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Neueste Zoolyrik

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Der Kutscher und sein Roß.

Eine nächtliche Berliner Ballade.

Ich hab' mein Roß verloren,
Mein apfelgraues Roß:
Ich sucht' es vor allen Thoren,
Ich sucht' es in Hütte und Schloß:

Und da ich es nirgends gefunden:
Voll Kummer, Sorge und Pein
Kehrt' ich zur nächtigen Stunden
Im »Frühstückskeller« ein.

Budiker, he, eine Kanne,
Zu löschen Sehnsucht und Durst!
Mich hungert: gieb dort aus der Pfanne
Die warme Knoblauchswurst!

Die Wurst hab' ich zerschnitten,
Da tönt entgegen mir
Aus des Gemengsels Mitten
Ein geisterhaft Gewieh'r .........

Wie war mir bekannt die Stimme,
Wie war mir lieb der Ton:
Es taucht unter schmerzlichem Grimme
Empor die Erinnerung schon – –

O apfelgrauer Schimmel!
O schnöde Missethat!
So rasch aus dem Weltgetümmel
In's stille Zervelat?!

Und seh' ich gesotten dich wieder.
Mein greiser Fahrtgesell,
Dann ström' auf den Teller nieder
Der Zähren salziger Quell!

Was ist's, du rebellischer Magen,
Das du so gierig knurrst?!
Du würdest sie nimmer vertragen,
Die galoppirende Wurst – –!

Einen Bittern mußt' ich trinken,
Mir war das Herz so schwer – –
Die Gabel ließ ich sinken,
Aß keinen Bissen mehr!

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Aus der »Guten Gesellschaft«.

Zum Weiher, wo sich versammeln meist
            Die »besseren« Enten-Familien –
Ein Reiher-Fräulein, weitgereist,
Aus Künstlerkreisen – wandelt dreist
               Durch Schilf und Wasserlilien.

Doch kaum läßt also nah beim Teich
               Der neue Gast sich blicken:
Die Enten-Damen, vor Zorne bleich,
Sie rufen zusammen die Sippe gleich
               Und wenden stolz ihren Rücken.

»Wie darf sich wagen die freche Person
               Zur Honoratioren-Pfütze –?!
Das spricht ja jeglichem Anstand Hohn!
Es schmeckt mir bei ihrem Anblick schon
               Kein Bissen Entengrütze!«

»Seht, wie sie sich trägt – so kurz gerafft –
               Recht nach Koketten-Mode!
Daß unsre ehrbare Schwimmerschaft
Muß so was erleben: 's ist schauderhaft – –
               Man ärgert sich halb zu Tode!«

»Ihr Kopfputz – rechter Firlefanz – –
               Verehrte Frau von Schnackeln,
Ich bitt' Sie, die Feder ist unecht ganz;
Und mit dem abgeschmackten Schwanz
               Kann sie nicht einmal wackeln!«

»Nein, sehn Sie doch nur ferner dann
                (Pst, pst! daß die Kinder nichts hören!)
Die schamlos graden Beine an!
Wie man das öffentlich dulden kann – –
               's ist wirklich zum Empören!«

»Es wird die Gesellschaft, aus mein Wort,
               Hier alle Tage schlechter!
Am besten, wir bleiben gänzlich fort;
Denn das ist am Ende doch kein Ort
               Für »höhere Ententöchter«! – –

Entrüstet watschelt von dannen die Schar.........
               Es ward von all' dem Gewäsche
Der Reihermaid keine Silbe klar:
Doch fing sie – des Wettbewerbes jetzt bar –
               Die bestsituirten Frösche. – –

So geht's im Leben schlicht und recht.........
               Natürlich nur bei den Enten;
Ein Narr, wer daran glauben möcht',
Daß derlei Dinge im Menschengeschlecht
               Sich jemals ereignen könnten!

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Affen-Jourfix.

Aus dem Album eines allen Chimpansen in's Zweifüßige übersetzt.

               In der Villa
               Des Gorilla:
Welch' ein glänzender Jourfix:
               Frau von Orang
               Hat den Vorrang- – –
Rechts und links folgt Knix aus Knix!

               Blank wie Saffian
               Glänzt der Pavian
In der Rückfront Purpurschein,
               Laust sich kitzelnd,
               Schlenkert witzelnd
Er das linke Hinterbein!

               Sinnig Kratzen,
               Minnig Schmatzen –
Durch die weiten Räume weht's,
               Zähneblecken,
               Wangenlecken,
Holdes Kosen am Trapez!

               Keckes Springen,
               Loses Schwingen –
Welche Fülle von Genie!
               Holdes Schwenken
               Und Verrenken –
Eine Kletter-Kauserie!

               Episch tänzelnd.
               Lyrisch schwänzelnd........
Spielend fügt sich im Salon
               Schlanker Glieder
               Auf- und -Nieder
Zum gehüpften Feuilleton!

               Aufgehangen
               Leicht an Stangen
Und am schlaffgespannten Strick;
               Pfoten schwingend,
               Schwänze schlingend.
Schießt die Aeffin Blick aus Blick!

               In Gedanken
               Sieht man schwanken
Auf der Leiter den Mandrill:
               Dichtend fügt er.
               Reimend schmiegt er
Mit dem Rückgrat ein Idill;

               Wie er schneidig
               Und geschmeidig
Klimmt poetisch, schallt Applaus:
               Mit entzückter
               Knie knickt er
Ein – ob dieser summa laus!

               Doch dem Feste
               Seine beste
Weihe giebt erst das Gekreisch:
               Geistessprühend,
               Duftig blühend,
Wild erotisch und doch keusch;

               Süßer Triebe
               Affenliebe
Macht sich kund darin voll Lust:
               Solches Pfeifen
               Muß ergreifen
Jede weiche Affenbrust! – –

               Denkt dagegen
               Man verlegen
An die menschliche Soiree:
               Seelisch ärmlich
               Und erbärmlich
Geht's dort zu – mich füllt's mit Weh

               Herrn und Damen –
               Nachzuahmen
Suchen sie uns zwar mit Müh',
               Doch die Bahnen
               Ihrer Ahnen
Werden sie erreichen nie!

               Stolz Gespreize
               Ohne Reize,
Ueppigkeit ganz ohne Schneid.........
               Doch darüber
               Schweigt sich lieber
Ans des Affen Höflichkeit!!

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Der tollkühne Gänse-Jüngling.

Ein zoosophisches Lehrgedicht.

O ewige Göttin der Weisheit, du,
Läßt sich's denn gar nicht vermeiden,
Daß die dir streben voll Eifer zu,
So schwer oft müssen leiden?!
Ob Menschen- oder Gänseherz:
Erfüllt es zu dir die. Liebe,
So bleibt ihm erspart kein herber Schmerz –
Die rohe Gewalt zwingt niederwärts
Den heiligsten der Triebe!

Geladen ist heut die Gänsemama
Zu einer Nachbarpfütze;
Ein Damenkränzchen feiert man da
Beim Schälchen grüner Grütze;
Und blieb auch die Muhme Quackel zurück,
Die wilden Kleinen zu hüten:
Sie hat einen sehr beschränkten Blick
Und pflegt den Nachmittag zum Glück
In Träumen zu verbrüten.

Du himmelstürmendes Gänsekind,
Nun folg' deinem innern Drange
Und segle hinaus in Wellen und Wind,
Wie du's ersehnt schon lange!
Welch' Streben voll und frei und reich!
Das fühlt und versteht kein Philister:
Durchsteure den großen Wellenteich – –
Schon schwinden ferne, zwergengleich
Die ängstlichen dummen Geschwister! -

»Daß doch im Flug man durchmessen kann
So ungeheure Strecke!
's fängt sicher ein neuer Erdtheil an
Dort bei der nächsten Ecke!
Im blauen Nebel wohl zeigen sich
Die Kokospalme und Pinie,
Und blicke ich stolz jetzt hinter mich:
Gewiß im Wasser – der dunkle Strich
Ist die passierte Linie!

»Hier scheint sich schon der tropische Schlamm
In's Unermessene zu breiten.
Und sieh, ein fremder Vogelstamm
Begrüßt mich dort vom weitem;
Ein Vogel, der auf Halmen sitzt –
Fast staun' ich mit offnem Munde;
Auf meine Sprachenkenntniß gestützt,
Schnatt'r ich mit ihm, denn solches nützt
Der Erd- und Völkerkunde!

»Mich faßt ein Sehnen ungestüm
Nach ewigen Nachruhms Schimmer:
Ich schreibe – vorläufig anonym –
Einen neuen »Kosmos« für »Schwimmer«,
Ein Werk, von dessen Tiefe und Geist
Könnt' lernen ihr dummen Gänse!
Und schildre ich nur hübsch bunt und dreist:
Nicht lange währt's, bis man mich preist
Als größte der Reise-Gänse!« – –

Doch plötzlich, weh, welch' schriller Ton – ?!
Deß wirst du tragen, Kummer:
's ist leider Tante Quackel schon
Erwacht vom Mittagsschlummer:
In bildungsloser, blinder Wuth
Kommt dort sie herangewackelt:
»An's Ufer mit euch, ihr böse Brut!
Willst du zurück, du Thunichtgut – –
Na, nur nicht lange gefackelt!« –

so kreischt es hinaus in die Abendluft
Voll Zorn und Grimm und Geifer
Und bald mit dem Schnabel ist ausgepufft
Des Jünglings Forschungseifer! – –
So werden jählings dahingerafft
Und müssen welkend vergehen
Oft in der Blüthe ihrer Kraft
Der Menschheit und der Gänseschaft
Erhabenste Ideen!

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Der verbotene Seelen-Verwandtschaftsgrad.

Ein zoologisch-nervöses Lehrgedicht.

Dein Auge wird feucht, dein Herz wird wund.
Der Frohsinn geht gänzlich zunichte
Dir, dem wird kund aus dem Meeresgrund
Die nervöse Liebesgeschichte! –

Kein Märchen ist es: »Es war einmal .....
Die That zählt erst wenige Wochen;
Da hat sich verliebt der elektrische Aal
In die Tochter vom Zitterrochen.

Wohl schwammen sie oft die kristallene Bahn –
Kühl beide und fischig-ästhetisch,
Bis daß es ein Blick ihnen angethan.
Der wirkte elektro-magnetisch.

Vergebens mühten die Eltern sich,
Zu trennen die junge Bekanntschaft;
Sie ahnten's: Die Folgen sind fürchterlich
So naher Seelenverwandtschaft!

Vergebens schickte den jungen Aal
Der sorgenschwangere Vater
Zur Heilung von aller Herzensqual
Auf Bälle, zu Sport und Theater.

Vergebens ließ man nie plätschern allein
Die holde Zitterröchin –
Sie mußte immer begleitet sein
Von Zofe oder von Köchin..........

Was gilt der Liebe all' äußerer Zwang?!
Was frommt den Gefühlen die Warnung?!
Es trotzen Vernunft nicht, noch Stand und Rang
Der Leidenschaften Umgarnung!

Es war die wonnige Sommerzeit
In's Land und ins Wasser gekommen,
Da ist im Busen der Rochenmaid
Unlöschliche Lohe entglommen.

Erschienen war der Seerosenmond,
Da keimte ein kolossales
Verlangen, sonst ihm ungewohnt,
In der Seele des Zitteraales.

Es nahte die selig unselige Nacht,
Da heimlich und verstohlen
Das Paar sich auf die Flossen gemacht
Zum Stelldichein bei den Molen;

Die Nacht, geweiht dem innigsten Bund
In schmerzlich süßem Genüsse,
Da sich durft' fügen Mund an Mund
Im ersten, unendlichen Kusse!

Doch kaum hatte Eins das Andre berührt,
Gepreßt sich Lippe auf Lippe:
Ein krampfhaftes Beben ward verspürt
Weithin durch Düne und Klippe;

Entladen ward die Nerven-Batterie,
Da sie ans Herz sich gesunken,
Geschlossen die psychische Kette, die
Durchblitzt der tötliche Funken:

Es hat ein elektrischer Nervenschlag
Die Liebenden getroffen …
O, du schwüle Nacht! o, du bleicher Tag!
Du vernichtetes Eltern-Hoffen! – –

Seitdem ward rings im Fische-Reich
Den Rochen und den Gymnoten,
Weil sie geartet allzu gleich,
Die Eheschließung verboten!

Wir aber, das »weisere« Menschengeschlecht –
Wir zappeln im nämlichen Netze,
Und doch hilft niemand zu seinem Recht
Dem schlichten Naturgesetze!

Wie sehen wir rings gar wild und bös
Sich manche Ehe gestalten – –
Was ist der Grund? Daß gleich nervös
Die beiden verbundenen Gewalten;

Nach wenig Frist wird leider schon
Das »elektrische« Fluidum rege,
Dann setzt's in der höchsten und tiefsten Region –
Dort Nerven-, hier andere Schläge!

Auf kurze Lust folgt jäher Schmerz –
Die Reue kommt meist zu späte:
Zerrissen sind zwischen Herz und Herz
Gar schnell die Leitungsdrähte!

Drum soll nicht gipfeln die ganze Lieb'
In flüchtig galvanischer Reizung,
Cum grano salis folgt dem Prinzip
Der Darwinschen Rassen-Kreuzung:

Wohin sich mag wenden der Forscherblick,
Es predigt ihm alles die Lehre,
Daß einzig verbürgt wird das Eheglück
Durch Kreuzung der Charaktere!

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Das verstimmte Känguru.

Ich bin ein armes Känguru,
Das ärgert mich unsäglich,
Ich streb' und strebe immerzu,
Trotzdem ergeht mir's kläglich.
Manch' hochgeschätzte Eigenschaft
Hat mir Natur verliehen:
Die Lust ist groß, doch schwach die Kraft,
Da scheitert alles Mühen!

Geschenkt ward mir ein stolzer Schwanz,
Gleichwie des Tierreich's Edeln;
Allein, was nutzt mir dieser Glanz:
Ich kann damit nicht wedeln!
Er ist zu dick, zu schwer, zu steif –
Das stimmt mich wenig heiter,
Denn heutzutag kommt ohne Schweif-
Gewedel man nicht weiter!

Ich bin ein armes Känguru,
Gebürtig von Australien;
Ein Sprung von fünfzehn, zwanzig Schuh –
Das sind für mich Lappalien.
Doch setz' ich rücklings mich im Zorn
'mal auf die Hinterbeine,
Wirkt's komisch nur, weil ich von vorn
Ganz maßlos klein erscheine!

Auch trag' mit mir ich stets umher
Zum Ueberfluß 'nen Beutel,
Der, leider Gottes, meistens leer
Und also völlig eitel!
Drum tritt meine Seele öfter an
Das Weinen als das Lachen:
Was soll mit leerem Beutel man
Für große Sprünge machen –?!

Jüngst gab mir armen Känguru
Ein kluger Kauz den Beirat:
»Versuch's, dein Glück vielleicht machst du
Durch eine reiche Heirat!
Das war von je der beste Plan
Für arme Beutelratten – –
Die Aelteste vom Goldfasan
Sucht längst nach einem Gatten;

»Schwer wiegt sie, und ist wunderhold – –
Mußt nur ein Herz dir fassen;
Du hast den Beutel, sie das Gold –
Das würde trefflich passen!«
Doch ach! sie kehrte den Rücken mir
Und sprach mit stolzer Spreizung:
»Vom Goldfasan zum Beuteltier
Führt keine Rassenkreuzung!«


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