Paul Schreckenbach
Die letzten Rudelsburger
Paul Schreckenbach

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I.

Auf der Bastei des Schlosses Dornburg, die am weitesten an den steilen Felsenabhang vorgeschoben war, stand eine hochgewachsene Jungfrau im Reitkleid und wehendem Federhut und blickte gedankenvoll ins Land hinaus. Der Burgherr, Graf Günther von Schwarzburg, hatte ihr soeben die Befestigungen gezeigt, die rund um das Schloß auf seinen Befehl neu ausgeführt waren, und sie hatte die starken Mauern mit denen ihres heimatlichen Bergschlosses verglichen. Der Vergleich hatte sie befriedigt. Was auch die Schwarzburger taten, ihre Dornburg unbezwinglich zu machen, so fest wie die Rudelsburg wurde sie doch niemals, und ihr Vater, der Edle Werner Kurtefrund, gebot noch immer über die gewaltigste Feste weit und breit. Darum hatte während des ganzen Rundganges ein Leuchten des Triumphes in ihren großen stahlblauen Augen gestanden.

Jetzt war sie allein, denn ein Diener hatte den Grafen abgerufen. Ihre Blicke hafteten nun nicht mehr an dem Mauerwerk, auf dem sie stand, sie waren vielmehr einem merkwürdigen Schauspiele zugewendet. Der mächtige, burggekrönte Berg, der Dornburg schräg gegenüber lag, begann mit einem Male in den Strahlen der Abendsonne zu glühen. Erst fuhr ein schwaches Rosenrot darüber hin, aber bald wurde die Farbe tiefer, leuchtender, gesättigter, und in Kürze sah es aus, als stünde der ganze Berg von oben bis unten in feuriger Glut.

Die Jungfrau war schon einige Male auf der Dornburg eingekehrt, aber diese Erscheinung hatte sie noch nie gesehen. Kein Wunder, daß ihr darob ein Ausruf des Staunens entfuhr.

»Ja,« sagte der Graf, der wieder zu ihr getreten war, »da verwundert Ihr Euch wohl, Gertrudis? Wer das noch nicht gesehen hat, verwundert sich immer, wenn er's zum ersten Male schaut.«

Das Mädchen nickte. »Es sieht prächtig aus. Ist das öfters so?«

»Nur an ganz hellen Tagen. Dann sagt das Volk: 'Der Berg gleißt', und mich will bedünken, er habe seinen Namen 'Gleißberg' wohl davon erhalten. Am schönsten funkelt er im Winter, wenn er im Schnee steckt. – Übrigens,« setzte er hinzu und blickte sie mit einem listigen Lächeln von der Seite an, »es läge wohl in Eurer Hand, auf diesem Feuerberg als Herrin zu thronen.

Die Lippen des Mädchens schürzten sich unmutsvoll, und zwischen ihren Brauen erschien eine kleine Falte. »Aber Graf Günther,« sagte sie, »was habe ich Euch getan, daß Ihr mit in das Horn meines Oheims, des Schenken, blaset? Wißt Ihr nicht, daß mir der plumpe Gleißberger zuwider ist?«

»Nein, das wußt' ich in Wahrheit nicht, sonst hätt' ich nichts gesagt,« erwiderte der Graf. »Aber da wir einmal davon reden und ich mir den Mund verbrannt habe, so will ich mir ihn gründlich verbrennen. Seht, ich kannte Euch schon, Gertrudis, als Euch die Zöpfe noch nicht über die Hüften herabhingen, sondern so lang waren wie mein Daumen. Ich bin vierundvierzig Jahre alt, also doppelt so alt wie Ihr, könnte fast Euer Vater sein und bin Eures Vaters günstiger Freund. Darum vergönnt mir die fürwitzige Frage: Warum heiratet Ihr nicht?«

Gertrudis blickte ihn verwundert an. »Wie kommt Ihr darauf?«

»Potz Wetter!« polterte der Graf. »Wie kommt Ihr darauf? Ist das eine so verwunderliche Frage? Hab' ich Euch zugemutet, nach Jerusalem zu fahren? Ist es nicht der Lauf der Welt, daß eine Jungfrau heiratet, wenn sie in die rechten Jahre kommt? Die meisten heiraten ja schon, ehe sie zwanzig sind, ja schon mit sechzehn und siebzehn! Ihr seid lange schon flügge. Warum seid Ihr nicht ausgeflogen?«

Die Jungfrau schwieg und sagte dann schalkhaft trocken: »Nehmt an, es hat mich noch keiner gemocht bis hierher.«

Der Graf lachte. »Haltet Ihr mich für einen Narren, daß Ihr mir das aufbindet? Die Leute nennen Euch landauf landab die Perle des Saaltales, und, weiß Gott, sie tun recht daran. Zum wenigsten zwischen Saalfeld und Halle ist keine schönere Maid zu finden als Ihr. Dabei habt Ihr mit zweiundzwanzig Jahren noch keinen Mann. Warum weist Ihr alle Freier ab?«

»Weil der Rechte noch nicht darunter war.«

»Und wie müßte der wohl beschaffen sein?« rief der Graf.

Gertrudis blickte ihn schelmisch von der Seite an. »Nehmt einen Spiegel, Graf Günther,« sagte sie, »und schaut hinein. Da könnt Ihr's sehen.«

»Donner und Hagel!« brummte der Graf, »Ihr seid ein Kobold. Ich dachte, Ihr wäret eine ernsthafte Jungfrau, die eine rechte Antwort hätte auf eine rechte Frage, die ich in freundlicher Meinung tat. Warum foppt Ihr mich?«

Das Mädchen wandte ihm das Gesicht zu und sah ihn mit klaren, ruhigen Augen an. Dabei sagte sie ohne jede Verlegenheit und ohne daß sich ihre Wangen auch nur im geringsten tiefer färbten: »Das ist nicht gefoppt, das ist die volle Wahrheit. Ihr sagt selber, daß Ihr noch einmal so alt seid wie ich, außerdem seid Ihr Gatte und Vater und lebt glücklich mit Eurer schönen Frau. Darum sage ich's Euch ohne Scheu: Ihr seid der beste Mann, den ich je gesehen, und wer mich heimführen will, der muß Euch ähnlich sein, sonst bleibe ich bis zu meinem Tode auf der Rudelsburg oder gehe nach Weißenfels ins Kloster.«

»Himmel!« rief der Graf und fuhr sich durch sein schon stark gelichtetes Haupthaar. »Ihr redet Dinge, werte Gertrudis, die einem alten Esel warm machen können.«

»Ihr aber bleibt kühl, weil Ihr keiner seid,« versetzte die Jungfrau. »Ich bin für Euch zehn oder zwölf Jahre zu spät geboren.«

»Oder ich zwölf Jahre zu früh,« knurrte der Graf.

»Würfelt es aus, ob ich zu früh oder Ihr zu spät geboren seid,« erwiderte Gertrudis mit leichtem Spottlächeln. »Aber ehe Ihr hingeht und das tut, sagt mir, was sich dort auf der Landstraße heranwälzt. Ist das ein Heerhaufe?« Sie beschattete die Augen mit der Hand und wies nach Süden, von wo offenbar ein großer Menschentroß herangezogen kam. Vorläufig war noch wenig zu erkennen, denn eine gewaltige Staubwolke wandelte vor der Masse her.

Vom Turme herab ertönte in diesem Augenblicke ein schmetternder Hornruf, zum Zeichen, daß auch der Wächter da droben etwas Verdächtiges wahrgenommen hatte.

Der Graf hatte sich weit über die Brüstung vorgebeugt und blickte gespannt die Straße entlang. »Kriegsvolk?« murmelte er. »Nein, eher ein Städtlein, das auswandert. Es sind Weiber dabei, auch Kinder. Ah, jetzt erkenne ich, was das bedeutet.«

«Nun, was meinet Ihr?« fragte Gertrudis und wandte sich dem Grafen zu, in dessen männlich offenes Angesicht plötzlich ein Zug des Widerwillens, ja des Ekels getreten war.

»Seht die blutroten Fahnen und die Heiligenbilder,« sagte er. »Es sind Geißler. Sie ziehen von Ort zu Ort und kasteien sich und reißen sich mit ihren Drahtpeitschen die Rücken blutig. Dadurch wollen sie erwirken, daß der liebe Herrgott das große Sterben aufhören lasse, das in deutschen und welschen Landen umgeht und so viele Menschen dahinrafft.«

Das Gesicht der Jungfrau wurde düster. »Im Städtlein Camburg sind mehr als dreißig Menschen daran gestorben, im Dorf unter der Saaleck zehn. Aber meint Ihr nicht, daß die Seuche bald erlöschen wird?«

Der Graf seufzte. »Ich fürchte eher, sie hat noch nicht recht angefangen bei uns und wird noch manch ein Opfer kosten. Es ist eine böse, betrübliche Zeit, in der wir leben. Heuschrecken und Erdbeben plagen die Menschen und nun die Pest, die sie den schwarzen Tod nennen. – Aber dieses Unwesen,« er wies auf die unten Vorüberziehenden, »wird Gottes Zorn nicht versöhnen. Täten die Menschen ihre Sünden und Bosheiten ab, vielleicht würde er dann zur Gnade gestimmt.«

»Ihr möget nicht unrecht haben,« erwiderte Gertrudis nachdenklich. »Aber seht!« rief sie laut. »Wen führen die Leute dort gefangen mit sich? Seht, auf dem Karren dort – ein junger Mann in Pilgerkleidung, aber mit Stricken gefesselt an Händen und Füßen!«

»Das wird wohl der Hauptnarr sein unter den Brüdern, der sich so gebunden durchs Land schleppen läßt, um Gott durch seine Martern zu preisen.«

»Das glaub' ich nicht. Seht, wie traurig er das Haupt gesenkt hält!«

»Verlangt Ihr, vieledle Jungfrau, daß einer fröhlich blickt, der solche Narretei im Kopfe hat?« spottete der Graf.

Gertrudis antwortete nicht sogleich. Dann atmete sie mit einem Male tief auf und sagte mit großer Entschiedenheit: »Wenn ich Ihr wäre, Graf Günther, so ritte ich jetzt da hinunter und machte den unglücklichen Menschen frei.«

»Damit mich der Unglückliche auslache oder gar grob auffahre? Nein, überlasset die Narren sich selber. Doch seht, sie biegen von der Straße ab, wollen nach Dorndorf hinüber. Ihr könntet wahrlich, wenn Ihr nach der Tautenburg reitet, mit ihnen zusammentreffen. Da will ich Euch lieber noch ein halb Dutzend Gewappnete mitgeben zu Euren Knechten.«

»Und es wird die höchste Zeit, daß ich aufbreche,« rief die Jungfrau. »Schon ist die Sonne gesunken, und bald kommt die Dunkelheit.«

»Ihr seid, wenn Ihr wollt, in einer halben Stunde drüben. Doch ist's wohl besser, daß ich Euch nicht aufhalte. So kommt denn in den Hof, wo Eure Gäule schon gesattelt stehen.« –

Kurze Zeit danach ritt Gertrudis mit zehn gewappneten Knechten über die Zugbrücke der Dornburg. Im Tore hatte sie sich vom Pferde herniedergebeugt und einem etwa sechzehnjährigen Jungen einen Kuß auf die Wange gedrückt. Denn der blonde Knabe war ihr Bruder, der am Schwarzburger Hof ritterliche Zucht und Sitte lernte und vor einigen Tagen mit dem Grafen von der Burg Greifenstein hierher gekommen war. Wesentlich seinetwegen war sie herübergeritten von der Tautenburg, wo sie mit ihrem Vater bei dem mächtigen Schenken und seiner edlen Gemahlin als Gast weilte.

Obwohl nur noch das Haupt des hohen Gleißberges im Abendlichte funkelte und aus den Wiesengründen zu beiden Seiten der Saale schon die Nebelschwaden emporstiegen, ließ Gertrudis ihr Roß in gemächlicher Gangart dahintraben. Sie wollte mit den Landfahrern nicht gern zusammentreffen. Der Anblick hatte sie unfroh gemacht, sie mochte ihn nicht noch einmal haben. Die Leute hatten einen weiten Vorsprung und würden, so dachte sie, jedenfalls bei dem Dorfe Steudnitz von ihrem Wege abbiegen und die Stadt Camburg zur Nacht zu erreichen suchen. Dann konnte sie ihnen nicht mehr begegnen.

Aber als sie in Dorndorf einritt, sah sie zu ihrer peinlichen Überraschung, daß sie sich in ihrer Annahme geirrt hatte. Die Wallfahrer schienen an ein Weiterziehen nicht zu denken, sondern sich das Dorf zur Nachtruhe ausersehen zu haben. Ihre Karren waren auf den Dorfwegen aufgefahren, und ein Teil von der Schar schien eben im Begriff zu stehen, eines ihrer düsteren Bußexerzitien zu beginnen. Denn ein großer, hagerer Mann, seinem Gewand nach ein entlaufener Mönch, hatte sich auf einen Stein geschwungen und hielt ein halb zerrissenes, stark beschmutztes Pergamentblatt hoch empor. Vor ihm standen im Halbkreise etwa vierzig Männer mit entblößten Oberkörpern, Ledergeißeln mit kleinen scharfen Eisenspitzen in den Händen tragend.

Gertrudis und die Knechte hatten ihre Rosse unwillkürlich zum Stehen gebracht. So widerwärtig sie die Szene berührte, so kam doch die Neugier über sie, was nun wohl geschehen werde. Auch lagen auf der Landstraße betende Frauen und Kinder in Menge auf den Knien und hemmten die Reise. Sie brauchte nicht lange zu warten. Der Mann auf dem Stein stieß einen Laut aus, der an den Ton einer zersprungenen Posaune erinnerte, schwenkte das Schriftstück wild in der Luft umher und schrie endlich mit vor Erregung und Anstrengung heiserer Stimme: »Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth und dreimal gebenedeiet die Mutter Gottes, die süße Jungfrau Maria! Amen! Brüder und Schwestern! Dies ist ein Brief, geschrieben vom hochheiligen Erzengel Michael und vom Himmel zur Erde gefallen bei der Stadt Rom im Lande Italien am Anfang dieses Jahres, da man schreibet das dreizehnhundertsiebenundvierzigste Jahr seit der Geburt unseres Herrn und Seligmachers Jesu Christi. Darin steht, daß Gottes Zorn die ganze Menschheit habe ertöten wollen um ihrer großen, unmenschlichen Sünde willen. Aber die allerheiligste Jungfrau habe vorgebeten, und so wolle uns Gott noch einmal gnädig sein, ob wir schon alle den Tod reichlich verdient hätten. Wir sollen aber unser Fleisch abtöten und uns martern und geißeln bis aufs Blut, und wir sollen die Juden allüberall zu Tode bringen, die schuldig sind an unseres Heilands bitterem Tod. So laßt uns büßen, büßen für unsere und aller Welt Sünde und dann den Sohn Belials, der in unsere Hand gefallen ist, mit Feuer verbrennen!«

Er riß einem, der neben ihm stand, ein Holzkruzifix aus der Hand und hielt es hoch empor. Auf dieses Zeichen stürzten die vierzig Büßer auf die Knie und begannen aufeinander loszuschlagen, indem die ganze Versammlung in dumpfem, heulendem Ton ein Bußlied anstimmte, das also begann:

Nun hebet auf eure Hände,
Daß Gott das große Sterben wende!
Nun hebet auf eure Arme,
Daß sich Gott über uns erbarme! Kyrie eleison.

Dazu erklang vom Turm des nahen Kirchleins her, den einer der Wallfahrer erstiegen hatte, das scharfe, schrille Wimmern eines Glöckchens. Von Ekel und Grauen übermannt, trieb Gertrudis ihr Roß zum Vorwärtsschreiten an und wandte die Augen beiseite. Aber da ward ihr ein Anblick, der ihr Entsetzen einflößte. Der junge Mann, dessen Geschick schon auf der Dornburg ihr Mitleid erweckt hatte, stand da, gefesselt an den Stamm einer alten Weide. Um ihn herum hatte man Reisig aufgehäuft bis zur Mitte seines Leibes, und ein ungeschlachter Geselle, der aussah wie ein Schindersknecht, schwenkte eine brennende Fackel in bedenklicher Nähe des dürren Holzes.

Ohne sich zu besinnen, trieb die Jungfrau ihr Pferd an den Holzstoß heran und herrschte den Fakelträger an: »Was soll das? Was willst du dem Manne hier antun?«

Der Mensch grinste und erwiderte dann in unterwürfigem Tone: »Ein Jude, Herrin, den wir am Wege fanden, wo er den Brunnen bei Borsindorf an der alten Schenke vergiften wollte. Solche Teufelsbraten auszurotten, hat uns die heilige Jungfrau geboten.«

»Ist es so, wie dieser sagt?« wandte sie sich an den Gefesselten. Der hatte seine Augen auf ihr Antlitz gerichtet und sah sie an wie wohl ein in schwerer Sünde Sterbender auf ein Gnadenbild der heiligen Jungfrau blicken mag, von dem er Rettung erhofft vom ewigen Tode.

Dieser verzückte Blick, in dem sie las, daß er sie wie ein himmlisches Wunder betrachtete, jagte ihr mit einem Male das Blut ins Gesicht, und in plötzlicher Verwirrung fragte sie noch einmal mit fliegendem Atem: »Sprecht! Redet der da die Wahrheit?«

Der Gefesselte schüttelte das Haupt. »Lüge!« stöhnte er. »Ich bin ein Deutscher aus Mailand, reise zum Erzbischof von Magdeburg – bin überfallen am Wege–« Er schloß die Augen und konnte vor Erschöpfung nicht weiter sprechen.

»Herrin,« sagte der Fackelträger, »glaubt ihm nicht. Er ist ein Jude. Seht das schwarze Haar und die schwarzen Augen.«

»Die haben auch andere Leute,« sprach Gertrudis. »Ist das alles, was gegen ihn zeugt?«

Da drückte sich ein anderer heran. »Er hatte ein schwarzes Pulver bei sich in einer Flasche,« rief er. »Damit wollte er wohl gerade das Wasser vergiften, wie es die bösen, meineidigen Juden tun.«

»Das war kein Gift,« murmelte der Gefangene. »Es war ein Heilmittel. Hilfe! Rettet mich!« Wieder schlug er die Augen auf und sah sie starr an.

Die Jungfrau richtete sich hoch auf im Sattel. Sie war mit einem Male entschlossen, dem Gesindel seine Beute zu entreißen. Darum rief sie laut und hart: »Das Gericht auf diesem Grund und Boden gehört meinem Ohm, dem edlen Schenken von Tautenberg, nicht landfahrendem Volke. Wolfram und Enke, löst die Stricke, nehmt den Mann aufs Pferd, und dann vorwärts zur Tautenburg!«

Die Rudelsburger Knechte waren gewohnt, den Befehlen ihrer Herrin blindlings und aufs Wort zu gehorchen. Darum wurde trotz des drohenden Murrens und Schreiens der Umstehenden der Gefesselte sofort befreit und auf ein Pferd gehoben, und als der Fackelträger zu dem Manne auf dem Stein sprang und der den Bußgesang jählings unterbrach, war der reisige Zug durch kreischend auseinanderstiebende Weiber und halbwüchsiges Volk schon weiter geritten. Geheul und Gebrüll, Verwünschungen und Flüche folgten ihm, auch einige Steine wurden den Abreitenden nachgeschleudert. Aber sie erreichten ihr Ziel nicht. In scharfem Trabe ritt die Schar durch das Dörfchen Steudnitz die Bergstraße hinan, die nach Tautenburg führte, und bald leuchteten ihr aus der Halbdämmerung heraus die gastlichen Lichter des altersgrauen Schenkenschlosses entgegen.


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