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Das folgende Jahr brachte England den Sieg der liberalen Opposition. Lord North legte seine Stellung als Premierminister nieder, Charles Fox übernahm die Regierung, die Tories mußten aus ihren Ämtern weichen. Greville wurde zwar bestätigt, sah aber voraus, daß er bald in einen Zwiespalt mit den Anschauungen der Whigs geraten würde und zog sich zurück, ehe der Konflikt zum Ausbruch kam.
In Edgware Row nistete sich die Sorge ein. Grevilles Gläubiger hatten in seinem Amte eine Bürgschaft für die Zukunft gesehen und machten nun, da diese Aussicht geschwunden schien, ihre Forderungen geltend.
Fragwürdige Gestalten gingen in Edgware Row ein und aus. Trödler aus den Vorstädten trugen in dunklen Abendstunden entbehrliche Haushaltungsgegenstände davon; Kunsthändler besichtigten die Bildersammlung und boten Preise weit unter dem Wert; Wucherer suchten mit Wechseln und unerschwinglichen Zinssätzen den letzten Penny zu erpressen.
Am widerlichsten aber waren die Vermittlerinnen, die den Enkel der Warwicks mit Vorschlägen einer reichen Heirat bestürmten. Uneheliche Töchter großer Herren suchten Namen und Rang, alte Jungfern Befriedigung einer späten Sinnenlust, verbrauchte Kurtisanen Krönung ihres schmachvoll erworbenen Reichtums, gefallene Mädchen Schutz vor. den Folgen heimlicher Liebeshändel.
All der Schmutz eines Zusammenbruchs häufte sich an. Stieg auf trüben Wellen zur Oberfläche empor ...
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Schwer lastete die Spannung auf Emma:
Wieder merkte sie, wie wenig sie Greville eigentlich kannte. Ihre geheimsten Gedanken und Empfindungen mußte sie ihm offenbaren, er aber blieb schweigsam und verschlossen. In seine leicht über alles hinwegleitende Liebenswürdigkeit hüllte er sich wie in einen seidenen Panzer, von dem ihre Versuche, in seine Seele zu dringen, abprallten. Länger als zwei Jahre lebte sie nun schon mit ihm, aber er war für sie noch dasselbe Rätsel wie zuvor. Mühsam suchte sie aus seinen Handlungen zu erraten, was in ihm vorging. Aber immer wieder stieß sie auf Widersprüche, für die sie keine Erklärung fand.
Seit Sir Williams Besuch schenkte er Emmas Talenten erhöhte Aufmerksamkeit. Im Harfen- und Lautenspiel ließ er sie unterrichten, in Gesang und Tanz, Zeichnen, Malen und in der Schauspielkunst, Der Pflege ihres Körpers widmete er besondere Sorgfalt. Alle neuen Schönheitsmittel brachte er ihr mit, litt nicht, daß sie sich rauher Witterung aussetzte, ihre Hände durch häusliche Arbeiten verdarb. Sogar ihr Essen und Trinken überwachte er; sorgsam wählte er alles für sie aus, damit ihr Teint rein und ihr Blut leichtflüssig blieb. Die Anstandsregeln feiner Geselligkeit prägte er ihr ein, stachelte unaufhörlich ihre Eitelkeit. Immer sollte sie heiter sein, schön und elegant erscheinen. Wie eines jener blumenhaften Märchengebilde, die hoch über aller Erdensorge auf goldigen Wölkchen in einem ewigen Sonnenschein dahinschwebten. Dazu überhäufte er sie mit Schmuck und kostbaren Kleidern, suchte jeden ihrer Reize in das vorteilhafteste Licht zu setzen. Als ob sie für den Harem eines Sultans bestimmt wäre, von dessen Wohlgefallen ihre Zukunft abhing.
Alles das kostete Mühe und Geld. Niemals aber beklagte er sich. Setzte er seinen Stolz darein, Emma den Wechsel seiner äußeren Lage nicht empfinden zu lassen? Nichts war ihm gut genug für sie, nichts durfte sie entbehren.
Gleich in den ersten Tagen nach seinem Rücktritte vom Amt, als seine Gläubiger über ihn herfielen, hatte sie ihn bestürmt, Sir William um Hilfe zu bitten. Unwillig hatte er es verweigert. Zu oft schon hatte er des Oheims Güte in Anspruch genommen. Am Ende hielt Sir William seinen Neffen für einen Verschwender und ließ es ihn in seinem Testament entgelten.
Grevilles Stolz schien durch die unaufhörlichen Demütigungen krankhaft gesteigert. Aber etwas mußte doch geschehen! Konnte sie denn gar nichts tun, um ihm in seiner Bedrängnis beizustehen?
Sie grübelte und grübelte. Grevilles düstere Augen ängstigten sie. Er sah aus, als ringe er mit einem finsteren Entschluß. Das Herz zitterte ihr. Schreckliche Gedanken stiegen in ihr auf.
Und nun fing er auch noch an, ihr seine Kämpfe zu verheimlichen. Wenn jene Wucherer und Trödler kamen, schloß er sich mit ihnen ein. Zeigte nachher ein krampfhaft heiteres Gesicht. Versicherte, daß alles gut gehe.
Aber eines Tages, von einer Sitzung bei Romney zurückkehrend, fand sie ihn im Bilderzimmer, wie er in sich zusammengebrochen vor der leeren Staffelei der Venus saß. Das Bild war fort.
Schluchzend kniete sie neben Greville nieder, wollte ihre Arme um ihn schlingen. Erschreckt fuhr er auf, brach in ein gezwungenes Lachen aus. Was hatte sie denn? Das Bild war beschädigt, er hatte es einem Maler zur Ausbesserung gegeben. Übertrieben und überflüssig war überhaupt ihre ganze Sorge. Wenn er Geld brauchte, hatte er noch Freunde genug, die ihm gern beisprangen. Aber er brauchte keins. Mehr, als nötig war, besaß er.
Er zeigte ihr eine Handvoll Goldstücke, die er lose in der Tasche getragen hatte. Und um sie für ihre Gespensterseherei zu strafen, bestimmte er, daß sie abends mit ihm ins Ranelagh Vornehmes Etablissement für Vokal- und Instrumental-Konzerte. zu einem Konzert fuhr, zu dem der Hof sein Erscheinen zugesagt hatte. Ihre schönsten Kleider, ihren kostbarsten Schmuck sollte sie anlegen. Neidern und Verleumdern wollte er zeigen, daß er nicht ruiniert war. Daß er besser dastand als je.
Er lachte. Aber er täuschte Emma nicht. Aus dem scheuen Flackern seiner Augen sprach die ganze Zerrissenheit seiner Seele.
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Greville war vorausgefahren, um die Billetts zu besorgen. Als Emma vor dem Tor von Ranelagh ihren Wagen verließ, sah sie Romney im Gespräch mit einem Herrn, der heftig erregt schien. Romney machte sie mit ihm bekannt. Es war der Italiener Gallini, der Impresario des Konzerts, der hier die Ankunft des Hofes erwartete.
Er hatte die Sängerin Georgina Banti, die eben auf ihrer ersten großen Triumphreise durch die Hauptstädte Europas war, für das Konzert gewonnen und es verstanden, die Königin Charlotte für die neapolitanischen Volkslieder der gefeierten Primadonna zu interessieren. Nun aber hatte sich die Banti in den Londoner Nebeln erkältet und im letzten Augenblick abgesagt.
Er war in Verzweiflung.
Der stolze Sinn der Königin würde den Fortfall der Lieder, um die allein sie das Konzert besuchte, als eine Beleidigung empfinden und Gallini ihre Ungnade entgelten lassen. Wenn er ihr wenigstens durch etwas anderes eine Art Entschädigung hätte bieten können! Vielleicht, daß ihr Zorn sich dann beruhigte.
Eine Idee blitzte in Emma auf.
»Vielleicht kann ich Ihnen helfen, Signor Gallini! Es sind zwar keine neapolitanischen Volkslieder, die ich singe; aber meine altwallisischen Bardengesänge gefallen vielleicht trotzdem. Ich begleite mich selbst. Proben mit dem Orchester sind also nicht nötig. Eine Laute ist ja wohl vorhanden?«
Überrascht hatte Gallini zugehört.
»Gewiß!« sagte er zögernd. »Und Ihr Anerbieten ist sehr liebenswürdig, Miß Hart. Aber ... es fragt sich doch ...«
»Ob meine Stimme ausreicht? Erkundigen Sie sich bei Mr. Romney oder Sir Greville! Oder, da diese Herren etwas parteiisch sein dürften – prüfen Sie selbst! Es ist wohl noch Zeit genug, daß Sie im Zimmer der Künstler ein Lied von mir hören. Gefällt Ihnen mein Gesang nicht, so sagen Sie es offen. Ich verspreche Ihnen, daß ich es nicht übelnehme!«
Sie lächelte ihm zu, während er ihre Gestalt musterte.
»Wenn Ihr Gesang Ihrer Schönheit gleicht, kann ich es vielleicht wagen!« sagte er galant. Dann richtete er sich auf. »Kommen Sie! Lassen Sie mich hören!«
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Das Publikum nahm die Ankündigung der Programmänderung mit Murren auf. Der Banti wegen hatte man die teuren Eintrittspreise bezahlt. Sollte man nun mit irgendeiner namenlosen wallisischen Bänkelsängerin abgespeist werden?
Aber als Emma an Gallinis Hand auf dem Podium erschien, trat plötzlich Stille ein. Wie in ein Meer von Gesichtern sah Emma, die sich voll Überraschung auf sie richteten. Staunen und Bewunderung ihrer Schönheit glaubte sie auf ihnen zu lesen.
»Es ist Miß Hart!« sagte eine Stimme. »Die Circe Romneys!«
Es war die Herzogin von Argyll, eine Verwandte der Hamiltons, die in einer Loge nahe am Podium saß. Sie nickte Emma, die sie bis dahin niemals gesehen hatte, in ihrer lebhaften Art zu und klatschte ihr mit ihren feinen, behandschuhten Händen Beifall.
Eine Bewegung ging durch den Saal, ein Raunen und Flüstern. Das Wort der Herzogin machte die Runde. Dann war wieder alles still. Unter Emmas Händen erklangen die ersten Akkorde der Laute.
Während sie spielte, suchten ihre Augen nach Greville. Sie fand sein bleiches, fieberhaft erregtes Gesicht neben Romney fast am Ende des Saales. Lächelte ihm zu. Warum fürchtete er sich? Ganz ruhig war sie, ganz sicher.
Sang sie nicht für den Geliebten? Wenn sie Erfolg hatte, wenn sie eine gefeierte Sängerin wurde, wenn ihr das Gold in Strömen zufloß – alles hatte sie Greville zu danken. Und alles, alles wollte sie ihm zu Füßen legen, ihren Ruhm, ihren Reichtum, ihre Seele. Ihm, der sich opferte, um sie groß zu machen. Der schweigend kämpfte und litt, um von dem Schmutz des Alltags nicht das weiße Gewand seines Ideals beflecken zu lassen.
Sie liebte ihn. Nicht mehr dem Triebe ihrer Sinne folgend, der sie einst in seine Arme geworfen hatte. Nun liebte ihn ihre Seele.
Und in dem starken Bewußtsein dieser hohen, heiligen Liebe sang sie ...
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Der Erfolg war groß.
Immer wieder wurde Emma hervorgejubelt, verlangte man von ihr neue Lieder. Vergessen war die Banti. Wales hatte über Neapel gesiegt. Die Herzogin von Argyll schickte Emma ihre Karte mit Worten begeisterter Anerkennung, Lord Abercorn ließ sich ihr vorstellen; Romney war hingerissen und brannte darauf, sie als heilige Cäcilie zu malen. Als sie mit Greville Ranelagh verließ, drängten sich die vornehmen Damen und Herren hinzu, um sie in der Nähe zu sehen.
Greville stimmte nicht ganz in das begeisterte Lob ein. Er war nicht mit ihrem leidenschaftlichen, die ästhetischen Schranken der Kunst durchbrechenden Vortrage einverstanden. Aber er tadelte sie nicht geradezu, fand auch Worte der Anerkennung.
Er schien durch ihren Erfolg eher bedrückt, als erfreut. In einer Ecke des Wagens lehnend hörte er ihr schweigend zu. Als sie zu Hause mit leise bittendem Blick seine Augen suchte, wandte er sich ab. Müde und abgespannt war er, brauchte Ruhe. In seinem Zimmer schloß er sich ein. Aber er schlief nicht. Noch spät in der Nacht hörte Emma ihn friedlos hin und herwandern.
Das Unglück hatte ihn verbittert. Einer Reihe sonniger Tage bedurfte es, um ihm seine alte Kraft und Sicherheit wiederzugeben.
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Am folgenden Morgen brachte die Mutter Emma einen Brief von Gallini. Der Impresario bot ihr einen glänzenden Vertrag, wenn sie sich entschließen würde, unter seiner Leitung sich dem Konzertgesänge zu widmen. Tausend Pfund und ein Benefiz jährlich sollte sie haben, wöchentlich nur zweimal öffentlich auftreten. Einen Vertrag legte er bei. Emma brauchte ihn nur zu unterschreiben.
Freudezitternd fiel sie der Mutter um den Hals. Weinte mit ihr über das Elend der Vergangenheit, jubelte dem Glück der Zukunft zu. Was sie in den Tagen der Jugend geträumt, um das sie diese ganze lange Zeit hindurch gearbeitet und gerungen hatte – nun war es da. Eine Königin wurde sie in dem herrlichsten Reiche, das die Erde zu vergeben hatte.
Und gleichzeitig Erlöserin des Geliebten von seinem Märtyrertum der Not.
Den Brief in der Hand schwingend eilte sie zu Greville, ihm das Wunderbare mitzuteilen, in seinen Äugen den Strahl der Freude zu entzünden, der nun niemals wieder erlöschen sollte.
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Eine Stunde später kam sie zurück, bleich, wankend, verstört.
Alles war aus. Rundweg hatte Greville seine Zustimmung zu dem Vertrage verweigert. An die Bedingung hatte er sie erinnert, unter der er sie aufgenommen. Versprochen hatte sie, nichts ohne seine ausdrückliche Erlaubnis zu tun. Diese Bedingung hatte sie durch ihr Auftreten in Ranelagh gebrochen, öffentlich hatte sie ihn bloßgestellt, vor seiner Familie, vor seinen Standesgenossen, vor dem Hofe. Und nun wollte sie ihn noch tiefer erniedrigen, ihn zum ausgehaltenen Manne machen? Das Herz blutete ihm bei dem Gedanken, sich von ihr trennen zu müssen. Aber es war notwendig. Seine Mannesehre forderte es.
In kurzen, abgerissenen Sätzen erzählte sie es der Mutter, während sie die einfachen Kleider anlegte, in denen sie von Hawarden aus der Verbannung gekommen war. Ihr Entschluß war gefaßt. Sie ging. Unglücklich wurde Greville ja, wenn sie blieb. Gallinis Anerbieten schlug sie aus. Wem verdankte sie die Ausbildung ihrer Stimme? Greville. Nichts aber sollte sie nun noch an ihn erinnern. Niemals mehr würde sie singen, niemals eine Harfe anrühren. Alles, was er ihr geschenkt, ließ sie zurück, nahm nichts mit sich fort, als den armseligen Plunder, den sie mitgebracht hatte. Alles gab sie auf, verschwand wieder in dem Dunkel, aus dem ein unseliges Schicksal sie emporgezogen. In irgendeiner Vorstadt Londons verkroch sie sich, um sich und den Ihrigen als Näherin durch ihrer Hände Arbeit Brot zu schaffen. Hatte er seine Mannesehre, so hatte sie ihre Frauenehre. Erkennen sollte er, wie sehr er ihr unrecht getan. Was fragte sie nach Ruhm, Geld, Schönheit, wenn er sie nicht mehr liebte?
Ach, die Enge des Hauses erstickte sie! Reine Luft mußte sie atmen, wenn sie nicht hinsinken und sterben sollte!
Ein Nähzeug aus einem Kasten reißend, stürmte sie fort, ohne auf das Zureden der Mutter zu hören. Erst als sie draußen unter den Bäumen saß und die frische Luft ihr die Stirn kühlte, kam sie wieder ein wenig zu sich. Immer noch aber jagten die Gedanken auf sie ein. Um sich abzulenken, nahm sie das Nähzeug und begann zu arbeiten. Aber sie sah die Stiche nicht, die ihre Hand machte. Alles flimmerte ihr vor den Augen ...
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Sie hatte Romney nicht kommen sehen. Erst als er vor ihr stand, bemerkte sie ihn. Er hatte sein Skizzenbuch in der Hand. Natürlich hatte er sie wieder gezeichnet. Widerwärtig und taktlos war es, wie er immer an ihr herumsuchte nach neuen Motiven. Galt ihm der Schmerz nichts, der ihr das Herz zerriß?
Gerade heraus sagte sie es ihm.
Er suchte sie zu beruhigen. Sie hatte ja recht, wenn sie sich verletzt fühlte. Aber er war nun einmal so geschaffen. Alles setzte sich für ihn in Bilder um; der Stift, den er über das Papier führte, dachte und fühlte für ihn. Erst wenn seine Hand nachgebildet hatte, was sein Auge gesehen, regte sich seine Seele. Nicht mehr Künstler sein, war für ihn gleichbedeutend mit Sterben.
War es mit Emma nicht ebenso? Nicht mehr lieben – war das für sie nicht der Tod? Und nun wollte sie um einer Nichtigkeit willen aufgeben, was ihr Leben war?
Nichtigkeit ...
Das Wort brachte sie noch mehr auf. Bebend vor Empörung erzählte sie ihm alles.
Mit einem leisen Lächeln schüttelte Romney den Kopf.
»Ihr Zorn reißt Sie zu Übertreibungen hin, Miß Emma. Eine Frau muß sich unterordnen, wenn es sich um die Ehre des Mannes handelt.«
Sie schürzte verächtlich die Lippen.
»Ehre? Was kann es seiner Ehre schaden, wenn seine Mätresse in Konzerten singt?«
Mit einem ausdrucksvollen Blick sah er ihr in die Äugen.
»Von seiner Mätresse würde es ihm vielleicht gleichgültig sein. Wie aber, wenn er weiter denkt? Wenn er an den Tag denkt, da diese Mätresse als seine Frau ...«
»Seine Frau?« Sie war aufgefahren, hatte das Nähzeug fallen lassen. Starrte ihn an. »Hat er Ihnen das gesagt?«
Bedächtig ergriff Romney ihre Hand. »Ich möchte nicht Hoffnungen in Ihnen erwecken, die sich vielleicht nicht verwirklichen. Nein, Greville hat mir nichts gesagt. Er ist überhaupt nicht der Mann, über seine Pläne vorzeitig zu sprechen. Aber ich habe ihn während dieser ganzen Zeit beobachtet. Weil ich Sie liebhabe und Ihnen Gutes wünsche. Versetzen Sie sich doch in seine Lage! Kann ein Mann, der mit einem solchen Gedanken umgeht, anders handeln? Ein Enkel der Warwicks kann unter Umständen seine Mätresse heiraten, selbst wenn sie eine Vergangenheit hat. Aber von dem Augenblicke an, da er sie in seine Arme nimmt, darf kein neuer Vorwurf gegen sie erhoben werden können. Ihr tadelloses Leben muß den früheren Fehl auslöschen. Und nun überdenken Sie von diesem Gesichtspunkte einmal alles, was Sie ihm zur Last legen! Läßt es sich nun nicht ganz einfach und ohne Zwang erklären? – Ach, das ungestüme Blut!« unterbrach er sich lächelnd, da Emma sich mit einer hastigen Bewegung zum Gehen wandte. »Wohin wollen Sie sich nun wieder hinreißen lassen? Gehen Sie noch nicht zu Greville. Überlegen Sie erst, was Sie ihm sagen wollen. Durch ein unbedachtes Wort zerstören Sie vielleicht den Willen, der unbewußt jetzt noch in ihm schlummert. Wecken Sie ihn nicht zu früh! Solch ein Entschluß braucht Zeit zum Wachsen und Reifen.«
Mit weichem Druck hielt er sie an der Hand zurück. Gerührt sah sie ihn an. Tom Kidd und Romney – wie sie einander glichen! Ach, und wie wenig konnte sie ihnen ihre Liebe vergelten!
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Erst als sie ganz ruhig war, ging sie zu Greville hinauf.
Er mußte ihren Schritt auf der Treppe gehört haben Und kam ihr entgegen. Mit aufgehelltem Gesicht und freundlichem Wort.
Eben hatte er einen Brief aus Neapel erhalten. Sir William kündigte seinen Besuch zum nächsten Frühjahr an. Er wollte die Verhältnisse selbst untersuchen und in Ordnung bringen. Bis dahin sollte Greville seine Gläubiger vertrösten.
Emma hörte kaum, was er sagte. Was waren ihr in diesem Augenblicke Sir William und die Gläubiger!
Leise zog sie Greville in das Zimmer zurück und schloß die Tür.
»Verzeih' mir, Geliebter!« stammelte sie. »Sei barmherzig und nimm mich wieder an dein Herz. Fordere von mir, was du willst. Niemals wieder will ich dir ungehorsam sein!«
Sie nahm den Vertrag und zerriß ihn.
Dann lag sie in Grevilles Armen. Lachte und weinte …