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XIV

Draußen war die frische Luft, die unpersönliche Straße mit den drei Betrunkenen, die wie Wachtposten dunkel dastanden, einer hüben, einer drüben, einer mitten auf dem Fahrdamm. Tiefsinnig beugten sich diese bewußtlosen Gestalten vornüber; diese stummen Vergessenen eines Lebens, das seinen Sinn verloren hat.

An der Ecke patrouillierte ein Mädchen, ein Mädchen ohne Hut, mit einem Täschchen schlenkernd. Ullrich blieb bei ihr stehen, und sie bat ihn um eine Zigarette.

Ihre großen Augensterne strahlten ihn freundlich an. Es war ein mageres Gesicht, die abgezehrte, durchfieberte Physiognomie einer Schwindsüchtigen; aber der freundliche, frohe Ausdruck war ungewöhnlich.

Ullrich fühlte sich beruhigt durch das wohlige Murmeln dieser Stimme in der öden Nacht. Er plauderte lange mit der schmucklosen Passantin; das heißt, er ließ sie lange plaudern und gab ihr nur kurze Stichworte. Aber er hörte gut zu, er horchte auf diesen Monolog, der ein Ohr brauchte, wie sein Herz diesen menschlichen Ton. Hier, an dieser tauben Ecke der Stadt.

»Man nennt mich Franz,« sagte sie, »weil ich so mager bin. Abends habe ich immer ein bißchen Fieber, und da gehe ich gerne aus. Hier in der Straße ist oft Krach, aber mich lassen sie in Ruhe. Das ist eine angenehme Gegend, man muß nicht einmal einen Hut aufsetzen. Meine Wirtin hört nichts, wenn ich mit einem Mann nach Hause komme. Ich gehe oft hinauf, die Männer gehen gern mit mir. Meine Titten sind noch ganz gut, obwohl sie früher noch besser waren.« – Und sie stemmte den Handrücken zärtlich gegen ihre rechte Brust.

Da erschien ein Mann an der Straßenecke und winkte dem Mädchen. Es war ein Mann in einem Havelock, ein weißhaariger Mann mit einem mächtigen weißen Patriarchenbart. »Entschuldigen Sie mich«, sagte das Mädchen und wandte sich dem Manne zu.

Der fremde Mann zog seinen Schlapphut vor ihr. Er holte hinter dem Umhang des Havelocks zwei helle Hühnereier hervor und überreichte sie dem Mädchen. Das Mädchen nahm sie mit beiden Händen in Empfang und sagte: »Ich danke.« Der Mann zog wieder seinen Hut und entfernte sich langsam und würdevoll.

Und das Mädchen kam lachend zu Ullrich zurück und wies ihm die beiden Hühnereier vor. »Er hat kein Geld,« erklärte sie, »da bringt er mir manchmal Eier oder Butter. Dafür geht er hin und wieder mit mir.«

Herr Ullrich tastete eilig nach seiner Brieftasche, und, als ob er eine Versäumnis nachholen müßte, bot er dem Mädchen hastig Geld an. Aber Franz nahm kein Geld von ihm, wurde auch nicht etwa unwillig, die Augensterne lächelten, und sie bat wieder um eine Zigarette.

»Hier ist die Zigarette« –

»Gott segne dich!« dachte Herr Ullrich.


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