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(1776)
Else | |
Gut geschlafen, Sofie? Ja schummele mit dem Gepäck nur
Ohne zu grüßen vorbei! Das tun nicht artige Jungfraun! |
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Sofie | |
Hu! ich erschrak! Du dort wie die Frühlingsschlang an dem Dornbusch
Zischest den Wanderer an! |
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Else | |
Komm, Mädchen; der blühende Schlehdorn
Schattet so lieblich gewölbt, und vor uns plätschert der blaue Glänzende See. Ich pflückte mir Säuerling hier und Rapunzel, Jung und zart, in den Korb; denn ich sage dir, Kaiser und König Lobt den Rapunzelsalat, wenn Öl und Essig nur gut ist. |
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Sofie | |
Schön zu ruhn, wo Violen und Schlüsselblumen umherblühn!
Schwesterchen, gib mir den Strauß. Ich muß in dem Garten am Krebsbach Pflanzen und sän. Hier siehst du die sämtliche Gärtnergerätschaft: Spaten und Schnur mit der Hark und im Saatkorb Erbsen und Mangold, Bohnen, Karotten, Salat, holländische Winterkartoffeln Und was mehr; auch Radieschen, die Erstlingsfrüchte des Gartens, Weiß und rot. Nun, Else, was duckst du denn? |
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Else | |
Tusch! sie bemerkt uns!
Unsere Bleicherin sang, die schelmische, wieder von Siegmund. Bald hätt ich's auswendig gelernt und, gehn wir am Sonntag Unter die Linden zum Tanz, sie gehöhnt: »Nun, Jüngferchen, weiß ich's! Nur nicht rot! Dein Liedchen erbaute mich! Soll ich es singen?« – Aber sie schwieg, da im Erlengebüsch die Nachtigall anfing. |
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Sofie | |
Glaube, sie selbst hat das Liedchen gefertigt! Denk an den Glückwunsch,
Der uns neulich im Dorf durch lustige Reime gekitzelt; Als ihn der Hochzeitbitter, der Bälgentreter und Vieharzt Türe vor Tür absangen, den heiligen Königen ähnlich, Prunkend mit Kron und Zepter, dem goldenen; einer wie Mohr auch, Dem der papierene Stern anbrannt im hastigen Umdrehn. Nun, wer hätt es geträumt? Den Glückwunsch reimte die Anna! Sicher auch jetzo das Lied; drum tut sie im Singen so schämig! |
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Else | |
Komm, wir brauchen Gewalt! | |
Sofie | |
Ich muß in den Garten. | |
Else | |
O komm nur! | |
Sofie | |
Else, du läufst wie ein Wiesel! Ich folge dir kaum mit der Ladung! | |
Else | |
Holla, du Braut! Gleich singe das artige Stückchen von Siegmund! | |
Anna | |
Nimmermehr! nicht kenn ich ein artiges Stückchen von Siegmund! | |
Else | |
Nicht? So werd ich die Wangen, die rot glühn, bleichen mit Wasser. | |
Anna | |
Dirne, du Unglücksdirne verderbst mir das seidene Halstuch,
Siegmunds wertes Geschenk! O weh! in den Busen hinabläuft's! Hu, wie kalt! An dem Rohr, fi! schäme dich! angelt ein Mannsmensch! |
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Sofie | |
Schmunzelnd gönnt er die Strafe dem eigensinnigen Mägdlein.
Singe denn; oder dich soll! Komm, Schwesterchen, brav sie gekitzelt! |
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Anna | |
Mord und Gewalt! Schont, Kinder! Ihr sollt ja hören! Geduld nur!
Laßt mich zuvor aufatmen! Wie unanständig man aussieht! |
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Sofie | |
Schmuck ist alles an Schmucken! auch selbst nachlässiger Anzug.
Laß dein Hütchen nur schief. |
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Else | |
Kühl weht's in dem Schatten der Pappel
Unten am Bach, der so klar von der Mühlenschleuse daherrauscht. Setze dich dort zum Gesang. In der Burg wohnt drüben ein Echo, Das, wie ein menschlicher Ton, nachsingt aus verödeten Fenstern. |
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Anna | |
Wasser zuvor mir geholt; denn ihr seht, schon durstet die Leinwand
Unter dem Sonnenstrahl und dem blendenden Frühlingshimmel. Nimm du die Brause, Sofie; nimm, Else, die Tracht mit den Eimern! Hurtig zum Bach! Ihr möchtet umsonst wohl hören das Liedlein! |
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Else | |
Jetzo gerauscht auf die Laken, du Trödlerin, daß wir den Handel
Endigen! Bald ja verwelkt in dem Deckelkorbe das Kraut mir. |
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Sofie | |
All um die Wette gesprengt! Dann, Trödlerin, rasch zu der Pappel!
Streng ist heute die Luft; und mancherlei hab ich zu ordnen, Ehe die Sonn aus der Erde den gestrigen Regen heraussaugt. |
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Anna | |
Ihr nun wählet auf Gras und Butterblumen das Lager
Dort an der Pappel umher; ich setze mich auf den gekrümmten Weidenstamm. Doch gehorcht, ihr Jüngferchen! Denn der Gesang ist Nicht vom Riesen und Zwerg und dem Schloß der verwünschten Prinzessin Oder dem Schäfchen im Walde, womit man Kinder in Schlaf singt. |
Bleich am warmen Strahl der Sonnen,
Bald als Laken und als Bühren
Wer mich freit, ihr lieben Laken?
Zwang er nicht vier bärt'ge Werber?
Unsers Schulzen zartes Hedchen
Bin denn ich von schlechterm Blute?
Freilich geh ich nie geschnüret,
Da sollt ihr ein Flüstern hören
Spielmann, dinge mehr Gesellen,
Schickt euch brav auf Deutsch, Tirolisch,
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Sofie | |
Schäme dich nicht, mein Mädchen! Du schauest ja so in das Bächlein,
Als ob die Wellen am Stein du zähletest. Else, woher doch Hat es die Hexe gelernt? Wer sollt es der Träumerin ansehn! |
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Else | |
Stillere Wasser, Sofie, sind tiefere, heißt es in Wahrheit.
Klar auch blickt sie umher als hellblauäugiges Glückskind. Unter Sol, dem Planeten, im Maimond kommend, am Sonntag, Ward sie behender Natur und zu Teufelskünsten geeignet: Also las in den Sternen Matthias Rohlfs die Bemerkung, Die mit dem großen Kalender, dem hundertjährigen, einstimmt. |
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Sofie | |
Nun ist alles erklärt, wie allein ihr glückte der Bleiguß!
Nur unförmige Schlacken, und nichtige, fanden wir andern: Anna goß in den Sand! Da erschien ganz deutlich ein Mühlrad. |
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Else | |
Vorige Neujahrsnacht, da es zwölf schlug, wankte sie rücklings,
Eine Deck um den Kopf, hellweiß wie ein Spuk, aus der Haustür; Sieh, und blank auf dem Giebel im Mondschein flimmte der Brautkranz. |
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Sofie | |
Künftige Neujahrsnacht, wenn nur nicht säumet der Mühlmann,
Wird ihr blank von dem Giebel die Wieg herglänzen im Mondschein, Sanft vom Winde bewegt, im Gelull kaum hörbares Klanges. |
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Else | |
Wird denn das Los, Brautjungfer zu sein der verständigen Anna,
Uns zu Johannis beschert? Wir verstehn dir zu schelten den Kuckuck! |
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Anna | |
Weil ihr Gesänge versteht und Schwank mit ehrbarem Antlitz,
Darum sollt ihr geputzt, Brautjüngferchen, neben mir prangen, Einst auch Gevatter mir stehn, wenn die lullende Wiege nur wahrsagt. |