Viktor von Scheffel
Der Trompeter von Säkkingen
Viktor von Scheffel

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Zur fünfzigsten Auflage.

            Heut bläst der Trompeter mit neufrischem Mut
Die Jubiläumsfanfare,
Das sechsundsiebziger Jahr war uns gut,
Wir wurden allbeid' Jubilare:
Ich hab' mich zum fünfzigsten Lebensjahr
Durch Freude und Leid durchgepfleget –
Er wird – ein Fall, der in Wahrheit rar –
Zum fünfzigstenmal neu verleget.

Vielleicht, daß ich selber von Jugend und Glück
Ein Stück ihm zurückgelassen:
Es zieht auch den Fünfziger gern noch zurück
Zu vertrauten Trompeterstraßen.
Zum Eggberg stieg ich. Dort ragen zu Tal
Die Dörfer der Hauensteiner,
Die Dächer moosgrün und strohbraunfahl,
Doch Landestracht trägt nicht mehr einer.

Froh wandert der Mann, wenn die Seele klar
Und die Welt von Sonne erhellt ist;
Bald grüßte der Edeltannen Schar
Und was dem Schwarztannwald gesellt ist:
Stechpalmen, glanzgrün und frischbetaut,
Und Pfriemen, die blütenschweren,
Und ein Pelz von Moosen und Heidekraut
Und Farren und Heidelbeeren.

Von jenseit durchblinkten den stammstolzen Wald
Schneeleuchtend des Schweizerlands Firne,
Des Finsteraarhorns Prachtgestalt,
Der Jungfrau demantblaue Stirne;
Und wo der Blick sich gen Westen kehrt,
Wo Rücken um Rücken erblauen,
Da waren vom Golde des Abends verklärt
Wasgauische Belchen zu schauen.

Zum Rhein und zur Waldstadt hinab ging mein Lauf,
Da sah ich aus grünschwarzem Dunkeln
Wie ein fragwinkend Auge der Erde herauf
Grausilbrig den Bergsee erfunkeln.
Gneisfelsen stehn ob der Wiesentrift
Und da, wo die Hochtannen lichter,
In mächtigen Lettern die Felswandschrift:
»Saekkingen die Stadt ihrem Dichter!«

Und als ich vor Ballys Schlößlein stand,
Da stand auch Er, mein Trompeter,
In Erz gegossen von Meisterhand,
Und Mann wie Buch kennt ein jeder;
Und als mir die freundliche Wirtin im Bad
Nicht erlaubte, die Zeche zu zahlen,
War's klar, daß ob uns und Sankt Fridolins Stadt
Heilwaltende Sterne erstrahlten.

Fürwahr, die Trompete blies kräftig sich Bahn
Durch Unkunst und epische Wildnis;
Der Verleger schließt unserm Jubel sich an
Und verlangt vom Verfasser sein Bildnis.
Wie das Werk er geschmückt, nehmt gütig es hin,
Uns fürder Gewogenheit schenkend
Und, wenn ich nicht mehr hienieden bin,
Des Schwarzwaldwandrers gedenkend.

 
Karlsruhe, im Oktober 1876.


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