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1. Über den Ursprung der Vitellier gibt es zahlreiche und zwar völlig entgegengesetzte Überlieferungen. Die einen nennen das Geschlecht ein altes, zum Adel gehöriges, die anderen hingegen ein neues und unbekanntes, ja sogar ein niedriges. Ich würde glauben, daß dieser Widerstreit von den Schmeichlern und Verkleinerern des Kaisers Vitellius herrühre, wenn die abweichenden Ansichten über Stand und Rang der Familie nicht beträchtlich älteren Datums wären. Es existiert ein Schriftchen des Quintus Eulogius Dieser kühne Stammbaumfabrikant des Vitellischen Geschlechts war ohne Zweifel ein gelehrter Freigelassener des genannten Quästors Vitellius. an den Quintus Vitellius, der unter dem göttlichen Augustus Quästor war, in welchem es heißt: die Vitellier stammen ab von Faunus, dem Könige der Aboriginer, und von der Vitellia, die an vielen Orten als Gottheit verehrt werde, und hätten einst über ganz Latium geherrscht. Der Rest ihrer Nachkommenschaft sei aus dem Sabinerlande nach Rom ausgewandert und dort unter die Patrizier ausgenommen worden. Denkmale dieses Geschlechts hätten sich lange erhalten: so die Vitellische Heerstraße vom Janiculus bis an das Meer; desgleichen eine Kolonie desselben Namens, deren Beschützung gegen die Äquikuler sie mit den Mitteln ihres Geschlechts einst übernommen hätten. Endlich hätten sich zur Zeit des Samnitischen Krieges bei Gelegenheit eines nach Apulien geschickten Truppenkorps einige Glieder des Vitellischen Geschlechts in Nuceria angesiedelt, und deren Nachkommen seien geraume Zeit darauf wieder nach Rom zurückgekehrt, woselbst sie ihren senatorischen Rang wiederaufgenommen hätten.
2. Dagegen nennen mehrere Schriftsteller als Stammvater des Geschlechts einen Freigelassenen. Cassius Severus Vgl. Caligula 16. und ebenso andere berichten, derselbe sei ein Schuhflicker gewesen; sein Sohn habe sich durch Gesamtankäufe und Parzellierung eingezogener Güter sowie durch fiskalische Angebereien ein Vermögen gemacht, ein Frauenzimmer von schlechtem Rufe, die Tochter eines gewissen Antiochus, eines Bäckereibesitzers, geheiratet und mit derselben einen Sohn gezeugt, der römischer Ritter geworden sei. Doch lassen wir diese Widersprüche auf sich beruhen. Gewiß ist, daß Publius Vitellius, gebürtig aus einer zu Nuceria angesessenen Familie – mag dieselbe nun von alter Herkunft sein oder mochten seine Eltern und Voreltern ihm nichts weniger als Ursache zum Stolze geben –, in der Tat römischer Ritter und Hausintendant des Augustus war und vier gleichnamige, nur durch ihre Vornamen verschiedene Söhne von hoher Rangstellung, den Aulus, Quintus, Publius und Lucius, hinterließ. Aulus starb, während er das Konsulat bekleidete, das er mit Kaiser Neros Vater Domitius zusammen angetreten hatte; er war übrigens ein Lebemann und die Pracht seiner Tafel berufen. Quintus verlor den senatorischen Rang, weil man infolge einer von Tiberius anempfohlenen Maßregel Tacitus, Annalen 2, 48. die minder passenden Senatoren ausgesondert und beseitigt hatte. Publius, zum Gefolge des Germanicus gehörend, klagte dessen Feind und Mörder, den Gajus Piso, an und bewirkte dessen Verurteilung. Er bekleidete darauf die Prätur, wurde dann als einer der Genossen Sejans verhaftet und seinem Bruder zum Gewahrsam übergeben, wo er sich mit einem Federmesser die Adern öffnete, dann aber, weniger, weil er den Selbstmordentschluß bereute, als aus Nachgiebigkeit gegen die flehentlichen Bitten der Seinen, sich verbinden und heilen ließ und schließlich noch in derselben Haft an seiner Krankheit starb. Tacitus, Annalen 5, 8. Lucius bekleidete die Konsulwürde und erhielt dann das Kommando von Syrien, in welcher Stellung er den Partherkönig Artabanus durch alle möglichen Listen nicht nur zu einer persönlichen Zusammenkunft mit ihm, sondern auch zur Verehrung der römischen Legionsfeldzeichen Vgl. Caligula, Kap. 14. Indem der Partherkönig sich vor den Feldzeichen der römischen Legionen ehrfurchtsvoll verneigte, auf denen sich das Bildnis des Kaisers befand, leistete er eine Art von Huldigung, die der römischen Eitelkeit schmeichelte, wenn sie auch eine leere Form blieb. zu bewegen wußte. Später bekleidete er mit Kaiser Claudius noch zwei ordentliche Konsulate und das Censoramt. Auch die Verwaltung der kaiserlichen Regierungsgeschäfte ward ihm, während Claudius bei dem britannischen Feldzuge von Rom abwesend war, übertragen. Er war ein uneigennütziger und geschäftseifriger Mann, nur sehr verrufen durch seine Liebesleidenschaft für eine Freigelassene, bei der er sogar soweit ging, daß er deren Speichel, mit Honig vermischt, und zwar nicht etwa heimlich oder nur bisweilen, sondern ganz offen und alle Tage als Heilmittel gegen sein Halsdrüsenübel anwendete. Daneben besaß er in wunderbarem Grade das Talent der Schmeichelei, wie er denn der erste war, der es einführte, Caligula als einen Gott anzubeten Tacitus nennt ihn daher »das Muster der Erniedrigung«, Annalen 6, 32. Unser Sueton »bewundert« bloß sein Talent der Schmeichelei., indem er bei seiner Rückkehr aus Syrien demselben nicht anders zu nahen wagte, als mit verhülltem Haupte, den Leib von links nach rechts im Kreise wendend Wer einer Gottheit seine anbetende Verehrung bei den Römern bezeigen wollte, zog das Obergewand um Kopf und Ohren, so daß nur Stirn und Vorderkopf frei blieb (dies sollte verhüten, daß ein Wort übler Vorbedeutung dem Anbetenden zu Ohren dringe), streckte dann gegen die Statue der Gottheit die Hand aus, küßte dieselbe und warf den Kuß der Gottheit zu. Dann drehte er sich mit dem Leibe von links nach rechts im Kreise herum (was andeuten sollte, daß man der Gottheit, wo sie auch in diesem Augenblick weile, sich verehrend nahe). Der dritte Akt, den Vitellius hier vollzieht, indem er sich zur Erde niederwirft und den Boden und die Füße des Herrschers küßt, war morgenländisches Hofceremoniell. Spätere römische Kaiser, wie Elagabal und Diokletian, führten diese Art der »Adoration« durch förmlichen Befehl ein. und zuletzt zur Erde niederfallend. Um auch den Kaiser Claudius, diesen Sklaven seiner Weiber und Freigelassenen, sich um jeden Preis geneigt zu machen, erbat er es sich von der Messallina als höchste Gunst, daß sie geruhen möchte, ihm zu gestatten, ihr die Schuhe auszuziehen; ja, er trug einen ihr so abgezogenen Schuh ihres rechten Fußes Diese Genauigkeit, die sogar nicht vergißt, anzugeben, daß es der Schuh des rechten Fußes war, den der Speichellecker auf dem Herzen trug, ist überaus charakteristisch für den Biographen. fortwährend zwischen Toga und Tunika und küßte ihn zuweilen inbrünstig. Unter seinen Hausgöttern standen auch die goldenen Büsten des Narcissus und Pallas. Ihm gehört auch jener oben erwähnte S. Leben des Claudius 21. Ausruf: » Mögest du sie oft feiern!«, mit dem er den Kaiser Claudius, als derselbe die Feier der hundertjährigen Spiele abhielt, beglückwünschte.
3. Er starb an einem Schlaganfalle, am Tage, nachdem er denselben erlitten, mit Hinterlassung zweier Söhne, welche ihm die Sextilia, eine überaus treffliche Frau von guter Familie, geboren und die er noch als Konsuln und obenein beide in demselben Jahre und zwar während des ganzen Verlaufes desselben gesehen hatte, indem der jüngere die sechs letzten Monate hindurch der Nachfolger des älteren gewesen war. Der Senat ehrte den Verstorbenen durch ein öffentliches Leichenbegängnis Bei welchem der Staat selbst seine Trauer bezeigte durch Aussetzung der Gerichtsverhandlungen und andere äußere Zeichen öffentlicher Trauer. und zugleich durch eine Statue auf dem Forum mit der Inschrift: » Unerschüttert treu dem Kaiser.«
Aulus Vitellius, des Lucius Sohn, der nachmalige Kaiser, wurde geboren am vierundzwanzigsten oder, wie andere melden, am siebenten September, unter dem Konsulat des Drusus Cäsar und des Norbanus Flaccus. Die ihm von den Astrologen gestellte Nativität erfüllte seine Eltern dergestalt mit Entsetzen, daß sein Vater sich stets mit allen Kräften dagegen setzte, daß ihm bei seinen Lebzeiten eine Provinz anvertraut wurde, und daß die Mutter ihn sowohl, als sie vernahm, daß er ein Kommando über die Legionen erhalten, als später, da man ihn zum Kaiser ausrief, sofort als einen verlorenen Mann bejammerte. Seine Knaben- und erste Jünglingszeit verlebte er zu Capri unter den Lustdirnen Tibers und behielt davon sein Leben lang den Schimpfnamen Spintria, wie denn auch die Meinung ging, Tibers Wohlgefallen an seiner Leibesgestalt habe seinem Vater den Weg zu immer steigender Beförderung gebahnt.
4. Auch im weiter vorrückenden Lebensalter befleckte er sich durch alle möglichen Laster und gewann dadurch eine hervorragende Stellung am Hofe. Beim Caligula war er als eifriger Wagenlenker, beim Claudius als ebenso eifriger Würfelspieler beliebt. Aber noch höher stand er beim Nero in Gnaden, teils eben dieser Künste halber, teils wegen des besonderen Verdienstes, weil er als Vorsitzender bei der Feier des Neronischen Kunstwettstreits S. oben Nero, Kap. 12 und Kap. 21, und über Vitellius Verhältnis zu diesem Kaiser Tacitus brandmarkende Worte in den Historien II. 71. den Kaiser, der brennend gern als Wettkämpfer unter den Zithersängern aufgetreten wäre und doch dem allgemein laut ausgesprochenen Wunsche der versammelten Menge nicht zu entsprechen wagte, sondern das Theater verließ, unter dem Scheine, als sei er der Abgesandte des auf seinem Wunsche beharrenden Volkes, wieder ins Theater zurückgebracht und es dem Volke so möglich gemacht hatte, seinen Bitten endlich Gewährung zu verschaffen.
5. Nachdem er auf diese Weise durch die Gunst dreier Kaiser nicht nur zu Ehrenstellen, sondern auch zu den höchsten Priesterämtern befördert worden war, wurde er demnächst mit dem Prokonsulat von Afrika und mit der Oberaufsicht über die öffentlichen Bauten betraut. In der Verwaltung dieser beiden Ämter waren sein Betragen und sein Ruf sehr verschieden. In der Provinz bewies er während eines Zeitraums von zwei Jahren hintereinander – er war nämlich seinem Bruder, da dieser sein Nachfolger wurde, als Legat beigegeben – eine ausgezeichnete Uneigennützigkeit. Bei dem städtischen Amte dagegen sagte man ihm nach, daß er Weihgeschenke und Schmuckgeräte der Tempel teils gestohlen, teils ausgetauscht, und statt Goldes und Silbers Zinn und Goldbronze untergeschoben habe.
6. Verheiratet war er mit der Petronia, der Tochter eines Konsulaten, von der er einen Sohn, Petronianus, hatte, der auf einem Auge blind war. Als die Mutter diesen bei ihrem Tode zum Erben unter der Bedingung einsetzte, daß er aus der väterlichen Gewalt entlassen würde, erklärte er denselben für selbständig, brachte ihn aber, wie man glaubt, bald darauf um, indem er ihn obenein beschuldigte, daß er ihm selbst nach dem Leben getrachtet und dann das zu seinem verbrecherischen Vorhaben bereit gehaltene Gift aus Gewissensbissen selbst getrunken habe. Demnächst heiratete er die Galeria Fundana, Tochter eines gewesenen Prätors, und hatte auch von dieser Kinder beiderlei Geschlechts, unter denen jedoch der männliche Sprößling durch einen Fehler der Zunge fast stumm und sprachlos war.
7. Daß ihn Galba nach Niedergermanien schickte, geschah gegen alle Erwartung. Wie man glaubt, verhalf ihm dazu die Fürsprache des Titus Vinius, der damals großen Einfluß besaß und mit dem er schon seit lange durch ihre gemeinsame Begünstigung der Partei der Blauen im Circus verbunden war. Indessen hat Galba es offen ausgesprochen: »daß die Leute am wenigsten zu fürchten seien, die immer nur an Essen und Trinken dächten, und die Reichtümer der Provinz seien genügend, um möglicherweise seinen tiefen Schlund auszufüllen«, woraus für jedermann klar hervorgeht, daß seine Wahl zu jener Stellung mehr auf Geringschätzung, als auf Gunst beruhte. Es steht hinreichend fest, daß es ihm, als er im Begriff stand, die Reise anzutreten, an Reisegeld fehlte und daß er sich in so zerrütteten Vermögensumständen befand, daß er Frau und Kinder, die er in Rom zurückließ, heimlich in einer ärmlichen Mietswohnung unterbrachte und sein eigenes Haus auf den Rest des Jahres für Geld vermietete und daß er seiner Mutter eine kostbare Perle mit Gewalt aus dem Ohr nahm und sie zur Beschaffung der Reisekosten verpfändete. Was seine zahlreichen Gläubiger betraf, die ihn belagerten und zurückzuhalten suchten und unter denen sich Bürger von Sinuessa und Formiä befanden, deren Stadtgefälle er unterschlagen hatte, so konnte er sich dieselben nur dadurch vom Halse schaffen, daß er sie durch die Drohung einer verleumderischen Anklage in Schrecken setzte, indem er nämlich gegen einen Freigelassenen, der ihn etwas ungestüm an die Bezahlung seiner Schuld mahnte, einen Injurienprozeß unter dem Vorwände, daß jener ihm einen Fußstoß versetzt habe, anhängig machte und die Klage nur erst, nachdem er ihm fünfzigtausend Sesterzien 10 876 Reichsmark. abgepreßt hatte, zurücknahm. Bei seiner Ankunft empfing ihn das Heer, das schlecht gegen den Kaiser gestimmt und zur Empörung geneigt war, freudig und mit offenen Armen Im Texte »mit über das Haupt zurück in die Höhe gehobenen Händen«, um gleichsam den Göttern für seine Ankunft zu danken., als sei für sie dieser Mann, dessen Vater dreimal Konsul gewesen war, der selbst im besten Alter und im Ruse eines leutseligen und freigebigen Wesens stand, ein wahres Geschenk der Götter. Diese altbegründete Meinung von seinem Charakter hatte Vitellius auch allerdings noch durch vielfache Beweise verstärkt, indem er überall unterwegs selbst jeden gemeinen Soldaten, der ihm begegnete, mit Kuß und Umarmung begrüßte, auf den Poststationen und in den Herbergen mit den Maultiertreibern und Reisenden über die Maßen freundlich war, sie sogar des Morgens einzeln befragte: ob sie auch schon gefrühstückt hätten, und, daß er es bereits getan, ihnen durch Aufstoßen kundgab.
8. Sobald er ins Lager eingezogen war, gab er jedem, der ein Anliegen bei ihm anbrachte, Gewährung; ja, er tilgte von freien Stücken bei denen, welche mit Ehrenstrafen belegt waren, die Zeichen der Schande, schlug die Anklagen gegen andere nieder und erließ den bereits Verurteilten die Strafen. Kaum war daher ein Monat um, als die Soldaten, ohne Rücksicht auf Tag und Stunde, als bereits der Abend angebrochen war, ihn plötzlich, so wie er war, in seinem Hauskleide, aus seinem Schlafzimmer rissen und zum Kaiser ausriefen. Man trug ihn in den volkreichsten Ortschaften umher, wobei er das Schwert des vergötterten Julius, das man aus einem Heiligtume des Mars entnommen und ihm bei der ersten Beglückwünschung überreicht hatte, entblößt in der Hand hielt; und er kehrte erst ins Hauptquartier zurück, als das Speisezimmer durch Ansteckung eines Kamins in Flammen stand. Als darüber alle bestürzt und wie über ein böses Vorzeichen in Besorgnis erschienen, sprach er: » Seid gutes Muts! Für uns ist es aufgeleuchtet!« Das war seine ganze Rede an die Soldaten. Als darauf auch das Heer von Obergermanien, das früher vom Galba zum Senat abgefallen war, mit ihm gemeinsame Sache machte, nahm er den Beinamen Germanicus, den ihm alle insgesamt antrugen, mit Freuden an; den des Augustus lehnte er vorläufig, den Beinamen Cäsar für immer ab.
9. Als sodann die Nachricht von der Ermordung Galbas angelangt war, traf er für Germanien die nötigen Anordnungen und teilte dann seine Truppenmacht in zwei Abteilungen, deren eine er gegen Otho vorauszuschicken, die andere selbst nach Italien zu führen beschloß. Dem vorausgeschickten Heere begegnete ein glückliches Vorzeichen: es flog nämlich von rechts her ein Adler gegen dasselbe heran, umkreiste die Feldzeichen und zog dann während des Aufbruchs langsam vor den Marschierenden her. Dagegen als er selbst aufbrach, stürzten die Reiterstatuen, die man vieler Orten ihm zu Ehren errichtete, plötzlich mit zerbrochenen Schenkeln allesamt zu Boden; und der Lorbeerkranz, den er sich unter genauer Beobachtung der religiösen Gebräuche aufgesetzt hatte, fiel ihm vom Haupte in einen Fluß. Bald darauf, als er zu Vienna auf dem Tribunal saß und Recht sprach, flog ihm ein Hahn erst auf die Schulter und dann auf den Kopf. Diese Vorbedeutung erklärt Sueton weiter unten Kap. 18. – Vienna, das heutige Vienne an der Rhone, war die Hauptstadt der Allobroger. Diesen Vorbedeutungen entsprach sein Ausgang, indem ihm seine Legaten den Thron erkämpften, er selbst aber nicht fähig war, denselben zu behaupten.
10. Den Sieg bei Bedriacum und den Tod Othos erfuhr er, während er noch in Gallien war. Unverzüglich entließ er durch ein einziges Edikt sämtliche zu dem Prätorianerkorps gehörige Mannschaften wegen des von ihnen gegebenen bösen Beispiels Des Verrats ihres Kaisers Galba zugunsten Othos. aus dem Dienste. Sie mußten ihre Waffen an die Tribunen abgeben. Hundertundzwanzig aber, von denen sich schriftliche, an Otho gerichtete Eingaben vorgefunden hatten, in denen sie Belohnungen für die bei der Ermordung Galbas geleisteten Dienste antrugen, befahl er ausfindig zu machen und hinzurichten. Fürwahr, eine herrliche und glänzende Tat, die wohl die Hoffnung auf einen ausgezeichneten Kaiser hätte erwecken mögen, wenn er sich nicht in allen anderen Handlungen überwiegend seiner Natur und seinem früheren Lebenswandel gemäß benommen hätte. So zog er auf seinem Marsche mitten durch die Städte in dem vollständigen Aufzuge eines Triumphators Ueber die Exzesse während seines Zuges sehe man Tacitus, Historien II, Kap. 62; 68; 71; 87., fuhr auf den Flüssen in Schiffen, welche auf das üppigste eingerichtet, mit allen möglichen Kränzen geschmückt und mit Speisevorräten auf das allerverschwenderischste versehen waren, hielt weder unter seiner Dienerschaft, noch unter den Soldaten die geringste Mannszucht, machte einen Spaß aus den Plünderungen und Ausschweifungen derselben, wenn sie, nicht zufrieden mit der ihnen überall auf öffentliche Kosten gereichten Verpflegung, Sklaven nach Belieben in Freiheit setzten und die, welche ihnen Widerstand zu leisten versuchten, mit Peitschenhieben und Stockstreichen mißhandelten, oft mit blanker Waffe verwundeten, zuweilen auch wohl gar töteten. Als er das Blachfeld betrat, wo man (bei Bedriacum) gestritten hatte, war er frech genug, denen, welche vor den faulenden Leichenhaufen zurückschauderten, mit den verruchten Worten Mut einzusprechen: »der schönste Wohlgeruch sei ein erschlagener Feind, zumal ein Mitbürger«. Man vergleiche die ergreifende Schilderung bei Tacitus, Historien II, 70. Nichtsdestoweniger trank er selbst, um sich gegen den furchtbaren Gestank zu stärken, eine große Menge ungemischten Weins und ließ davon auch unter den Truppen austeilen. Mit gleichem Übermute und gleicher Frechheit rief er beim Anblick des einfachen, mit einer Inschrift dem Andenken Othos geweihten Steines aus Plutarch sah noch dies überaus einfache Grabmal des Otho und die kurze Inschrift, die nichts weiter enthielt, als die Worte: » Dem Andenken Marcus Othos.«: » Das ist ein Mausoleum, wie er's verdient!« und sandte den Dolch, mit dem derselbe sich den Tod gegeben hatte, als ein Weihgeschenk in den Tempel des Mars nach Colonia Agrippinensis. Das heutige Köln am Rhein. Auf den Höhen der Apenninen feierte er sogar ein großes Nachtfest.
11. Seinen Einzug in Rom hielt er unter dem Schall der Kriegsmusik, im Feldherrnmantel, das Schwert an der Seite, umgeben von Legionsfeldzeichen und Standarten; seine Begleiter trugen das Kriegskleid und die Soldaten die Waffen entblößt. Etwas anders Tacitus, Historien II, 89. Mehr und mehr setzte er sich dann im Laufe der Zeit über alles göttliche und menschliche Bedenken hinweg, trat an dem Unglückstage von Allia Am Jahrestage der Unglücksschlacht an der Allia, wo die Römer am 18. Juli des Jahres 390 vor Chr. von den Galliern unter Brennus die berühmte Niederlage erlitten hatten. Der Tag galt für einen Unglückstag ( dies nefastus, infaustus). Siehe die Ausleger zu Virgils Äneis Vll, 717. Das Flüßchen Allia (richtiger Alia) ist etwa zwei Stunden von Rom entfernt, nicht weit von dem heutigen Kastell Giubileo. das Pontifikat an, ließ die Magistratswahlen auf zehn Jahre voraus vornehmen und machte sich zum immerwährenden Konsul. Und um keinen Zweifel darüber zu lassen, wen er sich in der Regierung des Staates zum Muster nehme, stellte er mitten auf dem Marsfelde unter Zuziehung aller Staatspriester dem Nero eine Totenfeier an und forderte bei dem Festmahle einen Zitherspieler, der seinen Beifall hatte, vor aller Welt auf: auch etwas aus dem »Dominicus« Name des Liederbuches, welches Neros Kompositionen enthielt, die unter diesem Titel ( Dominus, d. i. Herr, war ein Titel des Kaisers) von ihm selbst gesammelt und herausgegeben waren. zu recitieren, und war der erste, der ihm, als er Neronische Lieder anstimmte, enthusiastisch Beifall klatschte.
12. Das war der Beginn einer Regierung, die er dann weiterhin der Willkür und Laune des ersten besten Komödianten und Wagenlenkers und namentlich seines Freigelassenen Asiaticus überließ. Den letztem hatte er als jungen Menschen zur Unzucht gemißbraucht und ihn, als derselbe aus Überdruß an diesem Leben davongelaufen war, in Puteoli wiedergefunden, wo derselbe das Gewerbe eines Limonadeverkäufers trieb, worauf er ihn zuerst in Fesseln werfen ließ, ihn aber bald wieder befreite und wieder zu den früheren Gnaden aufnahm. Als er aber wiederum durch übermäßig wilden Trotz seinen Unwillen erregte, verkaufte er ihn an einen herumziehenden Gladiatorenfechtmeister, ließ ihn aber, als er zu Ende eines Gladiatorenkampfes auftreten sollte, entführen, gab ihn jedoch erst bei seiner Übernahme des Kommandos der Provinz (Germanien) frei. Allein am ersten Tage seiner Regierung beschenkte er ihn über Tafel mit den goldenen Ringen Zeichen der Erhebung in den Ritterstand., während er noch am Morgen desselben Tages, als alle Welt für jenen Menschen diese Auszeichnung erbat, in den stärksten Ausdrücken die Versicherung gegeben hatte: er werde nimmermehr dem Ritterstande solchen Schandfleck anhängen.
13. Und wie denn Üppigkeit und Grausamkeit seine Hauptlaster waren, so verteilte er seine Tafelgenüsse auf täglich drei, auch wohl mitunter vier verschiedene Mahlzeiten: Frühstück, Mittagbrot, Abendtafel und Nachtgelag, eine Unmäßigkeit, die ihm leicht wurde, weil er sich gewöhnt hatte, regelmäßig Vomitive zu nehmen. Eine bekannte Gewohnheit römischer Schlemmer. Er pflegte sich an einem und demselben Tage bei mehreren zu Tische anzusagen, und die geringste Summe, auf welche jedem solche Mahlzeiten zu stehen kamen, waren Viermalhunderttausend Sesterzien. 87 010 Mark deutscher Reichswährung. Am meisten von sich reden machte die Abendmahlzeit, welche ihm sein Bruder zur Feier seiner Ankunft (in Rom) gab, bei der, wie es heißt, zweitausend der seltensten Fische und siebentausend der kostbarsten Vögel auf die Tafel kamen. Aber selbst über diese ging er noch hinaus bei der Einweihung einer silbernen Schüssel, die er wegen ihrer ungeheuren Größe » den Schild der Stadtbeschirmerin Minerva« zu nennen pflegte. Plinius in seiner Naturgeschichte berichtet, daß die Anfertigung derselben eine Million Sesterzien (217 520 Reichsmark) kostete und daß dazu ein eigener Ofen auf freiem Felde gebaut werden mußte. In derselben wurden Lebern von Meerbrassen, Gehirne von Fasanen und Pfauen, Zungen von Flamingos, Milche von Muränen, zu deren Herbeischaffung man die Flotten aller Meere von Parthien bis zur Meerenge von Spanien in Bewegung gesetzt hatte, zu einem Ragout verbunden aufgetragen. Wie er aber ein Mensch nicht nur von einer unersättlichen, sondern auch von einer weder Zeit noch Stunde beobachtenden gemeinen Freßgier war, so konnte er sich sogar bei einem Opfer oder auf der Reise nicht enthalten, an den Altären selbst vom Flecke weg Stücke des Opferfleisches und der Opferkuchen, die er sozusagen vom Herdfeuer riß, oder aus den Schenken der Landstraßen noch rauchendes Gemüse oder auch wohl schon am Tage vorher bereitete und angebrochene Gerichte hinunterzuschlingen.
14. Bei seiner Neigung zu grausamen Strafen nahm er weder auf die persönlichen Verhältnisse, noch auf die Beschaffenheit des Vergehens seiner Schlachtopfer Rücksicht. Männer von hohem Adel, einst seine Schulkameraden und Umgangsgenossen, die er durch alle möglichen Schmeicheleien sich verbunden und fast zu Teilnehmern seiner Herrschergewalt gemacht hatte, wurden von ihm bald auf diese, bald auf jene Weise verräterisch aus dem Wege geräumt; einem derselben tat er sogar eigenhändig Gift in einen Trunk kalten Wassers, welchen er dem am Fieber daniederliegenden Freunde auf dessen Verlangen reichte. Ferner verschonte er fast nicht einen der Bankiers und Geldgeschäftsmänner, die ihn jemals in Rom mit Mahnungen bedrängt oder als Zollpächter auf Reisen ihm Zoll abgenommen hatten. Einen derselben, der ihm seine Aufwartung zu machen kam, befahl er aus dem Audienzzimmer sofort zur Hinrichtung abzuführen, ließ ihn aber gleich wieder zurückholen, und während noch alle Anwesenden sich in Lobeserhebungen über seine Gnade ergingen, gebot er, ihn vor seinen Augen zu töten, indem er sagte: » er habe Lust, seinen Augen einen Schmaus zu geben«. Nach Tacitus (Historien III, 39) tat er diese Äußerung bei der Hinrichtung von Junius Bläsus. In einem zweiten Straffalle ließ er mit dem Verurteilten zugleich auch dessen Söhne hinrichten, weil sie für den Vater zu bitten gewagt hatten. Ja, einen römischen Ritter, der, als man ihn zum Richtplatz schleppte, ihm laut zurief: » Du bist ja mein Erbe!« zwang er, sein Testament vorzulegen, und als er las, daß darin der Freigelassene desselben als sein Miterbe genannt sei, befahl er, ihn samt dem Freigelassenen zu erdrosseln. Einige Individuen niederen Standes ließ er sogar bloß deshalb hinrichten, weil sie gegen die blaue Partei laute Verwünschungen ausgestoßen hatten, indem er glaubte, sie hätten sich dessen aus Verachtung gegen ihn und in der Aussicht auf einen baldigen Umsturz seiner Regierung unterfangen. Gegen keinen aber war er so aufgebracht, wie gegen die Pasquillanten und Astrologen, die er auf jede beliebige Anzeige ohne Verhör am Leben strafte. Der Grund zu seiner Erbitterung war, daß unmittelbar nach Bekanntmachung seines Edikts, durch welches er befahl, daß bis zum ersten Oktober alle Astrologen Rom und Italien verlassen haben sollten, sofort ein Anschlag erschien, des Inhalts: » Heil und Segen zuvor! Man sehe über diese Formel die Bemerkung zu Cäsar, Kap. 80. Auch die Chaldäer Die verbannten Astrologen. ihrerseits machen hiermit bekannt, daß es bis zu demselben Termin des ersten (Oktober) keinen Vitellius Germanicus auf der Welt mehr geben soll.« Man hatte ihn auch im Verdacht bei dem Tode seiner Mutter, als habe er verboten, ihr während ihrer Krankheit Nahrung zu reichen, weil ein kattisches Weib Die er aus Germanien, wo die weissagenden Frauen zu Hause waren, mitgebracht hatte. Vgl. Tacitus, Germania 8., auf deren Aussprüche er wie ein Orakel vertraute, ihm geweissagt hatte: » nur dann werde er sicher und lange regieren, wenn er seine Mutter überlebe«. Andere erzählen, die Mutter selbst habe aus Überdruß über die gegenwärtige Lage der Dinge und aus Furcht vor dem, was in Zukunft bevorstehe, von ihrem Sohne Gift verlangt und ohne große Mühe erhalten.
15. Im achten Monate seiner Regierung fielen die Heere der Provinzen Mösien und Pannonien von ihm ab, sowie von den überseeischen das in Judäa und Syrien stehende Heer Über diese Empörungen vgl. Tacitus, Historien II, 73 u. 85; über die Reihenfolge der Heere, wie sie dem Vespasian huldigten, s. unten Vespasian 6 und 7., und leisteten dem Vespasian teils persönlich, teils abwesend den Huldigungseid. Um sich der Gunst und Anhänglichkeit der übrigen zu versichern, wandte jetzt Vitellius alle möglichen Mittel sowohl öffentlicher, als privater Bestechung in maßloser Verschwendung an. Auch eine Aushebung veranstaltete er zu Rom, wobei er den Freiwilligen nicht nur sofortige Verabschiedung nach dem Siege, sondern auch alle die Vorteile zusicherte, die sonst nur den Veteranen nach Ablauf der vollständigen Dienstzeit zuteil wurden. Darauf, als ihm der Feind zu Lande und zur See hart auf den Leib rückte, stellte er ihm einerseits seinen Bruder mit einer Flotte, die mit Rekruten und einer Anzahl Gladiatoren bemannt war Etwas abweichend berichtet hier Tacitus, Historien III, 57., andererseits aber seine Truppen und Feldherren Cäcina und Valens., die bei Betriacum gesiegt hatten, entgegen. Hier wie dort teils geschlagen, teils verraten, knüpfte er mit dem Flavius Sabinus, dem Bruder Vespasians, Unterhandlungen an Im Tempel des Apollo; vgl. Tacitus, Historien III, 65. über das Folgende s. Tacitus, Historien III, 68-70., infolge deren er sich völlige Sicherheit des Lebens und hundert Millionen Sesterzien 21 750 000 Reichsmark. ausbedang, worauf er sofort von der Freitreppe des Palatiums herab seinen versammelten Soldaten erklärte, daß er der Regierung, die er wider seinen Willen übernommen, entsage; aber als sich allgemeiner Widerspruch dagegen kund gab, verschob er die Sache. Doch kaum war die Nacht verstrichen, so stieg er schon ganz frühmorgens in Trauerkleidung aufs Forum hinab und gab dort von der Rednerbühne unter vielen Tränen dieselbe Erklärung ab, die er jedoch schriftlich ablas. Als ihn hier Soldaten und Volk aufs neue unterbrachen, ihm zuredeten, den Mut nicht sinken zu lassen, und ihm um die Wette allen möglichen Beistand versprachen, faßte er wieder Herz, überfiel plötzlich den Sabinus und die Flavianische Partei, die sich nichts Arges mehr versahen, zwang sie, sich aufs Kapitol zurückzuziehen, und vernichtete sie dort, indem er den Tempel des Allerhöchsten Jupiter in Brand steckte, während er selbst dem Kampfe und Brande von dem Tiberianischen Palaste, wo er zur Tafel saß, zuschaute. Bald darauf aber gereute ihn diese Gewalttat; er suchte die Schuld von sich auf andere zu schieben, berief eine Versammlung und schwor und ließ auch die übrigen Anwesenden schwören: » daß die öffentliche Ruhe das höchste Ziel ihres gemeinsamen Strebens sein solle«. Darauf löste er den Dolch, den er an der Seite trug, vom Gürtel und reichte ihn zuerst dem anderen Konsul, dann, als dieser ihn nicht nehmen wollte, den anderen Magistraten und so fort auch den einzelnen Senatoren hin Zum Zeichen, daß er der höchsten Gewalt und dem Recht über Leben und Tod zu entsagen willens sei.; als aber keiner ihn annahm, verließ er die Versammlung unter dem Vorwande, denselben im Tempel der Eintracht niederzulegen. Als aber einige ihm zuriefen: » er selbst sei die Eintracht« Dieser Zuruf erinnert an den ähnlichen Zuruf Lafayettes an Louis Philippe: » Sie sind die beste Republik!«, kehrte er wieder um und beteuerte: daß er nicht nur den Stahl behalten, sondern auch den Zunamen »Eintracht« (Concordia) annehmen wolle.
16. Zugleich schlug er dem Senate vor, Abgeordnete in Begleitung der Vestalischen Jungfrauen abzusenden, welche Friedensvorschläge machen oder wenigstens Zeit zur Überlegung erbitten sollten. Vgl. Tacitus a. a. O., Kap. 81. Tags darauf, als er noch die Antwort erwartete, erhielt er durch einen Kundschafter die Nachricht, der Feind sei im Anmarsch begriffen. Auf der Stelle warf er sich in einen verdeckten Tragsessel und begab sich heimlich mit nur zwei Begleitern, einem Bäcker und einem Koch, nach dem Aventinus in sein väterliches Haus, um von dort nach Kampanien zu fliehen. Bald darauf jedoch ließ er sich auf ein leichtes und unsicheres Gerücht, daß der Friede bewilligt sei, wieder zum Kaiserpalaste zurücktragen. Als er dort aber alles verlassen fand und auch die, welche noch um ihn waren, sich allmählich aus dem Staube machten, schnallte er einen mit Goldstücken gefüllten Gürtel um den Leib und suchte eine Zuflucht in der Kammer des Pförtners, vor deren Tür er einen Hund anband, während er sie von innen mit einem Bettgestell und Polstern verrammelte.
17. Bereits waren Soldaten des feindlichen Vortrabs in das Palatium eingedrungen und damit beschäftigt, da ihnen niemand entgegen kam, alle Teile desselben, wie das Kriegssitte ist, zu durchsuchen. Von ihnen ward er aus einem Schlupfwinkel hervorgezogen und ausgefragt: wer er sei (denn sie kannten ihn nicht) und wo Vitellius sei? Zuerst täuschte er sie durch falsche Angaben. Als er aber bald erkannt wurde, flehte er unaufhörlich, unter dem Vorgeben, daß er wichtige, das Leben Vespasians betreffende Dinge zu sagen habe, ihn einstweilen, und wäre es auch in einem Kerker, in Verwahrsam zu halten, während man ihn mit auf den Rücken gebundenen Händen, einen Strick um den Hals, mit zerrissenen Kleidern, halbnackt auf das Forum geschleppt hatte. Die ganze Heilige Straße entlang erlitt er die gröbsten tätlichen und wörtlichen Mißhandlungen; man zog ihm, wie das bei Verurteilten zu geschehen pflegte, den Kopf an den Haaren rückwärts, befestigte ihm dazu ein mit der Spitze nach oben gerichtetes Schwert auf der Brust, damit er sein Angesicht sehen lassen und nicht zur Erde senken sollte, während einige ihn mit Kot und Unrat bewarfen, andere ihn Mordbrenner und Freßhals schimpften, ein Teil des Pöbels ihm sogar seine körperlichen Gebrechen vorwarf – er war nämlich von enormer Größe des Wuchses, das Gesicht fast ganz mit roten Flecken vom übermäßigen Weintrinken bedeckt, der Bauch von unmäßigem Umfange und das eine Bein etwas lahm infolge eines Wagenstoßes, den er erlitten hatte, als er beim Wettfahren des Kaisers Caligula dessen Beistand machte. Zuletzt wurde er bei den Gemonien S. zu Tiber, Kap. 53. mit unzähligen kleinen Verwundungen zerfleischt und getötet und dann mit einem Haken in den Tiber geschleift.
18. Er starb mit seinem Bruder und seinem Sohne im siebenundfünfzigsten Jahre seines Alters, und es behielten die Prophezeiungen, derjenigen recht, welche der Meinung waren, das Vorzeichen, welches ihm, wie wir erzählt haben S. oben Kap. 9., zu Vienna begegnete, bedeute nichts anderes, als daß er in die Hand eines Menschen von gallischer Nationalität fallen werde. Er wurde nämlich in der Tat von Antonius Primus, einem der Generale seines Gegners, überwältigt, der zu Tolosa Das jetzige Toulouse, eine römische Kolonie. geboren war und in seiner Jugend den Beinamen Becco geführt hatte, was so viel als »Hahnenschnabel« bedeutet.