F. Gräfin zu Reventlow
Herrn Dames Aufzeichnungen
F. Gräfin zu Reventlow

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19. März

Maria hat Petersen und Hallwig aufgesucht. Über den Vorgang auf der kosmischen Wiese bewahren sie hartnäckiges Schweigen. Nur hat man ihr nahegelegt, daß sie jeden ferneren Verkehr mit dem Sonnenknaben zu meiden habe, sonst würde sie demselben Schicksal verfallen, denn unter den Trägern kosmischer Substanzen, die allein an allem Kommenden teilnehmen würden, müsse unbedingte Solidarität herrschen.

Maria ist ein Bild der inneren Zerrissenheit.

»Ich pfeife auf die Substanzen,« sagt sie gequält (und das ist die furchtbarste Lästerung, die man hier aussprechen kann), »aber einen Bruch mit Hallwig überlebe ich nicht.«

»Dann brich mit mir,« schlägt Konstantin wehmütig vor, und statt der Antwort fällt sie ihm um den Hals:

»Ach Unsinn, wie sollten wir das wohl machen? Aber was soll jetzt aus dir werden?«

»Vorläufig können wir ihn hier noch verstecken,« meint Susanna, »nur auf die Länge wird es schwerlich gehen.«

Marias Zorn wendet sich jetzt gegen die Freundin; sie wirft ihr vor, daß sie nur ihren Panther behalten wolle, auch wenn er seinen Blutdurst an ihren besten Freunden zu stillen suchte. Susanna gibt das zu, hält es aber für berechtigt, weil sie ihn liebte, – Maria wolle doch auch weder von Konstantin noch von Hallwig lassen. Kurz, es ist kein Ausweg zu finden, wer wen aufgeben soll, und was überhaupt dadurch erreicht würde.

 

Trotzdem wir alle geschwiegen haben, ist der Sturz des Sonnenknaben und der nächtliche Überfall schon in ganz Wahnmoching bekannt und hat allgemeine Beunruhigung hervorgerufen. Unwillkürlich drängt sich wohl allen die Frage auf, ob nicht noch weitere unvorhergesehene Geschehnisse eintreten, weitere Opfer gefordert werden können, – und ob es dann immer so glücklich abläuft wie in diesem Fall.

 

23. ...

War es Vorahnung, daß ich diese Worte hier niederschrieb, oder beginnt schon unsere erregte Phantasie ihr Spiel mit uns zu treiben? Schon eine ganze Weile hat keiner von uns den Philosophen gesehen, obgleich ich ihn in seiner Wohnung und im Café verschiedentlich aufzufinden suchte. Er pflegt sich auch sonst hier und da im Eckhaus sehen zu lassen.

Ich machte mir schon allerhand Gedanken darüber, – sollte er mich vermeiden, weil ich zu viel frage? Aber es war kaum anzunehmen, denn seine Langmut ist groß, und er hatte uns ja aus freiem Antrieb noch ein theoretisches Souper in Aussicht gestellt.

Da kam nun gestern Adrian ins Eckhaus und berichtete, der Philosoph sei allem Anschein nach wirklich verschwunden. Er hätte ihn vor zirka zehn Tagen, in ein langes Cape gehüllt, das er sonst niemals trägt, in der Richtung auf die Stadt zu gehen sehen – und Sendt ging ganz gegen seine Gewohnheit so rasch, daß man ihn unmöglich einholen konnte. Aber seitdem habe ihn niemand mehr erblickt.

»Wer weiß,« sagte Adrian achselzuckend, »wer weiß, ob da nicht schon magische Einwirkungen im Spiel sind; das lange Cape war gar zu auffallend, und der Philosoph ist ihnen immer etwas unbequem gewesen. Wir wissen ja doch alle nicht, wann es anfangen soll. Der Professor tut in letzter Zeit ganz besonders geheimnisvoll und will selbst die harmlosesten Fragen nicht mehr beantworten. Er ist öfters mit Hallwig zusammen – vielleicht können sie es schon – –« er brach ab und räusperte sich bedeutungsvoll, »übrigens, Monsieur Dame – es hat mich sehr gefreut, Sie kennen zu lernen, und ich hoffte, wir würden noch häufig zusammenkommen, aber so, wie die Sache liegt« – wieder machte er eine Pause und fuhr dann sehr lebhaft fort, »nein – ich habe eingesehen, daß Wahnmoching doch nicht der rechte Boden für mich ist – wahrscheinlich auch für Sie nicht und für niemanden, der noch irgendwelchen Wert auf seine Individualität legt. – Sie wissen doch, daß ich einen Band Gedichte herausgeben wollte – ja? – Nun, eben in diesem Gedichtband behandle ich verschiedene Dinge, von denen hier in unserem Vorort viel die Rede ist; jeder weiß von ihnen, alle sprechen darüber. Ich lese also neulich dem Professor daraus vor, zufällig ist auch jener Herr mit der Wikingersubstanz zugegen, der den armen Sonnenjungen – wie heißt er doch gleich?«

»Ich weiß es auch nicht – Sie meinen wohl den Panther?«

»Ja, richtig, eben, dieser Panther war dabei, sagte kein Wort und schien sogar Gefallen daran zu finden. Aber ein paar Tage später erfahre ich, daß man mich beschuldigt, schwerwiegende Geheimnisse profaniert zu haben. Was sagen Sie dazu?«

Ich fand es sehr bedauerlich.

»Bedauerlich? – ja, das ist das rechte Wort – glauben Sie mir nur, Monsieur Dame, es haben wohl wenige so schöne, ja verwegene Hoffnungen auf die Bewegung unseres Stadtteils gesetzt wie gerade ich. Mit Freuden wäre ich bereit gewesen, meine Persönlichkeit und mein Talent in ihren Dienst zu stellen, aber in meinem Schaffen, in meiner künstlerischen Individualität will ich unbehelligt bleiben und sie nicht derartigen Verdächtigungen preisgegeben sehen. – Zudem fühle ich gar keine Neigung, mich ebenfalls einem Renkontre auf der kosmischen Wiese auszusetzen.«

Er wollte dann noch Susanna Adieu sagen, und wir ließen sie rufen. Sie war sehr betroffen und äußerte ihr Bedauern.

»Ja, teure Susanna, wenn Sie es nicht besser verstehen, Ihre Raubtiere zu zähmen.«

»Glauben Sie, daß auch Sendts Verschwinden mit ihm zusammenhängt,« fragte sie schuldbewußt; es bedrückte sie sichtlich, daß hier schon wieder der Panther im Spiel war.

»Gott weiß, vielleicht war es nur sein abgeschiedener Geist, der, in ein Cape gehüllt, davoneilte, und seine Gebeine bleichen auf der kosmischen Wiese –«

Susanna lächelte ungläubig und sagte mit einem Seufzer:

»Ach, ich mag bald überhaupt nichts mehr davon hören, hoffentlich gibt es nun endlich wieder Ruhe.«

»Glauben Sie nur das nicht,« erwiderte Adrian leicht mysteriös, »es sollen selbst im inneren Kreise Mißhelligkeiten herrschen. Delius ist seit dem Fest sehr verstimmt – wegen der Lampengeschichte –«

»Lampengeschichte?«

»Aber ich bitte Sie – Sie waren doch selbst dabei, als der erste Umzug beginnen sollte, – Delius hatte eine kleine antike Lampe in der Hand.«

»Richtig, ja, und Frau Hofmann beschwor ihn, sie wegzustellen, weil sie tropfte – –«

»Das war eben nur ein Vorwand, der Cäsar sollte der einzige sein, der ein Licht trug. Jedenfalls faßte Delius es so auf; ich hörte selbst, wie er leidenschaftlich ausrief: ›Nein – nein, ich lasse sie mir nicht fortnehmen,‹ und auch nachher noch ganz empört zu einer Bacchantin äußerte: ›Denken Sie nur, die Lampe haben sie mir nehmen wollen – es scheint, daß in diesem Hause niemand außer dem Cäsar ein Licht tragen darf.‹ Wie ich Delius kenne, wird er das nicht sobald wieder vergessen – aber Gott sei Dank, mich berührt das alles jetzt nicht weiter, – ich gehe nach Berlin. Hoffentlich sehen wir uns dort bei Gelegenheit einmal wieder.«

Damit verabschiedete er sich und eilte froh einer neuen Zukunft entgegen. Wir aber blieben deprimiert zurück.

 

28. ...

Wir fühlen uns ungemütlich...

Kein Philosoph mehr, kein Adrian, kein Sonnenknabe, – denn auch der hat es vorgezogen, Wahnmoching vorläufig zu verlassen.

Und wir haben mancherlei peinliche Situationen zu überstehen. Der Panther hat eine förmliche Haussuchung abgehalten, da er Konstantin hier vermutete. Maria gab sich keine Mühe, ihren Unwillen zu verbergen, und hetzte die beiden männlichen Hausbewohner gegen ihn auf, so daß es vorher, nachher und währenddem zu sehr unangenehmen Erörterungen kam und Susanna einen schweren Stand hatte.

Am gleichen Tage besuchte uns Hofmann mit der Jadwiga, und eine halbe Stunde darauf stellte sich auch Delius ein. Dies Zusammentreffen war beiden Teilen anscheinend nicht willkommen. Die Polin ist sehr gesprächig, sie erzählte wieder viel aus ihrem früheren Leben, und Delius verfolgte alles, was sie sagte, mit der Aufmerksamkeit eines Detektivs. Wenigstens kam es uns so vor, und der Professor war äußerst nervös.

Willy versuchte manchmal eine scherzhafte Ablenkung und fragte unter anderem, ob sie wieder den schwarzen Hund im Traum gesehen habe.

»Ja, sehr oft,« antwortete sie ernsthaft, worauf Delius sich erkundigte, was es denn mit dem schwarzen Hund auf sich habe. Jadwiga erklärte ihm, sein Erscheinen bedeute Abtrünnigkeit, Unheil und Verwirrung, – auch wenn jemand von ihren näheren Bekannten sich selbst untreu werde, pflege er sich einzustellen.

»O, das ist ja sehr interessant,« äußerte Delius, »– wissen Sie denn auch jedesmal, auf wen der Traum sich beziehen soll, Fräulein Jadwiga?« Er sah sie dabei höflich, aber mit steinernem Blick an, sie wandte ihm ihr bleiches Gesicht mit den brennenden Augen zu und erwiderte langsam: »Nein, Herr Delius, das stellt sich meistens erst später heraus.«

Hofmann sah, während diese Worte fielen, über alle Anwesenden hinweg zum Fenster hinaus, und Susanna meinte versöhnlich: »Ach, das ist doch einfach ein Aberglaube.«

»Aberglaube – was ist das?« fuhr nun der Professor auf.

»Ich denke, Herr Professor, im allgemeinen bedeutet es wohl einen Gegensatz zum wahren Glauben – aber manchmal hat auch der Aberglaube seine Berechtigung.«

Hofmann entgegnete gereizt, daß ihm darüber nichts bekannt sei, und die Stimmung wurde so frostig, daß wir alle froh waren, als sie aufbrachen.

Delius blieb noch etwas länger und fragte, ob wir bemerkt hätten, daß der Professor neuerdings eine gelbe Krawatte trage. Das habe er früher nie getan, »und es ist eine sehr bedenkliche Farbe«. Maria war an diesem Tage ungewöhnlich reizbar. »Was gehen mich seine Krawatten an,« sagte sie, »meinetwegen soll er sie Jadwias schwarzem Hund umbinden.« Delius sah sie erstaunt an und äußerte in tiefem Ernst: »Damit haben Sie wohl das Richtige getroffen – aber es bleibt noch abzuwarten, ob es ihm gelingen würde, den schwarzen Hund auch zu erdrosseln.«

 

Ich habe keine Ahnung, was er damit meinte. Und der Philosoph ist nicht da.

 

April

Ich ging im Stadtgarten spazieren und begegnete der kappadozischen Dame. Sie war allein und ich konnte nicht umhin, mich ihr anzuschließen. Anfangs war es mir nicht ganz recht, denn ich wollte ungestört meinen Gedanken nachhängen, aber dann tat es mir ganz wohl, aus meinen Grübeleien herausgerissen zu werden, und sie war sehr gesprächig, war voller Mut und Zuversicht.

Warum ich mich nicht öfter bei Hofmanns sehen lasse, – ob ich denn gar nicht wisse, was dort vorgehe? – Die Jadwiga, – ja, dieses wunderbare Wesen wäre ohne Zweifel dazu bestimmt, außerordentliche Dinge zu vollbringen. Und freudestrahlend erzählte sie mir, die Zeit, der man so lange schon entgegengehe, wäre nunmehr nahe herangekommen, – ganz nahe; und zwar sei es Hofmann, der die Möglichkeit zu einer neuen Blutleuchte entdeckt habe, – eine Möglichkeit, an die bisher niemand gedacht.

»Im Karneval?« fragte ich.

»Nein, im Zionismus – aber, Herr Dame,« setzte sie fast erschrocken hinzu: »ich bitte Sie, hierüber strengstes Stillschweigen zu bewahren.«

Des weiteren erfuhr ich, daß selbst Hallwig noch nicht darum wisse. Er ist zurzeit verreist, um mit einem Kapitalisten über die Gründung der Heidenkolonie zu unterhandeln, der Panther begleitet ihn. (Sollte Susanna deshalb gestern so verweint ausgesehen haben?) Erst bei seiner Rückkehr gedenke man ihn damit zu überraschen, und dann stehe nichts mehr im Wege, daß alles, selbst das Unerhörteste, sich erfülle.

Sie dachte wohl, daß mich auch ihr persönliches Leben interessiere, denn sie vertraute mir an, auch für sich selbst erhoffe sie neue geheimnisvolle Kräfte und mache zu diesem Behuf eine innere Läuterung durch. Mit Magie, – ja, früher habe sie sich wohl mit Magie beschäftigt, aber sie habe längst erkannt, daß es ein Irrweg sei, vor dem man nicht genug warnen könne.

Ja, das wäre es wohl, meinte ich, da ich nichts anderes zu sagen wußte, und nun sah sie mich prüfend an: »Wissen Sie, Herr Dame, daß Sie eigentlich ein sehr interessanter Mensch sind, und daß man hier viel von Ihnen spricht? Man vermutete auch allerhand Wesenseigentümlichkeiten bei Ihnen, die wohl zu Ihrer Aufnahme in den internen Kreis führen können, und soweit es in meinen Kräften steht, will ich mich gerne für Sie verwenden.«

Und schließlich gab sie mir noch den Rat, meinen Verkehr im Eckhaus etwas mehr einzuschränken. Die Mädchen dort nähmen es ja doch nicht ernst mit dem Heidentum, sondern es diene ihnen nur als Vorwand, sich in schrankenloser Weise zu vergnügen. Maria – und sie schüttelte bedenklich den Kopf – Maria, die einem Hallwig hätte nahe sein dürfen, die sich aber trotzdem immer mit zweifelhaften Elementen umgebe und dadurch seine Kreise störe – –

 

Ach, was sollen mir alle diese Ratschläge? Adrian empfahl mir dringend, so bald wie möglich Wahnmoching zu verlassen; und nun wieder die Kappadozische mit ihrer Warnung vor dem Eckhaus. – Was man guten Rat nennt, geht wohl immer nur darauf hinaus, zu lassen, was man durchaus nicht lassen kann, oder zu tun, wozu man nicht imstande ist, überhaupt den eigentlichen Sinn aus dem Leben wegzunehmen und seinen besten Inhalt zu streichen.

 

8. April

Die Jadwiga hat Maria ganz besonders in ihr Herz geschlossen. Heute schickte sie ihr einen Blumenstrauß, und dabei stand geschrieben: Die Heimatlose einer Heimatlosen! – aber Maria wurde darüber so zornig, wie ich sie noch nie gesehen hatte:

»Was geht mich ihre Heimatlosigkeit an – und sie meine? Ich soll sie nur bei Hallwig lancieren, aber damit fängt man mich nicht!«

Gleich darauf wird sie wieder weich gestimmt, sieht uns der Reihe nach an: »Wie kommt sie überhaupt darauf? Bin ich etwa heimatlos? ich habe doch euch alle und kann immer hier schlafen, wenn ich will.«

»Ja, bleib bei uns, Maria,« bittet Willy.

»O schweig nur, du bist selbst ein Vampir, sagt Hallwig.«

Willy zieht sich gekränkt zurück, und die anderen überhäufen sie mit Vorwürfen. Das arme Mädchen, – sie ist in einem beständigen Aufruhr, und man sollte nicht hart gegen sie sein.

 

Die Mitteilungen der kappadozischen Dame lasten schwer auf mir; ich hätte so gerne mit ihnen davon gesprochen, aber ich habe ihr Diskretion gelobt, und es widerstrebt mir, sie zu brechen. Bald genug werden sie es ja auch so erfahren.

 

24. April

Ich war vierzehn Tage verreist, um mit meinem Stiefvater zusammenzutreffen.

Nun gehe ich wieder durch die wohlbekannten Straßen, und mir ist zumut wie in einem schweren Traum. Die Bäume fangen an grün zu werden, aber es kommt mir so zwecklos – beinah möchte ich sagen, taktlos – vor, daß draußen in der Natur sich alles auf ein neues Leben vorbereitet, während wir Menschen, insbesondere wir Wahnmochinger, durch sinnlose Verhängnisse darum gebracht werden.

Zwischen Hallwig und dem Professor ist es zum Bruch gekommen, – zu einem endgültigen und furchtbaren Bruch. Was für eine Welt ist dadurch in Trümmer gegangen, noch ehe sie erstanden war! Und wie widersinnig das klingt; aber nicht widersinniger, als es tatsächlich ist. Wer vermöchte auch jetzt noch in unserem Stadtteil Sinn und Widersinn voneinander zu unterscheiden? Man weiß auch nicht mehr, was Tatsache, was Vermutung ist, denn alles ist Geheimnis, und alle sprechen darüber.

Es heißt, Hofmann sei durch jene beiden – den Rabbi und die Jadwiga – so verblendet worden, daß er ungemein starke kosmische Substanzen in ihnen zu entdecken glaubte und (wie mir ja damals schon die Kappadozische sagte) im Zionismus die Möglichkeit einer großen Blutleuchte, die ja so sehr herbeigesehnt wurde. Der Rabbi hat nun, nachdem er sich eine Zeitlang in Wahnmoching aufgehalten, gemeint, das sei ebensowohl möglich, als daß Luther ein Jude wäre. War Luther ein Jude, so mußte er eben vorwiegend jahwistisch-molochitische Substanzen in sich beherbergen. (Jahwistisch ist wohl noch eine stärkere Nuance für semitisch, – ich habe diesen Ausdruck zum erstenmal gehört.) Und nun hat er eine Theorie aufgestellt, nach welcher die Juden unbedingt auch kosmische Kräfte besitzen müssen, und behauptet, daß sie zu retten wären, wenn man ihnen zur Blutleuchte verhelfe. Dazu aber sei die Konzentrierung und Ansiedlung des ganzen Volkes in Palästina, als an seinem Ausgangspunkt, notwendig.

Als nun Hallwig bei seiner Rückkehr von alledem erfuhr, war er durchaus nicht einverstanden, sondern beschuldigte Hofmann, daß er durch Anwendung der kosmischen Geheimnisse die Sache der Juden und des Zionismus unterstützen wolle, und somit das Heidentum Wahnmochings an den jahwistischen Moloch in eigner Person verraten und ausgeliefert habe. Ja, er könne gar nichts anderes damit beabsichtigen, als auf eigene Hand gewissermaßen eine Filiale des angestrebten kosmischen Reiches zu gründen – nein, keine Filiale, sondern ein direktes Gegenreich – und sich zum Oberpriester desselben zu machen.

Ob wenigstens hierin Hallwig nicht doch zu weit gegangen ist? Es ist wohl kaum anzunehmen, daß Hofmann das wirklich wünschte, wo er doch eine angesehene und auskömmliche Stellung an der hiesigen Universität inne hat, – eher noch, daß der schlaue Rabbi ihm seine eigenen ehrgeizigen Pläne untergeschoben hat.

Wie dem auch sei, Tatsache, unumstößliche Tatsache ist, daß der Professor schuldig befunden wird, an jenen letzten, äußersten, ungeheuren Dingen Verrat geübt zu haben, daß jede Brücke zwischen beiden Kreisen abgebrochen wurde und Hallwig erklärt hat, die Konsequenzen daraus würden sich schon von selber ergeben.


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