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An Adalbert Stifter

Vor seinem Denkmal

Aus deines Hochwalds rauschendem Gebreite,
dem kühl smaragdnen, das in keuscher Flut
stolz wehende Kronen spiegelt, glanzgeweihte,
aufragt dein klares Bild, du gütig-weiser
menschlichster Mensch, sanftesten Lebens Preiser,
auf deiner freien Stirn die letzte Glut
sinkender Sonne, tief im Aug ein Leuchten,
als hielte sich ein Tränlein dort versteckt,
das deine Wange zärtlich wollte feuchten,
doch du, du wehrtest ihm den Weg mit Macht,
hast deine Brust mit einem Ruck gereckt
und sahst der Sonne nach und zucktest nicht,
mochte dir Weh auch, dunkel wie die Nacht,
das Herz bedrängen. Langsam schied das Licht ...
Nun aber war's, als ob dein Mund sich senkte,
und Falten, herbe Falten gruben sich
im Dämmerschatten deinem Antlitz ein,
wie wenn ein stumpfer Pflug sich kümmerlich
im Acker schleppte, den ein Müder lenkte:
und, Milder, diese Furchen blieben dein!
Und deine Augen, wanderten sie jetzt,
verhüllt und scheu wie schweigend weggewiesne
Fremdlinge, heimatlose, dem Geklüfte
der Seele zu, verstoßen und verletzt? ...
Dies war dein Schicksal, Milder! Linde Lüfte,
schmeichelnde Abendlüfte der Verehrung, sind
heut um dein Haupt, das weit im Land gepriesne,
dein Leben aber schritt im scharfen Wind
durch Einsamkeiten hin: ein Dichterleben!
Heut hat dir jedes Kind ein Wort zu geben,
draus Liebe duftet ... Lieblichster Verkünder
der Herrlichkeit der Welt, ob du, Ergründer
der Einigkeit aller erschaffenen Dinge,
herniederschwebst aus Gottes höchstem Ringe,
im Grase weilest, das verstohlen funkelt
vom Silbertau der Morgenhoffnung, leise
den Abendstern beschwörst mit süßer Laute,
während der Wald verlassen sich verdunkelt,
ob du des Blutes sinnverwirrend jähe
Gewalt besänftigest mit kühlen Händen
– Großvaterhände, ganz ergebne, traute! –
ob du geneigt belauschest jede Weise,
die flüsterndste der traumumflorten Flur,
der Blätter raunend Rieseln, das Gestöhn
des Stamms im Sturm, das gläserne Getön
des Schilfs; beschleichst der Rehe Spur,
der weich hintrabenden, im Ried, das Leuchten
des trägen Stroms entlang gespenstigen Weiden;
Nah-nächster allem keusch verschwiegnen Leiden,
Barmherzigster den scheuen heimwehfeuchten
Blicken der Kinder, die das Grauen ahnen,
das rätselhafte, öder Wanderstraßen;
Holdseligster dem Kummer sanfter Frauen:
du allen innerlichsten Ebenmaßen,
den unbekannten tief bewußten Planen
ganz Angemeßner, ja, du durftest schauen
mit seligen Augen, wo wir wankend wähnen,
verzweifeln am Begreifen und verzagen
mit zitternden, mit feigen Sklavenzähnen:
du hattest Gott, du konntest ihn ertragen!
Und Gott hat Schlichten dich erhöht wie keinen,
vor deinem Wesen blassen bunte Worte
und gleichen ausgelöschten Edelsteinen
im Strahlenglanz aus seiner Gnadenpforte!


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