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Ein Versuch, die Tendenz der Physik aus ihrer Geschichte zu deuten
Zur Stiftungsfeier der Königlich- bayerischen Akademie der Wissenschaften am 28. März 1806
Wenn die Natur dem Lebensbedürfnis aller übrigen Geschöpfe vor seiner Entstehung schon durch eine Ordnung begegnete, die dem Genießer seiner Befriedigung keine Sorge darum mehr übrigläßt, und dessen Tage mit einem Glück erfüllt, was Unterbrechung selbst kaum trüben kann, weil am gefühlten Bedürfnis erst die Nichtbefriedigung zum Unglück wird; wenn dies schon unsere Bewunderung in Neid verwandeln, und fast uns mit der Schöpferin rechten machen konnte, warum sie uns allein den Mangel und sein Gefühl gelassen: so hat daran nichtsdestoweniger die Gütige das Köstlichste gewählt, was sie zur Mitgift höchst zu beglückender Wesen in ihrem Schatze fand. Denn eine Welt voll Leben, dessen Göttlichkeit sich nur in ihr empfand, war ihrer Verherrlichung letztes Ziel noch nicht. Erst durch ein Wesen, gleichen Seligkeitsgenusses fähig, beschloß sie selbiges erreicht zu haben; mit dem Geschöpf den Schöpfer zu vereinigen, war ihr noch übrig. Und siehe! Alle übrigen hat sie vollendet, nur ihr letztes nicht. Selbst soll es sich vollenden, und damit es dies vermöge, setzt sie ihm ihre eigne Schöpferkraft zum bleibenden Vermächtnis ein. Mensch ist der Name dieses Glücklichen; es bis in das Unendliche zu werden, ist er fähig. Denn Schöpfungswonne selbst soll seiner Tage Werk – und er allein hat eins – begleiten. Nicht sie: der Mensch und seine Schöpfung, sollen die ihrige vollenden und sie krönen.
Von den ältesten Zeiten her hat der Mensch diese seine erhabene Würde und Bestimmung gefühlt, und selbst in denen, die wir seine schlechtesten zu nennen pflegen, sie nie ganz aus den Augen verloren. Zwischen den soeben erwähnten Zustand seiner Unvollendung, bei welchem die Natur abbrach, und den mit ihm begründeten andern seiner Selbstvollendung, den herbeizuführen sie ihm überließ, und das Vermögen dazu mitgab, fällt alles, was wir je von seinem Tun und Streben vorgefunden haben, und noch finden; ja selbst sein Irrtum wird zu einem solchen nur durch beständige Beziehung auf das ihm vorgesteckte Ziel. Das Aufsehen nach diesem ist überall seine Andacht, das zu dessen Erreichung auserkorene Geschöpf – er selbst – der Gegenstand, der ihn zu selbiger erweckt, gewesen. Nicht bis zu seiner Vollendung nur, als etwas nur für ihn allein, erhebt er seinen Blick; eine unendliche Schöpfung soll durch ihn erst Zentrum und Peripherie erhalten, die Natur zu integrieren ist seines Daseins Zweck. Wohl aber, und nur um so mehr, ist jene seine Vollendung Mittel, und das einzige, dazu, und in dem Maße, als er dieses Mittels sich mit Treue bedient, wird auch die Harmonie, die sich von ihm aus um ihn her verbreitet, ihn selbst in ihren Kreis aufnehmen, und seiner Seligkeit teilhaftig machen, die jener der Natur selbst gleicht, und die, für ihn auch, diese nur darin zu finden wußte, daß sie das höchste Glück im Mitgenuß desselben erst entstehen läßt.
Nicht von Anbeginn indes war glaublich immer die Aufgabe des Menschen und seines Geschlechts, dieselbe und die große, die sie heute ist. Die ältesten Urkunden stimmen sämtlich dahin überein, daß auch der Mensch einst mit der Erde und der Welt in einer Eintracht und Verbindung sich befunden habe, die, ihrer Innigkeit und Geschlossenheit nach, derjenigen nicht nachsteht, in die wir jetzt erst gleichsam wieder zurückzukehren streben. Laßt uns demohngeachtet aber den großen Unterschied, der zwischen beiden statt hat, nicht verkennen. Dieselben Urkunden schildern uns jenen frühesten Stand des Menschen fast mit denselben Farben, die wir noch gegenwärtig für ein jedes andere Geschöpf, was doch so weit von uns entfernt ist, wählen würden. Auch unser Geschlecht scheint also die Natur einst in dem nämlichen Sinne vollendet zu haben, in welchem wir oben alles übrige auf Erden, nur dieses nicht, dafür erkannten. Aber diese Vollendung war nicht diejenige, die in ihrer Dauer der letzten Absicht der Natur bei ihrer Schöpfung entsprochen hätte, und deren wir uns schon erinnert haben. Unvollendung des Menschen war die Bedingung für ihre Erreichung, und nach und nach hat sie ihn in dieselbe übergeführt. Allmählig sollte ihm die Aufgabe eigner Aufhebung derselben entstehen, daß unter der zu großen Lösung er nicht erliege.
So nämlich würden wir uns auszudrücken suchen, wenn die Natur nicht einen noch viel höheren Zweck dabei gehabt hätte, den: die Lehrerin des Menschen zu sein. Und über welchen Preis erhaben ist nicht ihre Anstalt, es ihm durch die Geschichte seiner selbst zu werden. Von dem Gipfel einer Vollkommenheit führt sie ihn aus, die ihrer eignen gleich sein würde, wenn sie nicht mit der ihrigen unmittelbar eins wäre. Er selbst beginnt, das Ideal zu sein, was ihm für alle Zeiten letztes werden soll – denn noch ist's ihm dies nicht. Nur wie an sich vorübergehend aber läßt sie ihn dabei verweilen; sie führt ihn weg von ihm, indem er aufhört, es zu sein. Nunmehr erst bricht der Morgen eines eignen Lebens in ihm an, und er erwacht. Erinnerung ist seine Weckerin, Entfernung von sich selbst sein erster Schmerz, und Hebung ihrer seine erste Hoffnung. Denn vor ihm steht sein Ziel, und die Entfernung von ihm wird zum Wege zu ihm. Zur Tat ist er gerüstet: sie betritt ihn. Rücknäherung zu seinem Ausgang folgt ihr auf der Spur, und leuchtend strahlt die erste Freude zu ihm nieder. Wer möchte einen solchen Weg nicht fortzusetzen wünschen! Und er setzt ihn fort, – denn nimmer würde ihm die Freude g'nügen, wenn nicht mit jeder, neuer Weg zu ihr bereitet wäre. Mit jedem Morgen kehrt sein erster wieder, und bringt, was dieser erste, mit. Nicht aber bloße Wiederholung, neue höhere Tat, soll er mit ihm beginnen. In immer weitere Fernen führt sie ihn vom Ziel, aus immer größerer Tiefe hat er aufzusehn zu ihm, und – bald würde er genug getan zu haben glauben, wenn jedes neue Tagewerk nur endete, wo er das vorige angefangen hatte. Aber er erreicht dies nicht mehr; neuer tiefer greifender Schmerz bemächtigt seiner sich, und verzweifeln müßte er über der Schuld der vorigen Tage, verkümmern in ihr, wenn dies nicht eben seinen Blick zum zweitenmal, und wie noch nie, zurück in die Vergangenheit leitete. In lichten unverlöschlichen Zügen liegt seine Geschichte hier vor ihm aufgeschlagen, denn seine Versuche, den Pfad, den die Natur ihn abwärts führte, aufwärts zurückzugehen, sind es selbst, die sie beschrieben haben. Jedes dieser Versuche Grad des Gelingens wie seines Nichtgelingens, bringt der Erinnerung ewig ernstes Buch ihm vor die Augen, und lehrt den Grund ihn kennen und – vermeiden, aus dem so gern die Tat der klaren Einsicht in den Zweck zuvoreilt und so hinter ihm zurückbleibt. Von neuem faßt er seine Kraft zusammen; schärfer, einziger, richtet er sie allein dem Ziele zu; inniger begleitet er die Tat als Hüter selbst: und er erreicht, was ihm noch nie gelang, Gewißheit aus Erfahrung von der Möglichkeit, in Wahrheit einst da wieder anzulangen, wo er ausging. Von nun an trübt ihn keine Ferne mehr, im Schmerze selbst erkennt und pflegt er nur den Keim der Freude; schon hat sie ihn mit Segnungen erfüllt, die ihm die erste Ahnung jener Hohen geben, die die Natur mit ihm zu teilen sich erkoren hat: und wie sich ferner auch der Weg verlängere, er wird ihn nie verlieren, denn die Geschichte seiner selbst ist ihm die Leuchte, in deren Schein er sich ihm aufhellt, und die seine Schritte leitet. Gewinn wird ihm, was vorher Last ihm dünkte, und – bald ist er gewohnt, im stärkeren Andrang seiner Pflicht › das mutige Leben nur doppelt rasch zu fühlen‹. Sein Ideal desselben aber bleibt durch alle Zeit das nämliche: er selbst. Sich zu vollenden, ist, was ihm allein obliegt: was die Natur damit bezweckt, folgt dann von selber, – und keiner unter uns wird sein, der beides nicht bereits an sich erfahren hätte.
So erhaben und mit hoher Bewunderung erfüllend, uns aber auch diese Einrichtung der Natur schon erscheinen muß, durch welche sie dem Menschen Lehrerin wird: so sehr steigt unsere Verehrung dennoch, wenn wir sie in der neuen Würde einer Erleichterin seines viel umfassenden Geschäfts betrachten. Wohl würde er noch immer in Gefahr sein, ihm endlich doch zu unterliegen, wenn sie in einem Individuum für alle Zeit ihn fort erhalten, und Mensch und Menschheit in einer Person vereiniget gelassen hätte. Aber sie gab bei seinem ersten Eintritt in die Welt bereits, ihm den seitdem in so reiche Erfüllung gegangenen Segen seiner Vermehrung bis zu ungezählten Individuen mit. Im Grade dieser Erfüllung seiner, – die man als eine systematische Gliederung des einen Ganzen, was von nun an nicht durch das Individuum mehr, sondern durch die ganze Menschheit, fortbestehen sollte, anzusehen hat, – wurde die Aufgabe des einzelnen selbst eine minder große, und auch eine minder schwere; denn nicht allein, daß es nicht mehr Forderung war, sich bis zum Ganzen unmittelbar herauf zu vollenden, – indem die nächste nur auf Ergänzung zu dem Gliede, was jeder einzelne von diesem ganzen sein soll, ging, – wurde, außer der eignen Geschichte seines Weges, auch die aller seiner Mit-Bewerber um das Ziel desselben noch, für ihn zum lehrenden Beförderer seines Wandels auf ihm. So bildete sich mitten in der Sorge, die jeder einzelne zunächst nur für sich selbst zu tragen hatte, schon eine Anstalt der Vereinigung aller zum ganzen, und dieses Ganze selbst gedieh im selben Maße, als seinen einzelnen Gliedern es, ihrer Bestimmung ferner nachzukommen, gelang. Nicht bloß das Glück des Menschen wußte die Natur so zu vergrößern, indem sie ihm das Vorgefühl des Höchsten, was ihm werden kann, im Mitgenusse dessen eines Glieds von einem Ganzen, was selbst wieder Glied von jenem Höhern, dem mit der Natur, ist, gab und stärkte: auch die Genießer dieses höhern Glückes selbst, hat sie bis ins Unendliche vervielfacht, –gleichsam, als wollte sie den höchsten Teil erst dann daran nehmen, wenn sie vom Ganzen der Geringste wäre. (Wer hier die große Absicht jener Scheidung in Mensch und Menschheit, Staat und Individuum, nicht sähe und verehrte, wäre wohl kaum würdig, je sie zu erkennen, und noch weniger, sich ihrer zu erfreuen.) Bis daher folgten wir dem Menschen bloß noch in seiner einzelnen Geschichte, sofern er Schüler ihrer war. Ganz unausbleiblich aber muß bald die Geschichte seines ganzen Geschlechts zu einer zweiten Lehrerin ihm werden. Auch hat er wirklich früh auf sie zurückgesehn, – und nicht vergebens. Nicht, daß sie ihm allein von allen Seiten her Zurechtweisungen für den eignen Lebenslauf gewährte: was sich ihm darbot, war nützliche Lehre für sämtliche Glieder des Geschlechts, von welchem er sie genommen hatte, und dankbar empfing dieses sie von ihm zurück. Er selbst erhielt den Namen eines Gebers der Gesetze, und in der Tat, was sind Gesetze anders, als was zum Wohle aller dient! Auch finden wir die Gesetzgebung der frühesten Zeiten sich fast nur auf Ratschläge für das individuelle Wohl beschränken. Bald aber mußten ihrer Befolgung mächtig sich häufende Früchte, eine neue und höhere, sie alle überschattende, aus sich erzeugen. Mit der beschleunigten Kultur der Individuen, schloß nämlich auch das Ganze, dessen Glieder sie zu sein, sie selbst einst von ihm ausgegangen waren, sich immer inniger und enger: der Staat gedieh. Noch nie gefühlter Segen goß auf jedes Individuum sich von ihm aus; zur Menschheit fühlten seine Glieder sich vereinigt; von nun an war ihr Werk bloß ein gemeinschaftliches noch, und glänzender als jemals leuchtete die letzte Bestimmung des Ganzen, dem sie sich immer enger zu verbinden strebten, ihnen jetzt entgegen. Von neuem höher steigendem Dank erfüllt, erteilten sie dem Geber jener dahin führenden Gesetze, den zweiten Namen eines Staats-Begründers und Bewahrers; – und wie auch seitdem das Geschlecht des Menschen sich vermehrt, und, auf den runden Erdball ringsum ausgestreut, fast der Zentrierung in nur einem Punkt der Oberfläche sich entzogen hat: noch immer ist ihm jene eine Einheit höchstes Ideal, und was nicht mehr im Ganzen zu erreichen steht, sucht es in Teilen wenigstens noch würdig darzustellen. Noch gegenwärtig, ja nur um so mehr, ist seine Überzeugung, daß möglichste Kultur des Individuums allein das Mittel sei, in jene Harmonie den Eingang sich zu öffnen, aus der man nimmer wieder auszutreten wünschte; und wer von oben seine Hand ihm dazu bietet, ist wie sie selbst ihm heilig.
Es begeht ein Institut am heutigen Tage seine Jahresfeier, das bestellt ist, sich mit dem zu beschäftigen, was durch Vermehrung der Kultur der Individuen, sie selbst dem Glücke der Vereinigung zu einem höhern Ganzen immer fähiger und würdiger zu machen hat. Erhabne Stiftung! Das Haupt des Staats selbst sieht in ihren Gliedern nur die Erräter seines eignen Willens! Sie, die gewürdigt sind, an sich zuerst ihn zu vollziehen, sollen einer Nation die Zeugen seiner Vortrefflichkeit, und Beispiel sein. O daß, ein Mitglied dieses schönen Bunds, ich fähig wäre, seiner Erneuerung Fest so mitzufeiern, wie ich wünschte. Vollende Treue, was der Tat gebricht!
Von der Physik, und ihrem Wert im Leben, will ich kürzlich sprechen, – und ich ersuche gleich zu Anfang, beide in derselben weiteren Bedeutung zu nehmen, die ihnen die Akademie der Wissenschaften, in der ich aufzutreten hier die Ehre habe, in der Benennung ihrer einen Klasse (als Inbegriff der Glieder, die sie bilden), selbst zuerkannt hat. Auch werde ich, um anzuzeigen, was die Physik in dieser ihrer allgemeineren Bedeutung sei, kaum mehr noch nötig haben, als bloß anzuführen, daß diese nämliche Verbündung, nächst jener ersten Klasse, nur noch eine zweite in sich unterscheidet die historische), und damit das Gebiet der Wissenschaft, d. i. desjenigen, was Wissen überhaupt schafft, ganz umfaßt hält. Denn während jene aufsucht, was dem Individuum zu seiner Selbstvollendung lehrreich sein mag, stellt diese auf, wie aus Befolgung letzterer der Staat erwuchs und zunahm, die Nichtbefolgung aber beiden schaden müsse. Was bleibt, wenn jene säet, diese erntet, übrig? – Das Gedeihn gibt die Natur.
Ich komme jetzt auf meinen Gegenstand unmittelbar zurück. Doch verdenkt's mir nicht, wenn ich am festlichen Tag das Werkzeug auf die Seite lege, und euch das Werk selbst zeige. Vollendet seht ihr es noch nicht, wohl aber mögt ihr sehn, wie es vollendet werde.
Nicht ohne Absicht trat ich oben aus den Säulen der Vergangenheit zu euch hervor. Wer nie weiß, was er war, wird auch nie wissen können, was er werden soll. Ihr habt den Menschen zu allem Anfange in einer Vereinigung mit der Natur gesehen, die köstlich und alles gewesen wäre, hätte er ihrer sich als seines Werks erfreut. Aber er war, was Millionen von Geschöpfen um uns jetzt noch sind: ein Geschöpf, Bild der Natur, wie sie; – vollendet, aber durch die Natur, – Natur im Kleinen selbst. Doch in diesem Zustand, der ihm selbst nichts war, ließ sie ihn nicht; und wir haben die Geschichte seiner Entfernung von ihm uns schon vergegenwärtiget. So kam er, durch das Nicht-mehr- Sein des, was er war, im Streben, durch sich selbst es wieder erst zu werden, zu einem eignen Dasein für sich selbst, was zunahm, wie er auf jenem Rückweg zu dem, was er wieder werden sollte, glücklich vorschritt, und zu gleicher Zeit der Weg selbst sich verlängerte. Nicht aber glaube man hier, das, was er suchte und noch sucht, sei nichts, als bloßer höchster Grad seiner sinnlich darstellbaren, und an seinen vorigen Mitgeschwistern noch so dargestellten Vollkommenheit. Was er verlor, ist die harmonische Einheit des Innern dieses äußerlich Vollkommenen mit dem der übrigen unendlichen Natur; eine Einheit solcher Innigkeit, daß in ihr, selbst was eins war, sich nicht unterschied. Und diese nämliche hohe Harmonie mit der unendlichen übrigen Natur, ist es auch, in die durch eigne Tat er sich wieder zurückzuversetzen strebt und streben soll, – nur daß bei dieser zweiten Ankunft an ihr, sie nicht vor sich selbst wieder ins Dunkel und in die Verborgenheit zurückgehn wird; denn der Natur letzte Absicht mit dem Menschen ist eben, sie durch ihn zur höchsten Gegenwärtigkeit und Selbstempfindung in sich und allem, was an ihr teilnimmt, aufzuläutern, indem durch ihre Wiederherstellung durch das Geschöpf selbst überhaupt, und auf eine Art, die vorher noch nie da war, und auch in ihren Folgen so neu und besonders ist, ein Wesen entsteht, was ohngeachtet der völligen Wiederherstellung jener Harmonie, durch die Art dieser Wiederherstellung, selbst ein gänzlich neues Verhältnis zu allem übrigen, und damit eine ebenso gänzlich neue Verknüpfung mit ihm, herbeiführt, welche (Verknüpfung), als harmonische Einheit im allgemeinen, höher ist, als die ältere durch den Menschen zunächst wieder herzustellende, die vielmehr jetzt selbst als ein bloßes Glied in letztere eintritt, und in ewig unverlöschlichem Lichte sich an ihr, in ihr, forterkennt. Während der Mensch zunächst nichts will, und sich bestrebt, als jene seine ältere Harmonie zwischen der Natur und sich, schaffend wieder zustande zu bringen, und in dem Grade, als ihm dies gelingt, findet diese neue, in keiner Erinnerung ihm noch vorgekommene, auch ihm so völlig neue, höhere Harmonie sich bei ihm ein, und erfüllt sein Werk mit einem Segen, der selbigem nur immer rascheres Gedeihn, und seinem Schöpfer neue Stärke, gibt. Ja man muß eingestehen, daß, ohne diesen höhern Segen, das Werk dem Täter, und der Täter selbst sich, noch geheim geblieben wären; – genau, wie dies noch heute mehr oder weniger der Fall wird, sobald der letztere aufhört, nach ihm aufzusehen, und seine eigene Existenz ihm dankbar ferner zu vertrauen.
Wir haben im vorigen das Gemälde entworfen, dessen Züge wir jetzt nur einzeln weiter zu verfolgen haben, um zu entdecken, bei welchem wir für diesmal uns besonders zu verweilen aufgefordert sind. – Wenn die Unvollendung, in welche die Natur den Menschen aus einem Zustand, der, obgleich von diesem spätem fast das gerade Gegenteil, für ihn doch noch kein ihm selbst eigener, und überhaupt nichts, war, allmählig überführte, in einer Aufhebung seiner harmonischen Einheit mit der Natur bestand, und diese Einheit von einer solchen Innigkeit gewesen war, daß aller Gegenstand oder Unterschied in ihm vertilgt war, an dem sie sogar selbst sich hätte erkennen mögen: so wird mit diesem Übergang des Menschen in jene mindere Vereintheit mit der Natur, ihm überhaupt erst eine Natur als Gegenstand, so wie er selbst ihr gegenüber Etwas, werden und entstehen, und jene wird sich seinem Blick wie seinem Wesen in demselben Maße erweitern, als er von ihr zurückgeführt wird. Die Aufgabe seiner, durch die Unvollendung, in welche er sich versetzt befand, ihm vorbereiteten Selbstvollendung, löst sich somit in eine andere auf, in die: sich mit der von ihm (und immer mehr) sich trennenden Natur von neuem zu vereinigen, d. i. die alte Ordnung zwischen ihr und sich wieder herzustellen, die vormals stattfand, und die keinem Zwiespalt beider Raum zurückließ. Diese Natur, mit der in solche Ordnung zurückzukehren, seine Aufgabe war, bestand in allem, außer ihm allein nicht. Einer Welt den Frieden wiederzugeben hatte er; durch sich sie zu versöhnen, war das einfache, aber auch das große und viel lohnende Mittel, und er der zum Genuß der schönen Mitte selbst Ersehene.
Wollten wir die Geschichte jener, alles dies begründenden Trennung des Menschen von der Natur: so würden wir fast nur auf die seiner Wiedervereinigung mit ihr, und des Gelingens dieser, zurückzusehen haben. Was zuerst getrennt war, wird gewiß das sein, was nachmals erst zuletzt sich wieder vereinigen kann; zugleich wird es für das zu erreichende Höchste geachtet werden. Überhaupt wird die Folge, in der die Trennung vor sich ging, vollkommen die umgekehrte der Wiedervereinigung des Getrennten, und durch alle Stufen hindurch, sein. Die nächste Sorge des Tages wird überall auf das zuletzt erforderlich Gewordene gehen müssen, und je weiter dieses von dem zuletzt erst zu Erreichenden abliegt, je höher wird dies letztere, als Höchstes, selbst, geachtet werden. Oft ist auch ein und dasselbe Geschäft, für lange Zeit das täglich zuerst zu Bedenkende geblieben, und bloß sein Umfang hat zugenommen. Ja, es gibt ein solches, was von Anfang an das täglich erste war, und es bleiben wird, solange überhaupt noch Menschen sind, und ein Ziel, nach welchem sie zu trachten haben. Fast alles, ja in Wahrheit alles, was seit der Zeit hinzukam, ist nichts, als fernere Entwickelung desselben einen, und sind seiner Vollziehung Folgen, mit der Anzahl ihrer Stufen selbst, zu unzähligen, und dabei immer höheren, zuletzt zu aller Ideale Ideal aufsteigenden und darin sich verlierenden, geworden, so spricht das nur aus, was Unendliches auf ihm beruht, und wieviel Aufforderung an uns ergehe, ihm nachzukommen. Kaum wüßte ich seine Wichtigkeit mit etwas würdiger zu bezeichnen, als daß die älteste, durch alle folgende Zeit wiederkehrende und durch auf sie bezogene Gebräuche wie in heiliger Erinnerung verbliebene, Sage selbst, in ihm den Menschen seinen ersten Fehltritt tun läßt.
Das Geschäft der Selbsterhaltung also ist's, von dem ich rede. In diesem wird sich zunächst, und für alles übrige, der Grad der wiederkehrenden Vereintheit mit der Natur, zu erkennen geben müssen. Worin auch konnte sich die frühere vollkommne Harmonie mit ihr wohl anders auszudrücken haben, in was drückt rings um uns sie noch sich aus, als in aus einer Vollendung (hier durch die Natur) hervorgehenden Erhaltung seiner selbst. Nur das Vollkommene ist bleibend, und hat seines Bestehens Grund in ihm allein. Das Unvollkommene aber ginge unter, wenn ihm nicht Mittel in die Hand gegeben wären, sich zu ergänzen. In diesem Fall befindet sich der Mensch, und Selbst- Vollendung folgt für ihn unmittelbar aus Selbst- Erhaltung.
Man würde uns ohne Zweifel vielerlei Stufen, oder Gesichtspunkte vielleicht, zu nennen imstande sein, auf und aus denen wir den Menschen in dem Geschäfte dieser seiner Selbsterhaltung betrachten könnten, und wir haben ihrer großen Mannichfaltigkeit auch bereits erwähnt. Schon aber durch alles Vorige darauf geführt, in sämtlichem, was er tut und tun kann, ihn doch immer nur demselben einen und letzten Ziel zustreben zu sehen, würden wir auch seine noch so verschiedenen Bemühungen darum, doch gleichfalls nur als in eine letzte allgemeine auf sich lösend, wiederzufinden, und alle einem gemeinschaftlichen Stamm als nur so viele Zweige entsprossend, anzusehen haben, deren Zahl, Art und Gedeihen von der Pflege dieses allen einen Stammes selbst abhängt, und sie unmittelbar voraussetzt. Wir bleiben somit, wo wir kurz sein wollen, und vor Mißverständnis sicher, bei demjenigen ›Teile‹ menschlicher Selbsterhaltung stehen, der unsere körperliche Existenz betrifft; überzeugt genug, daß mit einer naturgerechten Unterhaltung und Verwaltung ihrer, auch alles übrige gegeben, ja ohne die beständige Beziehung auf dasselbe und ihre Verbindung mit demselben, diese selbst nie wahrhaft glücklich sei, im Grunde also mit ihm ganz in eins zusammenfalle. Auch ist die edlere Bedeutung, die wir hier einem, bisweilen allerdings wohl für geringer ausgegebenen, Geschäft des Menschen, das ihm nichtsdestoweniger zunächst obliegt, und dessen Sinn er niemals ohne Nachteil aus den Augen ließ, vorzubehalten suchen, so alt, als menschliche Geschichte selbst. Fast wiederhole ich, wenn ich dafür an die, durch Opfer, Weihe und Entbehrung, schon von den frühesten Völkern hoch bescheinigte, Großachtung seiner zurückerinnere.
Um einen völlig klaren Begriff von dem zu haben, was einst in ersten Zeiten des Menschengeschlechts das Geschäft der Selbsterhaltung seinen Individuen gewesen, werden wir kaum nötig haben, mehr uns zu vergegenwärtigen, als daß es ihnen, wie das Leben selbst – was doch durch eben jene ununterbrochne Wiedererneuerung seiner nur bestand, – Kultus unmittelbar war. Noch hatten sie von ihrem Ausgang wenig sich entfernt; seit kurzem war die, später erst so zugenommene, Scheidung ihrer von der übrigen Natur begonnen; die Hebung derselben durch die eigne Tat war noch bei weitem die viel fordernde und so fern vom Ziel anknüpfende nicht, die sie uns jetzt ist. Wenigen Individuen stand eine ganze Erde offen; selten erst bestimmte sie vorkommende Ungewißheit zum freien eigenen Entschluß, der, kaum durch Irrung schüchtern schon, die gebrochene Bahn mit einem Glück betrat und forthielt, das seiner Unerschrockenheit fast gleich war. Das Gefühl der eingebornen Schöpferkraft war ihrem Gebieter noch durch keiner Mißverwendung Druck getrübt und dunkel; der volle Segen seiner Schöpfung, die er selbst war, ruhte noch auf ihm: in einem so gekrönten Werk erkannte er notwendig mehr, als sich: gebietend – diente er.
Und wird je Menschen-Würde höheres Bestehn erreichen? – – Wie er ›das fast Verlorne‹ wieder zu gewinnen strebt, will ich soeben dartun. Dann mag des neuen Besitzes Glück, und seine Vorahnung, entscheiden, ob sterblicher Natur überhaupt ein höheres zu wünschen möglich ist.
Es kann nicht an mir sein, von Wort zu Wort hier die Geschichte alles des zu wiederholen, was das menschliche Geschlecht von jeher unternahm, der immer steigendem Unzulänglichkeit der Mittel zu dem selbst immer schwerer zu erreichenden Zweck, abzuhelfen. Eine lange Zeit bestanden, scheint es, diese Mittel fast nur in Vermeidung dessen, was die Erfahrung schädlich, und Haltung an das, was sie als nicht schädlich, ausgewiesen hatte; ein Verfahren, welches doch auch, wo es auf freundschaftlichen Verein mit einer ganzen Natur ankam, nach und nach selbst schädlicher, als nützlich, werden mußte. Ja man war wirklich sogar bald genötigt, zur Hebung manches, was die Übergehung Schädliches erzeugte, gerade was man übergangen hatte, als wenigstens nun nützlich, anzuerkennen, und sich seiner zu bedienen. Auch dies geschah indes nach einer nicht viel anderen Erfahrung, als der durch Zufall, und mußte ebenfalls bald hinter dem Bedarf zurückstehn. Das Letzte, was man noch auf diesem Wege vorzunehmen wußte, war, den Zufall selbst der Prüfung auszusetzen, um allenfalls voraus zu wissen, was bei wiederkehrender Verlegenheit aus ihr erlösen könne. – Habe ich noch nötig, diesen ganzen Gang samt seinen Früchten, bei ihren wohlbekannten wirklichen Namen zu nennen? – Doch war ein anderer kaum möglich, und fast möchte man über ihn mit der Vergangenheit ausgesöhnt sein, wenn man bemerkt, daß seiner Unvollkommenheit Gefühl selbst zur Erinnerung wurde, das wenige, was er doch immer noch gewährte, nur in so steterer Beziehung auf des Lebens höchsten Grund und Ziel erhaltend, zu verwenden, und was wir noch von schönen, besten Zeiten preisen, alle hat sie das Geschlecht, was sie uns darbot, diesem höheren Bezug allein zu danken.
Aber vollkommen ausgesöhnt mit dem nicht mehr zu Ändernden, entschädiget für alles, was aus jener Vergangenheit sich ›Schlimmes‹ auf uns übererben mochte, und selbst zu einem Dank entzündet, der sich in tiefe Ehrfurcht und Bewunderung verliert, sind wir, wenn in Jahrtausenden erlittnen Mängeln und nicht halb gelungener Bemühung, wir doch zuletzt nur – eine – große – Anstalt der Natur erkennen müssen, den Menschen aus sich selbst auf die Entdeckung des höchsten und einzigen aller Wege zu leiten, der ihn auf die sein eigenes Glück vollziehendste Art dem letzten Ziele des ihm auf gegebnen Strebens ohnfehlbar zuführt; und eben jene schönen Zeiten – von denen wir, wodurch sie schöne wurden, nicht vergessen dürfen – haben sie empfangen und geboren.
Daß, um sich einer früher getrennten Natur mit Erfolg von neuem zu vereinigen, das sicherste Mittel dieses sei, sich, und dann diese Natur selbst, zu kennen, woraus sofort die Vereinigung sich ohne weiteres ergebe, ist eine Wahrheit, die sehr einfach scheint, demohngeachtet aber erst erfunden werden mußte, bis sie zu der gewöhnlichen werden konnte, für die man jetzt sie ansieht. Auch fand man bald nach ihr die Bedingung auf, unter der allein der Mensch zu einer Kenntnis der Natur gelangen könne, die: daß sie ihm selbst gleiche; – wie sollte ohne dies der, der, um er zu bleiben, sich nicht verlassen durfte, sie wohl fassen? – Eine viel bedingtere und spätere Entdeckung aber war, von wo für die Verfolgung einer solchen Gleichung zwischen der Natur und sich, er auszugehen habe, und dann: – in was der so gegebene Punkt des Ausgangs wohl zu finden sei? –
Was dieser Frage ersten Teil betrifft, ist von den Weisesten durch Wort und Tat auf eine Art entschieden worden, deren Sinn vollkommen der ist, dem auch wir hier folgen, dahin: daß von dem sichtlichen Bestehen beider, und dem, worin sie hier sich gleich sind, müsse ausgegangen werden, indem ununterbrochene Erneuerung und Reintegrierung dieses auch des Menschen nächste Sorge sei.
Die Antwort auf die zweite Frage aber gab, sobald sie selbst nur erst entstanden war, ein Phänomen, in welchem längst Natur und Mensch wie ihresgleichen sich zu begegnen pflegten: – das Feuer. Wo dies hervorbrach, fand im befreundeten Lichte das Leben unmittelbar sich wieder; es selbst erkannte sich erst ganz an ihm, und ward sich heller. Des engen Kerkers Türen, in welchem, vorher eingeschränkt, es fast am Widerscheine, um sich selbst gewahr zu werden, fehlte, öffneten mit ihm sich, und eine Welt stand aufgeschlossen da in Licht und Leben, seinem eignen gleich und einig. In ein unendliches Gemüt verloren ruht sein inneres Auge eins jetzt mit dem äußern und gestärkt so, auf ihr: o daß das seinige es in Bewegung brächte, in allen Gliedern sich ihm zu vereinigen, damit aus einem Leben auch nur eine Tat hervorgäng. Doch – wird er erst das seinige mehr im Innern kennen, so wird auch die Natur das ihrige ihm immer mehr aufschließen; und dazu ist der Weg nur der, sie tiefer zu erforschen. Im gleichen Maße, als ihm dies gelingt, geht ihm sofort sein eigenes Erkenntnis auch stets lichter auf, und wird er sie erst ganz verstanden haben, so ist dann, was er wünschte, von sich selbst erfüllt.
Dies sind die Hoffnungen gewesen, mit denen fast noch alle, die der Ergründung der Natur, in alter und in neuer Zeit, sich widmeten, begannen. Daß leben – brennen –, Licht und Leben eins sein, hat sie überall zuerst ermuntert. Vom Feuer sind sie sämtlich ausgegangen, und in fester Überzeugung, das Leben hier an seiner Quelle zu belauschen, und das Geheimnis seiner Unterhaltung und Beförderung, zur eigenen Anwendung, glücklich auszuspähen. Sogar die Erde selbst schien ihnen nur im großen, was das Lebendige im kleinen, – sie eine kleine Erde. Und wie auch hieran erster Begeisterung kühne Phantasie geirrt und nicht geirrt hat, die Kühnheit gab dem Mut, die Phantasie dem Willen Flügel und, das Werk selbst gewann auf jeden Fall.
Wieweit bis gegenwärtig diese Feuerwissenschaft, die Lebenswissenschaft zugleich, und ganz dasselbe, was Physik in ihrer allgemeineren Bedeutung sein kann, auch ist, vorgeschritten sei? – ist eine Frage, die man mit gleicher Ungeduld jetzt an uns tun wird, als noch vor kurzem ihre Antwort schwer war, indem man zugestehen muß, daß etwas, was sonst nicht so wahr zu sein pflegt, als es meistens scheint, in unsern Zeiten wirklich stattgefunden habe, daß nämlich wenige letzte Jahrzehende, ja wenige letzte Jahre nur aus ihnen, in die zu fast unübersehbaren Maßen angehäuften Entdeckungen vieler voriger Jahrhunderte, ja Tausende fast, ein Licht und eine Ordnung gebracht haben, die nie so kurze Zeit in so viel Früheres noch brachte.
Denn allerdings ist überall damit angefangen worden, die ersten Bedingungen desjenigen Prozesses, der uns das Phänomen des Feuers gibt, zu suchen, und man hat sie auch mehr oder weniger gefunden. So ebenfalls erkannte man die nämlichen Bedingungen für das Bestehn des Lebens wieder. Allein bald zogen eine Menge anderer Vorgänge, die, ohne von Feuer begleitet zu scheinen, mit jenen dennoch sichtlich zusammenhingen, den Blick des Forschers gleichfalls auf sich, und nicht lange, so war das Gebiet dieser dunklen Vorgänge größer und sehr viel größer geworden, als das der hellen. Und obgleich auch das Leben seinem Inwohner allein ein lichtes, dem Fremden aber derselbe dunkle Vorgang war, wie soviel andere außerhalb dem Leben und dem Feuer gleichfalls, und es, wie wir jetzt meinen, leicht gewesen wäre, sie nur als solche, wo das Feuer innerlich geblieben wäre, und so gewissermaßen als eine bloße Fortsetzung des ersten, wo es äußerlich sich zeigte, zu betrachten, alle Vorgänge der Natur überhaupt demnach als Prozesse von doch wesentlich nur einer Art anzusehen: so störte dennoch auf der andern Seite, daß mit dem Unterschied im Phänomen, auch die Bedingungen des Prozesses selbst verschiedene schienen. Zu gleicher Zeit gewährte schon dasjenige, was sich bei dieser ersten unvollkommnen Durchsicht der Natur darbot, so vieles, was, wenn auch nicht unmittelbar zu Aufschluß über Leben, doch zu Schirm und Zier für selbiges, auch zu Geschäft abkürzendem und es verbesserndem Instrument bei seiner bisherigen Unterhaltungsweise, diente, daß bald dieser bloße Teil des Ganzen von manchen fälschlich für das Ganze selbst genommen worden wäre; so sehr es übrigens auch in der Ordnung ist, auch ihn nie zu versäumen, vielmehr im Gegenteil in ihm ein Geschenk aus derselben Hand anzuerkennen, die einst ihre höchsten Gaben in nicht viel anderem Gewand erteilen wird; wozu indes, um ihrer würdig und empfänglich sich zu halten, die Rücksicht auf die Art, die jene ersten nach sich zog, und ihre Unterhaltung, nie in Vergessen kommen darf.
Von neuem diese Rücksicht aufzunehmen nun, und reiner, gründlicher, als mehrmals seitdem, ist eben das die letzte Zeit so sehr vor langer voriger Auszeichnende. Viel war ihm vorangegangen. Eine Kraft, die Welten ihre Richtung gab, und überhaupt bestimmt nur schien, Weg überall zu weisen, wurde aufgefunden, ein grauer Stein verriet sie: der Magnet. Wie Schüler um einen mit fremder Weisheit Ausgerüsteten, versammelten sie sich um ihn, ihm zu folgen; auch ihnen könne sichrer Weg auf diese Art nicht fehlen. Und wirklich schloß er ihnen ein noch völlig unbekanntes Land auf; einen neuen Quell des Feuers lehrte er sie kennen, den elektrischen. Wie ein zweiter prometheischer, den ersten selbst noch übertreffender Raub, wurde dieses Feuer von den Sterblichen empfangen. Nicht Donner und Blitz dem Himmel abgelernt zu haben, war, des man sich erfreute: die große Frage um das Leben erhielt jetzt neues Leben. Denn nicht nur einiges, wie vormals, alles war imstande, in Feuer aufzugehen und zu brennen. Ein Licht und Leben schien die ganze Schöpfung zu erfüllen, und wo man es nicht sah, nur im Verborgenen zu glühen. Der Erdgeist selbst trat aus des alten Hauses Schranken, und mit Entsetzen nahm sein Kündiger das angetastete Geheimnis wahr. Um eine Krone wünschte einst er es nie wieder zu berühren; es war selbst einer Krone wert, es nur berührt zu haben.
Nicht aber bloß die größere Allgemeinheit dieses neuen gleichsam reineren Feuers, – zufolge welcher sein Entzünder selbst an sich es darzustellen, und so das eigne innre Leben, zu äußerer Schau Gestalt des Feuers anzunehmen, zu bewegen fähig war, – und dann die völlig neue Weise, auf die dies Feuer auch noch andern Sinnen, als dem Auge, sich als lebensgleich und ähnlich darwies, – blieben, was selbiges für alle künftige Zeit so wichtig und zum Gegenstande fernerer Untersuchung machte. Ein fast noch tieferes Geheimnis, als alles dieses schon war, ging an ihm in Offenbarung, darin: daß, was der Mensch bis dahin bloß in seinem Innern, als seines Lebens wesentlichsten Satz und Typus anerkannt, hier äußerlich und sichtbar als ein nämliches Gesetz des Feuers vor ihm auftrat. Denn auch dies Feuer, fand sich, sei pur Wiedervereinigung vorher Getrennter, und daure nur so lange, als noch Getrenntes – und so notwendig sich zugleich Entgegengesetztes – zum Zurückgang in die Einheit da, und in der Einigung selbst begriffen, sei. An Verehrung grenzt die Innigkeit, mit der er diesem Bilde seiner selbst anhing, und, als sich wiederfindend an ihm, es, einem Orakel gleich, gehegt hat, alles noch von ihm erwartend. Und in der Tat, seit dieser Zeit hat es noch jedem gesprochen, der einer Antwort würdig fragte. Fast alles, was sich Herrliches seit ihr gezeigt hat, dankt man seiner Leitung.
Die erste Untersuchung, die auf sie begann, war, ob nicht alles Feuer, auch das › nicht-elektrische‹, desselben Ursprungs und Gesetzes wäre, wie das wirklich solche? – Ob nicht das chemische, im übrigen dem elektrischen ohnehin schon gleich, in einer Einigung getrennter Entgegengesetzter sein Bestehen ebenfalls auch habe? – Und vielen von uns ist es noch erinnerlich, wie glänzend damals diese Untersuchung ausfiel, und welch neues Leben sich von ihr aus allem, was Erforschung der Natur betraf, mitteilte. Denn aus zween Verschiedenen brach auch hier, indem sie sich vereinigten, die Flamme hervor, und zum zweitenmal begegnete der Mensch im Bilde seines eigenen Geschäfts sich selbst. Schon glaubte er, es seien diese zwei die nämlichen, die auch ihm zur Einung nur befohlen sein, und er die Mitte. Daß wirklich es nur diese sein, von denen auch sein Leben einzig abzuhängen schien – wie bald sich fand – vollendete die Überzeugung. Wer möchte auch fragen, was ihr noch gebrach, nachdem man wußte, der ganze Himmel sei erfüllt vom einen seiner Elemente, die ganze Erde fließe über von dem andern. War doch von jeher Erd und Himmel zu versöhnen, seines Daseins Zweck!
So nahen Friedens Hoffnung indes blieb ihm nicht. Zwar waren es weit bedeutendere Zwei, die für das chemische wie für des Lebens Feuer sich verbanden, als beim elektrischen es schien. Wenn dort sich Geister einten, konnte man hier sagen, daß es Körper wären, und die Koexistenz des Leibes war erklärlich. Auch war schon eingesehen, und nach vielem Beispiel, auf welchem kleinen Umstand es beruhe, daß nicht das Leben selbst in Flammen aufschlug, sondern innerhalb nur glömme, damit es überhaupt sich selbst so näher bliebe. Sogar, daß allen körperlichen Feuers eines Element nur eins und einfach, das andere aber von fast jedem, was die Erde darbot, zu vertreten, und so unendlich vielfach, nur in seiner Summe eins war, hatte man, und mit nicht wenig Glück, des menschlichen Körpers ähnlichem Verhältnis zu der Luft verglichen. Eine Chemie, die man organische nannte, hatte sich gebildet; fast war in kurzem nichts ununtersucht mehr, was von Stoff zum Menschen ein- und ausging, und in ihm zurückblieb. Der lebendige Leib war offenbar nichts als der Feuerherd, auf dem, was Nahrung hieß, durch eingesognes Lebensgas, nur mit nach innen gekehrter Glut, verbrannte, ja was von Regung an ihm vorkam, das bloße Wogenspiel erwähnter Glut selbst, und – schon war eine Diätetik, die, so was gänzlich andres sie auch vorgab, doch rein chemisch und verbrennungsmäßig handelte, in den gewiß für immer merkwürdig und voller Bedeutung bleibenden Irrtum zu verfallen fähig, Abbreviaturen am Lebensprozeß anbringen zu wollen, indem sie ihn, statt mit so großen Massen doch nur mäßig kombustiblen Stoffs, wie der gewöhnliche ihr vorkam, unmittelbar gleich mit dem Kombustibelsten, was nur zu finden wäre, und wovon sie dann ganz kleine Portionen nötig haben, auch das Leben selbst dabei gewinnen würde, zu unterhalten hoffte.
Doch über noch ganz anderer Hoffnungen so nahe Erfüllung, war man im Irrtum, und es ist wahrhaft lehrreich, der Enthüllung dieser Täuschung zuzusehen. Gerade, was am meisten, und von neuem, in ihr zu bestärken schien, hat dienen müssen, selbe aufzuheben. Während man über der Fortverfolgung und Verwendung des Studiums des chemischen Feuers für das Leben, fast, was nach langer Zeit doch endlich wieder zu ihm hingeleitet, vergessen hatte, das elektrische, trat dieses selbst zum zweitenmal in einer Würde auf, die an Höhe seine vorige noch übertraf. Ein Klima an Feuer und Leben längst gleich reich, gebar es wieder, und am lebendigen selbst, als ob vor einem neuen Vergessen es gleich von Anfang an sich sicher stellen wolle, gab es zuerst sich zu erkennen. Was es zunächst vor seinen früheren Erscheinungen auszeichnete, war, daß, um es hervorzubringen, keine Arbeit nötig sei, die in den seltensten Fällen natürlicherweise schon geschieht, und auch im Leben. Die Ruhe setzte es in Bewegung, und unter Umständen, von denen auch nicht zwei Individuen auf Erden, groß oder klein, je ausgeschlossen sind; die bloße Berührung reichte hin dazu. Ein solches Feuer mußte durch die ganze Natur, und in stets reger nie verlöschender Glut, zugegen sein. Auch das Lebendige mußte bis in seine feinsten Glieder voll von ihm sein, und daß diese wirklich, selbst nach ihrer Trennung von dem Ganzen, es noch gewährten, erhöhte die Gewißheit. Abermals fand überall das Leben sich nur mitten seinesgleichen, und verschwunden auf immer, war jeder Schein von Tod aus der Natur.
Fast aber wäre über der neuen höhern Entzückung, – wie Sterbliche denn oft zu wanken pflegen, zumal wenn sie dem Ziele sich am nächsten wähnen – auch wieder in Vergessenheit geraten, was kurz vorher sie noch so glücklich machte, hätte nicht die Kraft, die diesmal überhaupt nur, um zu orientieren, gekommen zu sein schien, selbst auf dasselbe zurückgeführt. Was Kinder vorher oft schon, unbeachtet von den Eltern, in stiller Einfalt spielend aufgebaut, und ebenso wieder niedergerissen haben mochten, ohne zu erfahren, was sie sich damit selbst bereitet hätten, fand jetzt ein Mann, dem vierzig Jahre unverdroßner Arbeit doch nur Vorbereitung waren, und ohne die er nimmer, ihm den Sinn zu leihen, imstand gewesen wäre. Wie eine Säule ragt er aus dem Schutte jener Zeiten vor, wo das elektrische Feuer noch in seiner ersten Achtung stand; als alles es verließ, blieb er allein ihm treu, und es ist ihm vergolten worden, daß er auf das, was um ihn vorging, fast des Blickes sich enthielt: Was er erfand, trägt mehr als seinen Namen, denn allen Zeiten wird es, was er selbst war, bleiben.
Ich würde Mühe haben, kurz zu sein. Doch spreche ich von jüngst sich Zugetragnem, und ihr werdet mich verstehen. Was jene Säule erstlich lehrte, war, daß chemisches Feuer, und elektrisches, demselben Gegensatze ihren Ursprung danken. Der einzige Unterschied war dieser, daß im elektrischen extremisiert ist, was im chemischen aus minderer Trennung in die Einheit übergeht. Das chemische Feuer ist jederzeit elektrisches zugleich, ja es ist Feuer überhaupt nur in dem Grade, als es elektrisches genannt zu werden fähig ist; und es gilt dies von allem Feuer, dem hellen wie dem dunklen.
Das zweite, was sich fand, war, daß dies Feuer, was früher schon sich mehr als einem Sinn dem Leben gleich gezeigt, jetzt, bei getroffenerer Prüfungsmöglichkeit, durch alle Sinne ohne Ausschluß sich als solches dartat. Indem es, noch getrennt, dem Menschen dargeboten, dieses eigne Einheit trennte, um gliederweis mit ihm in neue Einheit einzugehen, und so in oder an dem Körper selbst erst Feuer herzustellen, was dann mehr oder weniger mit dessen anderm ungetrennten Leben zusammenfloß, und mit und in ihm vorkam, ward diese neue Einheit, entstehend nur zur Hälfte aus des Lebens, zur zweiten aber aus des Feuers einem Element, nichts weniger vom Leben als volle wahre Vernehmung seiner selbst erkannt, und je nachdem der Sinn, in welchem dies geschah, ein andrer war, war auch die nähere Bestimmung des so Wahrgenommenen für jeden die auch sonst ihm eigentümlich zugehörige. Ein und dasselbe Feuer ward dem Auge Licht, dem Ohre Ton, sodann den übrigen Organen nach der Reihe Geruch, Geschmack, Gefühl, Bewegung, Wärme; je was und wie es diese Sinne in jedem andern Falle nur vernehmen mögen. Ja man kann sagen, daß durch dies so entstandene System ›äußerer‹ Lebensvernehmung, das einerseits die Basis des ganzen je möglichen Gebäudes sinnlichen Lebens und Lebensvernehmens überhaupt, andrerseits aber, und eben darum, den vollständigsten Beweis, daß alle Sinne nichts als Feuersinne, und alle Vernehmung durch sie nur Feuervernehmung ist, bildet, die Lehre von den Sinnen und des durch sie Vernommenen selbst erst Ordnung und Begriff erhalten habe.
Zu diesen beiden schon so großen Resultaten, fand sich bald noch ein drittes, das vollends alles zu gewähren schien, was jene etwa noch zu wünschen übriglassen mochten. Denn in welchen Gestalten man auch bis jetzt das Leben und das Feuer, und bis in welche Tiefen ihres Innern sie noch immer eins sein, untersucht, gefunden, und betrachtet hatte: so war das Leben selbst doch einem Wechsel unterworfen, der, als in des Lebendigen eigner Hand nicht stehend, längst den ihm Untergebenen genötigt hatte, in ihm das Walten einer höhern Macht anzuerkennen: – der Zeit. Ihr, der er alles, was er hatte, und sich selbst, verdankte, vertraute er von jeher auch die fernere Hoffnung; ihr Gesetz zu kennen, hieß, statt zu gehorchen, über sie zu herrschen. Was macht allein die Tat auch wahrhaft glücklich, als eine heitre Zukunft?–Ist nicht ein jedes Mißgelingen nur die Folge ihrer Dunkelheit? – Wo wird je menschliches Bemühen Früchte tragen, wenn es zur falschen Stunde sich an dem erschöpft, was jetzt gerade ihr entgegenwirken muß? – Und danken wohl die schönsten ihr Gedeihen etwas anderm, als daß Natur und Mensch jetzt einem Ziele zueilt? – Fürwahr, wenn die dem letztern aufgegebene Vereinigung mit ihr, auch eine Tat nur sein soll, wird er nie dazu gelangen, wenn › Zeit und Stunde‹ nicht die rechten dazu sind!
Auch dieser Kenntnis Anfang bot sich ihm auf eine Weise dar, die alles noch von sich erwarten ließ. Eine Wissenschaft, die seit Jahrtausenden sie vorbereitet hatte, bekam, statt oft versuchter fehlgeschlagner, nunmehr wahre Deutung. Ungeheurer Arbeit Mühe ging jetzt ihrem Lohn entgegen, und fast möchte es Gewinn zu nennen sein, daß die, die erstre übernahmen, – und noch lange, ungestört durch eine Rücksicht, sie für uns fort zu übernehmen, bereit sein mögen, – von letzterm kaum noch Kunde haben. Der Sternenlauf entschied die Zeit des Irdischen und des Menschen; sie, die Getrennte, zu vereinigen, war jetzt das lösungsfähige Geheimnis seiner Tat. An was der Landmann längst und immer glaubte, was ganzer Menschenleben tag- und nächtliche Beharrung nicht ergründen konnten, schien jetzt auf einmal dem schon zweifelnden Gemüt sich aufzuschließen. Und haben wenige noch Zeit gehabt, die Höhe und Gewißheit ihrer neuen Ahnung laut euch mitzuteilen, so kann ich euch aus eigener Erfahrung sagen, daß sie alles gab.
War je die Aussicht noch so groß und so verheißend, als die eben dargestellte? – Schien je es leichter, nach gehobnem Hindernis des Raums, auch das der Zeit zu heben, und so alle Elemente des Lebens und der Tat dem letzten Ziel, vereinigt, zuzuführen? – Kaum! – Und dennoch war, das, was gehoben schien, es weniger, als das, was, sich zu heben, erst begann. Gerade dasjenige Resultat, was ihm am allergünstigsten schien, ward in der weitern unvermeidlichen Verfolgung das, was ihm sehr bald den meisten Schaden brachte.
Schon früher (s. oben) glaubte man entdeckt zu haben, daß nur der eine Faktor alles Feuers und Lebens eins und einfach, der andere aber, unendlich mannichfacher Art und Abkunft, nur in seiner Summe so zu nennen sei. Der später gefundne innige Zusammenhang des chemischen mit dem elektrischen Feuer, und des letztern ewig rege Verbreitung durch die ganze Natur, erhöhte jenen Schein der Ähnlichkeit der gesamten anorgischen mit der besondern organischen, die ohnedies sich gegeneinander wie völlig ihresgleichens verhielten, nur immer mehr.
Ganz unerwartet war daher die bis zur Zeit, wenn auch Gelegenheit dazu sich vorgefunden hätte, noch überall mit einer Art von geheimer, gleichsam heiliger Scheu, sorgfältig umgangene, nun aber doch nicht ferner zu verleugnende Entdeckung, daß ebenso einfach, wie das eine Element des Feuers, das andere es ebenfalls auch sei. Dem einen Oxygen stand überall nur ein und dasselbe Hydrogen entgegen. Vorhandenem Hydrogen allein zufolge, brannten Körper, vorhandenem Hydrogen allein zufolge wurden schon verbrannte, von den verbrennlichen in den gleichen Zustand der Verbrennlichkeit zurückgeführt. Das ähnliche widerfuhr sofort auch den Elektrizitäten, denn Oxygen und Hydrogen waren selbst ja dies nur in dem Grade, als sie es durch die eine oder andre jener Elektrizitäten waren.
Wir wissen, daß schon längst die Chemie nicht mehr, bloß bei den Erscheinungen des hellen freien Feuers, stehngeblieben war. Eine Menge Prozesse hatte man aufgefunden, bei denen es nur innerlich zugegen war, und eine fast noch größere Menge, von denen man auch das kaum sagen wollte. Nicht ein Prozeß von allen diesen blieb zurück, der sich nicht als ein bloßes Spiel von Oxygen und Hydrogen erwiesen hätte; selbst der am wenigsten darauf verdächtige, der bloßer Lösung, trat als solches auf.
Der große Verräter von allem diesem war – das Wasser. Dieselbe Säule, ›auf deren Tönen ein Universum widerklang‹: wenn sie es ansprach, tat sie es nur durch das Wasser: von diesem pflanzte sich sodann die Wirkung weiter. Und was sie weiterpflanzte, war abermals nichts, als eben – Wasser. Dies zu entzweien, um es wieder zu vereinen, war ihr einziges Geschäft, und was sie noch so Glänzendes bis jetzt gezeigt: hierdurch allein hat sie es ausgerichtet, und über dies hinaus hat sich noch keine ihrer Wirkungen erstreckt. Und doch! – wo ist der chemische, der elektrische Prozeß, den sie nicht gleichfalls dargestellt, – wie viele sind nicht, die sie überhaupt zum ersten Male vorgeführt? –
So hatte man denn fast in demselben Augenblick, wo man das Leben ganz begriffen wähnte, es › ganz verloren‹. Was half's, zu wissen, daß alles in der Natur nur ein modifiziertes Wasser sei? – Viel weniger um dieses Wasser, als um das, was es modifizierte, was die unendlichen Gestalten ihm eingeprägt, in denen die bunte Natur, so wunderbar geordnet, es ringsum zeigt, mit denen allein dem gesunden Gemüt sie volle wahre Lebensähnlichkeit verrät, – darum war es zu tun gewesen. – Und nicht das einzige war dies. – Auch das Lebendige, er selbst, der Mensch, der sich des eignen Lebens Wiederholung schon so hoch erfreut, und, in Vereinigungsversuchen mit jener Säule Feuer, das ganze Gebäude eigner Lebensmannichfaltigkeit, bis auf seinen Grund erschlossen eingesehen hatte: auch ihn hatte es nur durch das Wasser angesprochen, auch ihm nur immer, was von diesem er enthielt, bewegt. Der ihm sein Innerstes erquickende Atemzug, er ward zur bloßen Anstalt, Wasser zu erzeugen; und alles Verkehr seines lebendigen Leibes mit der unendlichen äußeren Natur, dem er sein Leben selbst verdanken, und in welchem allein er es vollenden sollte, – die glänzende noch jeder Hoffnung leuchtende Feuergemeinschaft, ging stumm in dunkle Wassernacht zurück. Wie hin zu einer letzten Hülfe eilt er noch zu dem, der ihn sonst nie bei Frage um den Weg verlassen; auch dieser aber schweigt, denn selbst der Magnetismus ist ein bloßes Spiel des Wasserelements, und hat von jeher nur auf dieses hingewiesen. –
Ihr fragtet oben, ›wieweit bis gegenwärtig jene Feuerwissenschaft, die Lebenswissenschaft, und was Physik in allgemeinerer Bedeutung wäre, auch sein sollte, vorgeschritten sei‹? – Die Antwort liegt jetzt vor euch. Zu einer Wasserwissenschaft verloren hat sie sich; ein Ausspruch, der so hart scheint, daß ihn viele noch nicht werden glauben mögen. Ich selbst bin nicht der erste, der ihn tat, und seine Härte fühlte. Ein Mann, den mehrere hätten hören sollen, hat ihn bereits mit einer Kühnheit und Entschlossenheit gewagt, die ihn, und seinen Schmerz, in gleichem Grade ehren. Das Wort nur unterscheidet ihn von mir: der Sinn der Klage ist vollkommen der der unsrigen, und alle werden uns und ihm noch folgen müssen. –
Ist aber keine Hoffnung übrig, dem Dunkel, in welches hier das Licht selbst führte, wieder zu entrinnen? – Wird ewig alle Weisheit über die Natur und sich nur negativ erworben positiv, und positiv erworbne negative, bleiben? – Wird nie der Mensch und sein Geschlecht von anderem sich nähren dürfen, als von dem, was ihm vor allem Studium des Feuers und des Lebens schon zu Gebot stand, und er bis auf die neueste Zeit allein mit Glücke fortgesetzt? – Wir müßten uns selbst widersprechen, wenn wir die Möglichkeit der Hoffnung eines Gegenteiles leugneten, ja wenn wir sie als wirklich unser schon, nicht zugestehen wollten. Erlaubt mir, daß ich's wage, die Art euch mitzuteilen, auf die ich die Erfüllung dieser Hoffnung möglich und einst wirklich halte, weil in der Tat sie deutlich so bereits beginnt.
Was eben das Schicksal der neuern Chemie .... zu dem ›so zu beklagenden‹ gemacht hat, ist, daß, während sie das Leben in der unendlichen Fülle seiner innern Mannichfaltigkeit, den Organismus selbst, zu erfassen wähnte, sie statt der Form, den bloßen Stoff zurückbehielt, und daß sich ihre ganze Entdeckung darein endigte, daß Natur und Mensch aus einem Stoff geformt sein. Im Grunde aber ist auch dieses etwas, das nicht ganz zu verschmähen ist. Derselbe Stoff muß auch derselben Form empfänglich sein, und ist das, so entsteht damit auch Aussicht, die Identität genannter Formen, wenigstens auf anderm Wege, einst noch zu entdecken. Wie nun, wenn für den chemischen Prozeß, oder überhaupt für den, der endlich so zu nennen, und welcher nirgends etwas anderes, als Feuer, ist, der Stoff das alles, was von Form ihm eigen, aufzugeben, und gleichsam in nur einer allgemeinen zu verbergen, genötigt wäre? – Wenn wirklich Hydrogen, in welches alles auch noch so verschiedne, im Feuerprozeß sich doch auflöst, nichts als unter diese allgemeine eine Form gebrachter Stoff, und Oxygen nichts, als unter die allgemeine, jener entgegengesetzten, zweiten Form, befindlicher Stoff wäre? – Wenn nur das Hydrogen das vor und außer dem Prozeß, oder, da es niemals völlig außerhalb desselben ist, im Maße dieses nicht-totalen Darein-begriffen- Seins, die allgemeine Form Verlassende, und in unendliche andre besondre Formen sich Kleidende, wäre, – während das Oxygen erst im Prozeß die Allgemeinheit seiner Form verließe, und nach demselben, eigentlich im bloßen Grade des Nachlassens seiner, sich der nun auch, und zwar von neuem, entfaltenden Form des Hydrogens, und diesem selbst, erst anschloß: – so daß das Feuer nur die Wurzel des Lebens, und der Organismus der Natur und der des Menschen, bloß auf gemeinschaftlichem Boden in nun verschiedene oder gleiche Zweige und Blätter, Blüten und Früchte, aufgeschoßnen Stämmen zu vergleichen wären, beide also aus demselben Licht und Feuer ihren Ursprung hätten, und hier gerade nur so einfach, und bloßen Wasser-Gewächsen zu gleichen, schienen? –
Und wäre dieses, müßte man dann nicht, um mehr als das Bekannte zu erfahren, den Stoff am instruktivsten › außer dem Prozeß‹, ( vor oder nach ihm), da wo er möglichster Autonomie genießt, verfolgen? – Denn eben dieses Autonome ist es, welches im Prozeß, den wir einleiteten, und der in reine Heteronomie sich auflöst, beinahe so ganz aufgehoben wird. Wie wird sich mitten aus der Heteronomie, doch wieder die Autonomie und zwar die höhere, zu der wir selbst bestimmt sind, bilden können, wenn nicht die höchste Heteronomie, in welcher wir mit der Natur zu stehen haben, nur in der Identität der Autonomie uns beider besteht? – Und wie wohl werden wir imstande sein, der Autonomie der Natur uns anzuschließen, wenn wir nicht unsre eigne ihr gemäß so zu beherrschen wissen, daß sie bald unsre, bald wir ihre Stelle, oder vielmehr, einem Dritten gleich, wir beide zu vertreten vermögen? – Wozu notwendig aber die Kenntnis dessen, was die Natur in der ihrigen, und wie sie dazu gelangt ist, erfordert wird, weil die Vereinigung gerade da am meisten zu geschehen hat, wo wir und sie der höchsten genießen; obgleich auch hierzu, und nur um so mehr, die Quelle und der Boden beider, (den wir im Feuer fanden), möglichst gleich sein und erhalten werden müssen.
Eine Wissenschaft nun, die wirklich auf das ausging, was wir hier verlangen, und zu einer Zeit, wo wir fast ihren Sinn noch nicht verstanden, ja sie vielleicht ihn selber nicht,– wie denn das wahrhaft Nötige vom Menschen immer anfangs unbewußt, und erst, nachdem er schon darin begriffen, für ihn selbst, der Absicht nach, bemerkbar, und als jetzt vollkommen seine Tat erst vorgenommen wird, – ist ohne Zweifel die Geognosie, in demjenigen Geiste, in dem ein großer Deutscher, wie man sagen kann, ihr Stifter wurde. Hier ist der Erde völlig der Begriff des Lebens dargeliehen. Sie wird in ihrer Mannichfaltigkeit, und Folge dieser, ganz wie ein Lebendiges, – zum wenigsten für jene Zeit, in der sie sie erzeugte, – angesehen. Man sucht die Ordnung auf, und ihre Regel, in und nach der das Individuelle sich in ihr entfaltet und verbunden. Das Gesetz des Lebens und des Organismus selbst ist es, was man aus seiner Übung hinterlaßnen Zeichen zu entziffern sucht, und allerdings ist schon die Deutung dieser Felsenschrift hinlänglich vorgerückt, um ihren letzten Sinn bald jedem zu entdecken. Nicht lange mehr, so wird sich finden müssen, daß in der Tat die Erde einst einem großen solchen ihr eigenen Gesetz des Lebens nachgehandelt, und alles, was von seiner Wohnung unversehrt noch steht, Organ und Körper sei, die dies Gesetz sich schuf. Auch dieses selbst wird man somit gefunden haben, und es nur vermöge seiner Gleichheit mit dem nämlichen des eigenen Lebens, verstehen, und an dessen Leibe nachmals es vollkommen wiederfinden.
Man hatte dieses, und mehr als jedes andre frühere noch, lohnende Studium der Erde, vornehmlich deshalb eingegangen, um hier den Stoff mit Ruhe › außer dem Prozeß‹ (dem Feuer) zu verfolgen, weil, in ihm, alle Mannichfaltigkeit der Form verschwindet, um deren Kenntnis doch für die des Lebens und des Lebendigen es so sehr zu tun war, und die auf dem bloßen Wege einer Untersuchung des Prozesses, in die sich alle frühere Chemie auflöste, nie zu erhalten war. Allein auch noch in einer andern, und fast merkwürdiger, als die vorige, werdenden Hinsicht, hatte man den Stoff hier außerdem Prozesse untersucht. Denn es ist notwendig, daß ein zweites großes Resultat der neuen Untersuchung werde, daß, was so offenbar die Erde einst gewesen war, ein vollkommenes Lebendiges, sie gegenwärtig nicht mehr sei. Was alles Lebendige im Leben hält, und ihm Beginn und Schluß gibt, ist doch derjenige Prozeß von neuem, den wir auch an uns nur Feuer nennen, und dieser, wie ungeheurer Herrschaft in vergangnen Zeiten rückgelaßne Spuren wir auch an und in der Erde finden, zur Zeit ihr doch nichts weniger beinahe gänzlich fehle. Wie ein großer verloschner Feuerbrand, an dem nur selten hie und da noch einzelne Funken sichtbar werden, und der sich bloß noch von der wenigen aus jener Zeit ihm innerlich zurückgebliebnen Glut ernährt, erscheint sie jetzt; ein Feuer an ihr, was, übrigens hell oder dunkel, seinen Bedingungen nach, dem gliche, was das Leben ausmacht und erhält, ist ihr fast gar nicht mehr natürlich, und noch werden wir uns zurückerinnern, daß, als wir früher einzig aus dem Feuer, und zwar dem chemischen, Lebensauskunft zu erhalten suchten, es in den seltensten Fällen von sich selbst da war, und fast beständig wir erst künstlich es vorbereiten, dann entzünden, mußten. (Vom elektrischen freilich könnten wir dies weniger sagen; allein auch hier bewies die Erfahrung, daß, seiner allgemeinen Ausbreitung ohngeachtet, es ebenfalls doch nur in wenigen Fällen, dem vollen Werte seiner Größe nach, dem eingeschränktesten chemischen gleichzusetzen sei, und überhaupt, wie wir es jetzt ausdrücken können, nur noch ein Spiel aus alter Zeit der Erde zurückgebliebener schwacher und bloß innerlicher Glut, sei.)
Wo ist dies Feuer hingeschwunden, was die alte Erde selbst sonst in so reichem Maße nährte und belebte? – Was soll der scheidende Koloß bedeuten, der nun, fast leblos, da zu euren Füßen liegt? – Wird ›nie er wieder seine Glieder rühren, und kräftiger der Puls des Lebens seinem Innern schlagen‹? Oder: – – hat diese große Erde, die du Natur nennst, nur für dich den Tod erfahren, und sollst du es sein, der einst, nach langer Trennung, neu sich einigend mit ihr, ihr Wiederwecker wird? – Sollst du es selbst sein, in dem jene Erde und du der von ihr Getrennte nur ein Leben feiert? – Soll eine ganze Schöpfung werden, was bis dahin du allein dir aufgegeben glaubtest: Mensch, und du sie selbst.
O dann sieh nicht mehr unter, über dich: sieh hin auf das, was um dich täglich dich umgibt. Bist du der Feuerträger und Vollender der Natur, so lerne von den Ahnen deines eigenen Geschlechts. Vom Grün des Mooses an dem Stein des Bachs, bis zu der Gemse, der der Felsen, und dem Adler, dem der Himmel noch zu niedrig, des Feuers Luft in Duft des Lebens zu verhauchen: sie alle sind, was du gesucht und nicht gefunden, du selbst in deiner Frage. Was die Natur von dir verlangt, ist hier in ungezählten Stufen von ihr selbst vollzogen. Hier also lerne die Vereinigung, wo nicht, so sicher nirgends. Was dich, gesehn in seiner Trennung, so bekümmerte, es ist dein eigen Bild; was du bewundert als Vereinigung, dein eignes nächstes Ideal. Dein nächstes: denn sie alle gingen dir voran, und hören auf, wo du beginnen sollst. Sie lerne kennen, und mit ihnen das Gesetz, nach dem du fortfährst. Sie sind beschlossen, auf daß du es werden könnest. Du selbst warst's einst, und in welch höherm Grad, als sie! Was du zur Trennung kommen lassen, ist nur deine Schuld. Die Zeit der Büßung aber ist vorüber, und du kannst sie heben.
Doch glaube nicht, daß dir ein andrer Weg je dafür offenstehe, als der, durch den du selbst in sie versankst. Die ganze belebte Schöpfung siehe an als das, was du, in Schmach gebracht, – wie dich – von ihr erlösen sollst. Sie war das angefangne Werk, was du vollenden solltest. Vollende sie, und du wirst ebenfalls es werden.
Fahre fort dann Feuers heilige Flamme, die deinen Händen wie in letzte übergeben ist. Entzünde ganz, was Licht und Leben ferner bringen kann. Es wartet eine Welt, sich deiner Einung zu erfreuen. Die Erde selbst will sich dir öffnen, die Befehle deines Lebens zu vollziehen. Ein Kreis des Lebens, ein lebendiges allein, soll sich auf ihr befinden, – sie nur Organ desselben. Was von Geschöpf sich übrigens noch auf ihr rührt, soll wie des Menschen eigener Beschluß zu seinem Wohl erscheinen; sich selbst beherrschend soll er Herr und Herrscher einer Erde, einer Welt, und einer Schöpfung, sein.
Es ist ein alt Herkommen, schwerer Rede Sinn vor ihrem Schlüsse noch an einem Beispiel zu verdeutlichen. Ich habe dieses ganz besonders nötig, und deshalb soll die Sache selbst mein Beispiel sein.
Vor allem habe ich bemerken lassen wollen, wie alle Physik, als Erforschung der Natur und des Natürlichen, von jeher ausging von der Sorge für den Menschen, und wo sich günstige Gelegenheit noch fand, auch immer wieder auf diesen zurückkam. Ich habe den jetzigen Schein der großen Entfernung eines beträchtlichen Teils derselben hiervon, doch nachgezeigt als ein notwendiges Stück der Bahn, die, einer Ellipse gleich, der Mensch zu durchlaufen hat, um wieder anzulangen, wo er ausging. Endlich habe ich selbst über die Art Vermutungen gewagt, wie diese Rückkehr möglichst fruchtbar aus dem schon zurückgelegten Teil der Bahn, gewissermaßen rechnungsweise, sich ergebe; und wären sie auch vielleicht gerade das, wo mich die Gegenwart am wenigsten zu billigen vermöchte, so habe ich es eines so festlichen Tages, als der heutige uns ist, nur um so würdiger achten wollen, die Rückerinnerung an ihn und das, was ihn veranlaßt, durch etwas mitbefestigen zu helfen, was kommender Jahrhunderte deutende Entscheidung noch zu genießen haben wird.
Doch kann ich diese Stelle nicht verlassen, ohne noch kurz zu einer Betrachtung aufzufordern, die mir bei allem, was ich scheu euch vortrug, am meisten Mut gegeben hat, mich eurer Nachsicht zu versichern.
Ist Wiedervereinigung mit einer getrennten Natur, Zurückgang in die vorige Harmonie mit ihr, das, was den Menschen überall zunächst beschäftigte, nach welchem all sein Sinnen und sein Trachten, von jeher jeden Morgen neu sich richtete, – und diese Wiedervereinigung mit ihr, die Folge einer Einsicht und Gewalt in die Natur, die aus allem Willen gleichsam einen nur, aus allem Leben nur ein Leben, aus aller Sorge um dasselbe nur eine einzige macht, deren Lenker und Führer der Mensch allein, die Zahl des mit ihm zugleich Beglückten aber unendlich, ist –: so wird daraus eine Vollkommenheit des Lebens und seines Genießers entstehen, die ebenso, und in aller Hinsicht, unendlich sein muß, als die dem Menschen früher einst wirklich schon eigne, es in einiger erst war. In diesem Zustand aber wird sein Leben und seine Tat ohnfehlbar die höchste Wahrheit und Schönheit selbst darstellen müssen. Er selbst in seinem Leben wird das Kunstwerk sein, des Künstler mit demselben eins und gleich ist, statt daß in aller früherer Kunst, die ebenfalls nie etwas anderes, als auch den Menschen nur, zu ihrem letzten Ideal gehabt hat, sie immer noch, und sehr, getrennt, gewesen sind. Wie aber man von einer Kunst schon dann zu sprechen pflegt, wenn sie die letzte Höhe auch noch nicht erreicht hat, die Physik in ihrer Gesamtheit aber nie etwas anderes bezweckt, als die Realisierung jenes höchsten Lebens und Tuns: so wage ich es ohne Anstand, ihr selbst den Namen einer Kunst zu geben, und einer höhern, als alle übrige. Denn alle sind sie selbst nur dieses Namens würdig, insofern sie sich auf jene höchste aller möglichen bezogen; und was sie noch Entzückendes gewährten, es ist nur die geheime Rückerinnerung an das, was einst der Mensch in frühern Zeiten schon gewesen, und die daraus erfolgende Hinerinnerung an das, was einst weit schöner es wieder zu werden, mit Hoffnung er auf dem Wege sich befindet, der er alles zu danken hatte. So sieht man in der Baukunst höchster Periode nur des Menschen eiliges Bemühen, die Kraftgewalt seines ersten Geschlechts durch Häufung ungeheurer Massen des Dauerhaftesten auf Erden, für alle folgende Zeit der Vergessenheit zu entreißen, und noch erscheint ihr Ordner selbst an ihnen, nur im als Hieroglyphe veräußerten Ebenmaße seiner eigenen Gestaltung. Erst in der Plastik wird der Täter selbst verewigt, und steht im selben Vorgewichte über die Tat, als in der Baukunst diese über jenen, da. Nach einer langen Pause dann, binnen der der Mensch beinahe müßig stand, und zwischen Erinnerung und Hoffnung fast gleich unentschieden, dem bloßen Strom der Zeit allein gehorchte, worauf dann aber doch die Hoffnung siegte, die seitdem fast die Erinnerung verdrängt, und allen Blick der Zukunft zugelenkt, erschien auch – in der Malerei – nunmehr die Tat allmählig wieder, indem ihr Werk der Fläche, ob es gleich, wo sie das höchste leistete, mehr auf den Täter, als die Tat gesehn (ja nur sehn konnte), doch durch den Betrachter erst zu einem vollen Körperlichen wird; wodurch sie gleichsam, in der Aufforderung an ihn, es zu ergänzen, ihm das Beginnen neuer eigner Tat verkünden will. Noch inniger zieht die Tonkunst dann den Menschen in den Kreis der Tat hinein, und ist selbst solche: so daß sie für die neue, oder für die Zeit der Zukunft, ganz zu sein scheint, was einst die Baukunst für die ältre oder für die der Vergangenheit; indem, wenn jene die Tat veräußernd, diese sie immer verinnernder, aufführt, und auch übrigens jener noch darin gleicht, den Täter selbst als bloßen Ordner oder Gliederer der Tat, durch ganz den nämlichen bloß hieroglyphischen Gebrauch des Ebenmaßes seiner eignen Glieder, in sich aufzunehmen. Ich wüßte nicht, was nach dieser Kunst der letzten Zeit, – von der, ob sie den höchsten Gipfel schon erreicht, oder ihn erst noch erreichen solle, hier unentschieden bleiben muß, – wohl noch für eine zu erwarten sei, die mit den vier genannten eine Reihe bildete, allein diejenige ausgenommen, die höher als sie alle sein wird, und deren Wesen ich bereits hinlänglich angedeutet habe. Daß aber diese höchste aller Künste bis jetzt noch immer mehr den Namen einer bloßen Wissenschaft getragen, ja daß die Vorbereitung ihrer, beinahe, was von Wissenschaft nur überhaupt zugegen, in sich faßt, hilft bloß die Ahnung dessen, was sie, einst am Ziele angekommen, sein muß, ganz vollenden. Was ist ein Wissen, welches nicht der Übung fähig ist, und was ist diese Übung sofort selbst? – Und ist, was Wissen schafft, unendlich, so wird nach diesem Wissen auch das Können, wofür es einzig da ist, ebenso unendlich sein.
Nicht aber bloß nach innen unendlich, Kunst überhaupt erst, ist, wovon wir sprechen: in jedem Sinn unendlich – allgemein – wird sie einst sein. Ihr nächster Gegenstand zwar ist das Individuum in ungetrübter eigner Wahrheit, Lebenskraft und Schönheit. Ein jedes Individuum aber ist sich solcher Gegenstand, und was eines Eigentum geworden, muß es allen sein. Mehr als irgendeine der früheren, ferner, wird die jetzige Kunst, die Kunst des Lebens – sich lehren –, und wie jedes was nur recht wahrhaftig wahr ist, (schiene es dem Menschen sonst auch noch so fern), sich von ihm – lernen – lassen; zumal was hier zu lernen, Befriedigung des ihm angeborensten Bedürfnisses betrifft. Wir wissen noch, wie von den ältesten Zeiten her derjenige vom Volk geehrt war, der ihm Lehrer wurde, und von wie etwas sehr viel Höherem ist hier die Rede. So wissen wir auch noch, welche große neue Frucht schon aus dem Grade des damaligen Gedeihns der Individuen durch Lehre, doch aus ihrer Mitte alle überschattend, schützend, schirmend, sich erhob. Und wieder wie so sehr viel höher muß nicht jetzt die Frucht des so viel größern schleunigem Gedeihns derselben werden, wo sie aus Quellen genährt wird, die man fast die Hoffnung nicht mehr hatte, einst noch zu erschließen! Der sonst nur Staats- Bewahrer hieß, ist jetzt ein Staats-Verjünger, und einmal neuer Schöpfung seiner Zeuge, sieht man zu ihm, dem nie Veralternden, als einem Staats- Verewiger hinauf. Und hielt auch das Geschlecht des Menschen sich längst für allzu ausgebreitet, als daß es des Begriffes seines Ganzen in nur einen fähig wäre, so geschah, was solcher Art nicht möglich war, nur um so mehr auf eine andre, höhere, und hoch über aller Staaten Häupter hob, als höchste alle heiligende Vereinigung, die Kirche jetzt das ihrige empor. Sie, als von welcher sich noch immer jeder letzte Segen auf die ihrem Geschäfte treu Nachgehenden ergoß, indem sie, dieser höchste Segen selbst, von jeher in dem Maße zunahm, als die Menschen eines Staats und ihrer würdiger wurden, und so überhaupt erst da war: Sie ebenfalls, ja sie vor allem, weil alles andre durch sie, in ihr, wird mit der neuen Kraft des Individuums, und keins soll ausgeschlossen sein, in neuen höhern, jeden früheren, als bloßes Vorbild dieses, überblendenden Glanz aufgehen, und alles und sich selbst, ihn ewig mehrend, damit erfüllen. Denn während der Sterbliche wähnt, zu der Natur zurückzukehren, die er einst verließ, ist es ein Gott, der ihm entgegenkommt, und ihn jetzt in sich aufnimmt. Ihn durch die Schöpfung schaffend wieder zu verkündigen, ist er gesandt, Gottheit verbreitend selbst der Mitgenießer ihrer Göttlichkeit zu sein, sein Segen.
Kröne, Gott! mit deinem reichsten Segen dann das Haupt desjenigen, der uns und alle, die ihn Vater nennen, dir entgegenführt. Laß sein ganzes königliches Haus erfahren, was er uns erfahren läßt. Gib Kraft dem Dank, der heute zu ihm aufsteigt, daß er wisse, wir erkennen ihn. Uns aber stärke, seiner Huld und Obhut immer würdiger zu sein. Viel hat er unsern Händen anvertraut, und wenig darf es nicht sein, was wir wiedergeben. An Millionen soll es sich verkündigen, – sie dich in ihm, – – wir ihn! –