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Einleitung

Im Herzen von Asien, als Pufferstaat zwischen Russland und Indien eingekeilt, liegt Afghanistan. Noch bis vor kurzem war dieser Staat den Europäern verschlossen, und nur selten wurden Ärzte oder Ingenieure ins Land gelassen. Genauere Kunde über Afghanistan verdanken wir den Berichterstattern der englisch-afghanischen Kriege 1841/42 und 1878/79, sowie einigen kühnen Pionieren, die in den Jahren 1825 bis 1840 das Reich des Emir besuchten.

Schon seit ältesten Zeiten ist Afghanistan der Schauplatz vieler Kämpfe und Umwälzungen gewesen, da es ein Durchzugsland ist. Durch die indisch-afghanischen Grenzberge führen die Zugangswege nach Indien. Alexander der Große, Timur oder Tamerlan, Mahmud von Ghasni, Baber, der erste der indischen Großmoguln, und der Perserkönig Nadir Schah, sie alle durchzogen Afghanistan auf ihren Kriegszügen nach Indien.

Afghanistan ist ein wildes Bergland, in dessen östlichstem Teile die Gipfel des Hindukusch Höhen bis zu 7000 m erreichen. Tiefe Schluchten durchschneiden die Berge, und tagelang kann der Reisende über große Plateaus ziehen, ohne kaum ein Fleckchen Grün zu sehen. Brennt im Sommer die Sonne unbarmherzig auf die stark verwitterte Bergwelt hernieder, so hüllt im Winter tiefer Schnee die Berge ein, und fast ein halbes Jahr lang ist der Weg durch Zentralafghanistan dann für jeglichen Verkehr gesperrt.

Nach dem letzten englisch-afghanischen Kriege 1919 hat Emir Amannullah Khan sein Land den Europäern geöffnet und zahlreiche Deutsche und Italiener in das Land gezogen, die sich dort dem afghanischen Staatsdienste als Ingenieure, Ärzte, Elektrotechniker, Architekten und Lehrer widmen.

Schon seit meiner Schulzeit habe ich mich mit den Ländern Innerasiens beschäftigt, und schon während meiner Studienzeit an der Münchener Universität hatte ich meine Arbeiten auf diese Länder Zentralasiens eingestellt. Außer Chinesisch-Turkestan, Tibet und Indien zählte auch Afghanistan zu meinem engeren Interessenbereich. Da bot sich mir im Sommer 1923 Gelegenheit durch die liebenswürdige Vermittlung eines guten Freundes als Geologe in Diensten einer neugegründeten afghanischen Handelsgesellschaft nach jenem Lande zu gehen. Die Reise ging durch Rußland – kreuz und quer durch Afghanistan – und heim über Indien.

Von den wissenschaftlichen Ergebnissen ist in diesem Buche nur wenig die Rede, ihre Veröffentlichung ist einem anderen Werke vorbehalten. Das vorliegende Buch – lose aneinandergereihte Tagebuchblätter, Skizzen und Bilder – soll dem Leser nur ein ungefähres Bild von dem Lande und dem Leben geben, wie es sich dem Reisenden darstellt.

Ungefähr ein Jahr ist verflossen, seit ich Afghanistan verlassen habe. Ich bin wieder heimgekehrt in das von Sorgen und Kämpfen zerrissene Europa, heimgekehrt in die Länder rastloser Arbeit sich hetzender Menschen, deren Seele im Alltag verkümmert und stirbt. Oft wandern meine Gedanken nach dem großen, stillen Asien zurück, nach Afghanistans einsamen Bergen und Tälern, nach Indiens sonnigen Fluren und heiligen Stätten. Ich sehe mich im Geiste wieder mit meiner Karawane über die hohen, eingeschneiten Pässe ziehen, sehe uns wieder am flackernden Lagerfeuer sitzen und glaube manchmal die Stimmen meiner Diener zu hören. Und wieder andere Bilder steigen vor mir auf: Weiße Marmorpaläste, stille Tempelhaine, die im Schatten großer Bäume träumen, und stille Seen, in denen sich der tiefblaue Himmel und hohe Palmen spiegeln. Wenn es mir gelungen ist, in Wort und Bild diese Länder dem Leser näherzubringen, dann ist der Zweck dieses Buches erreicht.

Sämtliche Photographien sind von mir selbst aufgenommen, mit Ausnahme der Bilder Nr. 34, 35, 57-60, die mir von Herrn Blaich, Kabul, zur Verfügung gestellt wurden, wofür ich ihm auch an dieser Stelle meinen besten Dank ausspreche.

Zuletzt noch ein Wort des Dankes an die Herren der Deutsch-Afghanischen Kompanie für die vielseitige Unterstützung, die sie meinen Plänen zuteil werden ließen, an Frau Erna Martens, die mir eine unermüdliche Korrekturleserin gewesen ist, sowie dem Herrn Verleger für die Sorgfalt und das Interesse, das er der Herausgabe dieses Buches entgegenbrachte.

Dr. Emil Trinkler


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