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Treue bis in den Tod. – Die Rückfahrt nach Frankreich.

Ein Jahr später ward mir die Trauernachricht über Aduh. Es war ihr nicht entgangen, daß der Schoner mit der Asche ihrer Herrin den Hafen verlassen hatte. Ganz gegen ihre Gewohnheit lauschte sie mit der Verschlagenheit und Entschlossenheit ihrer Natur auf alles, was der gutherzige Reis zu ihrem Troste sagte. Sie schien zwar nicht befriedigt, aber wenigstens in die Umstände ergeben, und es gelang ihr, den Argwohn des Pflegevaters einzulullen. Nachts stahl sie sich weg, schwamm zu einem Küstenfahrzeug, löste die Fangleine des Kahns, nahm sie zwischen die Zähne und glitt mit dem Landwind aus dem Hafen. Sobald sie sich sicher vor Entdeckung wähnte, stieg sie ein und ruderte hinaus in die See, einzig aufs Entkommen bedacht und offenbar der törichten Hoffnung, den Schoner zu überholen.

Morgens bemerkte der Reis ihre Abwesenheit und spürte den Diebstahl des fremden Kahns aus. Er bemannte ein großes Boot, hielt sich ein gutes Stück in unserm Kielwasser und kreuzte ungefähr zwei Tage, um sie zu treffen. Vergeblich. Er achtete genau auf die Richtung, die Flut und Strömungen seit der Flucht genommen hatten, wandte zurück zur Insel, fuhr die Ostküste ab und fragte auf den Fischerkähnen und am Lande. Auch das umsonst! Als sie die eine der zwei kleinen »Rundinseln« östlich von Isle de France ansteuerten, bemerkte er den von der Brandung auf die Felsen geworfnen Kahn, leck und vollgelaufen. Das Eiland war ohne Süßwasser und unbewohnt. Sie durchstöberten jeden Winkel, jeden Felsen, jede Höhlung, ohne die geringste Spur von Aduh zu finden, ebenso die Nachbarinsel und die zunächst liegende Küste. Ihr Tod schien gewiß, das Wie blieb ein Geheimnis.

Die Botschaft empfand ich wie ein Schwert durch den Leib, wie eine Sonde in schon verharschter Wunde. Doch zeigte es wenigstens, daß die Saiten meines Herzens wieder zu schwingen begannen. Für jenes Ereignis mußte ich doch wohl de Ruyter verantwortlich machen; es war der einzige Fall, wo ich bereute, meinen dunklen Drang seinem Verstand untergeordnet zu haben. Von nun an nahm ich mir vor: welche Ketten auch meinen Gliedern angelegt würden, meinen Geist sollten sie nicht fesseln! –

Über unsre Abreise von Isle de France und unsern Heimweg habe ich nichts Bemerkenswertes zu berichten. Mehr als einmal wurden wir gejagt; aber wer konnte es mit unserm Sturmvogel aufnehmen? Im Kanal lagen britische Kreuzer um uns her wie einst die Koralleninseln im Sulu-Meer. Der einen Gefahr entgingen wir wie der andern. Nach einer beispiellos schnellen Überfahrt ankerten wir im Hafen St. Malo, der von französischen Kapern und Orlogschiffen wimmelte.

Noch keine Stunde dort, – schon eilte de Ruyter mit Postpferden nach Paris, um der Regierung seine Briefschaften zu übergeben. Ich blieb als Befehlshaber auf dem Schoner.

Wir hatten eine kleine Ladung feinsten Tee und Kaffee, Gewürze und zufällig auch einige Tonnen weißen Kristallzucker. Der stand damals in Frankreich so hoch, daß wir ihn mit einem Riesenaufgeld verkauften, der beinah die Reisekosten deckte. Die andern ostindischen Erzeugnisse wurden wir fast zum gleichen Preise los, und ich sah, daß Handel, nicht Krieg der geradeste, einzig sichre Weg zum Reichtum sei; im übrigen war mir dieser nach wie vor gleichgültig. Meine Gesinnungen mögen sich in manchem geändert haben, – darin sind sie zur Stunde noch dieselben.

Die Fahrt, mehr noch: die hinter uns liegenden Anstrengungen, die Entbehrungen auf einer so langen Strecke, in einem so kleinen Schiff mit so starker Besatzung, – all das hatte meine erschlafften Muskeln gestärkt, mich am Leben erhalten. Doch war ich noch immer schwach und ausgemergelt. Mein Gesicht war eingefallen, für meine Jugend unerhört abgehärmt. Ich hatte nämlich kaum das Alter erreicht, wo uns das Gesetz wie zum Hohn erlaubt, frei zu handeln, während es uns hinausstößt, damit wir unser bittres Brot im Schweiß des Angesichts erwerben wie Kain, männiglich gegen uns; dabei hatte der buchstäblich die ganze Welt zum Garten, während wir jeden Fleck besetzt finden! In solchem Kampf ums Dasein muß jeder gegen jeden die Hand erheben.


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