Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Brief V.

London, den 30. Sept. 1710.

Habe ich mir nicht einen bösen Handel zugezogen, als ich damit anfing, Briefe auf ganze Bögen zu schreiben? Und jetzt wage ich es nicht mehr, damit aufzuhören. Ich weiss nicht, ob Ihnen diese tagebuchartigen Briefe gefallen: ich glaube, es würde mich langweilen, sie durchzulesen; aber vielleicht macht es der kleinen MD Vergnügen, wenn sie weiss, wie Presto in ihrer Abwesenheit seine Zeit verbringt. Ich beginne den neuen Brief immer an demselben Tage, an dem ich den letzten geschlossen habe. Ich habe Ihnen schon gesagt, dass ich heute mit Stratford in einer Schenke gegessen habe. Lewis, Erasmus Lewis, einer der besten Freunde Swifts, Sekretär eines der neuen Staatssekretäre, nämlich des Grafen von Dartmouth. der bei Harley in hoher Gunst steht, sollte zu uns stossen; aber er wurde eiligst nach Hampton Court berufen und schickte seine Entschuldigung; er würde mich nächsten Mittwoch Harley vorstellen. Es ist ein köstlicher Anblick, wie jämmerlich all die Whigs zugeben, dass man mich schlecht behandelt hat; aber ich beachte sie nicht. Ich bin Harley bereits als ein unzufriedener Mensch dargestellt worden, den man schlecht behandelte, weil er nicht eifrig genug Whig war. Die Torys sagen mir ganz trocken, ich könne mein Glück machen, wenn ich wolle; aber ich verstehe sie nicht, oder besser, ich verstehe sie!

Den 1. Oktober. Heute habe ich bei Molesworth, dem Gesandten in Florenz, gegessen; den Abend hindurch habe ich bei meinem Freund Darteneuf gesessen, von dem Sie mich haben reden hören; nächst mir ist er der grösste Wortspielmacher der Stadt. Haben Sie den Tatler erraten, den ich geschrieben habe? Er gefällt hier sehr, und ich denke, er ist echt. Morgen gehe ich mit Delaval, dem portugiesischen Gesandten, zu Tisch zu Lord Halifax in der Nähe von Hampton Court. Der Bruder Ihres Manley, ein hiesiger Parlamentarier, hat ein Amt bekommen. Und ich höre, er bietet allen Einfluss auf, um seinen Bruder zu retten; heute sprach ich mit dem älteren Frankland, damit er seinen Vater (den hiesigen Postmeister) bearbeitet; und ich hoffe, dass er davonkommt, obwohl er von allen Torys in Irland grausam gehasst wird. Mein Pasquill habe ich fast fertig. Und zur Rache an einer gewissen grossen Persönlichkeit will ich es drucken. An Essen und Trinken habe ich, seit ich hier bin, erst drei Schilling ausgegeben, so wenig Leute auch in der Stadt sind. Ich muss lachen, wenn ich mich so in diese Umwälzungen verwickelt sehe. Nun, ich muss aufhören und an Sir John Stanley schreiben, um ihn zu bitten, dass er Lady Hyde als meine Gebieterin dazu bringt, Lord Hyde zugunsten des Herrn Pratt zu engagieren.

2. Lord Halifax war in seiner Wohnung in Hampton Court, und ich habe dort bei ihm mit Methuen, Sir Paul Methuen, Gesandter in Lissabon. Delaval und dem früheren Generalstaatsanwalt gegessen. Vor Tisch ging ich in den Salon (die Königin war in Hampton Court), wo ich niemanden zu treffen erwartete; aber ich habe eine Menge Bekannte gesehn. Ich ging in die Gärten, sah mir Raffaels Cartons an und andres mehr, und kam nur mit Mühe von Lord Halifax los; er wollte mich bis morgen dabehalten, um mir sein Haus, seinen Park und seine Verbesserungen zu zeigen. Wir verliessen Hampton Court mit Sonnenuntergang und kamen in einem Zweispänner bei Sternenlicht früh genug hier an. Das bezaubert mich gewaltig an London: man kann im Oktober zwölf Meilen weit fahren, um zu essen; man bleibt den ganzen Tag hindurch, und ist so schnell wieder zu Hause; in Dublin geht das nicht. An Ihre Mutter habe ich einen zweiten Pennypostbrief geschrieben, höre aber nichts von ihr. Habe ich Ihnen gesagt, dass Lord Berkeley letzten Sonntag vor einer Woche in Berkeley Castle an der Wassersucht gestorben ist? Lord Halifax begann heute eine Rede auf mein Wohl: sie handelte von der Auferstehung der Whigs; ich lehnte sie ab, wenn er nicht auch ihre Reformation hinzufügen wollte; ich sagte ihm, er sei der einzige Whig in England, den ich liebe oder von dem ich eine gute Meinung habe.

3. Heute morgen kam Stellas Schwester mit einem Brief von ihrer Mutter, die in Sheen ist, zu mir; sie wird bald in die Stadt kommen und will mich dann besuchen. Sie gab mir eine Flasche Lähmungswasser, eine kleine, und bat mich, sie mit erster Gelegenheit zu schicken, was ich tun will; sie versprach mir auch noch eine Viertelflasche des gleichen. Ihre Schwester sah sehr gut aus und scheint ein gutes, bescheidenes Mädchen zu sein. Ich ging dann zu Herrn Lewis, dem ersten Sekretär des Lord Dartmouth und dem Günstling des Herrn Harley, dem er mich morgen früh vorstellen soll. Lewis hatte einen Herrn Dyet bei sich, einen Friedensrichter, der zwanzigtausend Pfund gilt, einen Kommissionär des Stempelamts, vermählt mit einer Schwester des Sir Philip Meadows, des Gesandten beim Kaiser. Ich sage Ihnen das, weil ich wetten will, dass dieser Herr Dyet gehängt wird; Er wurde freigesprochen, weil die Anklage auf ein Kapitalverbrechen lautete, während das Gericht annahm, es handle sich nur um einen Vertrauensbruch: eine Änderung der Anklage während des Verfahrens war nicht zulässig. man hat entdeckt, dass er Stempelpapier, für das er Kommissionär war, gefälscht hat; so hat er mit seinen Genossen die Königin um hunderttausend Pfund betrogen. Sie werden davon hören, bevor dieser Brief Sie erreicht, aber vielleicht nicht mit so viel Einzelheiten; und es ist sehr merkwürdig bei einem solchen Mann. Beachten Sie, dass Presto MD Neuigkeiten schreibt. Ich habe heute bei Lord Mountjoy in Kensington gespeist; von dort bin ich heute Abend einem Kaiser gleich zu Fuss in die Stadt zurückgekehrt. Merken Sie sich, dass gestern, am 2. Oktober, grausam scharfer Frost herrschte; es gab Eis; und vor sechs Tagen kam ich vor Hitze um. So wenig Leute auch in der Stadt sind, so habe ich doch mehr Einladungen als je; und diesen Monat bin ich von manchen Leuten gebeten, zu denen ich nicht gehn kann, weil ich vorher versprochen war. Nun, ich sollte deutlicher schreiben und bedenken, dass Stella nicht lesen kann, und Dingley ist mit meiner scheusslichen Handschrift nicht so vertraut. Ich erhielt heute Abend einen Brief von Herrn Pratt, der mir schreibt, Joe werde sein Geld erhalten, sowie der Lord Statthalter die Vertrauensmänner ernennt, die den Leinenfonds zu verwalten und über ihn zu verfügen haben; und sobald diese Vertrauensmänner ernannt worden sind, werde ich bei dem Lord Statthalter, wer es auch sei, vorstellig werden, und ich habe keine Angst um den Erfolg. Bitte also, sagen oder schreiben Sie ihm ein Wort; er soll nicht niedergeschlagen sein, denn Ned Southwell und Herr Addison finden beide, dass Pratt im Recht ist. Verlieren Sie heute Abend bei Manley nicht Ihr Geld, Burschen!

4. Als ich gestern Nacht meine Kerze schon ausgeblasen hatte, kam meine Wirtin mit einem Diener des Lord Halifax in mein Zimmer, um mich bitten zu lassen, ich möchte heute mit ihm in seinem Hause bei Hampton Court speisen; ich liess ihm sagen, ich hätte Geschäfte von grösster Wichtigkeit, die mich abhielten, usw. Und heute wurde ich heimlich zu Herrn Harley gebracht, der mich mit der grössten Achtung und Freundlichkeit empfing, die sich nur denken lassen. Er hat mich auf Samstag Nachmittag um vier bestellt; da will ich ihm mein Anliegen eröffnen; wenn ich eine Frau wäre, würde ich diesen Ausdruck nicht gebrauchen. Ich wusste, dass Sie es erraten würden; ich habe es nicht getan, bis ich es schrieb. Ich habe heute bei Herrn Delà val gegessen, dem portugiesischen Gesandten, und zwar mit Nic. Rowe, dem Dichter, und andern Freunden. Und ich habe mein Pasquill in Druck gegeben. Ich habe noch mehr Bosheiten auf dem Herzen; und ich denke, wenn diese sitzt und ich das Material finden kann, so werde ich mit ihnen allen die Runde machen. Ich bin sicher, dass ich Ihren zweiten Brief beantwortet habe; und doch finde ich ihn nicht hier. Ich glaube, es war in meinem vierten; und weshalb ›zweite Nummer‹, ›dritte Nummer‹? Genügt es nicht, wie ich zu schreiben: 1, 2, 3 usw.? Ich will einen neuen Tatler beginnen. Es wird schnell genug gehn, aber ich sage immer dasselbe zwei- oder dreimal, genau wie ich es tue, wenn ich mit der kleinen MD plaudere; doch was frage ich danach? Sie können es ebenso leicht lesen, wie ich es schreibe: ich denke, ich habe diese Zeilen wieder ziemlich ins gerade Geleis gebracht. Ich fürchte, es wird lange dauern, ehe ich bei diesem Tempo zwei Seiten voll habe. Bitte, liebe MD, wenn ich Ihnen gelegentlich mitten in meinem Brief einen kleinen Auftrag gebe, so vergessen Sie ihn nicht; wie den an Morgan und Joe usw.; denn ich schreibe, wie es mir einfällt, sonst würde ich sie alle untereinander reihen. Ich habe heute Herrn Sterne besucht und ihm Ihren Auftrag wegen der Taschentücher gegeben; den inbetreff der Schokolade will ich selbst erledigen; ich werde sie ihm schicken, wenn er reist; und Sie werden sie mir bezahlen, wenn ›des Gebers Brot‹ usw. Heute Abend will ich zu meinem Vergnügen eine Broschüre lesen. Gott erhalte Ihnen die teure Gesundheit!

5. Heute Morgen hat Delaval mich besucht, und wir gingen zu Kneller, Maler. Im folgenden zwei Namen der whiggistischen Kandidaten. der nicht in der Stadt war. Unterwegs trafen wir auf die Wähler fürs Parlament; der Pöbel umringte den Wagen und schrie: »Nieder mit Colt und Stanhope!« usw. Wir fürchteten uns vor einer toten Katze oder vor zerbrochenen Scheiben, und daher waren wir stets auf ihrer Seite. Ich habe wieder bei Delaval gegessen; und abends hörte ich im Kaffeehaus, Sir Andrew Fountaine Freund Swifts, Beamter des Hofs in Dublin. sei in die Stadt gekommen. Es war ein fader Tag, und ich habe nichts dazu zu bemerken, was einen Groschen wert wäre. Ich hoffe, MD hat bei dem Dechanten, dem Bischof oder Frau Walls einen bessern verlebt. Ei, der Grund, weshalb Sie vorgestern Abend bei Manley vier Schilling acht Pence verloren haben, ist der, dass Sie schlechte Spiele spielten; ich habe sechs bemerkt, in denen es zehn gegen eins wider Sie stand. Kann irgend jemand ausser einer irren Dame mit nichts als Manilio, Basto und zwei kleinen Carreaus zweimal spielen? Und dann machten Sie in jenem Piquespiel einen Fehler, als Sie die beste und drittbeste Karte hatten. Jemand wie Sie ist mir noch nicht vorgekommen; und jetzt sind Sie trotzig, weil ich es Ihnen sage. Nun, hier haben Sie zwei Schilling und achteinhalb Pence für Ihren Verlust.

6. Sir Andrew Fountaine kam heute Morgen und fand mich schreibend im Bett. Ich bin mit ihm in die Stadt gegangen, und wir haben mit Will Pate, dem gelehrten Wollhändler, im Speisehaus gegessen; dann sind wir in Porzellanläden und bei Buchhändlern herumgeschlendert, in die Schenke gegangen, wo wir zwei Liter Weisswein tranken, und nicht vor zehn aufgebrochen. Und jetzt bin ich zu Hause und muss ein paar Papiere abschreiben, die für Herrn Harley bestimmt sind; denn wie ich Ihnen schon sagte, soll ich ihn morgen Nachmittag sprechen; daher werde ich heute Abend MD wenig sagen, ausser dass ich von Herzen wünschte, bei ihnen zu sein, und dass ich kommen werde, sowie ich in meinem Auftrag entweder gescheitert bin oder ihn durchgesetzt habe. Wir hören jetzt täglich von den Wahlen; und in einer Liste von etwa zwanzig Resultaten, die ich gestern sah, standen sieben oder acht Torys mehr als im letzten Parlament; so dass ich glaube, mit Hilfe derer, die stimmen, wie der Hof es wünscht, braucht man sich um eine Majorität keine Sorge zu machen. Aber ich habe gehört, Herr Harley selber möchte die Torys nicht zu zahlreich werden lassen; er fürchtet, sie möchten unverschämt werden und wider ihn ausschlagen; aus diesem Grunde haben sie mehrere Whigs in den Ämtern gelassen, die jeden Tag hinausgesetzt zu werden erwarteten; wie zum Beispiel Sir John Holland und viele andre. Und also fort an Ihre Karten, Ihren Rotwein und Ihre Orangen, zum Dechanten; ich aber will jetzt schreiben.

7. Ich möchte wissen, wann dieser Brief beendet wird; Dienstag muss er abgehn, das ist sicher; und wenn ich vorher von MD keinen mehr erhalte, so werde ich ihn nicht beantworten, das ist ebenso gewiss! Es ist jetzt Morgen, und ich bin gestern Abend mit meinen Papieren für Herrn Harley nicht fertig geworden; denn Sie müssen wissen, Presto war schläfrig und machte Fehler und Kleckse. Hübsch, dass ich morgens frisch und mit nüchternem Magen an junge Frauen schreiben muss, wahrhaftig! Nun also, guten Morgen, und jetzt muss ich an die Geschäfte und dieses Blatt bis heute abend beiseite legen, Burschen. – Abends. Jack How Generalzahlmeister des Heeres unter der neuen Regierung. hat zu Harley gesagt, wenn es in der Hölle Orte gäbe, die niedriger lägen als andre, so seien die für seinen Pförtner bestimmt, der mit so ernster Miene und in so höflicher Weise Lügen sage. Mit diesem Pförtner habe ich heute zu tun gehabt, als ich auf Herrn Harleys eigenen Wunsch um vier Uhr nachmittags hinging, um ihm einen Besuch zu machen. Der Bursche hat mir aber doch nichts vorgelogen, obwohl ich jedes Wort beargwöhnte, das er sagte. Er erzählte mir, sein Herr sei eben in grosser Gesellschaft zu Tisch gegangen und habe gebeten, ich möchte in einer Stunde wiederkommen; ich tat es und erwartete zu hören, dass Herr Harley ausgegangen wäre; aber sie hatten gerade gegessen. Herr Harley kam zu mir heraus, führte mich hinein und stellte mich seinem Schwiegersohn, Lord Doblane (oder so ähnlich), seinem eignen Sohn und unter andern auch Will Penn, dem Quaker, vor: wir blieben zwei Stunden miteinander sitzen und tranken ebenso guten Wein wie Sie; und weitere zwei Stunden sassen er und ich allein beieinander. Da hörte er denn zu, wie ich ihm meinen Auftrag auseinandersetzte; er ging in aller Freundlichkeit darauf ein, fragte nach meiner Vollmacht und las sie durch; und er las auch eine Denkschrift, die ich verfasst hatte, und steckte sie in die Tasche, um sie der Königin zu zeigen; er sagte mir, welche Massnahmen er zu treffen gedächte, und kurz, er sagte mir alles, was ich nur wünschen konnte. Er versicherte, er müsste Herrn St. John (den Staatssekretär) und mich miteinander bekannt machen, und er sprach mit so viel persönlicher Liebenswürdigkeit und Achtung vor mir, dass ich halb geneigt bin, zu glauben, was mir einige Freunde gesagt haben, dass er nämlich alles tun würde, um mich zu gewinnen. Er hat mich gebeten, Dienstag bei mir zu speisen (was für ein komischer Schnitzer war das!); ich meine, er hat mich gebeten, Dienstag bei ihm zu speisen; und nachdem ich vier Stunden bei ihm gewesen war, setzte er mich in einer Droschke vor St. James's Kaffeehaus ab. All das ist wunderlich und komisch, wenn Sie ihn und mich bedenken. Er kannte meinen Vornamen ganz genau. Ich konnte mich nicht enthalten, so viel über dieses Thema zu sagen, obgleich es Ihnen als sehr langweilig erscheinen wird. Aber ich will Ihnen etwas sagen: Sie müssen wissen, dass es mein Verhängnis ist, am gleichen Tage ein Fürst und ein Lump zu sein. Denn da ich ihn um vier besuchen sollte, so konnte ich bei keinem Freund eine Einladung zum Essen annehmen; deshalb ging ich zu Tooke, um ihm eine Ballade zu bringen und bei ihm zu speisen; aber er war nicht zu Hause. So war ich denn gezwungen, in eine Winkelgarküche zu gehen und für zehn Pence mit Kräuterbier, schlechter Brühe und drei Hammelkoteletten vorlieb zu nehmen; und von dort musste ich dunstend zum ersten Staatsminister. Und jetzt will ich Steele, der letzthin sehr niedergeschlagen war, aus Barmherzigkeit einen Tatler schicken. Ich glaube, ich bin höflicher geworden als früher und sage nicht mehr ›ihr in Irland‹ und ›wir in England‹, wie ich es zu Ihrer grossen Entrüstung tat, als ich früher hier war. – Man mag reden von dem ›Sie wissen, was‹ ; Gemeint vermutlich das ›Märchen von einer Tonne‹. aber wäre es nicht darum, bei Gott, ich wäre nie imstande gewesen, überall Zutritt zu erlangen, wie ich ihn habe; und wenn mir das zum Erfolg verhilft, so wird eben das auch noch der Kirche nützen. Wie weit man sich freilich auf neue Freunde verlassen darf, das habe ich durch lange Erfahrung gelernt; obwohl sie unter grossen Ministern, denke ich, ebensoviel wert sind wie alte. So, scheint mir, hat dieser wichtige Tag in diese Seite des Blatts ein grosses Loch gerissen; und die Lappereien von morgen und Montag werden den Rest ausfüllen, und ausserdem werde ich Harley Dienstag wiedersehn' ehe dieser Brief abgeht.

8. Ich muss Ihnen ein sehr feines Kompliment Harleys erzählen. Er bat mich, oft zu ihm zu kommen; ich erwiderte, ich möchte ihn nicht stören, da er soviel zu tun habe; deshalb bat ich ihn, mir zu erlauben, dass ich zu seinem Lever käme; was er auf der Stelle ablehnte, indem er sagte, das sei nicht der Augenblick, in dem Freunde kämen. Es ist Morgen, und ich habe eine törichte Angewöhnung: ich muss MD ein paar Worte sagen, wenn ich aufwache, und ihnen guten Morgen wünschen; und heute ist kein Rasiertag, Sonntag; so habe ich Zeit genug. Aber schert euch fort, ihr Halunken, ich muss schreiben; ja, es würde mich bis aufs Blut ärgern, wenn einer dieser langen Briefe verloren ginge; wenn es so kommt, dann schrumpfe ich wieder auf halbe Blätter zusammen; aber was wollen dann Sie beginnen, um das Tagebuch wieder zu vervollständigen? Dann sind zehn Tage von Prestos Leben verloren, und gewiss und wahrhaftig, das wäre traurig! – Abends. Ich war heute um ein Diner verlegen, wenn ich nicht einen weiten Weg machen wollte; deshalb habe ich als Schmarotzer mit ein paar Freunden gegessen, die hier in der Nähe speisen; und heute Abend wollte Sir Andrew Fountaine durchaus, dass ich mit ihm in eine Schenke ginge, wo wir zu dritt für zwei Flaschen Wein, portugiesischen und Florentiner, sechzehn Schilling bezahlten. Aber wenn er mich wieder so fasst, dann will ich ebensoviel Pfund ausgeben! Und deshalb habe ich die Ausgabe unter meine ausserordentlichen geschrieben; wir hatten eine Hammelschulter à la Maintenon, die der Hund nicht essen konnte. Und jetzt ist es zwölf Uhr, und ich muss schlafen gehn. Ich hoffe, dieser Brief wird abgehn, ehe ich MD's dritten habe. Glauben Sie mir? Und doch, bei Gott, sehne ich mich auch nach MD's drittem; aber ich möchte auch sagen können, dass ich für zwei fünf geschrieben habe. Ich liebe St. James's Kaffeehaus keineswegs mehr so sehr wie früher. Ich hoffe, es wird sich im Winter bessern; aber jetzt sind sie alle der Wahlen wegen nicht in der Stadt oder noch nicht von ihren Landsitzen zurück. Gestern ging ich mit Dr. Garth zum Essen zu Charles Main in der Nähe des Tower; er hat dort ein Amt; er ist aus Irland, und der Bischof von Clogher kennt ihn gut; ein ehrlicher, gutmütiger Bursche, ein offener, herzlicher Lacher, der bei den geistreichen Leuten riesig behebt ist; seine Frau steht nicht über einer Köchin. Und so gute Nacht usw.

Ich habe heute bei Sir John Stanley gegessen; Lady Stanley ist eine meiner Günstlinge; ich habe hier ebenso viel wie der Bischof von Killala in Irland. Ich denke darüber nach, was für ein schäbiger Unterhalter ich für MD sein werde, wenn ich zurückkomme: alles wissen Sie schon von mir: Ich will Ihnen nichts mehr sagen, sonst bleibt mir gar nichts mehr zu berichten, keine Geschichte und überhaupt nichts zu erzählen. Mir war gestern Nacht sehr übel von hässlichem, schmutzigem, scheusslichem Wein, der mir im Magen sauer wurde. Musste ich auch in die Schenke gehn! Oh, aber das habe ich Ihnen schon erzählt. Morgen esse ich bei Harley; dann will ich, wenn ich wiederkomme, diesen Brief beendigen; aber jetzt kann ich wegen des Erzbischofs nicht mehr schreiben; bei Gott, es ist wahr, denn ich will ihm jetzt schreiben, was ich in der Sache mit Harley getan habe. Und wahrhaftig, junge Frauen, ich will Ihnen etwas sagen, worauf Sie sich verlassen können, dass ich nämlich niemals ein Wort auf die dritte Seite dieser langen Briefe schreiben werde.

10. Der armen MD Brief lag so unter Papieren versteckt, dass ich ihn nicht finden konnte; ich meine des armen Presto Brief. Nun, ich habe heute bei Herrn Harley gegessen und hoffe, es wird sich einiges tun lassen; aber ich darf nichts weiter sagen; und dieser Brief muss zur Post geschickt werden, aber nicht durch den Nachtwächter. Nächsten Sonntag soll ich wieder bei ihm essen; ich hoffe auf einen guten Ausgang. Und jetzt muss ich also, sobald ich nur kann, im Bett meinen sechsten an MD beginnen, genau so ernst, als hätte ich den ganzen Monat lang kein Wort geschrieben; eine schöne Geschichte, wahrhaftig! Mich dünkt, ich schreibe nicht, wie ich sollte, weil ich nicht im Bett liege; sehn Sie die hässlichen, weiten Zeilen? Der Allmächtige segne Sie ewig usw.

Wahrhaftig, dies ist eine ganze Abhandlung. Ich will die Zeilen auf den andern Seiten zählen. Ich habe sie gezählt.


 << zurück weiter >>