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(1780)
Hedewig | |
Schau doch, wie sinnig sie geht, die freundliche schöne Rebekka,
Auf dem gekrümmten Pfade des überwallenden Roggens! Wie sie die Ähren im Gehn durch ausgebreitete Finger Gleiten läßt und sogar den Regenbogen nicht ansieht, Der von des Bergs Windmühle zum spiegelnden See sich herumbeugt! |
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Rebekka | |
Still im Geschäft geht einer; der andere liebt die Betrachtung. | |
Hedewig | |
Emsiger schwingt sie den Fuß, die geschäftige, wert der Betrachtung:
Ihre Hark auf die Schulter gelehnt und am Arme das Körbchen; Rad' und Tremsen darin und Feuerblumen und Schwertel, Wohl für die Kinder zum Kranz, und Vergißmeinnicht für sich selber, Duftende Flieder dabei zum Getränk und gesunde Kamillen. Wär ich ein Mann und ledig und jung, ich vergaffte mich wahrlich! Aber die rosige Farbe der Wängelein ist, mit Erlaubnis, Wohl nur Wiederschein vom rosigen Futter des Strohhuts. |
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Rebekka | |
Spötterin, birgt dich etwa die Baumlaub hoch in der Linde?
Kühlungen wehn dort immer, und weithin dehnt sich die Aussicht; Daß dein häßlicher Schnabel auf jeglichen, wer nur vorbeigeht, Niederstößt wie ein Habicht auf sorglos irrende Küchlein. Piep eins, Hedewig. |
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Hedewig | |
Piep! | |
Rebekka | |
O sie schwebt in der Luft, wie ein Eichhorn,
Unter den Kirschen des Baums! Luftspringerin, laß mich bewundern! |
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Hedewig | |
Schone den Zaun, Ruchlose! Von vorn ist ehrlicher Eingang!
Über den Dorn, von Hopfen durchrankt und blühender Winde, Klettert sie, flink wie die Katz! Ha recht, da hängt ihr der Rock fest! Nimm dich in acht, Rebekka; du brennst dir die Knie in den Nesseln! |
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Rebekka | |
Sei mir gegrüßt! Wie der Baum voll spanischer Kirschen mich anlacht!
Alle so groß und so schwarz! Rings glänzet es gegen die Sonne! Wirf doch ein Büschel herab mir Durstigen. Bis zur Ermattung Kehrt ich das Heu auf der Wies; und ein Regenschauer vertrieb mich. Sonderbar, wie es dort platzregnete; doch von der Brücke Bis zu dem Dorf hat kaum ein einziger Tropfen gesprenget. |
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Hedewig | |
Dirne, dich plagt Mutwill! Unartige, laß mir die Leiter. | |
Rebekka | |
Sitze mir nun, und büße des vorigen Frühlinges Unfug! | |
Hedewig | |
Welchen, mein Kind? Du pflegst zu beschuldigen, wahr und auch unwahr. | |
Rebekka | |
Wessen ich nicht unwahr dich beschuldige, höre nur eines.
Als wir nachts auf der Bleich in der Strohhütt unsere Leinwand Hüteten, schlief ich zuletzt in der Dämmerung; und, nach dem Erbfehl, Den in der Tauf ich geerbt von meiner geschwätzigen Patin, Schwatzt ich im Traum. »Kind«, sprachst du, »mit Hedewig freit ja dein Bruder Friederich; hat er sie lieb?« – »Unerhört lieb!« – »Scheint sie dir wirklich Schön?« – »Ein Gesicht, wie ein Apfel; und klar ihr Auge, wie Mailuft!« – »Aber ihr Haar ist borstig, wie einige sagen, und brandrot.« – »Lästerung! weich wie die Seide, kastanienbraun und geringelt!« – »Ist dein Herzchen verliebt?« – »Ein weniges.« – »Und der Geliebte?« – »Heißt (doch plaudere nicht!) Adolf, der gewaltige Ringer.« – So mißhandeltest du; und wohl noch andres Geheimnis Hätt ich dir unschuldig vertraut: doch es bellete Lustig. Und ich erwacht, und wir eilten, den Dieb zu erspähn um die Leinwand. Aber er schalt nur den Mond, der hell aus der Wolke hervorkam. Du Hohnlachende sprachst: »Adolf, der gewaltige Ringer!« Siehst du? ich weiß noch alles; und jetzo sollst du mir büßen. |
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Hedewig | |
Sage, womit ich den Zorn dir befriedige. | |
Rebekka | |
Wenn du das Lied mir...
Hui ich erschrak! Laut platzte der Königsapfel vom Baum her, Rot und mürb! O es hauset die Wespe darin mit dem Stachel!... Wenn du das Lied absängst, das dir mein heimlicher Bruder Vom grünschilfigen Sumpfe gefertiget. Neulich im Grasmähn Sang er es nachdrucksvoll, daß rauschte die Sens in dem Umschwung. Aber ich bracht ihm Essen und lauerte hinter dem Hagdorn. |
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Hedewig | |
Was? ein Lied auf mich selber, das soll ich singen? Unmöglich!
Löbliche freun sich im Herzen; doch Selbstlob singe der Kuckuck! |
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Rebekka | |
Ich, dein anderes Herz, bin allein hier. Nicht so verschämt doch! | |
Hedewig | |
Lieber die ganze Nacht hier ausgeharrt in dem Kirschbaum! | |
Rebekka | |
Gut; hier liegen genug wurmstichige Birnen und Äpfel. | |
Hedewig | |
Rasende, zähme dich doch! Heida! ein Puff auf den Rücken!
Wehe, der Fuß! und wieder die Hand! Um die Ohren wie Hagel Sauset es! Jammer, da purzelt der Korb mit den Kirschen hinunter! Halt! ich will ja singen, du Quälerin! |
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Rebekka | |
Willst du nun endlich?
Siehe, die Gegend umher ist recht einladend zum Singen: Hoch in der Schwebe des Baums, die Nachtigall wählt ihn nicht schöner! Wo durch Laub das Geflimmer der Abendsonne dich anglüht; Heimengeschwirr ringsum, und surrende Bienen im Schauer, Feldwärts Herdengeläut, und die lockende Stimme der Wachtel. Singe denn! |
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Hedewig | |
Gern, wenn ich muß! Doch Schwesterchen, wo du mich ansiehst,
Und mit der Lippe nur zuckst... |
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Rebekka | |
Dann willst du von neuem gemahnt sein?
Räuspere nur zum Gesang! Frisch, Hedewig! Langes Gequäl ist Bitterer Tod! Still schmaus ich und sammele wieder den Korb voll. |
Hedewig |
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Beschattet von der Pappelweide
Am grünbeschilften Sumpf, Saß Hedewig im roten Kleide Und strickt' am kleinen Strumpf; Sie strickt' und sang mit süßem Ton Ein Lied, ich weiß nicht mehr wovon. |
Rebekka |
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Du holdselige Kehle! wie klar, und ohne Gekräusel
Trägst du den Ton! Nur ein wenig vernehmlicher, bitt ich, und lauter. Kein Argsinniger ja, noch Höhnischer lauscht dem Gesang hier. |
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Hedewig | |
Laß mich: blödem Gemüt muß leisere Stimme vergönnt sein. |
Da ging ich an dem Bach zu fischen
Mit meiner Angel hin, Und hörte hinter Erlenbüschen Die schöne Nachbarin. Ich ließ die Angel an dem Bach, Und ging dem lieben Mädchen nach. »So einsam, Mädchen? Darf ich stören?
Ich setzte mich mit bangem Mute,
Wir zitterten wie Maienblätter
Jetzt kühner, stört ich sie im Stricken
»O sieh, wie durch das Laub, mein Liebchen,
Sie lächelte; ihr Busen strebte
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Rebekka |
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Hast du geendet das Lied? | |
Hedewig | |
Mit Ärgernis! | |
Rebekka | |
Dennoch mit Anmut.
Nur das Letzte verlor sich in gar zu schüchterne Lispel, Als ob dämpfte der Kuß. Nun, Hedewig, komm von der Leiter Züchtiges Trittes herab, und küsse mich. |
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Hedewig | |
Freilich, das fehlt noch.
Brannte mir doch das Gesicht wie dem vierzehnjährigen Mägdlein, Das im sechsten Gebote verstummt auf die Frage des Pfarrers, Öffentlich! Wart, ich klage bei Adolf künftigen Sonntag, Daß er ebenso rot dir Frevlerin küsse das Antlitz |