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Ein Ritter hatt' einen jungen Knecht,
So schön als wär' er von Engelsgeschlecht
Und gebräch' ihm nichts als die Flügel.
Er reicht' ihm die Trense, bestieg er das Roß,
Und kehrt' er zurück in sein väterlich Schloß,
So hob er ihn froh aus dem Bügel.
Auch dient' er ihm immer besonnen und klug
Und erwarb ihm im Frieden der Ehren genug
Und den Sieg in jeglicher Fehde.
Einst ritt er mit ihm an des Rheines Gestad';
Schon stand er am Ufer, o wehe, da naht
Sein Gegner mit starkem Geleite.
»Schon sind wir gefangen, o großer Verdruß!
Der Feind uns im Rücken, und vor uns der Fluß;
Wir suchten wohl sonst noch das Weite.«
Da flüstert der Knappe: »Herr, fürchte dich klein:
Ich weiß in der Nähe die Furt durch den Rhein
Und führe dich sicher hinüber.«
Wie unbewußt ihm die Furt hier war,
Doch folgt' er dem Knecht und entging der Gefahr;
Er kam hinüber geborgen.
Der Feind stand fluchend am andern Strand:
»Wer hörte noch je von der Furt, die er fand!
Hinweg, wir mögen wohl sorgen,
Denn der ihm zu Hilfe nun kam in der Not,
Der Beelzebub war es, der Astaroth,
Der Fürst der höllischen Scharen.«
Nicht lang', so erkrankte des Ritters Gemahl,
Die Ärzte verzweifelten alle zumal,
Denn Rat und Hilfe war teuer.
»Wer Löwenmilch brächte, sie würde noch heil;
Doch hier in den Landen, wo wäre sie feil!«
Das hörte des Ritters Getreuer.
Da sprach er: »Gebieter, ich hole sie gern!«
Und sieh, in der Stunde noch bracht' er dem Herrn
Der Milch ein volles Gefäße.
Die Burgfrau trank, da kehrt' ihr die Kraft:
»Wer hat mir die köstliche Labe verschafft?«
Das hat mein Knecht, der getreue.
Doch sage, wo nahmst du sie her so schnell?
Keine Stunde verging: so bekenne, Gesell,
Daß mich dein Dienst nicht gereue.
»In Arabiens Bergen, da wußt' ich das Hohl,
Wo die Löwin lag: ich melkte sie wohl,
Und gab ihr dann wieder die Welfe.«
Da entsetzt sich der Ritter: »Wer bist denn du?
Das geht mit geheurlichen Dingen nicht zu;
Ich war des bisher unberichtet.« –
»Ach Herr, dem forsche du weiter nicht nach,
Und laß dir genügen, daß nichts dir gebrach,
Seit ich hier mich zu Diensten verpflichtet.
Ich bin ein Geist von der lichtern Art,
Und habe dir immer die Treue bewahrt,
Die ich dir aus Liebe gewidmet.
Ich diene dir, weil du getreu bist und gut;
Und dein Haus gedeiht, dir mehrt sich das Gut
Und die Habe, seitdem ich hier walte.«
Da sprach der Gebieter: »O dürft' ich dir traun!
Doch nimmer bezwing' ich im Herzen das Graun,
Wenn ich hier, mein Geist, dich behalte.
Doch fordre, ich zahle dir jeglichen Sold:
Nie hat sich auf Erden so treu und so hold
Ein Mensch noch erwiesen den Menschen.« –
»Nun darf ich nicht bleiben, du sprachest das Wort,
Dir graue vor mir, und muß ich denn fort,
Fünf Mark nur beding' ich zu Lohne.
Damit stift' ich ein Glöckchen, daß, wenn es erschallt,
Zurecht sich finde der Wandrer im Wald,
Und das Volk hier traulicher wohne.
Man laß es auch weihen an Gottes Altar:
Es wird nicht zerspringen! so wirst du gewahr,
Kein Ungläubiger hat es gestiftet.«
So schwand er dem Ritter zu himmlischen Höhn:
Nie dient' ihm nun wieder ein Knappe so schön,
Drum blieb ihm ein Stachel im Herzen.
Im Hofe so oft er sein Rößlein bestieg,
Und wenn ihm im Felde versagte der Sieg,
So mocht' er den Knecht noch verschmerzen;
Doch scholl ihm das Glöckchen wie Engelsgesang
Und mahnt' an der goldenen Stimme Klang,
Da wuchs ihm die Seele vor Sehnsucht.
K. S. [Karl Simrock]