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Um die wenigen schönen Herbsttage noch möglichst auszunutzen, fuhr Fräulein Stein mit ihren Mädeln jetzt auch an den Sonnabenden zum Rudern ins Bootshaus, ja selbst zwei ganztägige Sonntagsfahrten machte sie mit ihnen.
Für Hanni, Hella und einige andere ihrer Ruderkameradinnen war es das letzte Schuljahr und somit auch das letzte Jahr ihrer Zugehörigkeit zur Schülerinnen-Ruderabteilung. Die Mädel waren sich aber einig darüber, daß sie auch dann, wenn sie im Berufsleben stehen würden, dem Rudersport treu bleiben und einem Frauenruderverein beitreten wollten. Fräulein Stein, die selbst einem solchen als aktives Mitglied angehörte, versprach ihnen, sich in ihrem Verein für die Aufnahme einzusetzen. Sie wußte, daß sie diesem einen wertvollen Zuwachs damit bringen würde, denn die Mädel hatten, wenn bisher auch nur in beschränktem Maße, die Freuden und Schönheiten des Ruderns kennen und schätzen gelernt.
Nach einer letzten Fahrt, und nachdem die Boote für den Winterschlaf verstaut worden waren, saß der kleine Kreis der Ruderinnen noch zu einer Plauderstunde im Bootshaus beisammen. Bei dieser Gelegenheit erwähnte Fräulein Stein, sie wolle die bevorstehenden Herbstferien benutzen, um mit zwei Kameradinnen aus ihrem Verein eine Wanderfahrt auf der Mosel zu unternehmen, die gerade jetzt das fröhliche Treiben der Weinlese bietet. »Wasserwandern«, führte sie aus, »ist ein Begriff, der unendliche Reize enthält. Unsere deutsche Heimat ist so schön, daß es unverantwortlich wäre, wollte man sich dem Zauber entziehen, den sie auf uns auszuüben vermag. Weder auf staubiger Landstraße noch im Hasten und Jagen der Großstädte kann man sie erleben, aber auf dem Wasser, auf den deutschen Flüssen, Strömen und Seen, da lernt man den herben oder lieblichen Charakter einer Landschaft richtig erkennen. Welch' herrliches Gefühl, nicht von Eisenbahn oder Ortschaft abhängig zu sein! Da, wo es am schönsten ist, geht man mit dem Boot an Land, schlägt sein Zelt auf und verweilt.
Ihr wollt gewiß alle einmal tüchtige Wanderruderinnen werden; das, was ich euch eben sagte, werdet ihr dann selbst fühlen und erleben. Einen gesunden Körper, ein offenes Auge für die Schönheiten der Natur und nicht zuletzt den Sinn für gute Kameradschaft vermittelt uns unser schönster Sport: das
Rudern!«