
As süll't den Kragen gellen,
De Schimpwürd flogen hageldick;
Un't blew nich blot bi't Schellen,
Sei stegen beid sick up dat Dack
Un deden sick taum Schawernack,
Wat sei man jichtens künnen.

Wenn Büll en Abendbrod mal gew,
Üm wat tau profentieren,
Denn ret Herr Müll ein glik en Schäw,
Let ok ein utrüstieren;
Un gew Herr Müll denn mal en Ball,
Denn danzten s' bi Herr Büllen all
Un fläut'ten un trumpet'ten.

De Wiwer kemen ok mit mang;
Dunn gaww't irst en Spektakel,
Dunn gaww dat irst en Strit un Zank,
Sei schüll'n sick as dat Takel.
Un hadd Fru Müll'n en niges Kled,
Fru Büll'n sick ok ein maken let,
Dat müßt noch schöner wesen.

Ein jeder gaww sick vele Mäuh,
De Gäst an sick tau locken.
Doch dat blew allens einerlei,
En Hunnendanz up Socken:
Dat was nicks Dünn's, dat was nicks Dick's,
Herr Büll hadd nicks, Herr Müll hadd nicks,
Dat müggt de Düwel halen!

As eins sin Wirtshus leddig is,
Seggt Müll tau Madam Müllen:
»So geiht dat nich, dat is gewiß,
Wenn wi bestahen willen.
Dor föllt mi just en Infall in;
Giww mi mal Tint un Fedder swinn!«
Un hei fängt an tau schriwen:

»Ich infentier die Herren heut,
Mich gütigst zu besuchen.
Zu ungeheurer Heiterkeit
Gibt's Braten und auch Kuchen,
Und endlich mach' ich noch bekannt,
Mir ward ein Fäßchen zugesandt
Voll holländischer Hering'.

In einen von den Heringen
Tät ich ein Goldstück stecken;
Wir essen alle, bis man den
Gespickten wird entdecken.
Und so hab ich es eingericht't,
Daß, wer von Sie den Hering kriggt,
Der kriggt auch den Dukaten.

Gewisse Leute möchten gern
Die Nahrung mir berauben;
Drum werden wohl die edlen Herrn
Noch gütigst mir erlauben,
Sie zu bemerken: ich heiß Müll,
Der gegenüber, der heißt Büll,
Und Müll ist's, der dies schreibet.«

Tau Madam Müllen seggt hei nu:
»Dit is wat för de Naren.
Du sallst mal seihen, leiwe Fru,
Wo sei drup drinken warden.
Wenn du drup regardiert man best,
So'n Hiring giwwt gefährlich Döst,
Hei brennt as't helle Füer.«

Den Abend is dat Hiringsfest;
De Lübser Herren kamen;
Un as Herr Müllen sine Gäst
Nu alle sünd tausamen,
Dunn ward dat Fatt herinner set't,
Un jeder von de Lübser frett
Nu in den solten Hiring.

Halw was all leddig fast de Tunn,
Dat hal denn doch de Däuker!,
Un keiner noch den rechten funn;
Ne, uns' Herr Müll was kläuker:
Hei hadd em unnen rinner packt.
Doch ok mit de Vertehrung hackt't,
Un keiner föddert Drinken.

»Dit is doch narsch! Dit weit ick nich,
Wo sei den Döst mit stillen.
De Kirls, de freten fürchterlich«,
Seggt Müll tau Madam Müllen,
»Ick meint, ick makt en gaud Geschäft;
Noch heww ick gor nicks Natt's verköfft,
Nich för en roden Dreiling.

Korline! Dit ward keine Mütz,
Hüt geiht woll kein koppheister,
Hüt giww't nich mal en lütten Spitz,
Denn sülwst de dick Burmeister,
De hett hüt abend keinen Döst,
Dor sitt hei blot en blöst un blöst
Un denkt nich an den Rodspon.«

»Je, wat dat narsch hüt abend is«,
Seggt tau ein Madam Müllen,
»Dat is, dat sei nich sitten wiß,
Dat sei nich täuwen willen:
Sei lopen rut, sei lopen rin
Un freten denn den Hiring swinn
Un lopen wedder rute.«

»Hurrah!« röppt einer von de Gäst,
»Hurrah! ick heww gewunnen.
Ji annern sid tau dämlich west.
Ick heww den rechten funnen!«
»Nut lat man sin, nu swig man still!
Nu ward'n s' woll drinken«, seggt Herr Müll,
»Nu sallst du't blot mal seihen.«

Je, Essig was doch de Geschicht!
Je, Kuchen! seggt Herr Meier.
De Gäst, de drünken dennoch nich,
Vertehren nich en Dreier;
Un lang' hett dit ok gor nich durt,
Güng einer nah den annern furt.
»Gu'n Nacht ok, Madam Müllen!«

»Gottsdunnerwetter! Angeführt!
Bidd di üm Gottes willen,
Hest du din Lewsdag so wat hürt?«
Seggt Müll tau Madam Müllen,
»Hüt güng doch allens rein verdwas,
Sei drünken nich en einzigst Glas,
Un weg is min Dukaten.«

Dat was vörbi, doch durt nich lang',
As sei noch dräwer schüllen,
Dunn hürten sei Gesang un Klang
Heräwer von Herr Büllen:
»Komm her, Feinsliebchen, her zu mir!«
»So leben wir, so leben wir!«
Un wat s' noch wider sungen.

»Wat't dit?« seggt Müll, »wat is denn dit?
Wat sall denn dit woll heiten?
Kumm, Line, nah de Strat mal mit;
Dit möten wi doch weiten.«
Und as sei up de Strat nu sünd,
Dunn kümmt denn ok en gauden Fründ,
De deiht ehr dat verkloren.

Hei halt dat Wochenblatt herut,
Dor stunn denn dat ganz dütlich
(Herr Müll, de fohrt fast ut de Hut,
Dit würd em doch tau nüdlich),
Sin Nahwer Büll, de schrew dorin,
Bi em süll Punsch hüt abend sin.
So stunn dat in de Zeitung:

»Gewisse Leute haben heut
Zum Hering eingeladen.
Zu solcher großen Salzigkeit
Kann es gewiß nicht schaden,
Daß ich auf vieler Freunde Wunsch
Heut abend gebe einen Punsch,
Und wohl bekomm's die Herren!

Ich hab es also eingericht't,
Daß jeder von die Gäste
Das vierte Glas umsonst heut kriggt;
Denn bei dem Heringsfeste
Da stellt der Durst sich sicher ein,
Drum wird es sehr zweckmäßig sein,
Wenn ich denselben lösche.

Gewisse Leute meinen woll,
Sie seien klug beraten:
Doch heut in meinem Beutel soll
Noch klingen ihr Dukaten;
Und noch bemerk ich, ich heiß Büll,
Der Heringsspender, der heißt Müll.
Willkommen sein Dukaten!«

»Dor is't, dor heww'n wi de Pastet!«
Seggt Müll tau Madam Müllen,
»Dat ick mi so anführen let,
Un noch dortau von Büllen!
Wenn ick em krig, ick slag em krumm.
Ick Esel! Ach, wat was ick dumm!
Un du dortau, Fru Müllen!«


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