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Seltsame Thorheit des Don Sylvio. Seine Liebe zu einer idealischen Princeßin.
In einer so seltsamen Gemüths-Verfassung konnte nichts natürlicher seyn, als daß Don Sylvio endlich auf die Thorheit verfiel, sich eben solche Abentheuer zu wünschen, wie diejenige, deren Erzählung ihm in den Mährchen so viel Vergnügen machte.
In kurzem gieng er noch weiter; er bemühte sich die Phantasien, womit sein Kopf angefüllt war, zu realisiren, und sich, so gut er konnte, in die Feen-Welt zu versetzen.
Er gab deswegen allem was um ihn war, Namen aus seinen Mährchen. Ein artiges Hündchen, das er hatte, mußte an statt Amorett, wie es vorher hieß, Pimpimp heissen, weil das Hündchen der Princeßin Wunderschön so geheissen hatte; und er verstieß eine aschfarbe Katze mit weissen Pfoten, die sein Günstling gewesen war, um einer ganz weissen willen, die zu Ehren der Princeßin Weißkätzgen mit allen ersinnlichen Höflichkeiten überhäuft wurde.
Alle Morgen und Abend gieng er etliche gemahlte Fensterscheiben in einer halb eingefallenen Gallerie des Schlosses zu besichtigen, in der Hofnung, gleich dem Prinzen Höckerich Gemählde darauf zu finden, die ihm einigen Aufschluß über sein künftiges Schicksal geben würden; und er durchsuchte wohl zwanzigmal alle Winkel des Schlosses vom Dach bis in den Keller, ob er nicht irgendwo einen bezauberten Schrank oder eine Falltreppe entdecken möchte, die in einen unterirdischen Pallast führte. Er fand freylich nichts, und die Fenster-Scheiben wiesen ihm einmal wie das andre nichts als geharnischte Ritter, die mit eingelegten Lanzen wohl ein paar hundert Jahre schon aufeinander zurannten; allein er wußte sich sehr gut deßwegen zu trösten. Er war noch nicht völlig achtzehn Jahr alt, und er hatte aus den meisten Mährchen gesehen, daß ein Prinz oder Ritter wenigstens achtzehen Jahr alt seyn muß, um Abentheuer zu haben.
Inzwischen legte er in einer Ecke seines Gartens eine Art von Laube an, die dem Blumen-Schloß ähnlich seyn sollte, worinn die Fee Immerschöne die süssen Augenblicke, die sie in den Armen ihres geliebten Schäfers genoß, vor ihrem Hofe zu verbergen pflegte. Er ließ etliche Linden, die er dazu bequem fand, so zurichten, daß ihre Stämme die Grundpfeiler, die untersten Aeste den Fußboden, und ihre Wipfel das Dach dieses seltsamen Lusthauses wurden; die Wände waren von Myrthen mit Rosenhecken und Geißblatt durchwunden, und hinter derselben war eine Treppe von Wasen so gut angebracht, daß man sie nicht gewahr wurde.
In diesem grünen Schloß, wie Don Sylvio es zu nennen beliebte, hatte er ein kleines Cabinet angelegt, welches er, um ihm ein desto Feen-mäßigeres Ansehen zu geben, mit den schönsten Schmetterlingen austapezierte, die er auf seinen Spatziergängen in dem benachbarten Walde und an den Ufern des Guadalaviar, der nicht weit von seinem Garten vorbey floß, gefangen hatte.
In diesem Cabinet brachte er oft halbe Nächte mit Träumereyen über die wunderbaren Begebenheiten zu, die er sich wünschte, und die er in kurzem zu erfahren hofte. Unvermerkt schlief er über diesen phantastischen Betrachtungen ein, und günstige Träume setzten die Abentheuer fort, worinn er wachend sich zu verirren angefangen hatte. Eine schöne Princeßin die er liebte, war gemeiniglich der Gegenstand davon; nur war das beschwehrliche dabey, daß er sie allemal in der Gewalt der Fee Fanferlysch oder einer andern neidischen alten Hexe sah, die seiner Liebe die verdrießlichsten Hindernisse in den Weg legte. Bald mußte er sich mit Drachen und fliegenden Katzen herum balgen, bald fand er alle Zugänge zu dem Pallast, worinn sie gefangen gehalten wurde, mit Distel-Köpfen besät, die sich in dem Augenblick, da er sie berührte, in eben so viele Riesen verwandelten, und ihm den Weg mit grossen stählernen Kolben streitig machten. Nun griff er sie zwar an, wie es einem tapfern Ritter zukommt, und hieb auf jeden Streich ein paar Dutzend mitten voneinander; aber kaum war er mit ihnen fertig, und im Begriff als Sieger in den Pallast hinein zu gehen, so mußte er sehen, wie seine geliebte Princeßin auf einem mit Fledermäusen bespannten Wagen durch den Schornstein davon geführt wurde. Ein andermal fand er sie auf einer Blumenbank an einer Quelle sitzend, er warf sich zu ihren Füssen, er sagte ihr die zärtlichsten Sachen vor, und sie schien ihn mit Vergnügen anzuhören; allein indem er sie umarmen wollte, (denn man weiß, daß die Liebe in Träumen nicht alle die Gradationen beobachtet, die einem Schäfer an den Ufern des Lignon vorgeschrieben sind) so sah er mit Entsetzen, daß er die Gestalt der dicken Maritorne, der Viehmagd des Hauses an seinen Busen drückte, und erhielt von Lippen, die ihm einen Augenblick zuvor lauter Nectar und Ambrosia zu düften schienen, einen von Knoblauch und Käse so kräftig durchwürzten Kuß, daß er vor Eckel und Abscheu des Todes hätte seyn mögen.
So nichtig nun immer diese eingebildete Unglücksfälle waren, so lebhaft war gleichwohl der Schmerz, den sie ihm verursachten. Er hielt diese Träume für böse Vorbedeutungen, und zweifelte nicht, daß er eine mächtige Feindin habe, die darauf beflissen sey, ihn in der Liebe unglücklich zu machen, die er bereits in einem hohen Grade für die bezaubernde Unbekannte empfand, welche er nach dem Schlusse des Schicksals zu lieben bestimmt war.