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Die Stunden dieses Tages zählten zu den endlosesten und sorgenvollsten, die der kaltblütige Mr. Bayford während seiner abenteuerreichen Laufbahn je durchlebt hatte.
Wieder einmal stand für ihn so ziemlich alles auf einer Karte, denn falls der ›Mächtige‹ ihn im Stich ließ, hatte er den unvermeidlichen Kampf mit seinem hinterhältigen Teilhaber und dem vielleicht noch weit gefährlicheren Dritten, der ihn mit dem Drudenfuß so hartnäckig verfolgte, allein auszufechten.
Wenn die Dinge Zeit gehabt hätten, so hätte er sich vielleicht mit diesem Wagnis abgefunden, aber so drängte alles nach einer raschen Entscheidung. Nun, da sich die lang gesuchte Karte in Fergusons Händen befand, ging es um Stunden. Auch konnte dieser Oberst Passmore jeden Augenblick irgendeine Mine springen lassen, die alle seine Zukunftspläne in Fetzen riß.
Gegen halb zehn Uhr hatte er sich in seinem ruhelos arbeitenden Kopf einen Plan zurechtgelegt, der ihm ausgezeichnet schien und ihn veranlaßte, sich sofort mit Mrs. Lee in Verbindung zu setzen. Dieses Eisen war augenblicklich so weich, daß er es ganz nach Belieben schmieden konnte, und wenigstens diese Chance wollte er sich für alle Fälle sichern.
Die verliebte Dame nahm die zeitige Überrumpelung sehr nett auf, und Bayford bekam minutenlang alle möglichen Kosenamen und Zärtlichkeiten und dazwischen sehr sehnsuchtsvolle Seufzer zu hören. Er schnitt dabei höchst ungeduldige und saure Grimassen, schlug aber einen gleich schmachtenden Ton an, als er endlich zu Worte kam.
»Ob ich an dich denke, Liebste? Deshalb habe ich dich ja eben angerufen. Und deshalb möchte ich dir einen Vorschlag machen. – Ich weiß zwar nicht, wie du ihn aufnehmen wirst«, fuhr er etwas zögernd fort, »denn er ist ein bißchen romantisch, aber in meiner Verfassung kommt man auf alle möglichen tollen Einfälle.«
»Romantisch . . .«, echote die Witwe begeistert zurück. »Oh, wie reizend! – Natürlich bin ich bereits einverstanden.«
»Nicht so rasch, meine Teure. Vorläufig weißt du ja noch gar nicht, worum es sich handelt. – Wenn ich dich nun wirklich beim Wort nähme?«
»Nimm mich beim Wort!« stieß die aufgeregte Frau hingebungsvoll hervor, und Bayford glaubte sogar ihre hastigen Atemzüge zu hören. »Es ist sicher etwas Schönes und Liebes . . .«
»Für mich allerdings«, erwiderte er bedeutsam. »Ich fürchte nämlich, daß mir die Zeit bis zu dem bewußten Tag doch zu lang werden dürfte, wenn wir unsere Vorbereitungen in aller Ruhe treffen wollen. Meine Geschäfte können mich möglicherweise auch noch drei bis vier Wochen in Anspruch nehmen, und auch du wirst voraussichtlich ebenso lange brauchen . . .«
»Nein«, widersprach Mrs. Lee hastig. »Ich kann bereits morgen fertig sein, wenn es notwendig ist.«
»Um so besser. Ich möchte dir nämlich vorschlagen, daß wir uns schon in den nächsten Tagen trauen lassen. In aller Stille und ohne sonderliche Formalitäten. – Ich kenne einen Geistlichen, der sich gewiß ein Vergnügen daraus machen wird, uns dabei behilflich zu sein. – Dann ordnen wir gemeinsam, was noch zu ordnen bleibt, und wenn uns die Laune ankommt, können wir jeden Augenblick in die Welt fliegen.«
Mrs. Lee äußerte entzückte Zustimmung. Diese Sache war also auf dem besten Wege, und Bayford war entschlossen, sie so rasch wie möglich zu Ende zu führen. Wenn dann die anderen Dinge vielleicht doch schiefgingen und er gezwungen war, England mit größtmöglicher Beschleunigung den Rücken zu kehren, bedeutete Mrs. Lee mit ihrer gefüllten Reisekasse und ihren ansehnlichen Kreditbriefen für ihn wenigstens einigen Trost und eine gewisse Bürgschaft für die Zukunft.
Mr. Grubb war von einer geradezu unheimlichen Pünktlichkeit. Schlag zehn klingelte das Telefon, und als Bayford sich hastig meldete, vernahm er die sanfte, bezwingende Stimme, die er seit dem verflossenen Abend nicht mehr aus dem Ohr bekam.
Der ›Mächtige‹ begann in seiner knappen, bestimmten Art sofort von dem Wesentlichsten zu sprechen.
»Ich habe mich also entschieden und werde die Angelegenheiten im Sinne unserer gestrigen Besprechung zu erledigen trachten. Natürlich muß ich die Bedingung stellen, daß Sie unsere Vereinbarungen genauestens einhalten und nun selbst weiter nichts unternehmen. Sollte sich irgend etwas ereignen, was von Wichtigkeit ist, so benachrichtigen Sie mich. Nur telefonisch, bitte, und so kurz und allgemein wie möglich. Von mir werden Sie am Abend vielleicht schon weiteres hören. Ich weiß, daß die Sache drängt und habe alles danach eingerichtet. – Also, sagen wir um sieben Uhr. – Danke!«
Nach einem kleinen Imbiß und einem Glas Portwein fühlte Bayford sich wie neugeboren, und die Welt hatte für ihn wiederum ein freundlicheres Gesicht. Mr. Grubb als Bundesgenosse bedeutete nach allem, was er über den Mann wußte, fast schon den sicheren Erfolg.
In dieser gehobenen Stimmung erinnerte sich Bayford des schönen Mädchens in Rot aus der Bar und sagte sich, daß nun der geeignete Augenblick gekommen war, sich mit diesem Abenteuer zu beschäftigen.
Er hatte der vor Neugierde, Sehnsucht und Ungeduld fiebernden Mrs. Lee zusagen müssen, den Lunch mit ihr einzunehmen, aber bis dahin blieb ihm noch genügend Zeit, einen Umweg zu machen und Tyler aufzusuchen. Er wollte den Mann zwar aus gewissen Gründen bei der Sache aus dem Spiel lassen, aber vielleicht konnte ihm jener durch die eine oder die andere Andeutung nützlich sein.
Der ›verliebte Lord‹ war noch nicht ganz empfangsfähig, als er den tadellosen Bayford in die unordentliche kleine Etagenwohnung einließ, und vermochte seine etwas ängstliche Überraschung nicht zu verbergen.
»Ich wollte einmal nach Ihnen sehen«, erklärte ihm sein Gönner unbefangen, »und ein paar Worte unter vier Augen mit Ihnen sprechen. – Vor allem: Was macht das Geschäft? Glauben Sie, damit wieder hochkommen zu können?«
»Das wird sich erst zeigen«, meinte Tyler mit einem unsicheren Achselzucken. »Jedenfalls gebe ich mir alle Mühe, aber die Konkurrenz scheint einem auch da das bißchen Verdienst gehörig sauer machen zu wollen. Wenn ich nicht so energisch und geschickt ins Zeug gegangen wäre . . .«
»Die Konkurrenz? Wieso?« fragte Bayford mit gleichgültiger Anteilnahme, indem er Tyler gnädig eine seiner Zigaretten anbot.
»Wenn Sie heute oder morgen in die Bar kommen sollten«, wisperte der blasse Mann mit wichtigtuender Vertraulichkeit, »so sehen Sie sich das Theater eine Weile an, und Sie werden sofort merken, was vorgeht. – Mein Auftraggeber scheint nicht der einzige zu sein, der sich mit der Sache beschäftigt.«
»Haben Sie etwas darüber gehört?«
Tyler fuhr mit der Hand durch die dicke Rauchsäule, die er gegen die Decke geblasen hatte.
»Nicht ein Wort. Darüber spricht man nicht, und außerdem dürften die Leute des andern über ihren Auftraggeber wohl ebensowenig wissen, wie ich über den meinen. Das geht mich schließlich auch nichts an. Worüber ich mich aufrege, ist nur, daß die Burschen es so frech und unfair treiben und einem die Damen mit allen möglichen Mitteln abspenstig machen wollen. Die Rote hat mir beispielsweise erzählt . . .«
»Die Rote – richtig . . .«, warf Bayford leichthin ein und klemmte das Monokel umständlich ins Auge. »Ich glaube, ich habe Ihnen schon gesagt, daß mir das Mädchen gefällt.«
Der ›verliebte Lord‹ wurde plötzlich sehr zurückhaltend.
»Allerdings . . . aber . . .«
Sein Besucher tat den Einwand, bevor er noch ausgesprochen war, mit einer kurzen Handbewegung ab.
»Ich weiß, die Geschichte paßt Ihnen nicht so recht, aber Sie haben dabei gar nichts zu befürchten. Ich gedenke Ihnen die Schöne lediglich für einige Stunden zu entführen – dann steht sie Ihnen wieder zur Verfügung. – Pflegen Sie sie nach Schluß nach Hause zu bringen?«
»Nein«, erklärte Tyler, »das hat sie immer abgelehnt. Sie macht sich stets in großer Eile und Heimlichkeit allein davon, und ich weiß nicht einmal, wo sie wohnt.«
»So«, sagte Bayford kurz und strich sich nachdenklich über das glatte, spitze Kinn. »Und wann kommt sie gewöhnlich?«
»Zwischen zehn und elf.«
Der andere nickte und traf Anstalten, sich zu verabschieden.
»Wenn sie also« – er überlegte einen Augenblick und verzog dann das Gesicht zu einem unangenehmen Grinsen –, »sagen wir, morgen ausbleiben sollte, so wissen Sie, woran Sie sind. – Wann soll die große Reise losgehen?«
»Sonnabend«, erwiderte der blasse Mann hastig. »Sie können sich denken, wie sehr mir daran gelegen ist, daß das erste Geschäft möglichst rasch und glatt abgewickelt wird.«
»Natürlich«, pflichtete ihm Bayford bei und reichte dem besorgten Mann herablassend zwei Finger der Rechten. »Ich bin sogar überzeugt, daß Ihnen das Mädchen dann noch sicherer sein wird als bisher.«
Diesmal gestattete sich der ›verliebte Lord‹ eine verständnisvolle Grimasse, und der Herr mit dem Monokel machte sich in glänzendster Laune wieder auf den Weg.
Er bedurfte dieser Laune, denn er wurde in den nächsten Stunden von Mrs. Lee ganz außerordentlich in Anspruch genommen. Wenn sie ihn nicht gerade stürmisch liebkoste, brachte sie ihm ihr Entzücken über seinen Vorschlag immer wieder in einem überschwänglichen Wortschwall zum Ausdruck, und Bayford ließ das eine wie das andere mit dem nachsichtigen Lächeln eines Verliebten über sich ergehen.
»Es liegt mir natürlich fern, mich in deine Angelegenheiten mischen zu wollen«, bemerkte er höchst taktvoll und zurückhaltend, »aber da wir die Absicht haben, England möglicherweise für längere Zeit zu verlassen, wäre es vielleicht geraten, deinem Anwalt entsprechende Weisungen zu erteilen und dir vor allem ein gewisses unmittelbares Verfügungsrecht über deine angelegten Gelder zu sichern.«
»Dir!« bestimmte Mrs. Lee rasch und mit Nachdruck, »Du weißt ja, daß ich von solchen Dingen nichts verstehe.«
Schon gegen fünf Uhr war er wieder in seiner Wohnung, und eine halbe Stunde später empfing er einen grobknochigen älteren Gentleman, der in der Dunkelheit über den Hof gekommen war.
»Ich hätte ein Geschäft für Sie«, begann er ohne weitere Umschweife. »Wenn Sie sich genau an meine Weisungen halten, ist es völlig ungefährlich, trägt aber zwanzig Pfund ein. Allerdings müssen Sie dabei einen verläßlichen Gehilfen haben.«
»Schießen Sie los, Sir«, drängte der Mann erwartungsvoll, und Bayford sagte, was vorläufig zu sagen war.
»Es handelt sich um ein Mädchen in Stratford, das Sie hierherzubringen haben. Sie wird nicht gerade freiwillig gehen, und Sie müssen es sehr geschickt und flink anfangen, aber ich habe mir sagen lassen, daß Sie in solchen Dingen Erfahrung besitzen. Natürlich brauchen Sie ein geeignetes Auto. Die Auslagen bekommen Sie selbstverständlich besonders ersetzt. – In einer halben Stunde kann alles erledigt sein.«
»Aber ich kann dann vielleicht zehn Jahre an die Geschichte glauben«, knurrte der Knochige wenig begeistert zurück. »Ich kenne die Gesetze. Und dem Kameraden muß ich ja auch einen Teil abgeben. – Unter vierzig Pfund wird es also nicht zu machen sein.«
»Dreißig«, erwiderte Bayford mit einer Bestimmtheit, die verriet, daß dies sein letztes Wort war, und der andere gab sich mit einem verdrießlichen Brummen zufrieden.
»Also morgen abend, pünktlich acht Uhr, in dem kleinen Restaurant gegenüber der Stratford Station. Ihr Begleiter soll mit dem Wagen in einiger Entfernung halten, und wenn wir fertig sind, können Sie das Weitere mit ihm verabreden.«
Bayford hing in der nächsten Stunde so angenehmen Träumereien nach, daß ihn der vereinbarte neuerliche Anruf Grubbs völlig überraschte.
Die Stimme des ›Mächtigen‹ klang diesmal weit weniger gelassen als am Morgen, obwohl er sich nur auf wenige Worte beschränkte.
»Ich habe mit Ihnen zu sprechen. Erwarten Sie mich in einer Stunde beim Middlesex-Hospital, Nordtrakt. Halten Sie sich dicht am Rande des Gehsteiges bereit, ich werde Sie im Vorüberfahren in meinen Wagen aufnehmen.«
Es verlief alles genau nach Verabredung, denn Bayford war ein sehr gewandter Mann, und in demselben Augenblick, in dem die unscheinbare Taxe ihn fast streifte, schwang er sich auch schon durch den aufklappenden Schlag neben den Führersitz.
Sekundenlang stutzte er betreten, denn er blickte in ein unbekanntes, bärtiges Gesicht, aber Mr. Grubb ließ ein leises Lachen hören.
»Eine gute Maske, nicht wahr?« meinte er. »Auch mein Wagen hat sich sehr verändert, seitdem ich von zu Hause abgefahren bin. Das heißt, mein Auto fährt eben jetzt mit einem Mann, der mir zum Verwechseln ähnlich sieht, gemächlich über den Piccadilly-Circus. – Solche Kleinigkeiten können von großer Wichtigkeit sein, besonders . . .«
Er sprach nicht aus, sondern lenkte den Wagen vorsichtig in eine Seitengasse und nahm die Unterhaltung erst nach einer Weile wieder auf.
»Ich habe Sie bemüht, weil ich einige Fragen an Sie stellen wollte. – Zunächst: Wissen Sie vielleicht etwas Näheres über Oberst Passmore?«
»Leider nicht«, erklärte Bayford mit einigem Unbehagen. »Ich habe ihn bloß einmal flüchtig gesehen und ein zweites Mal ebenso flüchtig gesprochen.«
»Und welchen Eindruck haben Sie von ihm?«
Der Herr mit dem Monokel dachte einige Sekunden nach, bevor er sein Urteil abgab. »Den eines Abenteurers gefährlichster Sorte . . .«
». . . gefährlichster Sorte«, wiederholte Grubb mit eigenartigem Nachdruck. »Damit mögen Sie recht haben. – Ich muß Ihnen nämlich gestehen, daß er uns bereits eine empfindliche Schlappe beigebracht hat. Wir versuchten heute dreimal, ihn zu erledigen, aber jeder der Anschläge mißlang. – Dafür sind fünf unserer besten Leute spurlos verschwunden.«
Diese Neuigkeiten waren danach angetan, auch Bayford einigermaßen bedenklich zu stimmen.
»Wie erklären Sie sich das?« forschte er besorgt, erhielt, aber eine ausweichende Antwort.
»Ich werde zunächst die betreffende Gegend und alle Polizeistationen absuchen lassen, zweifle jedoch, daß dies von Erfolg sein wird. Es muß etwas Besonderes geschehen sein, und ich weiß nun, daß wir mit dem Mann kein leichtes Spiel haben werden. Aber ich werde mein möglichstes tun. Nur wird es vielleicht gut sein, vorerst die andere Sache mit Ihrem Teilhaber zu erledigen, um in den Besitz der Karte zu gelangen. Davon hängt ja schließlich alles Weitere ab. – Sie wollten mir übrigens noch einige wichtige Andeutungen machen.«
»Ja, wegen des Schreibtisches.« Die Stimme Bayfords klang etwas gepreßt, aber er war ganz bei der Sache und begann umständlich den Mechanismus zu erklären.
Grubb hörte eine Weile höflich zu, dann winkte er mit der Linken leicht ab. »Ich weiß davon. – Eine jener Spielereien, die keinen Wert haben. Ich habe heute während der Mittagspause den Tisch von einem Fachmann in Augenschein nehmen lassen. Wenn man das Möbelstück auch nur um einen halben Zoll verrückt, wird es aus dem elektrischen Kontakt gehoben und ist völlig gefahrlos zu behandeln. Pflegt unser Mann die Abende außer Haus zu verbringen?«
»Nein, nur wenn ich ihn dazu auffordere. Er ist sehr ungesellig und sitzt am liebsten daheim, trinkt eine Unmenge von Whisky und raucht dazu eine Zigarre nach der andern.«
»Seine Wohnung stößt an das Kontor?«
»Ja. Er hat daneben zwei Räume, deren letzter als Schlafzimmer dient.«
Die Wißbegierde des ›Mächtigen‹ schien damit befriedigt, denn er widmete sich plötzlich ausschließlich seinem Wagen, den er kreuz und quer durch die Gassen steuerte.
Bayford empfand dieses Schweigen als höchst bedrückend; die Unterredung hatte überhaupt seine Zuversicht arg herabgestimmt. Er glaubte an seinem neuen Bundesgenossen mit einemmal eine gewisse Unsicherheit zu bemerken, die sich unwillkürlich auch auf ihn übertrug und ihm schließlich eine ängstliche Frage auf die Lippen drängte.
»Glauben Sie, daß die heutigen Vorgänge, die Sie erwähnten, irgendwelche unliebsamen Folgen haben können?«
»Das wird sich ja bald zeigen.« Grubb sprach wieder in seiner kühlen, überlegenen Art, die auf Bayford bei der ersten Begegnung einen so bezwingenden Eindruck gemacht hatte. »Jedenfalls muß man darauf vorbereitet sein. – Aber wollen Sie sich deshalb nicht weiter beunruhigen. Ich kann mir denken, daß Ihnen das Schicksal der armen Mrs. Smith ohnehin genug Aufregung verursacht haben dürfte . . .«
Die letzten Worte trafen den Herrn mit dem Monokel so unvorbereitet, daß er ihren Sinn nicht sofort zu fassen vermochte; er empfand nur ein gewisses Unbehagen, daß der ›Mächtige‹ auch über diese seine Beziehungen unterrichtet schien.
Es stand für ihn fest, daß Polly Smith nicht gestorben war, wie man eben normalerweise stirbt. Er dachte unwillkürlich an die Drohungen, mit denen man ihn und Ferguson zu schrecken versucht hatte, und an den letzten Abend in der Gesellschaft der erregten Frau und an alles, was sie ihm anvertraut hatte . . .
Und es kam ihm zum Bewußtsein, daß Mr. Smith nun nicht nur ein Erbe von siebenunddreißigtausend Pfund besaß, sondern ein noch weit reicherer Mann war . . .
»Sie kennen jedenfalls auch Mr. Smith«, sagte gerade in diesem Augenblick Grubb so ganz nebenbei. »Ein fanatischer Musiker, wie ich gehört habe, und auch sonst ein etwas seltsamer Herr. – Aber wir sind in der Nähe Ihrer Wohnung, und es wird gut sein, daß wir uns hier trennen. Morgen hören Sie wieder von mir . . .«
Der ›Mächtige‹ verlangsamte die Fahrt, und als sie durch eine stockdunkle Gasse kamen, sprang Bayford elastisch und lautlos auf das Pflaster.
Er war noch immer etwas benommen und stand einen Augenblick unschlüssig; dann wandte er sich nach rechts, von wo ein fahler gelber Lichtstreifen durch den hereinfallenden abendlichen Nebel schimmerte.
Er hatte ungefähr fünfzig Schritte zu gehen, aber knapp vor dem Ziel hielt er mit einem jähem Ruck inne und starrte mit verzerrtem Gesicht zu Boden: Von den dunklen, nassen Steinen hob sich, riesengroß und wie von Geisterhand hingeworfen, scharf und grell das verdammte Zeichen ab. Und zum erstenmal kam über Bayford bei diesem Anblick ein Angstgefühl, das ihn in förmlicher Flucht weitertrieb.