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Die Engländer wollen etwas zum Lesen,
die Franzosen etwas zum Schmecken,
die Deutschen etwas zum Nachdenken
Manchmal, nachts, blättere ich in alten Weltbühnen. Ich habe so ziemlich alle: einzeln, in roten Heften, deren Farbnuance des Umschlags schwankt, und ernst gebunden, in dicken roten Leinenüberzügen. Und ich blättere...
Zuerst suche ich mir alle Polgars zusammen. Fast von Anfang an ist er da – und ich schmunzle im Geist noch einmal alle Wiener Theaterpremieren durch, die er mit seiner bitterheitern Gegenwart beehrt hat. Und ich lese seine himmlische Literaturgeschichte: »Wie der Goethe entstand«, die noch lustiger ist als das entzückende kleine Spiel der beiden Dioskuren Polgar und Friedell. Und ich lese seine heiterste und bunteste Skizze »Scharlach« (nur für Kenner!) – und ich muß lachen, ganz wie beim erstenmal ... Und ich lese S. J., wie der unter der Berliner Lämmerherde der Schohspieler herumwütete und sie schlachtete und fraß und wonnesam brummte, wenn er den Bauch voll hatte – und lese seine leisen Locktöne zu Reinhardt herüber, als er den noch uneingeschränkt liebhaben konnte... Und ich lese – entschuldigen Sie – mich selbst.
Das heißt: ich lese mich eigentlich gar nicht. Ich erinnere mich nur. Ich erinnere mich, wie das gewesen ist, als ich dies Gedicht da schrieb und jenes – was für Zeiten das waren (und was für Honorare es damals gab), und welche Damen ich in mein Herz geschlossen hatte. Es ist wie eine kleine Biographie, diese Weltbühne – ich kann mir an den Fingern abzählen, wie es alles gelaufen ist mit mir. Gibt es wohl eine Liebe – und wäre es auch nur eine von den ganz kurzen, brennendsten gewesen –, die ich nicht abkonterfeit hätte? Keine. S. J. ließ mir den Spaß (sucht euch Redakteure, die keine Unteroffiziere sind!), und nur, wenn Gussy Holl öfter als viermal im Monat in den Artikeln verkleidet, persönlich oder zitiert auftauchte, weinte er leise. Ich konnts doch aber nicht lassen, und ich kanns heute noch nicht. Und alles, was so in den letzten Jahren für mich gut und teuer gewesen ist, steht da in den roten Heften: die hübschen Bücher und die hübschen Mädchen, die märkische Luise und die einzige Blonde und der Strubbs und die und die ... Von Claire zu schweigen, die ich schon besungen habe, als ich meine Manuskripte noch zweiseitig beschrieb ... Es war eine schöne Zeit.
Guten Tag, kleine Hefte! Dies ist keine Reklame für euch – denn der Herausgeber weiß kaum, wie er euch noch liefern soll, und viele von euch gibts gar nicht mehr in den Verlagsregalen. Kleine Hefte, guten Tag –!
Und ich bemerke, daß sie nicht nur das Leben eines Panters aus den letzten Jahren widerspiegeln, sondern, wenn man genauer hinsieht, unser ganzes Leben und unsere ganze Zeit.