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Neuntes Kapitel.

Unbänd'ger Ehrgeiz, der sich überschlägt
Und rücklings niederstürzt.

Macbeth.

Der Glanz der bevorstehenden Festlichkeiten zu Kenilworth war jetzt in ganz England ein Gegenstand der Unterhaltung, und von nah und fern wurde Alles herbeigeschafft, was die Fröhlichkeit und die Pracht des vorbereiteten Empfanges der Königin in der Wohnung ihres ausgezeichnetsten Günstlings erhöhen konnte. – Inzwischen schien Leicester täglich in der Gunst der Königin zu steigen. Im Staatsrathe war er beständig an ihrer Seite, gern hörte sie ihm zu in den Stunden der Erholung und behandelte ihn mit einem an Vertraulichkeit grenzenden Wohlwollen. Alle, die bei Hofe Etwas zu suchen hatten, blickten zu ihm auf – fremde Minister buhlten um seine Gunst unter den schmeichelhaftesten Versicherungen der Achtung von Seiten ihrer Souveraine – kurz, er schien das andere Ich der stolzen Elisabeth zu sein, die, wie man jetzt allgemein glaubte, nur die günstige Zeit und Gelegenheit erwartete, ihn durch eine Vermählung ihre souveraine Macht theilen zu lassen.

Von einer solchen Fülle des Glücks überströmt, war indeß der Liebling des Schicksals und der königlichen Gunst wahrscheinlich der unglücklichste Mann in dem ganzen Reiche, welches ihm zu Füßen lag. Gleich einem Feenkönige, war er über seine Freunde und Anhänger erhaben und sah Vieles, was ihr Auge nicht erreichen konnte. Der Charakter seiner Gebieterin war ihm genau bekannt. Aber diese Bekanntschaft mit ihren Launen, sowie ihren edlen Eigenschaften, verbunden mit seinem ungemeinen Scharfsinne und seinem ausgezeichneten Aeußeren, hatte ihn in ihrer Gunst so hoch gehoben; und gerade diese genaue Kenntniß ihres Charakters war es auch, die ihn fast in jedem Augenblicke eine plötzliche vernichtende Ungnade fürchten ließ. Leicester glich einem Piloten, dem seine Seekarte zwar alle einzelnen Punkte seiner Seefahrt bezeichnet, dabei aber so viele Untiefen, Klippen und Felsenriffe andeutet, daß sein ängstliches Auge durch die Wahrnehmung derselben fast nichts gewinnt, als die Ueberzeugung, daß nur ein Wunder ihn aus der Gefahr erretten kann.

Elisabeths wandelbarer Sinn war, wie Leicester wohl wußte, hauptsächlich Denen furchtbar, die mit der Huld der Königin beehrt wurden und dieselbe mehr ihrer Persönlichkeit als den Diensten verdankten, die sie dem Reiche und der Krone zu leisten vermochten. So war die Gunst, in der Burleigh und Walsingham standen, nicht so in die Augen fallend, wie die, welche Leicester so hoch gehoben hatte. Diese großen und weisen Staatsmänner wurden von der Königin allein in Rücksicht ihrer Rathschläge in Staatsangelegenheiten beurtheilt, während Leicesters Glück von allen jenen Quellen des Eigensinnes und der Laune abhing, wodurch die Gunst eines Liebhabers bei seiner Geliebten entweder gehindert oder gefördert wird. So war auch sie als Geliebte beständig besorgt, sie möchte ihrer Würde, oder ihrem Ansehen als Königin Etwas vergeben, wenn sie sich den Neigungen des Weibes überließ. Leicester war von den Schwierigkeiten, die seine Macht umgaben, vollkommen überzeugt, so daß er sich sehnsuchtsvoll nach Mitteln umsah, sich in seiner schwankenden Lage zu erhalten, oder auch mit Sicherheit herabzusteigen; doch zu Beiden sah er wenig Hoffnung. In solchen Augenblicken weilten seine Gedanken bei seiner geheimen Vermählung und deren Folgen, und erbittert gegen sich selbst, wenn auch nicht gegen seine unglückliche Gattin, schrieb er jetzt jenem allzuraschen, in der Heftigkeit seiner unbesonnenen Leidenschaft gethanen Schritt, wie er ihn jetzt nannte, sowohl die Unmöglichkeit zu, seiner Macht eine sichere Grundlage zu geben, als auch die Aussicht auf seinen nahen Sturz.

»Man sagt,« dachte er in solchen ängstlichen und reuevollen Augenblicken bei sich selber, »ich werde mich mit Elisabeth vermählen und König von England werden. Alles ist mir günstig. Die Heirath wird in Balladen besungen, während der Pöbel die Mützen in die Luft wirft – in den Schulen wird sie erwähnt – im Audienzsaale davon geflüstert – von den Kanzeln empfohlen – in den calvinistischen Kirchen im Auslande durch Gebete erfleht – ja von Staatsmännern im Rathe erwähnt. – Diese kühnen Andeutungen sind weder durch Verweise, noch Unwillen, noch auch durch ihre gewöhnliche weibliche Betheuerung, daß sie als jungfräuliche Königin leben und sterben wolle, von Elisabeth abgelehnt worden – ihre Aeußerungen sind freundlicher als je, obgleich sie weiß, daß solche Gerüchte im Umlaufe sind – ihr Benehmen und ihre Blicke sind huldvoller, und es scheint, als habe ich nichts weiter zu thun, um mich zum Könige von England zu machen und über die Stürme der Hofgunst zu erheben, als daß ich meine Hand nach einer Krone ausstrecke, die der Stolz des Universums ist! Und jetzt, da ich diese Hand am kühnsten ausstrecken könnte, ist sie durch ein geheimes und unauflösliches Band gefesselt. – Hier sind Briefe von Emma,« sagte er, dieselben verdrießlich ergreifend, »sie quält mich, sie öffentlich anzuerkennen – ihr und mir Gerechtigkeit anzuthun – und ich weiß nicht, was sonst noch Alles. Mich dünkt, ich bin schon ungerecht genug gegen mich selber gewesen. Sie spricht, als ob Elisabeth die Kunde von dieser Verbindung mit der Freude einer Mutter über die Verheirathung eines hoffnungsvollen Sohnes aufnehmen müßte! – Sie, die Tochter Heinrichs, der in seinem Zorne keinen Mann, und in seiner Leidenschaft kein Weib verschonte, sie sollte sich, getäuscht durch ein mit ihrer Neigung getriebenes Spiel, auf den Punkt gebracht sehen, ihre Liebe zu einem Unterthan öffentlich zu erklären und dann finden, daß er ein verheiratheter Mann ist! – Elisabeth sollte erfahren, daß man ein Spiel mit ihr getrieben, wie es wohl ein munterer Höfling mit einem Landmädchen treibt!«

Dann hielt er inne und rief Varney, zu dessen Rath er jetzt mehr als je seine Zuflucht nahm, weil der Graf sich der Einwendungen erinnerte, die er gegen seine geheime Verbindung gemacht. Ihre Unterhaltung führte fast immer zu ängstlichen Berathungen über die Art und Weise, wie die Gräfin zu Kenilworth vorgestellt werden sollte, und man kam darin überein, die Reise immer von einem Tage zum andern zu verschieben, bis es endlich notwendig wurde, einen bestimmten Entschluß zu fassen.

»Elisabeth wird sich ohne ihre Gegenwart nicht zufrieden geben,« sagte der Graf; »ob irgend ein Argwohn in ihr rege geworden, wie meine Besorgnisse mir vorspiegeln wollen, oder ob Tressilian's Gesuch durch Sussex, oder einen andern meiner geheimen Feinde, ihr im Gedächtniß erhalten wird, weiß ich nicht. Doch bei allen ihren günstigen Ausdrücken, die sie gegen mich anwendet, kommt sie oft auf Emma Robsart's Geschichte zurück. Es kommt mir vor, als sei Emma die Sclavin an meinem Triumphwagen, von meinem bösen Dämon dorthin gestellt, meinen Triumph, wenn er im höchsten Glanze erscheint, zu vernichten und scheitern zu machen. Wende alle Deine Klugheit an, Varney, um mich aus diesem Labyrinthe zu führen. Ich habe diesen verwünschten Festlichkeiten so viele Hindernisse in den Weg gelegt, als nur immer mit Schicklichkeit geschehen konnte; doch meine heutige Unterredung hat Alles wieder vernichtet. Sie sagte mir huldreich, aber mit Bestimmtheit: »Wir wollen Euch keine weitere Zeit zu Euren Vorbereitungen lassen, Mylord, damit Ihr Euch nicht gänzlich zu Grunde richtet. Am Sonnabend, den neunten Junius, wollen Wir zu Kenilworth bei Euch eintreffen. – Wir bitten Euch, keinen von Unsern bestimmten Gästen zurückzulassen, besonders nicht jene leichtsinnige Emma Robsart. Wir wünschen das Frauenzimmer zu sehen, welches jenen poetischen Herrn Tressilian Eurem Dienstmanne Richard Varney nachsetzen konnte.« – Nun, Varney, strenge Deine Erfindungsgabe an, die uns so oft aus der Noth geholfen; denn so wahr ich Dudley heiße, die Gefahr, womit mein Horoscop drohte, umringt mich jetzt von allen Seiten.«

»Sollte sich Mylady auf keine Weise bereden lassen, auf kurze Zeit den geringen Rang anzunehmen, den ihr die Umstände auferlegen?« sagte Varney nach einigem Zögern.

»Wie, Kerl! meine Gräfin sollte sich Dein Weib nennen! – Das verträgt sich nimmermehr mit meiner und ihrer Ehre.«

»Ach! Mylord,« antwortete Varney, »und doch sieht Elisabeth sie jetzt dafür an. Dieser Meinung widersprechen, hieße das ganze Geheimniß verrathen.«

»Denke etwas Anderes aus, Varney,« sagte der Graf in großer Aufregung, »mit dieser Erfindung ist es nichts. – Wenn ich mich auch darein ergäbe, so würde sie es doch nicht thun; denn ich sage Dir, Varney, wenn Du es noch nicht weißt, daß selbst Elisabeth auf ihrem Throne nicht mehr Stolz besitzt, als die Tochter dieses unbekannten Edelmannes in Devon. In manchen Dingen ist sie lenksam; doch wenn ihre Ehre in's Spiel kommt, so wirken Geist und Gemüth bei ihr so furchtbar und schnell, wie der Blitz.«

»Das haben wir erfahren, Mylord, sonst wären wir nicht in dieser Lage,« sagte Varney. »Doch einen andern Vorschlag weiß ich nicht. Mich dünkt, wer die Gefahr veranlaßt, sollte auch Etwas zur Abhülfe derselben thun.«

»Es ist unmöglich,« sagte der Graf mit einer verneinenden Handbewegung, »ich weiß, daß weder Befehl noch Bitten sie bewegen könnten, Deinen Namen auch nur auf eine Stunde zu führen.«

»Es ist freilich viel verlangt,« sagte Varney in trockenem Tone, und setzte hinzu, ohne von diesem Gegenstande abzugehen: »Gesetzt aber, man fände ein anderes Frauenzimmer, welches man für sie ausgeben könnte? Dergleichen Täuschungen sind schon an den Höfen ebenso scharfsinniger Fürsten, wie Elisabeth, vorgekommen.«

»Das wäre Wahnsinn, Varney,« antwortete der Graf; »sie würde Tressilian gegenüber gestellt werden, und die Entdeckung wäre nicht zu vermeiden.«

»Tressilian könnte vom Hofe entfernt werden,« entgegnete Varney ohne Zögern.

»Und auf welche Weise?«

»Nun, da gibt es viele Mittel,« sagte Varney, »wodurch ein Staatsmann in Eurer Lage, Mylord, Jemand von dem Schauplatze entfernen kann, wenn er sich in Eure Angelegenheiten mischt, und als Euer gefährlicher Gegner auftritt.«

»Rede mir nicht von solcher Politik, Varney,« sagte der Graf hastig; »überdies würde sie uns in diesem Falle zu nichts helfen. Wahrscheinlich sind noch viele Andere am Hofe, denen Emma bekannt sein kann, und überdies würde bei Tressilian's Abwesenheit ihr Vater, oder einer ihrer Freunde herbeigerufen werden. Strenge Deine Erfindungsgabe besser an.«

»Ich weiß in der That nicht was ich sagen soll,« antwortete Varney; »doch wenn ich in einer solchen Verlegenheit wäre, würde ich mit Postpferden nach Cumnor Place reiten und meine Gattin zwingen, ihre Einwilligung zu Maßregeln zu geben, die zu ihrer und meiner Sicherheit nöthig sind.«

»Varney, Varney,« versetzte Leicester, »ich kann sie zu nichts zwingen, was ihrem edlen Charakter so ganz entgegen ist, wie die Theilnahme an diesem Betruge – das wäre eine schlechte Vergeltung für ihre Liebe, die sie zu mir hegt.«

»Gut, Mylord,« sagte Varney, »Ihr seid ein weiser und ehrenwerther Herr, und wohlerfahren in jenen romantischen Scrupeln, die vielleicht in Arkadien gebräuchlich sind, wie Euer Neffe Philipp Sidney schreibt. – Ich, Euer gehorsamer Diener, bin ein Mann von dieser Welt und schätze mich glücklich, daß meine Kenntniß von ihr und ihren Wegen von der Art ist, daß Eure Herrlichkeit nicht verschmäht haben, sich derselben öfter zu bedienen. Nun möchte ich gern wissen, wer bei dieser glücklichen Verbindung mehr Opfer gebracht hat, Mylady oder Ihr? Wer hat am meisten Ursache dem Andern gefällig zu sein und dessen Wünsche, Bequemlichkeit und Sicherheit zu berücksichtigen?«

»Ich sage Dir, Varney,« entgegnete der Graf, »daß ihre Tugend und Schönheit nicht bloß Alles verdiente, was ich ihr zu leisten im Stande war, sondern tausendfach bezahlte; denn noch nie senkte sich Erdengröße auf ein Wesen herab, welchem die Natur mehr Reiz und Schmuck verliehen hatte.«

»Gut, daß Ihr zufrieden seid, Mylord,« antwortete Varney mit seinem gewohnten sarkastischen Lächeln, welches selbst der Respect vor seinem Patron nicht ganz unterdrücken konnte. – »Ihr werdet Zeit genug haben, Euch der Gesellschaft dieser reizenden Schönheit ungestört zu erfreuen – das heißt, wenn Eure Gefangenschaft im Tower vorüber ist, die Euch für das Verbrechen dürfte zuerkannt werden, Elisabeth Tudor's Neigung getäuscht zu haben. Eine geringere Strafe werdet Ihr doch nicht erwarten?«

»Boshafter Teufel!« antwortete Leicester, »spottest Du meiner noch in meinem Unglück? Leite die Sache, wie Du willst.«

»Wenn das Eure ernste Meinung ist, Mylord,« sagte Varney, »so müßt Ihr sogleich mit Postpferden nach Cumnor Place.«

»Geh' Du selber, Varney; der Teufel hat Dir eine Art von Beredtsamkeit gegeben, die in einer schlechten Sache immer am mächtigsten ist. Ich würde als ein überwiesener Verbrecher vor ihr stehen, wollte ich einen solchen Betrug von ihr verlangen. – Fort, sage ich Dir – muß ich Dich denn zu meiner eigenen Schande treiben?«

»Nein, Mylord,« sagte Varney; »aber, wenn Ihr mir im Ernst dieses höchst wichtige und nothwendige Geschäft übertragen wollt, so müßt Ihr mir ein Beglaubigungsschreiben an Mylady mitgeben und es mir überlassen, den darin enthaltenen Rath mit allen mir zu Gebote stehenden Mitteln zu unterstützen. Und eine so hohe Meinung hege ich von der Liebe Eurer Gemahlin zu Euch, und von der Bereitwilligkeit, Alles zu thun, was zu Eurer Zufriedenheit und Eurem Wohl beitragen kann, daß ich mich überzeugt halte, sie wird sich herablassen, auf einige Tage den Namen eines so geringen Mannes, wie ich bin, zu führen, besonders da derselbe an altem Adel dem ihres väterlichen Hauses nicht nachsteht.«

Leicester ergriff die Feder und fing mehrmals an, einen Brief an die Gräfin zu schreiben, den er immer wieder in Stücke zerriß. Endlich brachte er einige unzusammenhängende Zeilen zu Stande, worin er sie beschwor, aus Gründen, die sein Leben und seine Ehre beträfen, nur auf die wenigen Tage der Feste zu Kenilworth, Varney's Namen zu tragen. Er fügte noch hinzu, daß Varney ihr alle Gründe auseinandersetzen werde, die einen solchen Betrug durchaus nöthig machten. Nachdem er dies Beglaubigungsschreiben unterzeichnet und versiegelt hatte, warf er es Varney über den Tisch zu, indem er ihm mit der Hand ein Zeichen gab, auf der Stelle abzureisen, welches dieser sogleich verstand und befolgte.

Leicester blieb in dumpfer Betäubung zurück, woraus ihn der Hufschlag eines Pferdes erweckte.

Varney hatte sich nicht einmal Zeit genommen, seine Kleider zu wechseln, sondern schwang sich in den Sattel und machte sich sogleich auf den Weg nach Berkshire, nur von einem einzigen Diener begleitet. Bei diesem Geräusch fuhr der Graf von seinem Sitze auf, und eilte mit dem augenblicklichen Vorsatze an's Fenster, den unwürdigen Auftrag zurückzunehmen, den er einem Menschen anvertraut hatte, von dem er selber zu sagen pflegte, er kenne an ihm keine lobenswürdige Eigenschaft, als die Anhänglichkeit an seinen Herrn. Doch Varney war schon zu weit entfernt, um seinen Ruf vernehmen zu können – und der glänzende Sternenhimmel – in jenem Zeitalter als das Buch des Schicksals betrachtet – lag vor seinen Blicken ausgebreitet, als er das Fenster öffnete, und lenkte ihn von seinem bessern und männlicheren Entschlusse ab.

»Dort wandeln sie ihre stille aber mächtige Bahn,« sagte der Graf, indem er sich umblickte, »ohne eine Stimme, die zu unserm Ohre redet, doch mit Einflüssen, welche allgewaltig bei jedem Wechsel auf die Bewohner dieses armseligen Erdplaneten einwirken. Wenn die Sterndeuter nicht lügen, so ist dies die Krisis meines Schicksals. Die Stunde nahet, vor der sie mich gewarnt – doch auch die, auf welche ich hoffen sollte. – Ein König hieß es, aber wie? – Eine erheirathete Krone! – alle Hoffnung darauf ist verschwunden – so mag es denn sein. Die reichen Niederlande haben mich zu ihrem Oberhaupt begehrt, und würden mir ihre Krone anerbieten, wollte Elisabeth einwilligen. – Und habe ich nicht denselben Anspruch in diesem Königreiche? Die von York ist dem Hause Huntingdon von Georg von Clarence zugefallen. Wenn diese Königin stirbt, haben diese wahrscheinlich gutes Spiel – Huntingdon gehört zu meiner Familie. – Aber ich will nicht tiefer in diese erhabenen Geheimnisse eindringen. Ich kann immerhin meine Laufbahn gleich einem unterirdischen Flusse noch eine Weile in Verborgenheit fortsetzen. – Die Zeit wird kommen, wo ich in voller Kraft durchbrechen und alle Hindernisse überwinden werde.«

Während Leicester auf diese Weise bemüht war, die Stimme seines Gewissens zu übertäuben, indem er die politische Nothwendigkeit zu seiner Entschuldigung anwendete, oder sich unter den schwärmerischen Träumen des Ehrgeizes verlor, setzte sein Agent seine Reise nach Berkshire in größter Eile fort. Auch er hegte kühne Hoffnungen. Er hatte Lord Leicester auf den gewünschten Punkt gebracht, daß er ihm die geheimsten Empfindungen seines Herzens aufschloß und ihn als Vermittler seiner vertrautesten Verhandlungen mit seiner Gemahlin gebrauchte. Von jetzt an, dies sah er vorher, waren seine Dienste seinem Beschützer unentbehrlich, so daß er ihm die Erfüllung selbst unbilliger Wünsche nicht mehr versagen konnte. Und wenn diese übermüthige Dame, wie er die Gräfin nannte, auf das Ansuchen ihres Gemahls eingehen sollte, dann mußte Varney als ihr vorgeblicher Gatte nothwendig in Verhältnisse mit ihr kommen, wobei man nicht wissen konnte, wie weit seine Kühnheit gehen werde. Vielleicht könnten die Umstände einen Triumph herbeiführen, woran er mit einem Gemisch von teuflischen Gefühlen dachte, unter denen Rache, wegen der ihm bisher bewiesenen Verachtung, das vorherrschende war. Dann berechnete er wieder die Möglichkeit, sie durchaus unlenksam zu finden, und daß sie sich hartnäckig weigern könne, die für sie bestimmte Rolle in dem Drama zu Kenilworth zu übernehmen.

»Dann muß Alasco das Seinige thun,« sagte er – »Krankheit muß bei der Königin als eine Entschuldigung für die Abwesenheit der Mistreß Varney dienen – und eine ernstliche verzehrende Krankheit kann es werden, sollte Elisabeth fortfahren, meinen Grafen mit günstigen Augen anzusehen. Ich will mir nicht aus Mangel an kräftigen Maßregeln – wenn dieselben nöthig sein sollten – die Gelegenheit entgehen lassen, der Günstling eines Monarchen zu werden. – Vorwärts, mein gutes Pferd, vorwärts! – Ehrgeiz und hochfliegende Hoffnung auf Macht, Vergnügen und Rache schlagen ihre Stacheln eben so tief in meine Brust, wie ich meine Sporen in Deine Seiten. – Vorwärts, mein gutes Pferd – der Teufel treibt uns Beide vorwärts!«



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