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Ein Faschings-Festlied.
Herein, nur herein allinsgesammt
Ihr preislichen Herren und Damen,
Geprüft vom Faschings-Marschallamt
Auf närrischen Rang und Namen!
Des Prunksaals Pforten erschlossen sich weit –
Willkommen, die Seiner Heiterkeit
Zu huldigen heute kamen!
Der Jokusstab im Wappenschild
Schafft Einlaß euch ohne Phrase;
Als ältesten Adels Stammbaum gilt
Die längste Pappen-Nase;
Als köstlichster Schmuck der Groß-Kordon
Vom hohen Orden des Kotillon
Am Band – mit dem Römerglase!
Eröffnet hat just Prinz Karneval
Den Reigen feiner Audienzen;
Entboten sind die Getreuen all
Aus feiner Erblande Grenzen:
Der Truchseß Witz, der Kanzler Humor,
Das diplomatische Narren-Korps –
Die tollsten der tollen Exz'lenzen!
Im Schellenornat der Herrscher sitzt
Auf ragendem Büttenthrone:
An Szepters statt die Pritsche blitzt,
Es funkelt die Kappenkrone!
Und um ihn reih'n sich nach Fug und Gesetz
Abdera's Vertreter und Schöppenstädt's –
Des Parlamentes Barone.
Des Kriegsheers Generalissimus
Ragt Don Quixote im Bügel:
's führt der Bajazzo als Syndikus
Des Staats Insignien und Siegel;
Auch schlägt man heut zum Ritter des Reichs
Als Löhnung manchen Schwabenstreichs
Den Schalksknecht Eulenspiegel!
Doch was nicht zählt zur Narrenzunft,
Der Kukuk hol's und sein Küster!
's wird außer Landes die trockne Vernunft
Gewiesen vom Stultus-Minister:
Die Griesgram-Sippe trifft Bann und Acht,
Un cum infamia wird ausgelacht
Der Schulweisheit Philister! – – –
So hülle denn, luftiger Faschingstraum
Das All uns in Rosenschimmer:
Entsteig' des Champagners perlendem Schaum,
Du buntes Märchengeflimmer!
Das Heut noch ist unser; es lebe das Heut!
Schon morgen, ach, sinkt all die Herrlichkeit
In Scherben und Fetzen und Trümmer! –
Doch ob auch verweht die Zauberpracht
Der Morgenwind, der scharfe;
Ob all zerrissen auch über Nacht
Die Saiten der goldenen Harfe:
Prinz Karneval herrscht frei und froh
Mit Grazie weiter – inkognito,
Der wechselt nur die Larve!
Der achtet, ein unsterblicher Held,
Des Aschermittwochs gar wenig;
Es bleibt ihm sein Reich: die weite Welt,
Die Menschheit ihm unterthänig!
Es nennt wieder morgen »
Herr Zeitgeist« sich
(Du schöne Maske, wir kennen dich!)
Der heute heißt: Narrenkönig!
O turn', so lang du turnen kannst,
O turn', so lang du turnen magst,
Auf daß du straff die Sehnen spannst,
Der Muskeln Halt zu prüfen wagst!
Du Schmerzenskind der jüngsten Zeit,
Deß Nerven schlottericht und erschlafft –
Was ihnen neuen Schwung verleiht.
Erringst du nur durch eigne Kraft!
Du ließest emsig Herz und Geist
Durchweh'n vom »höheren Bildungshauch«:
Sag', Menschenkind, warum du weih 'st
Nicht gleiche Gunst dem Körper auch?!
Willst mit der Seele du zugleich
Den Leib entziehn der dumpfen Ruh,
So lenke flugs – ob arm, ob reich.
Dem Turnplatz deine Schritte zu!
Dort gilt nicht Stand, dort gilt nicht Rang:
Ob an des Daseins Klimmgerüst
Zur höchsten Höhe Der sich schwang,
Ob Der im ewigen »Knickstütz« ist;
Ob Der im »Dauerlauf« gewann
Den Preis; Der »auf der Stelle tritt« –
Willkommen ist dort jedermann.
Den dahin führt ein Mannesschritt.
Doch
du selbst, die als Jungfrau schuf
Der Herrgott, »zartbesaitet«, fein:
Glaub' nicht, es wäre dein Beruf
Nur einzig, hold und schön zu sein;
An dich auch hat, so schwach du scheinst,
Das Vaterland ein heilig Recht:
Daß du als Hausfrau ihm dereinst
Erziehst ein markiges Geschlecht!
Und du, der mit Kameelsgeduld
Jahrein jahraus die Feder führst
Durch Aktenwüsten, und am Pult
Ein schwarzes Tintenmeer verschmierst:
Treib' Heilgymnastik schlimmstenfalls
Nach deines harten Tagwerks Schluß,
Daß du nicht schmählich endest als
– Staatshämorhoidarius!
Und du, den staubig und berußt
Der Werkstatt Bann in Fesseln schlug,
Komm', weite hantelnd deine Brust
Durch manchen tiefen Athemzug:
Und du, der Silber-Barren zählt.
Sei auf so edlen Stoff nicht stolz:
's ist dauerhafter, was gestählt
Am
Barren ward von schlichtem Holz!
Und du, der am Ministertisch
Für's Volkswohl manche Nacht verwacht:
Hier suche, was das Hirn dir frisch
Und klar die Augen wieder macht:
Wirf ab den goldgestickten Rock
Und Gnadenkett' und Ordenslast –
Weit seltener »schießest« du 'nen Bock,
Wenn du ihn brav »gesprungen« hast!
O turn', so lang du turnen kannst,
O turn', so lang du turnen magst.
Daß du des Blutes Stockung bannst.
Und nicht vor Hexenschüssen zagst!
Die Beine wirf zum Himmelsblau
Im Bauch- und Rückenwellenschwung,
Daß Knochen dir und Gliederbau
Geschmeidig bleibe, stark und jung!
Und ärgert dich die Politik,
Wirf nicht mit zitt'rig matter Hand
Und giftig grollgetrübtem Blick
Die neuste Zeitung an die Wand:
Nein, so dich packt das Zorngefühl
Und dich's mal »werfert« allzusehr,
Dann schleudere starken Arms zum Ziel
Zu deiner Kühlung Ger auf Ger!
Und kreuzt den Pfad der Sorgen Hauf,
Da man nicht vor- noch rückwärts weiß,
Dann stell' dich in der »Grätsche« auf –
Stracks ringe nieder das Geschmeiß;
Und nie vergiß das gute Wort,
Das uns vererbt hat »Vater Jahn« –
's wird weiterhallen fort und fort
Durch manch Jahrhundert: »
Frei die Bahn!«
Die Alten vom Germanenstamm,
Sie tranken nicht nur »stets noch eins«,
Nein, rüstig turnten auch und stramm
Sie an den Ufern schon des Rheins:
Als sich erhob das Römer-Joch –
Ein Lanzenschaft-gefügtes Reck –
Nicht Einer war, der drunter kroch:
Sie sprangen alle
drüber keck!
Drum turn', so lang du turnen kannst.
Und turn', so lang du turnen magst – –
Es kommt die Zeit, da dich dein Wanst
Dran hindert und du stöhnend klagst!
Wiegst du zweihundert Kilo erst,
Dann ist es meist zu spät; drum eil'.
Daß du den Schritt rechtzeitig kehrst
Zum Turnplatz noch! – Und nun: »Gut Heil!«
Wenn es kau tagt –
Im Dämmerschein
Der Jäger jagt
Das wilde Schwein.
Es tönt sein Horn
Am Silberbach –
Das Schwein rennt vorn.
Der Jäger nach.
So geht's, Hussa!
Durch's Waldrevier:
Das Schwein ist da,
Der Jäger hier.
Laut kläfft der Hund,
Es jauchzet keck
Der Jäger – und
Das Schwein ist weg!
He, ihr da draußen, Leute,
Sperrt Augen auf und Ohr
Und laßt zu Wort 'mal heute
Auch mich – den
alten Moor!
Ringsum an jedem Orte
Fröhnt jetzt ein ganzes Korps
Dem edlen Hungersporte – –
Wo bleibt der alte Moor?!
Gepriesen wurde Tanner
Im Baß und im Tenor,
Und doch folgt er dem Banner
Allein des alten Moor!
Tagtäglich neue Namen
Hebt man voll Ruhm empor.
Doch keine der Reklamen
Gedenkt des alten Moor.
Das stimmt mich daß verdrießlich:
Des Hungerns Senior
Bin doch in Wahrheit schließlich
Nur ich – der alte Moor!
Ich eigenlobe ungern
(– 's riecht schlimmer fast wie Chlor! –)
Doch handelt sich 's um 's Hungern,
Dann kommt zum alten Moor!
Denn was man bei den Neuen
Euch jetzo hungert vor,
Sind eitel Spielereien
Nur für den alten Moor!
Der füllt sich erst den Magen
Gleich einem Landpastor
Zu lump'gen dreißig Tagen – –
(Deß lacht der alte Moor!)
Der rühmt, daß er vom Fette
Fast fünfzig Pfund verlor – –
Kommt her und hungert Wette
Erst mit dem alten Moor!
Bei mir sind's dreißig Wochen
Seitdem ich nichts verzohr:
Seht – lauter Haut und Knochen
Bin ich, der alte Moor!
Bald übertreff' an Schlanke
Ich jedes spanische Rohr –
Und selbst mit dem Getränke
Ist's nichts beim alten Moor!
Da sieht man Hinz und Kunzen
Und Paul und Theodor
Das Hungern jetzt verhunzen
Zum Spott dem alten Moor:
Herr Cetti nahm nach Noten
Sogar Entree dafor,
Bis man es ihm verboten ...
(Das freut den alten Moor!)
Ja, selbst Professor Virchow
Preis t ihn als Matador – –
Das bringt noch auf den Kirchhof
Vor Wuth mich alten Moor!
Wer solch Salon-Gehunger
Als Nahrungszweig erkor –
Norweger oder Unger -
D' rauf pfeift der alte Moor!
Zu hungern auf 'nem Podium,
Umringt vom Damenflor:
Dagegen hat ein Odium
Nun gar der alte Moor!
Und für's Konzertgefaste,
Wobei man Liszt und Spohr
Spielt auf der Klimpertaste –
Da dankt der alte Moor!
Hier, wo umheult vom Sturme
Ich fast zum Eiszapf fror,
Dahier bei mir im Thurme
Beweist's dem alten Moor!
Wo »Fränzchen, die Kanaille«,
Persönlich schloß das Thor:
Hier hungert Euch 'ne Taille
Wie die vom alten Moor!
Hier, gegen Einen Nickel
Setz' ich fünf Louisd'or:
Nimmt alle Euch beim Wickel
Noch heut der alte Moor!
Trotz Konkurrenz und Neider,
Die man heraufbeschwor:
Champion der Hungerleider
Bleibt doch der alte Moor!