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2. Medschlis.

Die Vorbereitungen zum Düjün Düjün = Hochzeit. nahmen einen schnellen Verlauf. Uebermorgen am Pazar ertesi Pazar ertesi = Montag. sollten der Sitte gemäß die Festlichkeiten beginnen, und mit Ausnahme der Wagen, Musikanten und Palmen war auch bereits alles in bester Ordnung. Selbst die Eltern der Braut wurden mit Kleidung und Wäsche reichlich ausgestattet, und aus der blonden Schwester war eine fürstliche Haremsdienerin geworden, der man die ärmliche Herkunft nicht mehr ansah. –

Am Pazar Pazar = Sonntag. nachmittag kamen die Wagen, begleitet von Trommlern, Pfeifern und anderen Musikanten und umjohlt von einer bunten Volksmenge, vor der Karawanserei an. Die Palmen und Körbe voll Blumen wurden in den Hof getragen, und es begann auch sogleich die Ausschmückung der Wagen. Während der ganzen Nacht herrschte eine lebhafte Unruhe im Hause, so daß ich kaum die Augen schließen konnte. Es war ein fortwährendes Gehen und Rufen, ein Pferdegetrappel und Hämmern, und von dem Platze herüber vernahm man ein Murmeln, Lachen und Singen, als ob ein ganzes Dorf sich schon in der Nacht vor dem Hochzeitshause aufgestellt hätte.

Als ich am Morgen mit aufgehender Sonne erwachte, war in der Tat der Platz um den Brunnen bereits von Männern, Frauen und Kindern dicht besetzt. Der Brautwagen, mit goldbrokatnen Decken verhüllt und mit Rosen, Tulpen und Girlanden geschmückt, stand vor dem Tore der Karawanserei und wurde von prinzlichen Dienern bewacht. Dahinter hielt der ebenfalls geschmückte Wagen für die Brauteltern, und inmitten der Zuschauer scharrten die Pferde der Begleitung in reicher Blumenzier mit der ihrer Rasse eigentümlichen Unruhe den sandigen Boden.

Nach einem festlichen Imbiß, an dem alle Gäste der Karawanserei teilnahmen, wurde der Aufbruch befohlen, und der Zug begann, sich langsam zu ordnen. Ich hatte noch genügend Zeit, mich mit Ibrahim zu unterhalten, der an den ganzen Vorgängen mit einer gewissen Schwermut teilnahm. Meine Aufforderung, mit uns nach Stambul zu kommen, wo ich ihm ein Gnadenbrot versprach, lehnte er ab. Die knappe Lebensfrist, die ihm noch bemessen sei, wollte er an der Stätte seines bisherigen Wirkens verbringen. Ich schenkte ihm noch einige Goldmünzen und nahm dann Abschied, wobei ich der Hoffnung Ausdruck verlieh, ihn gelegentlich wiederzusehen.

Nachdem die Braut, ganz verschleiert, in Begleitung ihrer Schwester in dem für sie bestimmten Wagen Platz genommen und auch die Brauteltern, die sich in ihrer neuen punkvollen Kleidung recht unsicher fühlten, in ihre Kutsche eingestiegen waren, kam der Kammerherr an mich heran und machte mich darauf aufmerksam, daß ich zu Pferde den Zug zu eröffnen hätte. Ein Diener brachte mir einen reich geschmückten Schimmel mit langem Schweif und half mir in den bequemen Sattel. Inzwischen erschien auch der Prinz, auf seinem prächtigen Araber, und nun setzte sich der Zug in Bewegung.

In meiner ganzen Würde, den Blick gen Stambul gerichtet, ritt ich an der Spitze. Hinter mir wurden die langen steifen Palmen als Symbole der männlichen Kraft getragen, dann folgte die Musik und die Begleitung des Prinzen zu Pferde, dahinter der Brautwagen, den der Bräutigam selbst begleitete, dann die Dienerschaft, teils zu Pferde und teils zu Fuß, und hinter diesen die Brauteltern, ein Gepäckwagen und mein braves Grautierchen, mit meiner Habe beladen und von einem Stallknecht geführt.

Während des ganzen Marsches spielte die Musik lustige Weisen, und eine zahlreiche Menschenmenge, zumeist den niederen Ständen angehörend, begleitete uns, lärmend und singend. Von Zeit zu Zeit warf der Prinz Geldstücke unter das Volk, und es entstand dann jedesmal eine Rauferei, die uns wenigstens für einige Augenblicke Ruhe verschaffte.

Am Nachmittag passierten wir die Galatabrücke und sahen im rotgoldenen Sonnenschein die Minaretts der Sultan Bajazid- und Suliman-Moscheen vor uns erglänzen. Die Straßenpassanten bildeten Spalier und begrüßten uns mit lustigen Zurufen oder verneigten sich ehrfurchtsvoll. Vor Sonnenuntergang erreichten wir endlich den Saraj Saraj = Palast. meines Gebieters, ein umfangreiches Gebäude mit anschließendem Park in der Mitte der Stadt.

Hier hatten uns einige Diener bereits erwartet, sie öffneten das Tor, so daß der ganze Zug in den großen Hof einmarschieren konnte. Die Reiter sprangen von ihren Pferden, die von Stallknechten fortgeführt wurden, die Brauteltern bekamen ihre Gemächer angewiesen, und in wenigen Augenblicken war der ganze Brautzug aufgelöst. Auch für mein Grautierchen wurde bestens gesorgt.

Auf dem Hof befanden sich nur noch mein Gebieter, das engere Gefolge mit dem Kammerherrn, die Musikanten, der Brautwagen und ich, der ich die Braut in den Harem zu geleiten hatte.

Während sich der Prinz mit seinem Gefolge unterhielt und Anweisungen erteilte, blickte ich mich auf dem Hofe um, und ich muß gestehen, daß ich von dem Anblick der schönen Baulichkeiten entzückt war. In der Mitte des Hofes befand sich das Hamam Hamam = Bad., ein rundes Haus mit Säulenschmuck, unweit davon plätscherte ein Springbrunnen, und der ganze Platz war umgeben von einstöckigen Gebäuden, die durch einen Säulengang ein harmonisches Gepräge bekamen. Zypressen, Mandelbäume, Ziersträucher und Blumenbeete gestalteten den Hof zu einem schattigen, farbenfrohen und duftigen Garten.

Aus meiner sinnenden Beschaulichkeit wurde ich durch das Einsetzen der Musik herausgerissen. Der Brautwagen wurde an das Tor des Haremlik, an der rechten Seite des Hofes, gefahren, der Prinz und ich folgten zu Fuß, die übrigen Würdenträger mußten zurückbleiben.

Am Eingang zum Harem begrüßten uns die Verschnittenen: ein schon etwas gebrechlicher Greis, Jussuf mit Namen, ein hochgewachsener, baumstarker Neger von etwa 30 Jahren, der den Namen Ali führte, und ein jüngerer Neger von harmlosem Aussehen, der Mustafa gerufen wurde. Dahinter waren vier Sklavinnen, unter denen sich auch eine Negerin befand, aufgestellt. Ich wurde ihnen allen als der neue Kißlar Agassi, ihr jetziges Oberhaupt, bezeichnet, worauf sich die Dienerschaft, wie es sich meiner Würde geziemt, ehrerbietig verneigte. Durch freundliches Beugen meines Hauptes erwiderte ich ihren Gruß.

Unter Vorantritt der Eunuchen und Sklavinnen führte ich nunmehr die aus dem Wagen gehobene Braut in ihre Gemächer und begab mich dann in die mir angewiesene Wohnung.

Das Haremlik war ein schönes und geräumiges Gebäude. In vielfachen Windungen zog sich ein langer Korridor hin, von dem sich links die mit schweren dunkelroten Portieren behängten Eingänge zu den einzelnen Gemächern befanden. Jedes Zimmer hatte einen kleinen Vorraum, der wiederum durch eine Portiere abgeschlossen war. Am Ende des Korridors befand sich meine aus zwei behaglich eingerichteten Gemächern bestehende Wohnung, von wo aus ich den Korridor übersehen und etwaige Schritte deutlich vernehmen konnte. Fast in der Mitte des Gebäudes lag ein ziemlich geräumiger Lichthof, der, von einem Säulengang umgeben, als Versammlungsraum der Hannums diente. Die Nischen waren wiederum durch schwere dunkelrote Portieren abgeschlossen. Niedrige Diwans mit großen weichen Kissen zogen sich um den Lichthof herum, in dessen Mitte auf dicken Teppichen und zu einem Kreis vereinigt, sich Polster befanden, auf denen die Hannums gemeinschaftlich ihre Mahlzeiten einnahmen oder plaudernd ihre Mußestunden verbrachten.

Ein Duft nach Moschus und Rosenwasser durchwehte das ganze Haus. – – – – – – – –

Mein Gebieter hatte seine Braut, wie es der Sitte entspricht, nicht in den Harem geleitet, sondern war nach dem Empfang der Eunuchen gleich wieder umgekehrt. Schekerpara mußte bis zum Dschuma'a Dschuma'a = Mittwoch., dem Hochzeitstag, nur in Gesellschaft ihrer Schwester in ihren Gemächern verbleiben, sie fand bis dahin auch keine Aufnahme im Kreise der übrigen Hannums. Nur noch ein einziges Mal durfte sie inzwischen den Harem verlassen, wenn sie am Tscharschamba Tscharschamba = Freitag. das vorschriftsmäßige Bad zu nehmen hatte.

Die Einsamkeit der zukünftigen Chasseki Chasseki = Favoritin. hinderte aber nicht den Fortgang der Hochzeitsfeierlichkeiten, die erst am Dschuma'a abends ihr Ende fanden.

An den Festschmausen und Spielen beteiligten sich die Männer und Frauen getrennt, und es herrschte deshalb heute abend ein festliches und lustiges Getriebe im Haremlik.

Als ich mich während der Abendmahlzeit den Hannums in meiner beruflichen Eigenschaft vorstellte, wurde ich in der übermütigsten Laune empfangen. Es fehlte nicht an Anspielungen auf mein dickleibiges Aussehen, und es fielen auch Ausdrücke, die mich beleidigt haben würden, wenn ich nicht Rücksicht auf die Festlaune genommen hätte.

Meine untergebenen Eunuchen, die sich zu meiner Verfügung hielten, harrten an der Eingangsnische meiner Befehle. Ich rief den alten Jussuf herbei und ließ mir Namen und Herkunft der Hannums angeben.

Hiernach wurde die ältere von ihnen, eine Georgierin, die meinem Gebieter vor fünf Jahren einen Sohn geboren hatte, die Walide genannt. Sie war etwa 25 Jahre alt, von reichlich üppigen Formen und hatte bereits ein matronenhaftes Aussehen. Mein Herr hatte ihr schon seit Jahren nicht mehr beigewohnt, weil sie angeblich mit einem unangenehmen geschlechtlichen Gebrechen behaftet war. Die zweite, eine geborene Türkin, von sympathischem Aussehen, Aischa mit Namen, dunkelhaarig, mit einem feingeschnittenen blassen Gesicht und von zierlicher Gestalt, mochte 23 Sommer zählen. Sie war seit fünf Jahren verheiratet, hatte in ihrem Schoße noch nichts reifen lassen und soll auf Veranlassung der Eltern meines Gebieters aus verwandtschaftlichen Gründen zur Hannum gemacht worden sein. Nach Jussufs Angaben behandele sie ihr Gatte mit besonderer Zuvorkommenheit, besuche sie aber nur an ihrem Geburtstage und anläßlich einiger Feste des Jahres. Die dritte, ein Frankenkind, sei vor zwei Jahren in den Harem gekommen, nachdem sie unsere heilige Religion angenommen habe. Ihre Herkunft sei dunkel, man sagt, sie hätte in Stambul einen Beruf gehabt, der Prinz sei ihr durch Zufall begegnet und habe sich in ihren Netzen verfangen. Als Moslemin erhielt sie den Namen Hassa. Ihre Gestalt war schlank und biegsam, von besonderer Lebhaftigkeit. Das etwas gerötete nicht unschöne Gesicht mit der kleinen Nase, den hellblauen Augen und dem nach fränkischer Art frisierten blonden Haar hatte aber einen unangenehmen Ausdruck, und der Blick war scharf wie ein Damaszener Dolch.

Das Alter dieser Frau war, wie bei den Franken überhaupt, nicht leicht zu bestimmen. Nach ihren eigenen Angaben wollte sie den Wechsel der Jahre zwanzigmal erlebt haben, offenbar aber war sie viel älter. Durch ihre unziemlichen geschlechtlichen Begierden soll sie bei ihrem Gatten in Ungnade gefallen sein, denn er habe ihr Lager mitten in der Nacht mit allen Anzeichen tiefster Entrüstung verlassen. Man sprach im Hause auch von einer bevorstehenden Scheidung. – – Ich begriff, weshalb der Prinz bei dem Anblick des Tscherkessenmädchens von Sehnsucht gepackt wurde, seinen Harem aufzufrischen und sein Herz an einem naturreinen blumigen Weibe zu erquicken. – – – – – – – – – – – –

Nach dem Mahle wurden Erfrischungen und Süßigkeiten gereicht, wobei die Fröhlichkeit sich immer mehr bis zur Ausgelassenheit steigerte. Jetzt wurde ein weißer Blendrahmen herbeigebracht, hinter dem Schattenspiele veranstaltet werden sollten, deren Leitung die Hassa übernahm. Da die Gespräche des ganzen Abends sich auf die bevorstehende Hochzeit bezogen, war es natürlich, daß auch die Schattenspiele die Liebe zum Vorwand hatten.

Die Walide, die sich wohl etwas zurückgesetzt fühlte, obwohl sie ihrem Gatten einen Sohn geschenkt hatte, behandelte den Unterhaltungsstoff der ehelichen Freuden mit einer gewissen Bitterkeit und Ironie.

»Wenn eine Hochzeit bevorsteht, meine lieben Schwestern«, begann sie, ohne ihre Gesichtsmuskeln zu verziehen und in absichtlich gleichgültigem und trockenen Tone, »dann fallen mir immer die von Omer Haleby im Geiste unseres heiligen Koran verfaßten Schriften über die Demutspflicht der gläubigen Frauen ein, in denen er uns also ermahnt: »Vergesset nicht, daß der Mann der Arbeiter ist; daß von seinen Werken die Zierden stammen, die eure Schönheit vermehren; daß die Kraft seiner Arme euer Haus, eure Kinder und eure Dienerschaft schützt; daß aus dem Zeichen seiner Männlichkeit eure höchsten Wonnen, eure größten Glückseligkeiten fließen!

Ahmet deshalb in allem das Verhalten der Frauen des Propheten nach! Seid aufmerksam, sucht nur die Wünsche und Bedürfnisse eures Gatten zu befriedigen. Und in der Umarmung gebt euch mit jenem tiefen Gefühl hin, das der Größe des Aktes, den ihr erfüllt, vollauf entspricht, mit Seele, Geist und Leib! Denket, daß ihr in diesem bedeutsamen Augenblick die Mitarbeiterin eures Mannes wie des allgemeinen Geistes der Liebe seid, der die ganze Natur auferweckt in der Zeit des schönen und wohlriechenden Monats Mai.

Wenn aber die Umarmungen eures Gatten zu hastig sind, um die Freude in euren Busen zu senken, wenn ihr nicht an seinen Gefühlen ganz teilnehmen, seinen Genuß durch euren eigenen nicht vermehren könnt – – dann laßt ihn dies wenigstens glauben. Allah, der alles sieht und barmherzig ist, wird euch diese unschuldige List verzeihen, und ihr werdet euch so die Zärtlichkeit eures Gatten, seine Achtung und Wertschätzung erhalten! O Frauen, suchet nicht eure wahren Freuden in unregelmäßigem oder heftigem Beischlaf; suchet sie weder in der unnatürlichen Befriedigung welcher Art immer, noch in der Päderastie, weder in den Uebungen der Sappho, noch in Haschischträumen oder Liebestränken! Suchet sie nur in der Erfüllung eurer Pflichten als Frau, als Herrin des Herdes, als Mutter der Familie. Diese drei Dinge neben dem strenggläubigen Beischlaf sind die einzigen, die euch ein Recht für den Aufenthalt im Paradiese geben und aus euch Huris machen werden, ewig beischlafende und ewig jungfräulich bleibende. Seid gute Mosleminnen, indem ihr euch nicht nur der Vergnügens wegen dem Beischlaf hingebt, sondern um den großen Gesetzen der Welt zu gehorchen, um euer Antlitz mit den Feuern der Mutterfreuden zu beleuchten, um so eure Glückseligkeit auf Erden und im ewigen Leben zu sichern. Hat nicht Mohammed gesagt, daß Allah den verfluche, der seine Frau nur aus dem Grunde verstoße, weil sie seine Lüste nicht befriedige!? Und sagte Mohammed nicht seinen Schülern, daß sie die Ehe als einen Zustand achten sollten, der die Ausbreitung des Menschengeschlechts zum Ziele habe!? Und ist euch, o Frauen, nicht aus diesem Grunde die Möglichkeit gegeben worden, daß ihr euch von eurem Manne, wenn er impotent ist, scheiden könnt!?«

Nach dieser Predigt trat eine kleine Pause ein. Aischa seufzte tief und schwieg. Die Hassa aber erwiderte in ihrer lebhaften Art: »Ich habe gefunden, daß die religiösen Ehegesetze im Koran nur dem Mann Vorteile gewähren, das Weib hingegen wird als ein untergeordnetes Wesen betrachtet. Wir Frauen desselben Mannes teilen das gleiche Schicksal, keiner von uns wird eine bestimmte Nacht reserviert, wie dies in jedem anderen Harem üblich ist. Wir verschmachten; und doch fällt es niemand von uns ein, sich scheiden zu lassen, obwohl wir ein Recht dazu hätten, denn unser Gatte macht auf uns den Eindruck völliger Impotenz. – Auf unsere neue Schwester und besonders auf die Dauer der neuen Liebe bin ich sehr gespannt!

Da wir unsere Sinne nicht im Arme unseres Gatten berauschen können, wollen wir uns wenigstens im Spiele den geistigen Genuß der ehelichen Freuden gönnen!«

Mit diesen Worten trat sie hinter den Blendrahmen und das Schattenspiel nahm seinen Anfang. Die Hassa hatte sich einen Dolman umgeworfen und einen Fez aufgesetzt, um auf diese Weise die männliche Rolle natürlicher wiedergeben zu können. Die weibliche Rolle wurde jeweils von einer Sklavin gespielt.

Zuerst kam eine harmlose Liebesszene, in der sich ein Mann in ein Mädchen verliebt. Da er Gehör findet, nimmt er sie in seinen Harem und begeht mit ihr die Nacht des Eintritts. Die junge Frau wird von ihrem Gatten in sichtbarer Erregung entkleidet und körperlich, selbst an den heiligsten Stellen, auf das peinlichste untersucht, bis die männliche Erregung den höchsten Grad erreicht hat. Dann hebt er seine Frau in die Höhe – – und in demselben Augenblick erlischt auf einen Wink die Beleuchtung, so daß das Spiel zu Ende ist.

Wie die Hassa den Mann wiedergab, verursachte in mir einen solchen Ekel, daß ich meine Blicke wegwenden mußte. Es kam aber noch scheußlicher.

Im zweiten Bilde sitzt die Frau ganz nackt auf dem Diwan und macht Gebärden, mit welcher Sehnsucht sie den Mann erwarte. Als dieser erscheint, stürzt sie sich auf ihn und macht so unschickliche Griffe und Bewegungen, daß der Gatte sie entrüstet abweist und fortgeht. Die Frau zeigt sich einige Augenblicke sehr unglücklich, dann bekommt sie ihre Fassung wieder, und lächelnd holt sie Apparate herbei, die geeignet sein sollen, den Gatten zu ersetzen, gerade den Vorschriften des Korans und den Ermahnungen des Omer Haleby über die widernatürliche Befriedigung zum Trotze.

Was nun folgte, vermag ich nicht zu beschreiben –

Der erhoffte Beifall blieb aus. Es trat wieder tiefes Stillschweigen ein. – Als die Hassa ihre Verkleidung abgelegt hatte und hinter dem Rahmen hervortrat, schien sie etwas erstaunt über das ruhige Verhalten der übrigen Hannums, denn sie hatte offenbar geglaubt, durch ihre Darbietungen die allgemeine Lustigkeit zu fördern und die Gemüter zu erhitzen, während sie nunmehr das Gegenteil, nämlich eine auffällige Abkühlung, erreicht hatte. Die Sklavin, die die junge Frau gespielt hatte, wie ihr befohlen war, zog sich verschämt zurück und ließ sich den ganzen Abend nicht mehr sehen.

Jetzt ergriff Aischa das Wort. Ihre Stimme klang würdig und angenehm, als sie sagte: »Wir sind wohl alle nicht geeignet, solchen Spielen zuzuschauen, und ich für meinen Teil habe das Gefühl als Gattin noch nicht soweit eingebüßt, daß ich meine Geschlechtlichkeit verloren haben sollte. Wir sind es hier gewohnt, stets von der Liebe zu sprechen, und die jetzigen Festlichkeiten, die wir der Einführung einer neuen Gattin unseres gemeinsamen Herrn und Gebieters verdanken, sind erst recht dazu angetan, den Liebesgenuß vergangener Tage in Erinnerung zu bringen und von den Dingen zu reden, die nun einmal das ganze Fühlen und Denken des Weibes ausmachen.

Laßt uns daher in diesem Sinne Geschichten erzählen, die uns die Zeit vertreiben und unsere bedrückten Gemüter erfrischen. Morgen haben wir Tanz und Musik und eine größere Damengesellschaft, so daß wir heute im harmonischen Beisammensein unter uns aus dem reichen Born der alten Sagen und Erzählungen schöpfen können. Um euch mit gutem Beispiel voranzugehen, will ich zuerst beginnen; vernehmt also

Die Geschichte von der hölzernen Jungfrau:

Ein Zimmermann, ein Goldschmied und ein Schneider begaben sich auf die Wanderschaft, um an einem anderen Orte geeignete und lohnende Beschäftigung zu finden. Unterwegs gesellte sich noch ein frommer Derwisch zu ihnen, dem es angenehm war, in lustiger Gesellschaft weiter zu pilgern.

Als sie des Abends ermüdet an einen freien Platz kamen, der von Dattelbäumen umgeben war, beschlossen sie, hier ihr Zelt aufzuschlagen und die Nacht zu verbringen. Aus Furcht, von Räubern überfallen zu werden, wurde eine Nachtwache eingerichtet, dergestalt, daß jeder von ihnen drei Stunden sich des Schlafes zu erwehren hatte. Zuerst kam der Zimmermann an die Reihe. – Da nun die anderen Drei sich niederlegten, überwältigte ihn die Müdigkeit so sehr, daß er, um die Augenlider offen zu halten, nach seinem Handwerksgerät griff, hinaus ging und einen Baum fällte. Dabei kam ihm in den Sinn, aus dem Holze eine Jungfrau zu schnitzen. Und da der Zimmermann ein sehr geschickter Künstler war, hatte er in den drei Stunden der Nachtwache eine wunderfeine Mädchengestalt von herrlichem Körperbau, liebreizendem Antlitz und schlanken Füßen und Händchen geformt.

Nach ihm kam die Reihe an den Goldschmied. Auch dieser wurde sehr bald schläfrig und überlegte, wie er sich beschäftigen könnte. Dabei fiel sein Auge auf das hölzerne Mädchen vor ihm, das der Zimmermann so kunstvoll geschnitzt hatte; er bewunderte die schöne Arbeit, und um auch einen Beweis seiner Geschicklichkeit zu geben und zugleich munter zu bleiben, verfertigte er Ohrringe, Armbänder und andere Frauenschmucksachen, mit denen er die Figur auf das schönste herausputzte.

Als seine Zeit um war, kam die Reihe an den Schneider. Kaum hatte dieser sich von seinem Lager erhoben, erblickte er mit großem Erstaunen die herrliche Jungfrauengestalt, und er rief sofort aus: »Hier muß ich meine Kunst zeigen! –« Aus einem Beutel, den er bei sich trug und in dem sich außer seinem Handwerkszeug allerlei Stoffe befanden, entnahm er die schönsten Stücke, machte reizende Festgewänder, wie sie zu der lieblichen Gestalt paßten, und bekleidete das Mädchen vom Kopf bis zu den Füßen. Wer sie so gesehen und nicht gewußt hätte, daß es nur ein Bildwerk war, würde sie für ein lebendes Wesen gehalten haben.

Nachdem die drei Stunden der Nachtwache verflossen waren, weckte der Schneider den Derwisch und legte sich selbst nieder. Kaum hatte der fromme Mann die Augen aufgetan, erblickte er das wohlgeformte und reich geschmückte Bildwerk, und es ward ihm zumute wie einem Blinden, den ein Lichtstrahl in nächtlicher Einsamkeit getroffen, und er trat näher. Als er nun sinnend die Gestalt bewunderte, wie anbetungswürdig ihre Schönheit sei, hob er seine Hände auf zu dem, der die Seelen schuf, und flehte in Verzückung: »O du, der du einzig begabt bist mit Kraft und Macht, Allherrlicher, der du aus dem Nichts der Grabesnacht des Menschen reines Gebilde geschaffen für diese lichte Welt, – o du, der du die süßen Früchte aus dürrem Gehölz lässest ersprießen, – o Allah, in deiner Gnade, der unendlichen, erbarme dich deines unwürdigen Knechtes, erhöre mein Flehen und verleihe dieser geistlosen Form eine Seele, auf daß sie sich des Lebens erfreue und ihre Zunge sich löse zu Danksagungen immerdar!«

So flehte der Derwisch in tiefer Demut. – – Da er aber ein Mann von reinem Herzen war, fand sein Gebet Gnade vor Allah, und der Ewige schenkte aus seiner unerschöpflichen Barmherzigkeit jener Figur eine Seele und Leben. Und sofort ward aus dem Bildwerk ein gar liebliches Mägdelein, das zu wandeln anfing und sich in Grazie hin und her bewegte wie eine schlanke Zypresse, und da sie ihre Gedanken zu Worten bildete, klang ihre Stimme wie der Nachtigallen liebliches Gezwitscher. –

Als der Morgen kam, und die Sonne, die alles sehende, alles offenbarende Spenderin der Freuden, ihre Strahlen auf die irdische Welt herabsandte, fielen die Augen der vier Reisenden auf das herzbetörende Bildwerk, das über Nacht zum Leben erweckt worden war, und sofort gerieten sie alle in eine solche Liebesleidenschaft, daß sie zu streiten und zanken begannen, und jeder die einer Göttin gleichende holde Maid für sich begehrte.

»Ich,« rief der Zimmermann, »bin der Schöpfer ihrer Schönheit, ich habe ihren Leib geschnitzt und jene verborgene Zierde ihrer Weiblichkeit, nach der euch in tierischer Gier gelüstet, mit ganz besonderer seelischer Vertiefung und feinstem Tastsinn und Zartgefühl geformt, also gehört sie mir!«

Dagegen erhob sich die Stimme des Goldschmieds »Habe ich ihr nicht«, sprach er, »Gold und Edelsteine angelegt und so Geld und Gut für sie hergegeben und ihren Liebreiz durch Schmuck erhöht? Alles was ihr den irdischen Wert verleiht, ist von mir, also ist sie mein Eigentum!«

»Geld und Gut,« ließ sich der Schneider vernehmen, »habe ich auch hergegeben, denn ich habe sie in kostbare Prachtgewänder gekleidet und damit ihre Schönheit erst vollkommen gemacht und die Lieblichkeit hervorgezaubert, die euch alle zur Leidenschaft hingerissen hat. Der nackte Körper reizt nicht, nur der kunstvoll bedeckte, wo die Zierde der Weiblichkeit sich schamhaft verbirgt, erweckt eure Begierde. ›Kleider machen Leute‹, heißt das Sprichwort, also ist das Werk mein, und mir muß sie gehören!«

Da rief der Derwisch: »O nein, mein muß sie sein, denn meines Gebetes Kraft hat sich durch sie erfüllt, – ich habe sie zum Leben erweckt durch die Gnade des Höchsten; ihr Leib ist Fleisch und Blut durch die Inbrunst meines Flehens. Und was euch alle so rasend macht, die verborgene Zier ihrer Weiblichkeit, mit der ihr euch vereinen wollt, was wäre sie euch aus trocknem Holze und nicht aus saftigem, rosigem Fleische? Dies aber ist mein Werk, und als Vorgeschmack der Huris des Paradieses hat sie Allah mir geschenkt, mein Recht ist unbestreitbar!«

So hadernd, fanden die vier Verliebten keinen anderen Ausweg, als ihre Ansprüche der gesetzlichen Entscheidung zu überlasten. Und schon wollten sie sich auf die Suche nach einem Kadi begeben, als ein Imam Imam = geistlicher Vorsteher der Gemeinde. des Weges kam, den sie zum Richter in ihrer Streitsache zu machen beschlossen und dessen Urteil sie sich unterwerfen wollten. Sie riefen ihn also herbei und erzählten ihm umständlich das ganze Ereignis.

Kaum hatte der Geistliche das schöne Mädchen erblickt, als seine männliche Lust sich heftig zu regen begann, und seufzend dachte er in Eile nach, wie er wohl seine eigenen Liebesschmerzen heilen könnte. Nachdem er nun die vier Reisenden mit verächtlicher Miene gemustert, begann er: »Ihr Muselmanen, welche törichten Worte habt ihr soeben geredet? Habt ihr denn keine Furcht vor der Strafe des Allmächtigen und schlägt euch kein Gewissen, daß ihr eine solche Untat begehet und mir meine rechtmäßige Gattin rauben wollt? Und einer von euch will sie gar aus Holz geschnitzt und ein anderer ihr Leben und Seele durch Gebet eingeflößt haben? Wenn euch der böse Geist zum Lügen treibt, dann sagt doch wenigstens etwas Vernünftiges, was nach göttlichem Gesetz möglich ist! Diese ist meine Frau, und die Sachen, die sie an sich trägt, habe ich ihr machen lassen. Vor einigen Tagen war ein unbedeutender Streit unter uns entstanden, und darüber erzürnt hat sie heute nacht mein Haus verlassen. Der Wunsch, sie wiederzusehen, trieb mich ebenfalls fort, ich ging ihr nach, und Allah sei Dank!, es ist mir gelungen, sie hier zu finden. Ihr aber macht euch durch eure Reden nur lächerlich und strafbar, denn ihr habt kein Recht an meinem gesetzmäßigen Weibe!«

Der Imam überbot also noch die anderen Reisenden durch seine geheiligten Rechtsgründe in ihren Ansprüchen, und somit waren es jetzt fünf Männer, von denen ein jeder gegen die anderen Klage erheben zu können behauptete.

Unter Zanken und Streiten gelangten sie in eine Stadt, wo sie sich gleich nach dem Hause des Polizeimeisters begaben, dem sie ihren Fall vortrugen. Sobald dieser aber das Mädchen erblickte, wurde er noch tausendmal heftiger in sie verliebt als jene, und um die Holde für sich selbst zu gewinnen, fuhr er die fünf Kläger wütend an: »Ihr frechen und unverschämten Räuber, dies Weib war die Frau meines älteren Bruders, der vor einigen Tagen überfallen und umgebracht wurde. Seitdem blieb meine Schwägerin verborgen, und nun ist es offenbar, daß man sie entführt hat, um sich an ihrem schönen Leibe zu ergötzen. Aber Allah sei Dank!, vergossenes Blut schreit um Rache gen Himmel, eure eigenen Füße haben euch in die Schlinge der wohlverdienten Strafe geführt!«

Der Polizeimeister wurde also ein noch hitzigerer und gefährlicherer Kläger als die anderen; er ließ die Gesellschaft sogleich verhaften und begleitete sie selbst zum Kadi.

Diesem ehrwürdigen Manne versuchte nun ein jeder seine Ansprüche klarzumachen. Als aber der Richter das reizende Mägdlein vor Augen sah, anmutig vom Haupte bis zur Sohle, wie ihr Wuchs und ihr stolzer Zypressengang jedes Männerherz liebeskrank machte, und die Flut ihrer Reize, der kein Damm widerstand, keine Vernunft entfliehen konnte, wie ein Gießbach die Burg der Ehrbarkeit verheerte und des Anstandes Grundbau durch der Liebe Zaubermacht zerstört ward, packte den Kadi das Verlangen, dieses wunderbare Weib selbst zu besitzen.

»Meine Freunde,« redete er deshalb die Gesellschaft an, »der Rechtsstreit, den ihr führen wollt, ist nichtig. Dieses Mädchen ist eine in meinem Hause aufgewachsene und von frühester Jugend an als eigenes Kind von mir gehaltene Sklavin. Durch schlechte Leute verführt, hat sie die Gold- und Schmucksachen und die feinen Gewänder, womit sie angetan ist, entwendet und mich verlassen. Dem Allerbarmer sei es gedankt, daß sie durch eure freundliche Bemühung aufgefunden und mein Wunsch, sie wieder zu besitzen, in Erfüllung gegangen ist. Ich hoffe zu Allah, daß er, der Allwissende, diesen Liebesdienst euch wohl anrechnen, und daß er, der Allmächtige, euch dafür lohnen werde!«

Als die Kläger diese Worte hörten, standen vier von ihnen ab, denn sie wußten, daß der Kadi jähes Ungemach, Not und Schmach, deren Abwendung ihnen nie gelingen würde, über sie zu verhängen fähig war. Der Derwisch aber wandte sich gegen den Richter und sprach: »Geziemt es dir wohl, hoher Herr, der du auf des Propheten Betteppich zu sitzen behauptest, daß du einen Prozeß rechtgläubiger Männer nicht nach dem heiligen Gesetz entscheidest, sondern selbst Ansprüche auf dieses Mädchen erhebst und unter dem Vorwande, es sei deine Sklavin, uns das schöne Weib mit Gewalt zu entreißen suchst? Welche Religion gestattet solches Unrecht und wie willst du dich dereinst vor dem Weltenschöpfer verantworten?!«

»Du Bilderdieb«, erwiderte der Kadi dem Derwisch, »du Heuchler, der du, um die Leute zu betrügen, dir durch Hungerleiden hohle Wangen verschafft hast, und der du gern die Welt glauben machen möchtest, die Gottesfurcht habe deine Gestalt zum Bogen gekrümmt, merke, ein berühmtes Sprichwort sagt: ›Ein geschickter Lügner muß nicht nur ein gutes Gedächtnis, sondern auch scharfen Verstand und durchdringende Einsicht haben.‹ Was hast du aber an Einsicht und Verstand aufzuweisen? O du Narr, willst du eine wahnsinnige Lüge auftischen, so sage sie doch wenigstens mit einigem Anstand! Kann man wohl aus Holz Menschen machen?! – – – – Nun laßt von solchen Forderungen ab und geht, – – wenn nicht – – wie ihr wollt! Ich habe ja meine Sklavin wieder!«

»Die hier Anwesenden, o Kadi,« nahm der Derwisch seine Rede wieder auf, »denen der wahre Sachverhalt unbekannt ist, mögen vielleicht glauben, daß du die Wahrheit sprichst. Wir aber wissen, welches Wunder geschehen ist. Darum fürchte Allah und entscheide aus Scheu vor dem Propheten den Prozeß nach dem heiligen Gesetze!«

Da nun hierauf der Richter mit dem Derwisch und der Derwisch mit dem Richter Worte heftiger Art wechselten, wie sie ihnen auf die Zunge kamen, so wurde aus der Unterhaltung wütende und vielfache Zwiespältigkeit, und weil alle sieben Männer bis zur Sinnlosigkeit verliebt waren, rüsteten sie sich gegenseitig zum Kampfe.

Jetzt traten aber die Verständigen unter den Zuschauern zusammen und beschlossen, die Streitenden zu versöhnen; aus diesem Grunde sprachen sie zu den Klägern: »Ihr Muselmanen, dieser euer Rechtsstreit ist ein unlösbarer Knoten und keiner Entscheidung fähig, wenn nicht der Schöpfer aller Dinge ihn selbst in seiner Gnade erledigt. Da aber ein uns überkommener Ausspruch des Propheten besagt, daß wir die Toten anrufen sollen, wenn wir bei unserem Tun keinen Ausweg mehr finden, so laßt uns auf den Begräbnisplatz gehen und beten. Vielleicht nimmt sich der Allwissende eurer Sache an und macht das Geheimnis offenbar!«

Dieser Vorschlag fand Beifall, und die ganze Gesellschaft erhob sich und pilgerte nach dem Friedhof. Dort angelangt, verrichtete der Derwisch, unter Tränen seine Hände erhebend, mit der größten Inbrunst ein Gebet, indem er sprach: »Du Gewaltiger, dessen Macht kein Ziel und keine Schranken hat, du Wissender, der des Menschen geheimste Gedanken kennt, o möchtest du diesen bösen Knoten der Verwirrung in deiner unendlichen Gnade lösen, auf daß durch dich verkündet werde, wem von uns in deinem Namen das Recht zuteil geworden!«

Als er geendet hatte, rief das ganze Volk: »Amen!«

Da geschah es, daß ein Dattelbaum, an den sich das Mädchen während des Gebets angelehnt hatte, plötzlich auseinanderklaffte, das umstrittene Geschöpf in sich aufnahm und sich dann wieder schloß. So bewahrheitete sich der geheimnisvolle Spruch: »Ein jedes Ding kehrt zu seinem Ursprunge zurück.« Die Lügner und Bösewichte empfanden jetzt tiefe Scham und gaben sich der Reue hin, während die vier Reisenden, deren Liebesleidenschaft unbefriedigt blieb, in Schmerz und Verzweiflung davonzogen!«

Als Aischa ihre Erzählung beendet hatte, war der tiefe Eindruck, den der religiöse Sinn dieser Geschichte verursachte, sofort erkennbar, denn die Hannums saßen eine Weile in stiller Betrachtung versunken, ehe sie ihrer Mitschwester beifällig dankten. Dann ergriff die lebhafte Hassa zuerst wieder das Wort und sagte: »Meine Lieben, es scheint mir, als ob ihr aus dem Sinn der Legende von der hölzernen Jungfrau nur die Moral von der Vergänglichkeit aller Dinge und die Lehre von dem ewigen Sieg der Wahrheit entnommen habt. Auf mich hat das Schicksal des zum Leben erweckten Kunstwerks eine mehr symbolische Wirkung ausgeübt und mich zum Nachdenken veranlaßt. Das Kunstwerk, das zum Leben erwacht, ist meiner Ansicht nach das Weib, wenn es zur geschlechtlichen Reife gelangt. In diesem Zeitraum der Entwicklung begehren alle Männer nicht das menschliche Wesen an sich, sondern die weibliche Zierde, die, äußerlich nicht, sichtbar, deshalb um so mehr reizt, als sie verborgen gehalten und gesucht wird, um die Glut der männlichen Gier am Fleische des Weibes zur Abkühlung zu bringen. In diesem an Wahnsinn grenzenden Zustand ist jeder Mann ohne Unterschied des Alters und der Würde, ohne Rücksicht auf Religion und Sitte ein blindes und wütendes Tier. Durch ein gütiges Geschick, womit anderseits auch die Schlechtigkeit und der Eigennutz der Männer beleuchtet wurde, ist die reine Jungfrau in der soeben vernommenen Geschichte der Sinnenlust ihrer Verehrer entgangen. Es wundert mich nur, daß Männer solche Legenden erfinden, in denen sie sich selbst ihrer tierischen Begierden rühmen. Und es ist ebenso erstaunlich, daß sie das Weib so kennzeichnen – in dieser Geschichte tief symbolisch »als hölzerne Jungfrau«, – als ob nicht auch die weiblichen Sinne erfüllt würden von Sehnsucht nach der männlichen Begattung und nach erfrischender Berieselung der von schmachtendem Begehren erhitzten Oase. Und wenn eine Frau von diesem geheiligten Rechte der Natur – denn jeder Trieb ist von Allah in den Menschen gepflanzt – Gebrauch macht, dann wird sie von ihrem Gatten als unkeusch und lasterhaft zurückgewiesen. Ich wiederhole daher dasselbe, was ich schon vorhin gesagt habe, daß in der moslemitischen Welt Pflichten und Rechte zwischen Mann und Frau ungleich verteilt sind!«

Schon während dieser Rede hatte die Walide durch Gebärden zu erkennen gegeben, daß sie die Ansichten der Hassa nicht teile, und als diese mit ihren Auseinandersetzungen fertig war, erwiderte sie in ihrer ruhigen Art: »Die Männer haben zwar alle jene schönen Geschichten erdacht, die uns so oft ergötzten, und manchmal habe auch ich die Ungerechtigkeiten gegen das weibliche Geschlecht sowohl in der Legende wie auch im Leben schmerzlich empfunden, aber in vielen solcher Erzählungen wird doch der aus der Tiefe der weiblichen Seele entsprungene Trieb nach geschlechtlicher Vereinigung anerkannt und gebührend gewürdigt. Wenn ihr Lust verspürt, mir zuzuhören, will ich euch eine Geschichte dieser Art erzählen!« Aischa und Hassa waren mit Freuden einverstanden, und Walide begann:

»Die Abenteuer in der Hochzeitsnacht.

Einst lebte in der Stadt Damaskus ein mit allen Genüssen der Welt und mit Gut und Geld gesegneter Kaufmann, der eine Tochter namens Dhilefruß besah, eine Jungfrau, die soeben ihr zwölftes Lebensjahr vollendete. Voll berückenden Liebreizes waren ihre Wangen, ihre dunklen Ambrabrauen glichen einer Moschusbrücke, ihre süßen Lippen waren Hexen, die den Geist betörten, und ihre Augen zwei Megären, die sich vom Herzensblut der Männer nährten. Sie war eine Perle für den Juwelenschrein der Könige und ein Edelstein an Schönheit, gegen den alle an Reizen reichen Jungfrauen der Welt verblühten.

Als die Frühlingszeit herangekommen war und Flur und Garten sich mit Blumen mancherlei Art schmückten, da trug sie mit ihren Rosenwangen ein zartes Verlangen, die Rosenbüsche in erneuter Pracht und Frische wieder zu sehen und mit einigen Mägdlein im Garten zu lustwandeln. Sie setzte sich unter den Schatten eines Baumes, und wie ihre Augen hochbeglückt Gebüsche und Blumen betrachteten, sah sie eine Rose blühn, die von ihrem Stocke herabhing und an Farbenpracht und Schönheit alle anderen überragte. Um sich mit ihr zu schmücken, gebot Dhilefruß ihren Dienerinnen, die Rose abzupflücken und ihr zu bringen. Hurtig eilten die Mädchen um die Wette, denn jede wollte die erste sein, die seltene Rose für ihre Herrin zu gewinnen. Aber wie sie sich auch bemühten und wie sehr ihr Blut unter den scharfen Domen, die ihre Haut ritzten, zur Erde floß, es gelang ihnen nicht, die Blume zu brechen, denn sie hing an einem zu hohen Aste.

Als nun Dhilefruß ihre geliebte Rose nicht bekam, wurde ihre Begierde danach um so stärker, und sie versprach, wer immer sie pflücken würde, dessen Wunsch wolle sie gewähren, was er auch begehren möge.

An einem versteckten Orte vernahm aber der Gärtner ihr Versprechen, und kaum war die Verheißung zu ihm gedungen, als er schnell herbeikam und rief: »Wer die Rose will brechen, der erleide der Dornen Stechen; wer aber scheut der Dornen Wunden, der hat der Liebe Rosenpfade nie gefunden! Tadle mich nicht, wenn ich mich deinetwillen von tausend Dornen durchbohren lassen, denn es gilt – die eine süße Rose!«

Dann war er mit einem Satz an dem Rasenstock, kletterte behend hinauf wie ein Eichkätzchen, erfaßte und brach die Rose, die er Dhilefruß sofort überreichte. Da diese des Gärtners mannhaftes und mutiges Benehmen sah, vielleicht in der Hoffnung, sie werde ihn, wie er sie liebe, wiederlieben, da erfaßte sie eine tiefe Neigung zu ihm, und sie schickte sich an, sein Begehren, wie sie gelobt hatte, zu erfüllen. Sie sah dem Gärtner liebreizend ins Gesicht und sprach: »Nun zaudere nicht, schmucker Jüngling, und sage, was ist dein Begehr!« Der Gärtner heftete einige Zeit seine Augen aus Verlegenheit auf den Boden, dann sprach er: »Zahlreich und unüberwindlich sind die Hindernisse, die sich mir entgegenstellen würden, wenn ich das begehren wollte, wozu mich mein Herz treibt, nämlich dich selbst zum Weibe. Da dieses heiße Verlangen aber nicht erfüllt werden kann, habe ich nur diesen einen Wunsch: wenn du Braut wirst, du Schönste, Beste, dann erscheine an deinem Vermählungstage, bevor du mit deinem Gatten von hinnen ziehest, noch einmal vor mir auf dieser Wiese, damit ich – deine Rose pflücke!« Dhilefruß war mit diesem Vorschlag einverstanden, und so schlossen sie ihren Vertrag und schieden voneinander.

Bald darauf hatte der Kaufmann festgesetzt, seine Tochter zu verheiraten, und es war auch nicht schwierig, unter den Vornehmen und Reichen der Stadt einen der Dhilefruß würdigen Gatten zu finden; herrliche Hochzeitsfeste wurden angesagt und Braut und Bräutigam miteinander getraut.

Nach dieser Zeremonie wurde die Braut geschmückt und in die inneren Gemächer geleitet. Wie es nun die Vorschriften des heiligen Islam verlangen, trat der Bräutigam in die Mitte des Hochzeitssaales, um Gebete zu verrichten, dann ließ er Speisen auftragen und aß, und nach der Mahlzeit wusch er sich, und es wurde ein Schlafpolster hereingetragen, und er legte sich entkleidet darauf nieder.

Da Dhilefruß aber ihren Hochzeitsschmuck noch nicht abgetan hatte und auch nichts unternahm, um sich zu entkleiden und die Schlafstätte des Gatten zu teilen, fragte sie dieser nach dem Grunde, und sie erzählte ihm ihre Begegnung mit dem Gärtner und wie sie ihm versprochen habe, an ihrem Vermählungstage vor ihm zu erscheinen, damit er ihr – – – eine Rose pflücken könne.

Der junge arglose Gatte, dessen Herz frei war von jeder Falschheit und Tücke, dem noch nie Lug und Trug in den Sinn gekommen, antwortete ruhig: »So halte dein Versprechen und hüte dich vor jeder Sünde und eile, damit ich dich, mein Augenlicht, bald wiedersehe!«

Dhilefruß verweilte nicht länger, sondern lief mit all ihrem Schmuck und Edelgestein hinaus und pilgerte allein nach dem Garten. Verwirrt durch das Dunkel der Nacht, verlor sie den rechten Weg und geriet in einen Wald. Da sprang plötzlich ein hungriger Wolf auf sie los. Das junge Weib erschrak und glaubte ihr Ende nahe; rasch betete sie um Gnade bei dem Uebelabwender und Allerbarmer, dann redete sie den Wolf also bittend an: »O Wolf, ich gab einem Gärtner für diese Nacht das Versprechen, an einem bestimmten Ort meine Rose pflücken zu lassen, gönne mir die kurze Zeit, daß ich mein Wort erfülle. Nachher mach mit mir nach deinem Begehren. Nur mein Versprechen möchte ich halten, bevor du meine Seele gefressen hast!« Und siehe da, das Herz des Wolfes wurde weich und mild, so daß er von seinem Opfer abließ und in den Wald verschwand.

Dhilefruß zog nun weiter ihren Weg, als plötzlich ein Räuber auf sie eindrang, der hocherfreut ausrief: »Das Glück liegt mir heute zu Füßen, nichts soll mich hindern, dieses Mädchen ihres Schmuckes und der Zierde ihrer Jungfräulichkeit zu berauben!« Die Ueberfallene flehte wieder zu dem Allbeschützer, dann erzählte sie dem Räuber, was ihr begegnet, und wie ihr Gatte sich so freundlich gezeigt, und das Herz des hungrigen Wolfes sich erweicht, und wie sie dem Gärtner versprochen habe, in ihrem ganzen Brautschmuck zu erscheinen, damit er ihre Rose pflücke, und daß sie zurückkehren werde, sobald ihr Wort erfüllt sei, und er dann alles nehmen könne, was sie an Schmucksachen und Edelgestein an sich trage, da konnte auch der Räuber nicht länger widerstehen. »Wenn«, sprach er, »ein wildes Tier sich erbitten ließ, seinen Fang in Frieden ziehen zu lassen, wie könnte ich, ein Mensch, grausamer und härter gegen meine eigene Gattung sein?!« Mit diesen Worten ließ er von ihr ab und ging seines Weges. – – – Nach vielen Mühen und Drangsalen gelang es Dhilefruß endlich, den Garten zu erreichen, wo sie auch den Gärtner fand, wie er sich zur Ruhe begeben wollte, und sogleich begann sie zu berichten, was ihr auf der langen Wanderung begegnet sei. Er aber sprach, indem seine Tränen flossen: O Herrin, du Unschuldgeschmückte, deine Treue sei tausendfach gepriesen, denn du hast dich den Gefahren deines Lebens ausgesetzt und dich in Not und Pein bemüht, deinem Worte gerecht zu werden. Die Prüfung, die ich dir auferlegt habe, hast du bestanden, nicht lag es in meiner Absicht, deinen rechtmäßigen Gatten zu hintergehen. Ich bin ein Gärtner, und mein Geschäft ist es, die Blumen in diesem Gatten zu pflegen und mich an ihren Gerüchen zu ergötzen. An dem Duft der Blumen unterscheide ich deren Art und Herkunft, an ihren Düften schmecke ich die Süße ihrer Farben. Fern sei es von mir, deine Rose zu pflücken, nur an ihrem Duft will ich mich berauschen und die Süße deines Wesens schmecken!«

Und also geschah es.

Dann begleitete er sie ehrfurchtsvoll zum Gatten hinaus bis zur Pforte ihres Hauses und nahm tränenden Auges mit den Worten von ihr Abschied: »Leb wohl, meine Beglückerin, der mandelsüße Duft deines Wesens wird mich nie verlassen, und im Geiste werde ich immerdar schauen, was meine Seele tastend von dir eingesogen. Deinem Gatten überlasse ich es, den Kelch deiner Rose zu entblättern und sie zu beschatten, damit ihr süßer Duft sich nie verflüchte!« – – – – – – –

Dhilefruß fand ihren Gatten heiter und gesund wieder. Sie verbrachten ihre Hochzeitsnacht in liebender Umarmung; die Geschichte aber schweigt, ob die junge Frau in seligen Genüssen mehr von ihrem Gatten empfunden, als von dem Gärtner, dessen sie noch lange in tiefster Neigung gedacht!«


Die Hannums waren entzückt von dem poetischen Reiz der Legende, und Aischa lobte vor allem den moralischen Ausgang und die Tugendhaftigkeit des Gärtnerburschen. Nur Hassa konnte sich auch jetzt wieder nicht enthalten, in belehrender Form ihre eigenen Gedanken zum Ausdruck zu bringen. »Was unsere Walide soeben erzählt hat«, sagte sie, »ist so schön als Erzeugnis der menschlichen Phantasie; daß man unzählige solcher Geschichten hören kann, ohne sich zu langweilen, und ich gestehe, daß ein unbefangenes Gemüt nur das äußere poetische Gewand wie ein farbenprächtiges Tuch auf sich einwirken läßt, ohne zu bedenken, daß die verlockende Hülle nur dazu dient, einen weniger schönen Kern zu verbergen. Ich habe mich mehr in die Geschlechtlichkeit der Menschen vertieft als ihr, und ich weiß, daß sich die männliche Geschlechtslust in ihren mannigfachen Befriedigungsformen von den tierischen Begierden nicht viel unterscheidet. Es dürfte euch ebenfalls bekannt sein, daß das männliche Tier nur durch den Geruch des weiblichen Tieres angelockt wird, und daß der Geruch des Weibchens in der Brunstzeit auf das Männchen dermaßen stark einwirkt, daß dieses zum Begattungsakt angeregt wird. Es kann auch als sicher gelten, daß die weiblichen Tiere die männlichen am Geruch erkennen. Ob der Mann einen bestimmten Geschlechtsgeruch von sich gibt, habe ich nicht wahrnehmen können, zweifellos ist dies aber beim Weibe der Fall, und zwar in mehr oder weniger verlockender, erregender oder abweisender Art. Aus diesem Grunde hat die Natur uns auch während der monatlichen Reinigung einen so unangenehmen Geruch verliehen, um die Begierde des Mannes fernzuhalten. Im Zustande des weiblichen Begehrens aber sind die eigenartigen Düfte, die demjenigen Teile unseres Körpers, die seiner natürlichen Verrichtung wegen einen nicht sehr angenehmen Geruch zu verbreiten pflegen, für den Mann so erregend und genußreich, – ebenso wie bei den Tieren –, daß ich wohl verstehe, wie der Gärtner durch den mandelsüßen Duft der Dhilefruß berauscht und befriedigt werden konnte. Dem Legendenerzähler war es völlig gleichgültig, mit welchen Gefühlen die jungfräuliche, von dem Drange weiblicher Hingabe getriebene Frau die Genügsamkeit ihres Verehrers aufnahm, ihr war es überlassen, die Glut des Geschlechts durch den rechtmäßigen Gatten zur Abkühlung zu bringen, obgleich ihre Seele vor Sehnsucht nach der Vereinigung mit dem Geliebten erzitterte. In diesem Sinne hat unsere Walide auch nicht den Beweis erbracht, daß in der moslemitischen Welt der Liebestrieb der Frau der männlichen Geschlechtsfreiheit gleichgestellt wird. Mir fällt soeben eine Erzählung ein, die ich vor langer Zeit irgendwo gelesen habe, und die, wenngleich sie auch nur moralisierend wirken soll, dennoch in der Hauptsache das bestätigt, was ich euch in bezug auf die Erregungsfähigkeit der weiblichen Düfte auseinandergesetzt habe. Die Legende betitelt sich:

Die Kaufmannsfrau und das Kamel.

Vor vielen Jahren lebte in der Stadt Bagdad ein Kaufmann, der sich bemühte, den Charakter der Frauen zu erforschen, und der sich überall nach ihrem Tun und Treiben erkundigte. Obwohl er hierbei nicht viel Gutes erfuhr, wurde seine geschlechtliche Begierde doch so angeregt, daß sich der Wunsch in ihm regte, ein sittsames Mädchen zu heiraten. Wie es nun oft geschieht, daß ein mit Lebenserfahrungen reich gesegneter Weiser sich von der Torheit Halfter zur Krippe der Dummheit schleifen läßt und erst durch den üblen Nachgeschmack des Futters wieder zur Vernunft gelangt, so erging es auch dem Kaufmann, der durch seine Beobachtungen das Wesen der Frauen erforschen wollte, um die Richtigkeit zu erkennen. – – Auf einer seiner Handelsreisen kam er in eine Stadt, wo ihm ein Mädchen so gefiel, daß er es zum Weibe nahm, obwohl ihm bekannt war, daß die Mutter als liederliches Weibsbild und Gelegenheitshure einen üblen Ruf genoß.

Nach der Hochzeit verblieb der Kaufmann noch einige Zeit in der Stadt und lernte nun die Reize des Weibes an seiner eigenen Frau so gründlich kennen, daß er sich den Freuden des Ehestandes mit Leidenschaft hingab und seine Bettgenossin innigst liebte.

Es ereignete sich aber, daß er in ein anderes Land ziehen und seinen bisherigen Wohnort verlassen mußte. Er versorgte sich mit allen Reisebedürfnissen, lud seine Bündel auf Kamele und Maultiere und reiste, sich einer Karawane anschließend, mit seiner Frau ab.

Die Lasttiere waren in zwei Gruppen geteilt, die aus männlichen Tieren gebildet waren, während die Kaufmannsfrau und ihr Gatte auf zwei Kamelstuten ritten, die sich am Ende der Karawane befanden. Die Stute der Frau war ein Junges von der Kamelstute ihres Gatten.

Eines Tages führte der Weg die Reisende an eine Brücke, über die man die vordersten männlichen Kamele nicht hinüberzubringen vermochte. Da die Kaufmannsfrau aber wußte, daß die Kamelstuten brünstig waren, und die Wirkung der Ausdünstungen der weiblichen Geschlechtsteile sich ihrer Kenntnis nicht entzog, und weil alle Bemühungen, die männlichen Tiere zum Weitergehen zu bringen, vergebens waren, sagte sie zu ihrem Gatten: »Reite du mit deiner Stute nur voran und du wirst sehen, daß alle männlichen Tiere sofort folgen werden, ich werde bei der zweiten Gruppe dasselbe tun, so daß wir auf diese Weise alle Lasttiere über die Brücke bekommen!«

Der Kaufmann folgte dem Rat seiner Frau, und siehe da, kaum hatten die männlichen Tiere die vorüberziehende Stute gewittert und den Duft der weiblichen Brunst wahrgenommen, als sie sich sofort in Bewegung setzten und hinter der Stute laut schreiend hertrabten. – – Bei der zweiten Gruppe wiederholte sich dasselbe mit der Stute der Kaufmannsfrau.

Der Mann war hierüber sehr verblüfft, denn er konnte sich den Vorgang nicht erklären und glaubte beinahe an eine übernatürliche Eingebung seiner Gattin. Um sich nun von seiner inneren Unruhe zu befreien, fragte er sie, wie es denn möglich sei, daß ihre beiden Reittiere und nicht die anderen eine so merkwürdige Anziehungskraft ausgeübt hätten. Die Frau erwiderte: »Die von dir beobachtete Wirkung läßt sich sehr einfach erklären, denn sie hängt mit den Geschlechtsunterschieden der Tiere zusammen. Vielleicht ist es dir unbekannt, daß die Geschlechtslust bei den Tieren in Perioden auftritt. In dieser Zeit, die man Brunst nennt, sondern die weiblichen Tiere aus ihren Schamteilen einen so erregenden Duft ab, daß die männlichen Tiere, wo immer es sei, bei Tag oder Nacht, wenn sie ein solches Weibchen wittern, von der Sehnsucht nach geschlechtlicher Vereinigung dermaßen erregt werden, daß sie den Spuren des weiblichen Tieres blindlings folgen, selbst wenn es sie in den Abgrund des Verderbens führen wollte. Und da deine und meine Stute, also Mutter und Tochter, zu gleicher Zeit brünstig waren, mußte bei beiden die Wirkung eine gleiche sein!«

Der Kaufmann stutzte einen Augenblick, dann fragte er weiter, wie es denn bei den Menschen sei. Und die Frau entgegnete lächelnd: »In unserer Ehe wirst du doch wohl erfahren haben, daß es bei den Menschen keine Brunstzeit gibt, und daß die geschlechtliche Begierde bei der Frau mehr von der Neigung zum Manne und bei dem Gatten mehr von den Reizen seines Weibes und von seiner eigenen Kraft abhängt. Zu diesen Reizen gehört denn auch der weibliche Duft, der in Wirklichkeit dieselbe Wirkung ausübt, wie bei den Tieren, indem die Männer dadurch so toll gemacht werden, daß sie die Frauen solange verfolgen und quälen, bis sie endlich schwach und nach Begattung lüstern geworden sich hingeben!«

Der Kaufmann wurde noch nachdenklicher und fragte wieder: »Nun sage mir doch, wenn eine Mutter solchen Geschlechtsduft besitzt, die Männer dadurch anlockt, dann selbst nach Begattung lüstern wird und sich hingibt, wie verhält es sich bei der Tochter?!« Die Frau lachte hell auf und rief: »Bist du ein unwissender Narr, an den beiden Kamelstuten, Mutter und Tochter, mußt du doch beobachtet haben, daß die weiblichen Eigentümlichkeiten von Natur dieselben sind, ebenso ist es auch bei der menschlichen Mutter und Tochter!«

Der Gatte begriff die tiefe Bedeutung dieses Satzes und sprach deshalb zu seinem Weibe: »Aus dem, was sich hier mit den Kamelen ereignet hat und aus deinen Erklärungen schließe ich auf das, was sich mit dir ereignen wird. Wenn jedes lebende Wesen weiblichen Geschlechts die Eigenschaften seiner Mutter hat und die weibliche Lüsternheit sich vererbt und die gleiche Wirkung ausübt, dann wirst du auch die Pfade deiner Mutter betreten und wie diese liederlich und eine Hure werden und mir vor der Welt einen bösen Namen machen. Ich bin zwar ein unwissender Narr gewesen, als ich die Tochter einer solchen Mutter zum Weibe nahm, meine Torheit ist aber nicht so groß, daß ich erst warte, bis du mir die Reize deiner und deiner Mutter Geschlechtsgerüche in der hurenmäßigen Wirkung durch die Tat beweisen wirst; ich will daher nichts mehr mit dir zu schaffen haben und scheide mich von dieser Stunde an von dir!«

Mit diesen Worten kehrte er um, brachte seine Frau nach Hause, zahlte ihr die Morgengabe aus und verschwand auf Nimmerwiedersehn.

»Ich finde,« schloß die Hassa ihre Erzählung, »daß es ein undankbares Geschäft ist, seinen eigenen Gatten in geschlechtlichen Dingen zu belehren. Die verhängnisvolle Wirkung habe ich am eigenen Leibe erfahren!«


Die beiden anderen Hannums spendeten weder Beifall, noch äußerten sie sich über den Inhalt dieser Erzählung, weil ihnen der fast männliche Geschlechtstrieb und die geschlechtliche Raffiniertheit ihrer Mitschwester mißfielen, denn Hassa beklagte sich bei jeder Gelegenheit über die Vernachlässigung ihrer ehelichen Ansprüche, ja sie suchte förmlich nach Gesprächsstoffen, um ihre Sehnsucht nach Begattung zum Ausdruck zu bringen und ihre Kenntnisse auf diesem Gebiete sowie ihre Verführungskünste hervorzuheben.

Anderseits hielten die Walide und Aischa die Hassa ihrer fränkischen Abkunft wegen nicht für ganz ebenbürtig und glaubten, daß deren häßliche Charakterzüge und Unweiblichkeiten von der Verderbtheit des Abendlandes herrührten. – – – –

Die allgemeine Befangenheit, die sich in einer kurzen Gesprächspause äußerte, wurde unterbrochen durch das Erscheinen der Sklavinnen, die wieder Erfrischungen und Süßigkeiten reichten. Auf Verlangen der Walide griff eine von ihnen zu einem lautenartigen Instrument und sang dazu mit wohlklingender Stimme folgendes Liebeslied:

Ich will nicht, daß der Mond dein Antlitz sieht,
Wenn er des Nachts an dir vorüberzieht,
Und daß des Tages Sonne dich erblicke,
An deiner Schönheit Fülle sich entzücke!

Ich will nicht, daß dir die Sterne blinken,
Die Meteore dir leuchtend winken,
Und zischend der Blitz vor deiner Luft
Mit Donner vereint deinen Namen ruft!

Ich will nicht, daß die Wolken sich ballen,
Als Schatten auf deine Augen fallen,
Ich will nicht, daß des Sturmes Gesinge
Einschmeichelnd in deine Ohren dringe!

Ich will nicht, daß dich der Regen benetzt,
Wie er träufelnd andere Blumen verletzt,
Ich will nicht, daß deine Mutter dich liebt
Und dem Kinde zärtliche Küsse gibt!

Ich will dein Mond und deine Sonne sein
Und leuchten in dein Herz nur ganz allein,
Den blinkenden Sternen will ich fluchen
Und nur dein strahlendes Auge suchen!

Blitzen und donnern soll mich nicht stören,
Will deinen Namen allein nur hören,
Und die Wolken, die will ich vertreiben,
Will allein dir Licht und Schatten bleiben!

Und auch die Stürme will ich verjagen
Und will allein dir nur Liebes sagen,
Und will statt des Regens dein Mundschenk sein,
Und mein ganzes Leben sei dein, sei dein!

Ich will dich lieben jetzt und immerdar
Und will allein dir küssen Mund und Haar!

Die Hannums waren tief bewegt von dem schönen Gesang und noch mehr von dem Inhalt des Liedes, denn jeder von ihnen mag wohl die Erinnerung an die ersten Rosentage der Ehe und an so manches Liebeslied gekommen sein, mit dem der von den Reizen seines Weibes gefesselte Gatte seinen Wonnerausch besungen. – Die Augen der Walide feuchteten sich, was sie durch eine Wendung des Kopfes zu verbergen suchte. Hassa aber entging diese plötzliche Rührung nicht, und obwohl sie, ebenso wie Aischa, in diesem Augenblick nicht zum Scherzen aufgelegt war, wollte sie doch den Eindruck des seelischen Gleichgewichts und der Standhaftigkeit und Würde erwecken, weshalb sie sich, anscheinend mit kühlem Kopfe, an die Walide wandte und sprach: »Warum weinst du, Walide?! Das Mädchen hat uns im rechten Augenblick ein rechtes Lied gesungen. Dafür müssen wir ihr danken! Geziemt es sich nicht, an einem Hochzeitsfeste ein Liebeslied vorzutragen? Daß die verheißenden Worte ewiger Liebe nicht uns gelten, ist nicht des Mädchens, noch des Liedes Schuld. Von uns allen können wir sagen: es war einmal! Und auch die junge Chasseki, die heute die Schwelle des Deri seadet Deri seadet = Haus der Glückseligkeit. Bezeichnung für Harem. mit einem vollen Herzen von Sehnsucht, Liebe und Hoffnung überschritten hat, wird dereinst mit einem Seufzer ausrufen: es war einmal! Das ist der Lauf der Dinge im Hippodrom der Liebe. Und wenn die prophetischen Worte Mohammeds und die Versprechungen Omer Halebys für uns in Erfüllung gehen, dann sehen wir uns beglückt im Paradiese wieder als ewig beischlafende und ewig jungfräuliche Huris!«

Die Walide erwiderte nichts und erhob sich, auch Aischa stand auf und öffnete ein Fenster in der Säulennische. Ihr wurde schwül im Raume und ums Herz. – – – – – – – – – –

Jenseits des Hofes befand sich der Selamlik Selamlik = das Haus der Männer.; von dorther ertönte Musik und Lachen zum »Hause der Glückseligkeit« hinüber, in dem nur eine weibliche Seele vom Glücke träumte, während bei den übrigen die Blume des Entzückens bereits im Verwelken war. – – – – – – – – – – –

Ein betäubender Geruch von Jasmin, Narzissen und Myrtenblüten drang in den Saal und mischte sich mit den künstlichen Düften von Rosenwasser Moschus und Ambra, die der Luft im Harem einen süßlichen und sättigenden Geschmack verleihen. – –

Wenngleich die Nacht noch nicht weit vorgeschritten war und die Zusammenkunft der Hannums, besonders mit Rücksicht auf den Festtag, nicht lange gedauert hatte, schien doch keine Neigung mehr vorhanden zu sein, die Unterhaltung fortzusetzen. Die Sklavinnen, vor allem die Sängerin, wurden reichlich beschenkt, und man verabschiedete sich mit üblichem Gruß. – – – – – – – – – –

Beim Hinausgehen verabreichte Hassa dem Ali, ihrem Zimmereunuchen, heimlich eine Handvoll Konfekt, was mich in größte Verwunderung versetzte und mich zum Nachdenken veranlaßte.

Ich machte noch einen Rundgang durch das Haus, blickte hinter den Vorhang in den Schlafraum der Schekerpara, die im friedlichsten Schlummer lag, und begab mich nach dem Nachtgebet zur Ruhe. – – – – – – – – – – – –


Zum Abend des nächsten Tages wurde großer Empfang vorbereitet, denn es war Sitte, daß der Tag vor dem Bade besonders festlich begangen werden mußte.

Schon vom frühen Morgen an wurde in der Palastküche gebraten und gebacken, so daß ich, durch die überall eindringenden Wohlgerüche in tiefster Seele beunruhigt, den Koch aufsuchte und mit ihm Freundschaft schloß. Der gute Mann erkannte in mir sofort den begabten Feinschmecker und versprach mir von jeder Speise eine Kostprobe. Ich machte gleich den Anfang mit den Prüfungen, und da ich in allem gründlich und ehrlich zu Werke gehe, kostete ich reichlich und fand, daß die Küche dem Ansehen des Hauses Ehre bereite. Als mein Magen durch mehrfaches Aufstoßen seine Genugtuung zum Ausdruck brachte und ich mein Urteil in lobenden Worten zusammenfaßte, gab mir der Koch noch eine große Düte Zuckerwerk mit auf den Weg. Allah verleihe ihm Glück und Gesundheit! – –

Ich schleppte mich wieder langsam in den Harem zurück und hatte nur die eine Sorge, ob mein Leib bis zum Mittagsmahl den Verdauungskampf mit den fettigen Speisen beendet haben würde. –

Die Hannums schliefen sehr lange und kamen erst in den Saal, als Sohra Sohra = der Stern Venus, die Lautenschlägerin des Himmels genannt., die Lautenschlägerin des Himmels, sich sehen ließ. Dann wurde es auch bald lebendig im Hause; befreundete Damen, von ihren Eunuchen begleitet, erschienen mit Blumen und Kuchen bepackt und begrüßten unsere Frauen mit Gekreisch, Lachen und Jubel. Es war plötzlich ein solcher Lärm entstanden, daß die eine die Rede der anderen nicht verstehen konnte, ein wirres Durcheinander von hohen und tiefen Stimmen, ein Gezwitscher, als ob ein ganzer Vogelkäfig seine geflügelten Insassen zu uns hineingelassen hätte. Ich war froh, als der Schwarm endlich auf den Polstern Platz genommen und die Zungen etwas zu erlahmen begannen.

Es wurde Kaffee und Gebäck gereicht, und die Eunuchen und Sklavinnen begannen bereits, mit dem Herbeischaffen der Speisen und dem Anrichten des Festmahls, das denn auch bald seinen Anfang nahm und bis zur späten Nacht dauerte. Die Zwischenpausen wurden mit Gesang und Tanz ausgefüllt und auch während des Essens machten drei Sklavinnen eine liebliche Musik.

Die Beschreibung der Besucherinnen muß ich mir für den nächsten Abend vorbehalten, da am Badetage ebenfalls großer Empfang stattfindet, ich fand auch jetzt wenig Zeit, mir die Damen etwas näher anzusehen, weil meine ganze Persönlichkeit vollauf zu tun hatte, mit der schnellen Reihenfolge der Leckerbissen fertig zu werden. Allah sei Dank, daß mein gesunder Leib die Kostproben des Morgens schon seit Stunden vergessen hatte und mein Gaumen sich wieder freut mit den herrlichen, fetten und süßen Gerichten eine innige und möglichst lange Vermählung zu feiern.

Leider wurde ich von dieser wichtigen, für die Erhaltung meines Wohlbehagens notwendigen Beschäftigung durch das Erscheinen der Tänzerinnen etwas abgelenkt, denn ich hatte derartige körperliche Schwingungen vorher noch nie gesehen, und die Neugierde trieb mich, dem Schauspiel beizuwohnen.

Um meinen Magen nicht erkalten zu lassen und dadurch vielleicht eine Krankheit zu verursachen, nahm ich vorsorglicherweise eine Anzahl Schüsseln mit mir und stellte sie auf einen niedrigen Tisch neben meinem Platze an der Eingangsnische, von wo aus ich den Tanz übersehen konnte.

Es waren zehn Tänzerinnen, sechs Schwarze und vier Araberinnen, die von zwei jugendlichen Eunuchen begleitet waren. Letztere führten auch die Tanzmusik aus, indem sie auf einer größeren und einer kleineren Trommel mit den Händen dumpfe klappernde Töne im Rhythmus des Tanzes hervorbrachten.

Die Tänzerinnen legten ihre Schleier und Umschlagetücher ab und standen nun fast nackt da, nur ein Schurz um die Lenden bedeckte ihre Blöße. Hals, Arme und Beine waren mit Ketten aus Glas und Metall geschmückt, und in den Haaren befanden sich ebenfalls Ketten mit Münzen und leuchtenden großen Glasperlen. Von den Ohren hingen große Gehänge herab, und die Schläfen zierten Blumen, die ihnen von den Hannums gleich beim Eintritt überreicht wurden. Selbst die kleinste Bewegung verursachte ein Klingen der Ketten und Münzen, was wohl zum Rhythmus des Tanzes gehörte.

Die Trommelschläger begannen. Leise und langsam erklangen die Töne, während die Tänzerinnen hierzu in aufrechter Haltung nur mit den Füßen trippelten. Dann wurde die Musik immer lauter und schneller und ging in eine förmliche Raserei über. Die Tänzerinnen folgten dem Rhythmus der Trommeln, und ihre Bewegungen wurden ebenfalls schneller, die Beine hüpften mehr als sie trippelten, und auch die Arme machten schwingende Bewegungen, wobei sie ab und zu ein Taschentuch, das sie in der rechten Hand hielten, feierlich zum Kopfe führten und der Kopf sich dann in diesem Augenblick wie zum Gruße neigte. Mit dem Einsetzen des rasenden Rhythmus bekam das Schauspiel ein ganz anderes Aussehen. Zu den Beinen und Armen gesellte sich nun auch der Bauch als Tänzer. Der Nabel drehte sich im Kreise und um diesen Mittelpunkt schwang und hüpfte der ganze Bauch wie eine toll gewordene Katze in einem Sack. Die Tänzerinnen machten den Eindruck fanatischer Derwische, denn die Augen traten aus den Höhlen und schlossen sich wieder in Verzückung, und den Kehlen entwichen gurgelnde Laute gleich dem Röcheln Sterbender.

Mir war ein schöner Bissen im Halse stecken geblieben, denn ich stellte mir vor, daß ich gezwungen werden könnte, mit meinem Bauche ebensolche wahnsinnigen Bewegungen zu machen, und schon der Gedanke an ein solches Verbrechen gegen die Erhabenheit meines Leibes lähmte mir Zunge, Magen und Eingeweide. Und froh war ich, als der Tanz sein Ende erreichte und die Weiber sich erschöpft auf den Teppich setzten. Die Hannums aber jubelten und überschütteten die Tänzerinnen mit Lobesworten und Süßigkeiten.

Dann setzte die zarte Musik wieder ein, die Sängerinnen trugen ihre Liebeslieder vor, die heute abend keine Verstimmung erzeugten, und inzwischen wurde gespeist, genascht, gelacht und geschwatzt, wobei die Fröhlichkeit einen solchen Grad erreichte, daß selbst die kühle Aischa die verrückten Bewegungen der Tänzerinnen unter allgemeinem Gejohle nachzuahmen versuchte. – – – – – – – – –


Die Anstrengungen des Tages hatten mich so geschwächt, daß ich auf meinem Polster an der Eingangsnische sanft eingeschlummert war, was meiner Verdauung vielleicht gute Dienste geleistet hat, denn als ich zu sehr vorgerückter Stunde erwachte, knurrte mein Magen bereits etwas unhöflich nach dem Morgenimbiß.

Die größte Zahl der Besucherinnen hatte das Haus bereits verlassen, ein Umstand, der mich sehr bedrückte, weil mir sicher ein schönes Stück Backschisch Backschisch = Trinkgeld. entgangen war. Ich schleppte mich besorgt in die Höhe und hielt im Saale Umschau nach den noch Anwesenden, mußte aber leider feststellen, daß nur noch drei Damen sich gerade zum Abschied rüsteten, deren Aufmerksamkeiten mich für den entgangenen Verlust nicht entschädigen konnten. Als ich den Jussuf Vorwürfe machte, weshalb er mich nicht geweckt hätte, entschuldigte er sich damit, daß mein Schnarchen ihm Angst eingeflößt, und daß er überdies gefürchtet habe, ich könnte die Mengen von Leckereien, die ich meinem Leibe während des Abends zugeführt hätte, wieder von mir geben und dadurch meiner Gesundheit schweren Schaden zufügen. Vielleicht hatte er recht, der Gute.

In innigem Gebet dankte ich dem Schöpfer, daß der Festtag so angenehm verlaufen, machte wieder meinen Rundgang und sah Schekerpara wieder, wie sie in tiefem Schlummer lag, als ob sie seit gestern noch nicht erwacht wäre. Morgen ist ein heiliger Tag für sie!


III.

Im Namen Allahs,
des Erbarmers, des Barmherzigen.

»Und, o Adam, wohne du und dein Weib im
Paradiese und esset, wovon ihr wollt. Nähert euch
jedoch nicht diesem Baume, sonst seid ihr Ungerechte!«

Und es flüsterte ihnen der Satan ein, daß er ihnen
kundtun wolle, was ihnen verheimlicht war, – –
ihre Scham. Und er sprach: »Euer Herr hat
euch diesen Baum nur verboten, damit ihr
nicht Engel würdet oder lebtet!«

Und er schwur ihnen: »Siehe, ich bin euch ein
guter Berater!« Und er verführte sie durch List,
und als sie von dem Baume geschmeckt hatten,
ward ihnen offenbar ihre Scham, und sie hoben
an, Blätter des Paradieses über sich zusammenzuheften.
Und es rief sie ihr Herr: »Verbot
ich euch nicht jenen Baum und sprach zu
euch: Siehe, der Satan ist euch ein offenkundiger
Feind?« Sie sprachen: »Unser Herr,
wir haben wider uns selber gesündigt, und so
du uns nicht verzeihst und dich unser erbarmst,
wahrlich, dann sind wir verloren!«

Er sprach: »Hinab mit euch! Einer sei des andern
Feind. Und es sei euch auf der Erde eine
Stätte und ein Nießbrauch auf Zeit!« Er
sprach: »Auf ihr sollt ihr leben, und auf ihr
sollt ihr sterben und aus ihr sollt ihr hervorgeholt
werden!«

O Kinder Adams, hinab sandten wir auf euch
Kleidung, eure Blöße zu bedecken, und Prunkgewandung;
aber das Kleid der Gottesfurcht,
das ist besser!« Dies ist eines der Zeichen
Allahs; vielleicht lassen sie sich ermahnen.

7. Sure, 18-25.

Heute sind euch die guten Dinge erlaubt und die
Speise derer, denen die Schrift gegeben ward Gemeint ist die Speise der Juden.,
ist euch erlaubt, wie eure Speise ihnen erlaubt
ist. Und erlaubt sind euch zu heiraten züchtige
Frauen, die gläubig sind, und züchtige Frauen
von denen, welchen die Schrift vor euch gegeben
ward, so ihr ihnen ihre Morgengabe
gegeben habt und züchtig mit ihnen lebt
ohne Hurerei und keine Konkubinen nehmt.
Wer den Glauben verleugnet, dessen Werk ist
fruchtlos und im Jenseits ist er einer der
Verlorenen.

5. Sure, 7.

Siehe, das Gleichnis des irdischen Lebens ist
nur wie das Wasser, das wir vom Himmel
hinabsenden; und es wird aufgenommen vom
Gewächs der Erde, von dem Menschen und
Vieh sich nähren, bis daß, wenn die Erde
empfangen ihren Flitter und sich geputzt hat,
und ihre Bewohner glauben, sie hätten Macht
über sie, dann kommt zu ihr unser Befehl in
der Nacht oder am Tag, und wir machen sie
abgemäht, gleich als ob sie gestern nicht reich
gewesen. Also machen wir die Zeichen klar
für ein nachdenkend Volk.

Denen, die Gutes taten, wird Gutes und noch
mehr. Nicht sollen ihre Angesichter bedeckt
werden von Schwärze oder Schmach. Sie
sind des Paradieses Gefährten und werden
ewig darinnen verweilen. Denen aber, die
Böses taten, wird Böses in gleichem Maß,
und bedecken soll sie Schmach. Keinen Schützer
sollen sie haben wider Allah, und es soll sein,
als ob ihre Angesichter mit einem finstern
Stück der Nacht verhüllt wären. Sie sind des
Feuers Gefährten und sollen ewig darinnen
verweilen.

10. Sure, 25. 27. 28.

Nicht besteht die Frömmigkeit darin, daß ihr
eure Angesichter gen Westen oder Osten
kehret; vielmehr ist fromm, wer da glaubt
an Allah und den jüngsten Tag und die
Engel und die Schrift und die Propheten, und
wer sein Geld aus Liebe zu ihm ausgibt
für seine Angehörigen und die Waisen und die
Armen und den Sohn des Weges und die
Bettler und die Gefangenen; und wer
das Gebet verrichtet und die Armensteuer
zahlt; und die, welche ihre Verpflichtungen
halten, wenn sie sich verpflichtet haben, und
standhaft sind in Unglück, Not und Drangsalszeit;
sie sind's, die da lauter sind, und
sie, sie sind die Gottesfürchtigen.

2. Sure, 172.


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