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Siebenzehntes Kapitel

Worin während des festlichen Sympaians, der großen musikalisch-dramatischen Improvisation des Zeitalters, jenes Unglück geschieht, das in seinen Folgen zum Wendepunkt der astromentalen Geschichte wird.

 

Zu Anfang dieses Kapitels, das in einem Schauspielhaus beginnt und mit einer Tragödie endet, muß ich rückhaltlos bekennen, daß ich mich wohler fühlte als je. Daß ich mich wohl fühlte kam daher, daß ich mich rein fühlte und mehr als das, prächtig gewaschen, rasiert und ausgebügelt. Ich befand mich nun ungefähr dreißig Stunden wieder auf der Welt, nachdem man mich aus meiner langen Absenz hervorgeholt hatte, wo ich gut eingemottet in den Garderoben der Unsichtbarkeit vorhanden gewesen wie alle meinesgleichen. Obwohl ich während dieser Stunden nicht viel Gelegenheit gehabt hatte, mich zu beschmutzen, durchdrang mich doch immer wieder das peinliche Bewußtsein meiner zerknitterten Wäsche und Kleidung. Dieses Bewußtsein ging so weit, daß ich B.H. heimlich fragte, ob es für mich nicht möglich und tunlich sei, beim festlichen Sympaian in der üblichen Schleierraffung wie alle anderen Mentalen zu erscheinen. Ausgeschlossen, erwiderte B.H. schnell und strikt. Mein Frack mache ja weit größeren Effekt als ich selbst. Ohne dieses »echte und wunderliche Altertum« an meinem Körper würde ich nicht viel anders ausschauen als ein gewöhnlicher Mensch, der das Pech habe, ziemlich behaart und barbierbedürftig zu sein. Im übrigen, fuhr B.H. mit gesenkter Stimme fort, nachdem er sich umgesehn hatte, sei das kosmetische Pech, behaart zu sein, viel weiter verbreitet als man ahne; sogar unter den jüngsten und schönsten Bräuten gebe es einige, welche die dichtesten Blond- oder Schwarzlocken unter ihren Helmhauben versteckten. B.H. wies schließlich darauf hin, daß er selbst um meinetwillen in der Verkleidung eines prähistorischen Feldsoldaten umherlaufe. Das war ein schlagendes Argument, dem ich nichts entgegenhalten konnte. Dennoch seufzte ich aber, daß ich gewöhnt sei, am Abend vor Besuch eines Festes meine Wäsche und meine Kleidung zu wechseln. B.H. lachte von ganzem Herzen.

Hab ich wirklich vergessen, dir zu helfen, du Ärmster? Man stellt sich einfach unter die Phosphordusche, das ist alles. Gesagt, getan. Die trockene Dusche gab mir nicht nur das langentbehrte Gefühl köstlichster Reingewaschenheit, Frottiertheit und Rasiertheit zurück, sondern hatte auch mein Hemd im Nu gewaschen, geplättet und gesteift und meinen Schwalbenschwanz in jenen untadeligen Zustand zurückverwandelt, in welchem er mir von meinem Wiener Schneider frisch ins Haus geliefert worden war. Muß ich noch hinzufügen, daß die erwähnte Reinigungsart nicht nur Körper und Gewand, sondern auch Seele und Geist aufs wohltätigste auffrischte, und zwar im Handumdrehen? Als wir nach einer späten, aber ähnlich gehaltvollen Mahlzeit wie gestern zum Festorte aufbrachen, diesmal mit dem jungen Paar an unserer Spitze, da war mein Herz voll ungezügelter Neugier, als hätte ich heute nicht schon dem Park des Arbeiters meinen Besuch abgestattet, einen gründlichen Exorzismus überstanden, mit König Saul und seinem Sohn diskutiert, im Grauen Neutrum kometengeturnt, auf dem Mare Plumbinum Merkurs gehüpft wie ein Gummiball, auf Jupiters rotem Ödmoor gelastet wie ein Nilpferd, im Innenraum eines Monals herumgefuhrwerkt, die Lamaserien der Sternwanderer, Verwunderer und Fremdfühler durcheilt, vom Hochschwebenden die Gestalt des Weltalls und den wichtigsten Augenblick meines Lebens in Erfahrung gebracht, den Dschungel von außen betrachtet, den Exodus der Katzen und den Hühnermord miterlebt – keine ganz mittelmäßige Leistung für einen einzigen Tag. Ich dachte daran, wie müde mich die ersten Stunden meines neuen Lebens gestern gemacht hatten, nachdem ich mich vorher einige Weltalter lang hatte ausschlafen dürfen, und wie wach und unternehmungslustig ich mich jetzt fühlte, unbeschadet der schlaflosen Nacht gestern. Der alte Bummler war in mir nicht zugrunde gegangen.

Daß ich mich in einem großen Theater fand, das ein richtiges Theater war, wunderte mich ebensowenig, wie mich heute mittags das richtige Schulzimmer der Knabenklasse im Djebel verwundert hatte. Das innere Gesetz mancher Erscheinungen läßt nur geringe Varianten ihrer äußeren Form zu. Das Theater des Sympaian war, wenn ich mich nicht sehr täusche, eines der vielen öffentlichen Institute und Staatsgebäude, welche die riesige zentrale Plaza oder das Geodrom dadurch bildeten, daß sie es umringten. Gebäude ist, wie man mit Recht einwenden wird, ein ungenauer Ausdruck. Oberhalb der Erde bezeichnete nur eine große, leere, hochgewölbte und gewissermaßen unfertige Halle – man erinnere sich an das Wort Schattenarchitektur – die Örtlichkeit und ihren Zweck. Ich kann heute nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob diese sonderbar leere, hohle Eingangshalle ein Dach gehabt habe, oder ob die dichtgesäten Sterne oben hereinschauten. Daß dieses Opernhaus, man verzeihe diesen altmodischen Begriff, sehr tief unter der Erde lag, muß nicht eigens erwähnt werden. Es bestand, wie ich durch das Wort »Theater« schon angedeutet habe, aus Zuschauerraum, Orchester und Bühne.

Der Zuschauerraum stieg amphitheatralisch empor und war ähnlich wie die Ränge im alten Zirkus in lauter Logen eingeteilt. Diese sehr geräumigen Logen wurden durch niedre Scheidewände gebildet, die sie von den Nachbarlogen zur Rechten und zur Linken abtrennten. Unsere Fauteuils ersetzten breite, hochgestützte Ruhelager, die sechs Personen nebeneinander bequemen Raum gewährten. Nach hinten wuchsen diese Logen in guter Überhöhung zur Galerie, so daß die Sicht aufs beste gewahrt blieb, wobei sich später herausstellen wird, daß gute Sicht und gute Akustik nicht die erste Forderung des modernen Theaters waren. Jede Loge umschloß drei Ruhelager stufenweise hintereinander, bot demnach achtzehn Personen Raum. Da aber, wie wir schon wissen, der heutige Sympaian den hundert vorzüglichsten Brautpaaren des Arrondissements gewidmet war, so war die erste Reihe des vordersten Logengürtels im Amphitheater freigelassen, so daß jedes der Brautpaare auf einem eigenen Ruhelager sich's bequem machen konnte, einem Lager, das mit den wunderbarsten Schleiergeweben, Kissen und Decken in matten oder changeanten Modefarben geschmückt und außerdem von ganzen Lasten der rostroten Strauchrosen überschüttet war. Die herrlichen Bräute in ihren taubengrauen, ins Bläuliche spielenden Schleiern, durch welche das verwischte Elfenbein der Nacktheit durchschimmerte, daneben die Jünglinge in enganliegendem Schwarz und mit schimmernden Goldhelmen, alle diese lässig im Festeslicht hingestreckten Gestalten, die sich feierlich an den Händen hielten, sie bildeten vergleichsweise eine Halbkette von Juwelen, die anzustaunen schon eine kleine Reisestrapaze wert war. Dennoch will ich nicht so weit gehen in der Bewunderung des Fremden und Zukünftigen, um nicht anzuerkennen, daß zum Beispiel ein Theatre Paré in der Wiener Hofoper, oder das Scalatheater in Mailand während der Uraufführung von Puccinis posthumer Turandot um nichts weniger glanzvoll gewesen ist als dieser Sympaian hier und jetzt, einige Äonen später.

Wie immer dies auch sein mag, im Hause des Sympaians versammelte sich die Creme der astromentalen Gesellschaft. Habe ich recht gehört? Ertönt hinter meinem Rücken das Wort »Demokratie« in fragend klagendem Ton? Nun, da gibt's wirklich nichts zu drehen und zu deuteln, ich meine an meinen hundert Edelbräuten und Fiancés. Ebensowenig aber gibt es zu drehen und zu deuteln an der schon mehrfach festgestellten Tatsache, daß wir hier nicht nur in einer vollkommenen Demokratie, sondern in der idealsten Form des Kommunismus leben. Doch gerade dadurch, daß vor undenklichen Jahrtausenden die Demokratie zur Selbstverständlichkeit geworden war, hatte sie aufgehört zu bestehen. Sie gehörte nämlich zu jenen Relativismen des Lebens, die durch Verwirklichung aufgehoben werden. Solange die gerechte Forderung nach materieller und potentieller Gleichheit jedes Erdenbürgers noch nicht erfüllt war, konnten die Politiker und Journalisten davon leben, daß sie diese gerechte Forderung erhoben. Als sie aber nach zahllosen Kämpfen, Siegen und Niederlagen endlich triumphierte, da traten die tieferen Ungleichheiten des Lebens, als es die materiellen sind, in den Vordergrund: die Ungleichheiten der Schönheit, der Kraft, des Willens, des Charakters, der Idiotie, des Zynismus, der Indolenz, der Schlauheit, des Talents, der Geistesschärfe, all das, wofür man nur Gott und Natur, aber keine herrschende Partei oder Klasse verantwortlich machen konnte. Ich möchte aber durch diesen meinen Report aus ferner Zukunft keine Panik unter unseren Politikern hervorrufen, die leicht auf die schädliche Idee kommen könnten, daß die einzige Hoffnung für ihr Gewerbe in der heimlichen Schonung der materiellen und potentiellen Ungleichheit liegt.

Es dürfte demnach kein Zweifel darüber herrschen, daß sich das Theater mit dem füllte, was man einst in Frankreich die »zweihundert Familien« nannte, samt dem Anhang der dazu gehörte, als da waren Wortführer, Hausweise, Beständige Gäste, wozu ich noch die bisher nicht vermeldeten »Leibesgärtner« oder »Rekreatoren« hinzufügen muß, das sind Hygieniker oder wenn man will Leibärzte, die sich einige der ganz großen Häuser leisteten. (Die medizinische Praxis des Zeitalters bestand freilich zum größeren Teil aus Vorbeugung und zum kleineren Teil aus Heilkunst, da ja die Krankheiten beinahe auf einen symbolischen Rest zusammengeschmolzen waren.) Auch die athletischen Stutzer, Gigerln, Gecken erkannte ich wieder, obwohl sie nicht in leuchtender Nacktheit, sondern in Festgewändern erschienen waren.

Ich wiederhole, es war die schöne, die große Welt, die sich im Theater versammelte, mit welchen Worten ich aber keineswegs behaupten will, daß es eine bessere Welt gewesen ist als jede andre »gute Gesellschaft« im Laufe der Geschichte. Ich hatte, wie man sieht, schon einen Blick für die sozialen Unterschiede bekommen, die soviel verwischter und differenzierter sich darboten, als die plumpen Gegensätze meiner eigenen Zeit. Bei der Aufzählung meines Publikums darf ich keinesfalls der Mutarianer vergessen, jener wunderlich wunderbaren Brüderschaft, die durch einen heiligen Willensakt blind und taub geworden waren, um den Menschen an den großen Wendepunkten ihres Lebens selbstloser dienen zu können. Jedes Brautpaar hatte seinen Mutarianer neben sich wie das unsrige Io-Fra. (Ich hätte fast geschrieben Fra Angelico.) Dieser lag mit einem mir unvergeßlichen, versunkenen Lächeln auf dem Gesicht zu Füßen Io-Dos und Io-Las, immer bereit aufzuspringen, um etwas zu suchen, Botengänge zu machen, jemanden herbeizurufen oder auch nur mit seinem inneren Gehör unausgesprochene Wünsche zu erlauschen. Der größte Teil des Publikums stand noch auf den Füßen und reckte sich die Hälse aus, um den Kranz der Brautpaare zu bewundern. Der Sympaian heute abend war der Höhepunkt der Saison. Über Schmuck, Pelze und Kleider hatten die Damen freilich wenig Gesprächsstoff, war doch die Gewandung trotz verschiedener Nuancen ziemlich uniform. Ich bin aber bereit, letztere Bemerkung sofort zurückzuziehen, da sie teils auf meiner Unkenntnis der astromentalen Mode und ihrem Raffinement, teils auf meinem Astigmatismus beruhn mag. Es gehörte ferner zum Brauche dieses Abends, daß jeder Bräutigam mit dem werkzeuglichen Abzeichen seiner Lieblingsbeschäftigung erschien.

Da die wirkliche Arbeit der fernsten Vergangenheit und Vergessenheit angehörte, und selbst Erdgrabungen, Maurer- und Zimmermannswerk mental und ohne Zutun menschlicher Hände erfolgten, so war es nur zu verständlich, daß Dilettantismus und Spleen aller Arten an Stelle der einstigen, blutigernsten Mühe getreten war. Die Idee des zwecklosen Spiels beherrschte, wie schon bekannt, die Zeit. Selbst der höchsten Ausprägung des astromentalen Geistes, der Chronosophie im Djebel war der Gedanke der Nützlichkeit oder Verwertbarkeit von Ergebnissen völlig fremd. Wahrhaftig, die Menschen taten es den Göttern gleich. Was aber ist der Lebenszweck der Götter anderes, als der vollkommene Genuß ihrer selbst? Die werkzeuglichen Symbole, welche die Freier zum Erweise ihrer Spielfreudigkeit mitgebracht hatten, waren von der verschiedensten Art. Einer hielt eine sehr große Gitarre in der Hand, ein Instrument übrigens ohne Saiten. Dadurch gab der junge Bräutigam der Welt zu verstehen, daß er sich mit einer ganz bestimmten Sorte von Musik befasse. Von Malern, die mit leerer Palette, Malstock und unbenutzten Buketts von Pinseln erschienen waren, gab es unter den Verlobten keine geringe Zahl, mehr zum Beispiel als Bildhauer oder gar Architekten (letztere mit Riesenzirkeln und Dreiecken), war von den drei bildenden Künsten die Malerei doch die zweckfreieste und nutzfremdeste. Ich hatte den Eindruck, daß ein Drittel der Freier irgendeine der Künste zur Beschäftigung erwählt hatte. Unter den anderen fanden sich erstaunliche Liebhabereien. Einer war mit Gießkanne, Spaten und Rechen erschienen, er hatte seinen Garten von der zentralen Bewirtschaftung abgehängt und pflegte ihn selbst. Ein anderer zeigte ein altmodisches Spinnrad. Wer wußte noch, daß dieses antike Werkzeug in die Hand von Frauen gehörte? Ein dritter hatte eine Art von Schellenbaum vor sich stehen, auf dem winzige Pergamentrollen hingen. Es war das Sinnbild der philologischen Verspieltheit. Eines vierten Hand umklammerte ein Billardqueue, als sei es eine Lanze. Ich verstehe noch immer nicht, daß es mir nicht deutlicher auffiel und meinen Verdacht erregte, daß sich neben Io-Do mindestens fünfzehn wenn nicht mehr Waffensammler unter den Freiern fanden. Unser Bräutigam hatte den plumpen Trommelrevolver, jenen wildwestlichen Schießprügel aus dem neunzehnten Jahrhundert, der mir gestern ins Auge gestochen hatte, an einem Riemen um die Schulter gehängt. Er war besonders stolz auf dieses Stück, viel stolzer natürlich als auf seine unscheinbaren »Fernsubstanz«- oder »Fernschattenzertrümmerer«. Die Runde der hundert Brautpaare war durch ein eigenes warmes Licht aus dem übrigen Zuschauerraum hervorgehoben, der seinerseits in ein angenehmes Dämmer gehüllt war. Huldigend stand alles der vornehmen Jugendblüte zugekehrt. Man konnte sich nicht sattsehen. Die weiten taubengrauen Schleiergewänder, welche die leuchtenden Mädchenkörper verrieten, die schwarzen Festgewänder der Jünglinge, ihre goldenen Helme, die unruhig aufblitzten, die schmalen, ebenholzschwarzen Haubenhelme der Bräute, die den Gesichtern eine strahlende Helligkeit verliehn, Halsketten und Ohrgehänge, Arm- und Fußringe aus großen blassen Steinen, die Grazie des leicht manirierten Gebärdenspiels, das silbern zwitschernde Stimmengewirre, all das schneite über mich nieder wie ein seliges Flockengestöber, und es war mir, als sei ich selbst jung und gehöre in ihre Reihe und entstamme nicht unermeßlich fernen Räumen und Zeiten.

Man hatte mir den Ehrenplatz dicht hinter unserm Paare angewiesen. Ich sollte mich zwischen B.H. und dem Brautvater Io-Fagòr niederlassen, während die Eckplätze des breiten Lagers für die Brautmutter Io-Rasa und die Ahnfrau GR3 reserviert waren. Daß man B.H. neben mich postiert hatte, war eine besondere Aufmerksamkeit des Bräutigamvaters Io-Solip, der auf den ihm gebührenden Platz verzichtete, damit ich meinen Vergil dicht bei mir habe. Der liebe Herr Io-Solip begnügte sich mit der Ruhebank hinter uns, welche er mit den drei Junggesellen teilte. Ich darf nicht verschweigen, daß eine kleine Friktion zu meinem Wohlgefühl nicht unwesentlich beitrug. Vorhin, als alle Brautpaare und somit auch unseres, gleichzeitig ihre Logen betraten und der stürmische Empfangsapplaus verebbt war, hatte Lala sich mit suchenden Augen umgedreht. Ich wußte: sie suchte mich. Da sah sie mich auch schon und lächelte überaus gnädig und zwinkerte mir sogar ein bißchen zu, eingedenk unseres Freitanzes am heutigen Morgen. Meine Nerven reagierten in einer kindischen Weise, die ich ihnen nicht mehr zugetraut hätte, wahrhaftig, ich zuckte vor Erregung zusammen wie ein Zwanzigjähriger, der ich vielleicht nach astromentalem Zeitmaß beinahe wieder geworden war. Genau wie ein Zwanzigjähriger fühlte ich mich auch bemüßigt, meinem Glücksgefühl irgendeinen versteckten Ausdruck zu verleihen. So erfand ich denn ein Verschen und flüsterte es B.H. ins Ohr:

Ein Frauengruß kann für den ganzen Tag
Ein Herz, das schon verzichtet, blühen machen ...

»Wer hat das Ghasel geschrieben, das mit diesen Versen beginnt«, fragte ich heuchlerisch, »welcher von den persischen Trunkenbolden, Hafis, Firdusi oder Omar Kayam? Ich hab's vergessen, du aber, mein Freund, wirst es erkennen, wie du den Kaiser Hadrian erkannt hast.«

»O Gott, F.W.«, schüttelte B.H. den Kopf, »kannst du dich nicht endlich von all diesen infantilen Dingen befreien, jetzt, wo du zum erstenmal einen Sympaian erleben sollst ...«

»Sympaian, ach ja, natürlich«, nahm ich mich zusammen, »ich freue mich ja so darauf. Welches Stück werden wir zu sehen bekommen?«

»Vielleicht wird jeder von uns ein anderes Stück zu sehen bekommen«, bemerkte B.H. ungenau, dann wandte er sich mit einer kleinen Kopfneigung an den Wortführer hinter uns: »Ich will aber Ihren Erklärungen nicht vorgreifen ...«

»Der Sympaian«, holte der schöne Älteste geschmeichelt aus, »der Sympaian ist ein Gesamtkunstwerk ...«

»Gesamtkunstwerk«, unterbrach ich ihn erschrocken, »dieses Wort habe ich früher schon gehört. Auch das Gesamtkunstwerk selbst, so kommt es mir jetzt vor, hab ich früher schon gehört. Es dauert meist fünf Stunden. Dampf steigt aus der Tiefe und herrliche Musik, die nicht beginnt und nicht endet, und der bärtige Sänger im Wolfspelz wechselt nervös seinen langen Speer von einer Hand in die andere ...«

B.H. legte den Zeigefinger leicht an die Lippen. Es zeugte von der schlechtesten Erziehung, einem Wortführer gleich in den ersten Satz seiner Causerie hereinzufahren. Dieser jedoch ließ sich nicht beirren:

»Sympaian ist ein Gesamtkunstwerk«, begann er von neuem, »zu dessen Schöpfung sich ein Dichter, ein Musiker und ein Publikum kooperativ zusammentun ...«

Ich muß so betroffen dreingesehen haben, daß Io-Fagòr mir hilfreich zulächelte, während er sagte:

»Wir wollen Seigneur nicht durch eine lange Causerie über den modernen Sympaian ermüden. Er möge ruhig die Fragen stellen, die ihm auf den Lippen brennen. Die Angelegenheit schlägt ja in sein eigenes Fach.«

Mir tat der Wortführer leid, dem immer wieder sein berufliches Recht zur Causerie entzogen wurde. Dennoch machte ich von Io-Fagòrs Anerbieten raschen Gebrauch und fragte:

»Ich verstehe nicht, wieso das Publikum als Mitautor des Gesamtkunstwerkes genannt wird? Führt man denn nicht ein längst geschriebenes und komponiertes Stück auf, das entweder seinen Erfolg schon errungen hat oder, wenn es eine Novität ist, heute abend zu erringen haben wird?«

Alle sahen einander mit nachsichtigem Lächeln an.

»Aber F.W.«, sprach der Wiedergeborene milde zu mir, wie zu einem Kinde, »die Zeiten sind längst vorüber, wo man dem Publikum versteinte Kuchen servieren durfte.«

Hier mischte sich GR3 mit ihrem klangvollen aber äquivoken Kontra-Alt ins Gespräch: »Ich erinnere mich noch sehr gut an jene versteinten Kuchen. Sie schmeckten mir besser als die heutigen Sympaians.«

»Ich bin kein Barbar, Madame«, sagte Io-Fagòr, »ich weiß, daß die frühere, elaborierte Methode manches für sich hatte. Vergessen Sie aber nicht, daß die Schwierigkeiten, die man den alten Dichtern in den Weg legte, das Maß erlaubter Künstlichkeit überschritten. Jeder Vers mußte einundzwanzig Silben enthalten und sich dreimal reimen, am Anfang, in der Mitte und am Ende. Zehn Jahre schwerer Arbeit waren nötig, um unter solchen Bedingungen ein Stück zu vollenden ...«

Hier gelang es dem klassizistischen Wortführer, sich wieder zur Geltung zu bringen: »Diese erhabene Künstlichkeit, o mein Hausvater«, sagte er, »war doch nur die Folge des scham- und zügellosen Realismus vorher, der vom Dichter, der einen Beinbruch schildern wollte, die amtlich gestempelte Bestätigung forderte, daß er sich selbst ein Bein gebrochen habe.«

»Sie haben recht, mein Freund«, nickte Io-Fagòr gnädig, »schließlich aber war es langweilig, immer wieder zu beobachten, wie in den Künsten die Schule A auf die Schule B und die Schule B auf die Schule A folgt.«

»Was verstehst du, teuerer Mann, unter der Schule A und der Schule B«, lachte Io-Rasa, und es schien, sie wollte ihrem Gatten zu einem kleinen Erfolge verhelfen. Io-Fagòr antwortete mit einer Maxime, die er merklichermaßen für solche Gelegenheiten bereit hielt. Ich nahm's ihm nicht übel, ich kenne Künstler und Schriftsteller, die dasselbe tun. Er sagte:

»Die Seichtigkeit der Schule A ist so tief, daß sie sich vergebens verständlich zu machen sucht, und die Tiefe der Schule B ist so seicht, daß sie sich vergebens unverständlich zu machen sucht.«

»Bravo, Compère«, applaudierte ich höflich, obgleich ich solche antithetische Wortspiele nicht besonders schätzte. »Bereits wir Barbaren haben diese beiden Schulen gekannt, die einander regelmäßig ablösten. Wir nannten den Gegensatz von Schule A und B naturalistisch und symbolistisch. Manchmal aber vermischten Schule A und B die Fehler beider Stile, dann entstand ein säuisches Getümmel, das sich futuristisch, expressionistisch, surrealistisch nannte oder auch anders ...«

Die Gesellschaft sah mich verständnislos an. Was sollte sie auch mit derlei hochtrabenden Bezeichnungen anfangen?

»Meine Verehrten«, nahm ich wieder das Wort, »was mich bestürzt, ist nicht die Stilfrage, sondern die Methode, die nackte Methode. Sie sagen also, der Sympaian, dessen Aufführung bevorsteht, sei in diesem Augenblick noch nicht gedichtet und noch nicht komponiert. Die Leute dort hinter dem Bühnenvorhang besitzen keine Textbücher und keine Noten, es ist keine Partitur vorhanden für den Dirigenten, noch sind Stimmen für die Musiker im Orchester.«

»Du hast mit andern Gehirnen zu rechnen, mein Lieber«, mahnte B.H., »mit Gehirnen, die sehr vieles gleichzeitig neben- und untereinander denken und träumen können, was man früher nur mühselig nacheinander denken konnte.«

»Das weiß ich genau, B.H.«, versetzte ich ziemlich gedäftet, »und ich fürchte schon die ganze Zeit, daß ich nicht werde mitkommen können.«

»Zweifeln Sie nicht, Seigneur«, ermunterte mich Io-Fagòr, der feinfühligste Mann, der mir diesseits und jenseits des Grabes begegnet war, »die Methode, nach der Sie fragen, ist die einfachste Sache von der Welt. Man ist nämlich schon vor ziemlich langer Zeit darauf gekommen, daß die schöpferischen Geister einem ganz ausgekochten Schwindelsystem huldigen. Die großen Kunstwerke der Vergangenheit sind weniger Früchte der echten Inspiration als des kritischen Verstandes. Jene mächtigen Künstler, deren Namen noch immer in den Archiven aufbewahrt werden, haben ihre Worte und Töne hunderte Male hin und her gedreht, ausgestrichen, verändert, neugeschrieben und in den ätzendsten Säuren des Intellekts gebadet, ehe sie das Publikum erreichten ...«

»Das ist mehr als wahr, Compère«, bezeugte ich. »Die Edleren taten es unter Qualen, um die Schwächen ihres Werkes zu vermindern, und die Unedleren taten es mit kalter Berechnung, um die Erfolgschancen ihres Werkes zu mehren. Dazwischen aber gab's die ›Literatur‹, die ›Avantgarde‹, die ›Bohème‹, die zumeist aus schwer erziehbaren Jugendlichen bestand, welche durch ein traurig physiologisches Wunder sofort nach der Geschlechtsreife dem Greisentum verfielen ...«

»Was bedeutet dieses komische Wort ›Bohème‹?« fragte man mich.

»Gleichnisweise, meine Herrschaften, verstand man darunter bestimmte Dschungelexistenzen aus den Anfängen der Menschheit, die in Cafés, Bars, Ateliers, Filmstudios, Zeitungsredaktionen und ähnlichen Plätzen ihr gespenstisches Wesen trieben. Sie bildeten einen arroganten Klüngel quer durch alle Unterstädte unserer Welt. Sie malten und dichteten aus dem verzehrenden Ehrgeiz, einander im Absurden zu überflügeln. (Dieses Absurde war übrigens jeder Verkleidung fähig. Heute paradierte es als schwärmerischer Wahnsinn, morgen als frech vernünftelnde Sachlichkeit, übermorgen als grinsend idealer Klassizismus.) In dem Augenblick aber, wo einer den ersehnten Vorsprung gewonnen hatte, blieb er genau um diesen Vorsprung hinter den andern zurück. Denn die Bohème war dem Prinzip des Ringelspiels unterworfen, bei welchem jedes Voraus sofort zum Hintennach wird.«

»Auch in unserm Dschungel herrscht das Ringelspiel«, bemerkte der Hausweise düster.

Ich aber schloß meinen historischen Exkurs mit folgenden Worten:

»Im Anfang entsprach der diabolische Machtwille des Politikers genau der diabolischen Hoffart des Künstlers.«

»Wie gut, daß Sie diese beiden Worte gebrauchen, Seigneur«, freute sich Io-Fagòr, »Machtwille und Hoffart. Unsere Konstitution hat durch die Erhebung des Seleniazusen den Machtwillen gebändigt. So bändigt sie auch die Überheblichkeit und den Geltungswillen des Künstlers, indem sie ihn einzig und allein auf die Inspiration verpflichtet und ihm die Waffe des kritischen Verstandes entwindet. Wir wollen die reine Nahrung empfangen, die ungetrübte Divination, den göttlichen Einfall selbst, ohne alle Zumischungen und Arrangements des Ehrgeizes.«

»Wie aber ist das möglich?« fragte ich.

Auf einen Augenwink Io-Fagòrs übernahm B.H. das Amt des Erklärers:

»Du mußt wissen, daß die Dichter und Musiker des Sympaians nicht minder ausgesucht und ausgesiebt werden als die elf Seleniazusen der engeren Wahl. Es werden zu diesen Ämtern nur geprüfte und erprobte Inspirierte zugelassen, von denen es noch viel weniger gibt als echte Mondgeweihte. Die zuständige Kommission erkennt an gewissen Zeichen und Eigenschaften unfehlbar den geborenen Improvisator. Dieser zum Beispiel möchte sich am liebsten jedesmal vor einer Improvisation drücken, er schämt sich ihrer nachher so schrecklich, daß er sich meist verkriecht. Über nichts ist er glücklicher, als wenn sein Werk sofort in Vergessenheit gerät, ohne für die Nachkommenschaft aufgezeichnet zu werden. Er pflegt nicht einmal die Rezensionen zu lesen, die an drei aufeinander folgenden Tagen in den ›Abendsternen‹ erscheinen. Für den kurzen Rausch, den er dann und wann im Augenblick der Inspiration selbst erleben darf, ist er gestraft durch die ewige Qual der Selbstverwerfung ...«

Und all das, dachte ich bei mir, geschieht auf demselben Boden, wo man einst die synthetischen Sympaians der Filme ohne jede Inspiration und Improvisation und nur mit kalter Vorausberechnung wie chemischen Dünger fabrizierte.

»Na, na«, dämpfte Io-Fagòr meinen Freund, »gehen Sie nicht allzu weit, Io-Beha, ein bißchen eitel dürfen auch unsere Sympaianisten sein. Dem Künstler jede Eitelkeit zu nehmen, wäre grausame Härte. Er steht ja schließlich auf einer anderen Stufe als der Seleniazuse oder der Mutarianer. Er ist ein Gaukler, der hervorzubringen hat, was es nicht gibt ...«

»Deshalb darf er ja auch mit sich selbst identifiziert werden und einen Namen tragen«, sagte der Beständige Gast mit der Barocktournüre.

Während dieser Unterhaltung, die mich stark fesselte, ohne mir das Wesen des Sympaians gänzlich zu offenbaren, wurden die Brautpaare mit allerlei Blüten der wächsernen Flora bestreut und mit herben Wohlgerüchen umräuchert. Uns aber, dem Publikum, servierte man ein kaltes, sublimatfarbenes Getränk, das die Bereitschaft zur produktiven Mitarbeit steigern sollte. Mit einem Mal ging eine lebhafte Bewegung durch die Menge. Drei schwarzverhüllte Persönlichkeiten wurden auf Rollstreckern ins vorderste Parterre geschoben, das schon zum größten Teil von den Stutzern und Gecken okkupiert war, der mentalen Jeunesse dorée, die sich in dem Raum zwischen Logen und Orchester auf Pfühlen, Matten und Decken manieriert räkelte. Die Stutzer und Gecken drehten sich nach allen Seiten, um recht bewundert zu werden. Es waren athletische Gestalten, gehörten aber nur zur Leichtgewichtsklasse. Immer wieder zeigte es sich, daß die Menschheit im Laufe der Epochen schwächer und zierlicher geworden war. Niemand beachtete aber die goldene Jugend, da alle Augen auf die drei schwarzen Gestalten auf den Rollstreckern gerichtet waren, die man hätte für Tote halten können, wenn sie nicht hie und da einen deutlichen Seufzer der Langeweile von sich gegeben hätten.

»Sind sie schon vereist, die drei?« fragte GR3 mit ihrer tiefen Stimme, der nichts fremd geblieben war.

Ich sah B.H. hilfesuchend an. Er schlug die Augen nieder, auf einer Lücke seines Wissens ertappt.

»Es sind die drei Kritiker des Zeitalters«, sprang mir Io-Fagòr bei, »knapp vor Beginn des Sympaians werden ihnen die Emotionen anästhesiert, das heißt ihr Gefühlsleben mit Sympathien und Antipathien wird lahmgelegt, damit einzig und allein ihr kritischer Verstand urteile. Auch ihre Ausdrucksfähigkeit wird auf ein Minimum herabgesetzt, damit diese sie nicht hinreiße zu stilistischen Escapaden. Ganz umgekehrt wie bei den Sympaianisten, die seit drei Tagen keine Stunde allein sein dürfen, damit ihr kritischer Verstand nicht Zeit finde, an einem etwa schon vorhandenen Einfall herumzumodellieren.«

»Die Ärmsten«, seufzte ich auf, »ich hoffe, daß man sie wenigstens in Ruhe schlafen läßt.«

»Sie werden jeden Abend in traumlosen Schlaf versenkt«, entgegnete der Brautvater.

Mich beunruhigten aber nicht nur die Sympaianisten, sondern fast noch mehr die schwarzverhüllten Kritiker dort unten:

»Verzeihen Sie, Compère«, fragte ich flüsternd Io-Fagòr, »gelingt die Vereisung der Emotionen auch wirklich jedesmal?«

»Mit der Ausschaltung der guten, das heißt der freundlichen, der günstigen Emotionen kann man todsicher rechnen«, erhielt ich zur Antwort.

»Und mit der Ausschaltung der bösen, das heißt unfreundlichen, ungünstigen Emotionen nicht?«

»Nein, Seigneur, die bösen Emotionen können niemals ganz lahmgelegt werden«, sagte Io-Fagòr, »denn der kritische Verstand ist ja selbst schon eine böse Emotion, das heißt zwei böse Emotionen ...«

»Zwei böse Emotionen?« wiederholte ich verdutzt.

»Ja, Seigneur. Erstens Neid, weil der Kritiker der Kritiker ist und nicht der Autor. Zweitens Schadenfreude, weil der Autor der Autor ist und nicht der Kritiker.«

»Dann aber gibt es heute nur schlechte Kritik«, entfuhr es mir.

Allgemeine Verwunderung ringsum:

»Kritik ist doch schon an sich schlechte Kritik. Hat es zu Ihrer Zeit etwa gute Kritik gegeben, Seigneur?«

»Hm, unsere Kritik wurde dann und wann durch kommerzielle Rücksichten gemildert«, erklärte ich ziemlich beschämt und fügte verwirrt hinzu, »ich möchte über diesen Punkt jede Auskunft verweigern, da ich selbst Sympaians schreibe und daher von unserer ehemaligen Kritik abhängig bin.«

Bei diesen unkontrollierten Worten, die ich sprach, bemerkte ich Io-Joel, den erstgeborenen Sohn König Sauls. Er war der letzte im Riesensaal, der noch aufrecht stand, mit dem Rücken zum Orchester und seinen kurzsichtig apathischen Blick über das festliche Haus schweifen ließ. Er trug dasselbe Festgewand wie die Fiancés. Ich verspürte etwas Auffälliges an ihm und um ihn, als zittere die Luft nervös, die ihn einhüllte. Er unterschied sich von den Stutzern und Gecken und den andern jungen Leuten im Parterre auf eine schwer beschreibliche Art, obwohl er äußerlich völlig einer der ihren war. Rechts am äußersten Rande des Orchesters stand er, nicht weit entfernt von der Tür, über welcher auch in diesem Zeitalter die bedeutungsvolle Inschrift rötlich leuchtete: »Notausgang.« Das Licht verdämmerte. Die Freier im weiten Halbkreis faßten ihre Bräute offiziell geziert bei den Händen. Io-Do machte eine Bemerkung zu Io-Lala. Es war zweifellos eine ärgerliche Bemerkung, denn die Schultern und der Rücken des jungen Menschen drückten Unmut aus. Ich hätte wetten können, daß die Bemerkung dem Sohne Minjonmans galt. Lala lachte ein bißchen. Wenn ich sie ansehe, dachte ich, werde ich bei diesem Sympaian nicht einschlafen.

 

Als der Vorhang aufging, sah ich, daß viele im Publikum eine Geste machten, die ich zu meiner Zeit eher bei Fußballmatches beobachtet hatte als im Theater. Es war die Geste des Goalmanns, der zusammengeduckt mit geöffneten Armen den heransausenden Ball abzufangen trachtete. Diese Gebärde bewies, daß der Genuß eines mentalen Schauspiels nicht mehr in der rein passiven Entgegennahme des Dargebotenen bestand, sondern daß die Rolle, die das Publikum des Sympaians spielte, sich gegen einst verbessert hatte, wichtiger und lebendiger geworden war. Einige werden mir begreiflicherweise entgegenhalten, daß sie in dieser gespannteren Teilnahme des mentalen Publikums einen Widerspruch erkennen müssen, da sich doch die ganze Welt in der Richtung der geringsten Anstrengung und des mühelosesten Genusses entwickelt hatte. Um so enttäuschender, ernüchternder war daher, was der aufgehende Vorhang mir enthüllte. Ein mächtiger, leerer Bühnenraum mit drei weißen, kahlen Wänden. (Die kleinste Sommer- und Dilettantenbühne im Abbruch hatte einst dagegen eine atemberaubende Zauberwelt bedeutet.) Das Licht, das die Bühne beherrschte, war ebenso kahl und nüchtern wie sie selbst. Ich wußte aber sogleich, daß diese Kahlheit und Nüchternheit nicht etwa zum Stück gehörte. Rechts und links im Vordergrund stand völlig geistesabwesend je ein Herr, der durch seinen nackten Spiegelkopf und die gewisse dunkle Kutte bewies, daß er ein Offiziosus des Zeitalters war. Weiter gegen den Hintergrund zu unterhielten sich mit leiser Stimme sechs oder sieben Herren und Damen in üblicher Kleidung, die durch puren Zufall hierhereingeschneit zu sein und nichts mit dem Sympaian oder gar mit dem Publikum zu tun zu haben schienen. Etwas Undramatischeres als diese bürgerliche Gruppe ließ sich nicht vorstellen. Wenn die Schauspieler meines Vorlebens in Straßenkleidern, lachend und Witze reißend die Probebühne betraten, war's dagegen eine spannende scène d'affaire gewesen. Ich konnte es nicht begreifen, daß in einer Welt, die soviel Sinn fürs Zeremonielle und Festliche besaß, sich gerade das Theater entblößt von aller Illusion zeigte. Mir traten die Ballette und Pantomimen der jugendlichen Sternwanderer in den Sinn. Ich erinnerte flüsternd B.H. daran. Er verwies es mir ebenso flüsternd:

»Erstens machen die Chronosophen kein Theater, sondern suchen die Wahrheit. Zweitens braucht der Mensch heute keine kindischen Illusionen mehr, die ihm von außen eingeredet werden. Er würde sich bedanken, wenn er sie nicht selbst hervorbrächte. Und drittens warte!«

B.H. war noch nicht zu Ende, als der linke der beiden einsamen Herren an der Rampe ein paar schwingende Armbewegungen machte, wie früher die frierenden Kutscher oder Chauffeure auf ihren Standplätzen, die ihr Blut in Wallung bringen wollten, um es wärmer zu haben.

»Ist das jetzt die Inspiration, die in den Dichter eingeschlagen hat?« fragte ich fürwitzig. Es war aber wirklich nicht so spöttisch gemeint, wie es klang.

»Die Dichter stehen immer rechts«, belehrte mich Io-Fagòr, »auf der Herzseite befinden sich die Musiker.«

»Das ist das mindeste, was sie tun können«, murmelte ich, »obwohl zu meiner Zeit die besseren Dichter links standen und die Musiker, die Sentimentalität der Herzseite verachtend, ihre Hundeschnäuzigkeit hervorkehrten.«

Plötzlich machte der Musiker ein komisches Sprünglein nach vorn an den Rand des Orchesters. Eine solche biedere Naivität strahlte von seinem glatten Gesicht, daß ein sympathischer Lacher durch das Publikum lief wie ein Glissando. Der Meister nahm nicht die geringste Notiz von dieser unbeabsichtigten Nebenwirkung. Als Improvisator hatte er so viel mit sich selbst zu tun, daß ihm die Reaktion der Leute völlig gleichgültig war. Mit gerunzelter Stirn überblickte er jetzt das Orchester. Dieses zählte vermutlich an die hundert Mann. Alles Spiegelköpfe und Kutten. Ich werde meine Zeit nicht mit der Beschreibung der Instrumente vertun. Sie waren in den Formen zum Teil verschieden von den unsrigen, im Prinzip aber dieselben. Und sollte die Menschheit noch einmal so alt werden, dachte ich, sie wird immer auf dieselbe Art Musik machen, indem sie singt, fiedelt, zupft, bläst, auf gestimmte Saiten oder auf gespannte Felle schlägt. Mein Gott, wie kläglich muß ich mir selber widersprechen. Diese Instrumente dort im Orchester schienen ja nur Blas- und Saiteninstrumente zu sein. In Wirklichkeit besaßen die mentalen Varianten der Geigen und Harfen gar keine Saiten, sondern waren blanke Attrappen wie der Dudelsack des Einfältigen und der Leierkasten heute morgen im Park des Arbeiters.

Der Komponist hatte inzwischen in dem Orchester, das noch durchaus nicht viel Aufmerksamkeit an den Tag legte, einen der Holzbläser anfixiert, der sich lächelnd nachlässig erhob. Zwischen den beiden Männern begab sich ein kleines Verständigungsspiel mit den Augen, dann hob der Bläser seine Attrappe von Oboe an den Mund, und der Meister begann mit dem linken Zeigefinger ein bißchen Takt zu schlagen. Ich hörte nichts. Andere Instrumente traten hinzu, um den Oboisten zu begleiten, dessen Oberkörper im rhythmischen Vergnügen hin und her schwankte. Immer mehr spiegelten die Bewegungen des Orchesters das äußere Bild der Musik wider. Das Publikum hörte sie längst schon. Und jetzt ging auch mir das innere Hören auf, und zwar ähnlich wie wenn einem im Flugzeug, das im Gleitflug aus ziemlicher Höhe niederkreist, die Ohren sich öffnen. Die Musik, die der Geist des Meisters erzeugte, erzeugte nun unser eigener Geist durch die Mittlerschaft des stummen Orchesters, in welchem jedermann seinen Part mit größter innerlicher Intensität im Geiste spielte. Das Geheimnis der astromentalen Musik lag nicht in einer bloßen Suggestion mit Umgehung des materiellen Klanges, sondern in der Entbindung des inneren, aktiven, musikalischen Lebens, das der Zuhörer selbst in sich trug. Es war ein gewaltiger Schritt vorwärts auf dem Wege der Verinnerlichung und Vergeistigung, dessen ich Zeuge werden durfte. Ich weiß es nicht zu sagen, aber ich halte es für möglich, daß die mentalen Kehlen und Lungen und Muskeln nicht mehr die Kraft besaßen, um im stundenlangen Spiel jene tönende Musik hervorzubringen, die wir kannten. Tatsache ist es, daß ich mich nicht erinnere, einen Hauch von Gesang gehört zu haben und daß selbst die Monolingua oft tonlos wie das Rauschen trocknen Laubes klang. Das innere Musizieren war auch der Grund, warum das Publikum nicht schlaff und abgeschlagen dasaß wie in den Abonnementskonzerten der Symphonieorchester, sondern mit freudigen Augen die Bewegung des Orchesters durch eigene Bewegung widerspiegelte. Was könnte ich aber von der Musik Bezeichnenderes sagen, als daß ich selbst nach dem versäumten Fortschritt einer ganzen Weltzeit imstande war, sie unter Leitung des Komponisten in meinem eigenen Innern hervorzubringen. Beschämt muß ich gestehen, daß ich mich in den Anfängen der Menschheit dem musikalischen Progreß weit weniger gewachsen gezeigt hatte.

Es wird jedem schon klar geworden sein, daß der Sympaian nichts mit unserer geliebten Oper zu tun hatte. Die Musik, so wichtig sie war, hatte nicht die Absicht, einen Rausch auf eigene Rechnung zu erzeugen. Der Gesang selbst hatte sich in seiner Entwicklung aus dem vibrierenden belcantofreudigen Kehlkopf zurückgezogen ins feinere Fühlen und Denken. Die Musik machte eher den Ablauf der Zeit deutlich. Sie schnitt gewissermaßen das Drama aus der Zeit heraus. Doch wo war das Drama?

Der Herr auf der rechten Seite der Rampe, der Dichterseite, hatte sich schon eine längere Weile mit einem Schleiertüchlein den Schweiß von der Stirn gewischt. Nun gab er sich einen Ruck und ging langsam, mit gesenktem Kopf auf die plaudernde Gruppe der Schauspieler zu, die ihre Unterhaltung allmählich einstellte und sich dem Dramatiker zuwandte. Langes Schweigen. Auch im Publikum entstand jetzt ein Augenblick starker Spannung. Die Musik brach jäh ab, denn das Spannende ist nicht eigentlich Gegenstand musikalischen Ausdrucks. Der dramatische Dichter hielt seinen Spiegelkopf beinahe wehleidig nach rechts geneigt.

Endlich nickt er einem der Schauspieler zu. Dieser war ein über den Durchschnitt hochgewachsener und breitschultriger Mann. Wiederum ein knappes Augenspiel der Verständigung, wobei sogar einige murmelnde Worte gewechselt wurden. Dann begab sich der Dichter auf seinen Wachtposten zurück, ohne den von ihm erkorenen Künstler aus den Augen zu lassen. Der Schauspieler versank zuerst in tiefes Nachdenken, oder wahrer gesagt, in eine weithin fühlbare Geistesabwesenheit, aus der er sich nur mit einiger Mühe selbst erwecken konnte. Darauf begann er mit verschränkten Armen und festgeschlossenen Augen an der Rampe hin und her zu schreiten, stets die ganze Bühnenlänge abmessend. Immer schwerer, bäurisch breitspuriger, schamhaft plumper wurde der Schritt dieses athletischen Akteurs. Der Komponist linker Hand beobachtete ihn mit der regungslosen Schärfe eines Jägers, ehe er im Orchester der Attrappen und somit in uns eine dumpfe Musik entfesselte, die mir vorkam, wie ein Strick mit vielen Knoten. Mitten in seinem bäurisch wiegenden Auf und Ab blieb der Schauspieler plötzlich stehen und raffte mit zwei zornigen Rucken sein bürgerliches Schleiergewand anders, worauf er seinen Gang wieder aufnahm, doch jetzt schneller und erregter. Das Nächste, was geschah, kann ich nicht erklären. Da ich ausgestreckt lag, wenn auch mit hochgestütztem Oberkörper, war's kein Wunder, daß mich dann und wann die Müdigkeit zu überwältigen drohte. Nahte sich diese Gefahr, so blickte ich sofort zu Lala hin, deren Profil ich im Dämmer gut wahrnehmen konnte. Als ich jetzt, ein wenig erquickt und erweckt, mich der Bühne wieder zuwandte, hatte sich der Schauspieler ganz und gar verwandelt. Er war zu einem prächtigen Dschungelmann geworden, zu einem Zigeuner Victor Hugos, oder besser zu einem Montenegriner oder Skipetaren Albaniens. An seinem langen ausgezogenen schwarzen Schnurrbart klingelten Glöcklein. Die rote Mütze mit langer Quaste hing ihm im Genick. Auf seiner Jacke schimmerten die Silberknöpfe. Seine Füße steckten in Opanken, wie sich's gehört. Aber so ganz einfach war's doch wieder nicht. Der Akteur schien ein Zwitter zu sein. Manchmal durchbrach das schwarze Schleiergewand, das er in Wirklichkeit trug, das barbarische Kostüm des Dschungelmanns, welches seine mächtige Imagination unsern Sinnen aufzwang. Sonderbar aber, nicht ein einziges Mal durchbrach sein wirkliches Gesicht das angenommene Gesicht, die Maske. Die Kraft dieses Schauspielers gab mir den Gedanken ein, daß B.H. vielleicht in seinen nächsten Wiedergeburten Menschen begegnen werde, denen mehrere Körper und Köpfe zur Verfügung stehen würden, ohne daß sie eigens zum Theater gehören. Welche Bewandtnis es jedoch mit der Rede hatte, die der prächtige Dschungelmann jetzt teils sprach und teils sang, oder nicht sprach und nicht sang, das kann ich selbst in der Rückerinnerung schwer entscheiden. Es ist möglich, daß der Schauspieler keinen Laut hervorbrachte, sondern in uns, seinen Zuhörern, die Rede unmittelbar entstehen ließ, in derselben Weise wie die toten Musikinstrumente die Musik hervorbrachten. Dies ist aber weniger wichtig, als daß der Wortlaut der Rede, die der Schauspieler vom Geiste des Dichters entgegennahm, selbst für einen langsam denkenden Urmenschen wie mich, schön, einfach und verständlich war. Ich hatte mich übrigens mit großer Schnelligkeit angepaßt, die Worte und Töne rein innerlich zu vernehmen und auszuarbeiten, so daß ich schon nach wenigen Minuten die Vorgänge kapieren und genießen konnte. Im Gegensatz zum Theater von einst schien der Sympaian weniger Wert auf dramatische Zusammenstöße zu legen als auf den monologischen Ausdruck von Seelenkonflikten. Die Worte oder Verse, die der farbenvolle Dschungelmann in bester Monolingua sprach, habe ich natürlich vergessen. In abgeschwächter, verkürzter Wiedergabe mögen sie etwa Folgendes zum Ausdruck gebracht haben:

»Ich bin ein Sohn des Dschungels. Wie meine Eltern und Voreltern hänge ich an unsern blauen Bergen und würzigen Tälern, die mir Nahrung und Lebensfreude geben. Wie meine Eltern und Voreltern habe ich bis gestern nicht daran gedacht, das große, stolze Verbot zu überschreiten, das wir uns selbst gesetzt haben. Obgleich ich ein Mensch bin, ein Christ, ein Sohn der Kirche wie jene, so habe ich doch niemals davon geträumt, hinüber zu wandern zu ihnen, den Sternverbundenen, den Raumbeherrschenden, vor deren allwissendem Geist ich armer Bauer und Hirte zusammenbrechen müßte. Seit gestern aber ...«

Aha, wie unsere Schriftsteller einst das »soziale Problem«, so haben sie hier den Dschungel zum Ausbeuten. Dies dachte ich »beiseite«, obwohl sich das Spiel unter voller Aufmerksamkeit in mir weiter abwickelte. Die geistige Kraft der Astromentalen, mehrerer seelischer Vorgänge gleichzeitig bewußt werden zu können, war ein wenig bereits auf mich übergegangen. Ich empfand zum Beispiel bis zur Schmerzlichkeit das tiefe Unbehagen, welches die Stoffwahl des Dichters dem Brautvater Io-Fagòr mir zur Seite einflößte. Ich empfand auch, daß ringsum das ganze Publikum des Sympaians durch diese Stoffwahl an einem neuralgischen Punkt berührt worden war. Mit Schrecken wurde mir plötzlich klar, welch ein gefährliches Spiel wir Schriftsteller aller Zeiten um des sentimentalen Effektes willen zu spielen belieben. Selbstverständlich war der Dschungel ein brillanter Stoff. Es gab in dieser Welt gewiß nichts Tragischeres als den Gegensatz jener Rückfälligkeit der Natur und des Menschen zu den astromentalen Errungenschaften. Ich fühlte aber sofort den Akzent, den der Dichter seiner Improvisation gab. (Dieser Akzent, den ich selbst in meiner Fremdheit als rousseauisch unecht verspürte, diente der romantischen Verherrlichung des Dschungels.) Als unparteiischem Betrachter fiel es mir freilich leicht, zu wissen, daß nicht der Dschungel, sondern unbedingt der Djebel müsse verteidigt werden. Wäre ich aber nicht vor mehr als hunderttausend, sondern nur vor hundert Jahren geboren worden wie der spiegelköpfige Autor dort, hätte auch ich zweifellos mit derselben romantischen Sentimentalität den Dschungel verherrlicht. Es ist eine große Sache, ein Mensch zu sein, der jenseits der Geschichte lebt, es ist mehr als eine große Sache, es ist eine Unmöglichkeit. Diese Unmöglichkeit war in mir zur Stunde verkörpert. Leider genoß ich sie nicht.

Während ich so allerlei »beiseite« dachte, war die Bühne auf den inneren Befehl des Improvisators recht lebendig geworden. Durch die aufgewühlte Projektionskraft von dreitausend Nervenzentren hatten sich vollfarbige Bühnenbilder entwickelt, die man nach Analogie hätte »dynamische« oder »visionäre« Kulissen nennen können, wäre nicht der ganze Bühnenraum aufgesprengt und ins Unendliche erweitert erschienen. Dieselben Leute, von denen einige vor ein paar Stunden die Wirklichkeit des Dschungels während des Katzenphänomens mit Abscheu angeschaut hatten, bestaunten nun ihre Vision des Dschungels mit leuchtender Aufmerksamkeit. Auch dafür wurde mir die Parallele rasch bewußt. Hatten nicht zu meiner Zeit die verstocktesten Bourgeois und Kapitalisten die Theaterstücke »revolutionärer Dramatiker« mit Beifall begrüßt, wenn der literarische Snobismus es gerade vorschrieb? Sie taten es schon deshalb, weil sie mit vollem Recht fest davon überzeugt waren, daß die revolutionären Dramatiker die Sache gar nicht ernst nahmen; ein eitles, katarrhalisch gereiztes »Künstler«-Ich kann ja überhaupt nichts anderes ernst nehmen als den Eindruck, den es erweckt. Und so sah man denn Abend für Abend in den Zuschauerräumen der Weltstädte großen Schmuck, blendende Abendkleider, weiße Hemdbrüste vor einer Bühne, auf der Elend, Hunger, Körper- und Seelenverderbnis umging und wilde Flüche gegen diejenigen ausgestoßen wurden, welche für diese Flüche hohe Eintrittspreise bezahlten, weil sie glaubten, sie gälten nicht ihnen, sondern gehörten nur auf das »Gebiet der Kunst«. Die armen Leute hingegen drängten sich in den Kinos, um auf der Leinwand großen Schmuck, blendende Abendkleider, weiße Hemdbrüste und zahlungskräftige Erotik beglückt anzustaunen. Jetzt freilich, im Elften Weltengroßjahr der Jungfrau, gab's kein Geld mehr, keine sozialen Unterschiede und vor allem kein Elend. Es gab aber dafür den Dschungel, und der Dschungel, von dem man öffentlich nicht sprechen durfte, schien im Herzen der Idealisten wie Io-Joel und der heutigen Autoren eine schwärmerische Abstraktion zu bilden.

Der Improvisator zog neue Schauspieler in die Handlung. Jetzt hatte sich eine junge Dame vor unsern Augen in das Dschungelweib des Helden verwandelt mit einem gestickten Bauernleibchen, und ein älterer Herr in seinen Vater mit schneeweißem klingelndem Schnauzbart. (Ich fühlte mit Befriedigung, daß mein inneres Auge und Ohr jetzt schon viel rascher auf den Einsatz, den Dichter und Schauspieler mir gaben, reagieren konnte als zu Anfang des Spiels.) Weib und Vater suchten den Sehnsüchtigen durch treffende Gründe davon abzubringen, das grüne Eiland hüben mit der eisgrauen Öde drüben zu vertauschen. Die freuenden Gründe jedoch wirkten nicht, nicht einmal dann, als zum Überfluß zwei wuschelköpfige Kinder in uns hineingezaubert wurden, die sich an die Arme des Vaters hängten. Der junge Dschungelbauer riß sich von seiner Familie und seinem Hauskubus los, um das Abenteuer zu wagen. Immer wenn die Aktion spannend wurde, erblaßte die Musik, die während der Reden und Monologe zeiteinteilend hervortrat.

Ich war ziemlich enttäuscht: »Dazu mußte kein Improvisator vom Himmel steigen«, flüsterte ich B.H. ins Ohr, »das ist steinalt: Gegensatz von Stadt und Land, bäuerliche Einfalt und verderbte Gesellschaftskultur. Das hat man im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert bei uns besser gemacht, freilich mit Hilfe des kritischen Verstands ...«

B.H. fühlte sich gekränkt:

»Warum urteilst du so vorschnell, F.W.«, brummte er zurück, »du kannst all die Nuancen und Obertöne noch gar nicht erfassen.«

»Unterschätz mich bitte nicht, B.H. Ich weiß zum Beispiel schon jetzt, daß eine junge Schönheit, eine taubengraue Braut wird ins Spiel geworfen werden, die jener stämmige Urwäldler an der mentalen Brustwehr gesehen hat und die seine Gefühle, nicht besonders origineller Weise, hinüber zieht in die andere Sphäre ... Da siehst du, ich improvisiere den Improvisator ...«

»Du improvisierst den Improvisator, weil er die taubengraue Braut zu Anfang des Spiels ins Halbbewußtsein des Publikums, somit auch in deines, improvisiert hat. Du kannst nur das erraten, was der Improvisator will, daß du errätst, und du errätst nicht einmal alles.«

»Groß ist der Djebel«, murmelte ich, worauf Io-Fagòr zu meiner Linken, der diese Worte gehört hatte, tief aufseufzte.

Von diesem Augenblick an war ich verstört und fühlte mich so unaussprechlich unwohl, daß ich am liebsten den Sympaian verlassen hätte, wäre ein solcher Affront überhaupt möglich gewesen. Ich muß bekennen, daß ich Schlimmeres fühlte als nervöse Überreiztheit. Ich fühlte Angst, würgende Angst, die ich mir nicht erklären konnte. Ich suchte mich selbst mit der Überlegung zu beruhigen, daß dieses astromentale Publikum ringsum, wäre meine Ahnung der kommenden Katastrophe begründet gewesen, dreifach größere Angst hätte fühlen müssen als ich. Oder sollte ich etwa durch meine Audienz beim Hochschwebenden in diesem Augenblick mehr »geweckt« sein als all diese clairvoyanten Zukunftsmenschen hier? Ich schloß die Augen, um dem Sympaian zu entgehen. Es gelang nicht. Das Furchtbare war, daß hinter meinen Augenlidern sich der Sympaian steigerte bis zum Unerträglichen. Da diese ganze Kunst kein äußerer, sondern ein nach innen projizierter Vorgang war, verdoppelte und verdreifachte sich ihre Kraft, wenn man die Sinne abblendete. Ich versuchte meine Gedanken wegzuzwingen. Ich dachte an die, die ich liebe und vor Äonen schon hatte verlassen müssen. Daß sie kein Schicksal mehr hatte, schuf unendlichen Kummer. Ich begann unruhig mich hin und her zu bewegen, wie ein vom Inkubus besessener Schläfer, so daß B.H. mich mehrmals ermahnen mußte. Nicht einmal Lala wollte ich wiedersehen. Ich preßte meine Hand gegen die Augen. Noch lauter wurde die Musik, noch gellender das Stück. Neben allen andern Dingen quälte meine Nerven die Vermutung, daß der improvisierende Autor ein Thema angeschlagen hatte, für das es keine Lösung gab. Mein kritischer Verstand lief der Handlung voraus. Der Improvisator konnte doch auf keinen Fall den Dschungelmann über die astromentale Menschheit siegen lassen. Ließe er ihn aber auch nur in tragischer Schönheit untergehen, so gab er schon damit dem Dschungel recht und dem Djebel unrecht. Die Sache konnte kein gutes Ende nehmen. Es mußte zu einem wüsten Theaterskandal kommen.

Der Dichter auf der rechten Bühnenseite hatte endlich seine taubengraue Braut ans Licht geholt (die in mir und allen anderen schon von Anfang an deponiert war) und gab nun ihr und dem Dschungelhelden eine große Szene. Ich erinnere mich, daß am Ende einer Rede, in welcher der Schauspieler verkündete, das Leben müsse »erneuert« werden (Io-Joels Worte), die Braut ihren schwarzen Haubenhelm abnahm, wobei sich zeigte, daß sie unter diesem Helm kein Spiegelköpfchen, sondern gottverboten hübsches Blondhaar trug. Es war, wie wenn tiefer Glockenschlag der Meeresbrandung mein Ohr erreichen würde. Eine unsichtbar packende Kraft zog mir die Hand von den Augen. Ich blickte ins Publikum. Es hatte sich radikal verändert. Viele Leute erglommen negativ. Die Ränge inmitten des Dämmers waren von diesen schwachen Licht-Erscheinungen erfüllt. Ich verstand sofort, daß dieses Erglimmen der Menschen eine Prävalenz des Astralen in der astromentalen Zusammensetzung bedeutete, ein gefährliches Überwältigtwerden des Geistigen durch schnellere Gefühlsrotation. Nicht einen Augenblick lang erschien mir dieser optische Ausdruck des aufgewühlten Temperaments verwunderlich oder gar absonderlich. Zwei Persönlichkeiten glommen aber nicht nur unter den vielen schwachen Lichterscheinungen, sondern glühten wirklich auf wie Sterntransparenzen. Das Wort Glühen ist keine Metapher hier, sondern pure Wirklichkeit, deren Zeuge ich war. Der eine Glühende war Io-Joel, König Sauls Sohn. Er glühte von Kopf zu Füßen in atmendem Hellrot, genau in der Art wie ein überheizter Kanonenofen glüht. Wer hätte es ihm, dem Ausgekälteten, Ironischen, Überlegenen zugetraut, daß er nichts anderes war als eine Fackel urweltlichen Fanatismus? Ich konnte es genau sehen, wie Io-Joel seine Glutstrahlen dem Heldenspieler auf der Bühne zusendete, dessen Darstellung zu einer Art Raserei aufstachelnd.

Der andere Glühende war nicht weit von mir. Ganz im Gegenteil, er war kaum zwei Schritte entfernt. Ich spreche von Io-Do, dem Bräutigam. Er erglühte genau in denselben verderbendrohenden Farben wie die Feuersäulen am Horizonte des Jupitermoores: braunviolett. Seine Glut hatte weniger Leuchtkraft und wahrscheinlich auch weniger Hitze. Sie schien dafür um so mehr sein Inneres zu verzehren. Noch einer aber war da, der nicht glühte, sondern leuchtete. Io-Fra, der Mutarianer, der bisher zu Füßen des Brautpaares gelegen hatte, doch seit einigen Minuten hochaufgerichtet in der äußersten Ecke der Loge stand. Er leuchtete, und dieses Wort ist ebenso wörtlich zu nehmen wie das hellrote Erglühen Io-Joels und das braunviolette Erglosen Io-Dos. Des Mutarianers Antlitz sandte nämlich milde, bleiche Strahlen aus von demselben Silbergold, mit welchem die alten Meister Heiligenscheine zu malen pflegten. Niemand wird je ein heiligeres Antlitz sehen als das Io-Fras in diesen kurzen Sekunden vor der Katastrophe. Seine Augen waren geschlossen und eingesunken, seine Nase ganz spitzig, sein Mund lächelte in ekstatischer Erwartung. Den Rücken der Bühne zuwendend, begann er langsam seine Arme auszubreiten.

Lala suchte mit beiden Händen ihren Bräutigam wieder aufs Lager zu ziehen. Io-Do aber riß sich mit ganz uns mentaler Brutalität los und sprang auf die Bank. Alle in unserer Loge bis auf die Ahnfrau erhoben sich. Io-Do begann sinnlos mit dem lächerlichen Trommelrevolver aus den achtziger Jahren herumzufuchteln, diesem erstklassigen Prachtstück seiner Sammlung und Sinnbild seines historischen Spleens. Wie gut, überlegte ich, daß kein Leben mehr in dem Ding ist, sonst könnte es losgehen, denn der Narr hält den Finger am Drücker. Noch hatte ich diesen beruhigenden Gedanken nicht ausgedacht, als das Ding losging. Es war ein dummer, plumper, übertriebener, altmodisch krachender Schuß mit viel Pulverdampf. Io-Do hatte auf den Dschungelmann gezielt oder auf den rotglühenden Io-Joel. So nahm ich an. Getroffen hat er den Mutarianer mitten ins leuchtende Antlitz.

Zu den ganz wenigen Dingen, welche die Anfänge der Menschheit überlebt hatten, zählte somit auch das Häuflein Schießpulver, luftdicht in einer rostigen Patrone verschlossen, die durch Zufall oder Fügung im Trommelloch eines Schießprügels nicht zugrunde gegangen war, sondern ordnungsgemäß ihr Bleiprojektil durch den Drall des Laufs gepreßt hatte. Die Wirkung des dumdumartigen Geschosses war entsetzlich. Es hatte das leuchtende Antlitz vollkommen zerschmettert. Mit Menschenblut und Hirn war die Loge ringsum bespritzt. Seit Generationen hatte die Kulturwelt keinen Totschlag mehr erlebt. Keinen Totschlag nur?

Soweit das Gedächtnis dieser Kulturwelt reichte, hatte man sich an der äußersten Grenze des alterslosen Alters, wenn die Sättigung und Müdigkeit alle anderen Empfindungen übertraf, freiwillig in jenes Institut begeben, das der Wintergarten hieß. Man merkte es nicht einmal, wenn Tiere starben. Für Hunde und Katzen gab es eine Dependance des Wintergartens. Die Hunde hatten sich seinerzeit rasch dran gewöhnt, die Katzen weniger. Oh, diese unselig-undankbaren Katzen! Sie hatten sich weit hellsichtiger erwiesen als die astromentalen Menschen und zur rechten Zeit ihren Exodus unternommen.

Es dauerte eine Zeit, bis das Bewußtsein des Geschehenen alle Ränge des Theaters durchlaufen hatte. Die improvisierenden Autoren, Dichter und Komponist, ganz verfangen in ihre schöpferische Tätigkeit, schienen nicht einmal den krachenden Schuß gehört zu haben. Die Szene lief noch länger als eine Minute weiter, ehe die visionären Kulissen verblaßten, die Wirklichkeit der Schauspieler ihre Kostüme und Masken durchbrach, und die verzerrte Musik in unserm Innern verstummte, während dieser oder jener Musiker sein Attrappeninstrument noch immer mit Vibrato spielte. Der Sympaian nahm kein jähes Ende. Es war ein zerfasertes, zerfranstes Ende, wodurch die Pause tiefen Schweigens, die dem letzten ins Leere ausrutschenden Klange folgte, nur noch schrecklicher wurde. Und dann kam jener Aufschrei aus dreitausend Kehlen, ein kleiner, kurzer, nicht sehr lauter, aber ganz und gar hysterischer Schrei, der verriet, wieviel Angst und Grauen noch immer in der abgeklärten Menschenseele lebte. Was auf diesen Aufschrei mit Naturnotwendigkeit hätte folgen müssen, und in meinem Jahrhundert auch gefolgt wäre, war Panik. Nach einem winzigen Schwanken der Waage aber folgte etwas ganz andres. Die mentale Disziplin, die in einem verfeinerten Individualismus wurzelte, widerstand der Versuchung zum Massenwahnsinn. In einer neuen tiefen Schreckensstille verhüllten die Menschen einer nach dem andern mit den weiten dehnbaren Schleiern, die sie als Gewänder trugen, ihre Häupter. Das war eine überaus antike, sublime Gebärde, obwohl sie nicht Trauer oder Ehrfurcht vor dem Tode zur Ursache hatte, sondern die unaussprechliche Scheu dieser Menschen vor dem Anblick vergossenen Blutes und der Toten, ein Anblick, der nur wenigen in jeder Generation zuteil wurde. Ich freilich, in meinem Frack, konnte ebensowenig mein Gesicht verhüllen wie B.H. in der Felduniform das seine. Nur einer stand noch unverhüllten Hauptes neben uns und ertrug tapfer das entstellte Bild des Getöteten, der im Winkel der Loge zusammengesunken lag. Es war Io-Fagòr, gelb wie Wachs. Er drückte den Kopf Lalas, die sich zu ihm geflüchtet hatte, leicht an seine Brust. Langsam, ja feierlich begann das Haus des Sympaians sich zu leeren, ohne daß die Stille auch nur durch einen einzigen hörbaren Atemzug unterbrochen wurde. Wir aber, B.H., ich und die Familie Io-Fagòr, warteten, bis eine Gruppe von Mutarianern sich lautlos näherte und mit der übersinnlichen Sicherheit, die sie durch die Aufopferung ihrer Sinne gewonnen hatten, den Leichnam ihres Bruders aufnahmen und davontrugen. Die Mutarianer nämlich kannten den Tod und die Toten. Sie, wie selbstverständlich die Priester und Ordensbrüder der Kirche, so auch die Chronosophen aller Lamaserien und sonst noch einige Eigenbrötler, begaben sich nicht »freiwillig« in den »Wintergarten«, sondern sie erkannten das Sterben und den Tod als gottgewolltes Schicksal an und dienten einander vorher und nachher. Die Kirche übrigens verwarf den Wintergarten, wie sie in den Anfängen der Menschheit die sogenannte Euthanasie verworfen hatte, mit welcher die Ärzte unheilbar Kranken den Weg hinüber zu erleichtern suchten. Die Kirche spendete nur jenen die heiligen Sterbesakramente, die nicht mehr imstande waren, »freiwillig« und »zu Fuß« zu gehen.

Oben in der sonderbar unfertigen, sternoffenen Eingangshalle drängte sich das Publikum noch immer mit schreckensgroßen Augen. Doch draußen vor der Halle, auf dem schier unendlichen Geodrom, wogte die Populace zu Hunderttausenden. Es war unerklärbar, wie schnell die Kunde von dem tragischen Schuß aus einem verschollenen Feuerrohr die Runde um die bewohnte Welt gemacht hatte. Der mörderische Tod, der blutbesudelte Mors, war eingebrochen in den großen Frieden, nachdem er einige Weltalter gefeiert hatte, um dem natürlichen Abschluß aller Dinge Platz zu machen. Jetzt aber war Mors wieder identisch mit Mord. Was nützte alle Logik, die mir sagte, daß Io-Do vor unsern Schwurgerichten schlimmstenfalls der fahrlässigen Tötung hätte angeklagt werden können und nicht einmal dieser, da er die Gefährlichkeit der Feuerwaffe nicht kannte, mit der er herumgefuchtelt hatte. Aber wie stand es um seine Absicht, um seine Willensregung, die im astromentalen Rechtsleben vielleicht schwerer wog als das Faktum selbst?

Plötzlich war's mir, als wachse durch einen versteckten Amplifikator das Geflüster der Menschen ringsum zum Gedröhne:

»Der Sympaian war keine Improvisation, sondern vorbereitet ...«

»Eine weite Verschwörung der Waffensammler ...« »Die Kommissionen müssen sofort handeln ...« »Soeben wurden alle Verlöbnisse aufgelöst ...« »Das ist das verfassungsmäßige Ende des Geoarchonten ...« »Man hat den Hochschwebenden gebeten, heranzuschweben, er aber hat's abgelehnt ...« »Nicht nur die Waffensammler sind unter den Verschwörern ...«

Nun begriff ich, daß es sich nicht um einen traurigen Unfall handle, sondern um eine hochpolitische Wendung, die entscheidend für das Weltschicksal werden konnte. Wie und warum, das verstand ich nicht. Aber es war kein Zweifel in mir. Plötzlich wurden mir viele dunkelbekümmerte Aussprüche Io-Fagòrs klar. Warum hatte man mich nicht deutlicher in die Entzweiung der Welt eingeweiht? Selbst B.H. hatte sich geschämt, sie dem Fremden preiszugeben. Und während mir all dies mehr und mehr bewußt wurde, sank ich beinahe um vor Entsetzen, denn ich erkannte mittels eines tiefen Wissens, über welches ich keine Rechenschaft legen kann: ich selbst war mitschuldig. Die Augen des Major Domus Mundi hatten es mir verkündet, sein Tagesorakel hatte es in dunkle Worte gefaßt. Ich fühlte mich als Katalysator, als Auslöser der tragischen Katastrophe. Einfach dadurch, weil ich eine falsche, das heißt eine verfrühte Zumischung dieser zukünftigen Gegenwart war, weil ich als Mensch des zwanzigsten Jahrhunderts weder physisch noch geistig ins Elfte Weltengroßjahr der Jungfrau paßte, weil ich einige Dinge in Erfahrung gebracht hatte, die mir und meinem Jahrhundert zu wissen noch verboten waren.

Mit diesem Schuldgefühl im Herzen stand ich bestürzt unter meinen neuen Freunden. Io-Fagòr, der seine stolze Haltung bewahrte, sprach kein Wort. Lala hielt noch immer ihr Gesicht verhüllt. So auch Io-Rasa, die Brautmutter. Io-Do war verschwunden. Der liebe Herr Solip lag halb ohnmächtig in den Armen des Wortführers, der mit den beiden anderen Junggesellen, zum erstenmal einig, irgendwelche murmelnden Verabredungen traf. Der arme B.H. war völlig gebrochen um meinetwillen und um der Familie willen. Jeder aber wußte, daß Unabsehbares sich vorbereite, und daß jenes Steinchen ins Rutschen geraten war, welches zur Lawine zu wachsen bestimmt ist. Am wenigsten berührt erschien die uralte Ahnfrau. In ihren Augen schimmerte die Neugier des unverwüstlichen Lebens.

Zu Hause angelangt, floh ich sofort auf mein Zimmer, in dem ich allein sein wollte. Selbst die Nähe meines besten Freundes, von dem ich doch so sehr abhängig war, hätte mich in dieser Nacht gestört. Man ließ den Fremden in Frieden. Vielleicht aus Scham, vielleicht weil man Wichtigeres zu planen hatte. Ich aber fühlte, wie in den Häusern der Panopolis tief unter der Erde die Männer auf und ab schritten und berieten. Die ganze Nacht hindurch tappten die leichten nackten Schritte der Verschwörer und der Abwehrer neben, über, unter und in mir.


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