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An meinen Freund Henry Irving
Der stille Saal, der Schatten schwer geballt,
Der Toten Schritt, das jäh gesprengte Tor,
Der Bruder, der ermordete, davor,
Des Geistes Hand auf deiner Schulter kalt,
Der Zweikampf einsam dann im tiefen Wald,
Gebrochne Schwerter, Aufschrei, dickes Blut,
Und nun ein großer Racheblick – ganz gut,
Allein, gemacht für höhere Gestalt,
Sollte auf dein Gebot der tolle Lear
Mit seinem Narren wandern durch die Heide,
Gellend von ihm verspottet, Romeo dir
Seine Geliebte locken, Angst und Graun
Dir Richards feigen Dolch ziehn aus der Scheide –
Trompete du für Shakespeares Lippen traun!
An Sarah Bernhardt
Wie leer und schal muß diese Welt dir sein!
Das Höchste konntest geistreich du verhandeln
In Florenz mit Mirandola und wandeln
In der Akademie Olivenhain,
Die Rohre wählen für die Melodein
Des ziegenfüß'gen Pan, und wo aus Träumen
Ulyß erwacht unter phäak'schen Bäumen,
Dich in der weißen Mädchen Spiele reihn.
Gewiß, in einer attischen Urne lag
Dein blasser Staub und du kamst wieder her
In diese Alltagswelt so schal und leer,
Weil dir zur Last ward der sonnlose Tag,
Die schweren Aun duftloser Asphodelen,
Der liebelose Kuß der Schattenseelen.
I
Portia
An Ellen Terry
Nicht wundert mich Bassanios kühner Mut,
Sein alles auf das Spiel zu setzen, nicht,
Daß Aragons, des stolzen, Hoffart bricht,
Noch daß kalt wird Marokkos heißes Blut.
Denn, goldner als der goldnen Sonne Glut,
In diesem Prunkkleid aus plattiertem Gold
War halb so schön, wie ich dich schauen sollt',
Kein Weib, drauf Veroneses Blick geruht.
Doch schöner, als im nüchternen Gewand
Des Anwalts du erscheinst, Weisheit zum Schild,
Da nach Venedigs Recht Antonios Pfand
Dem tück'schen Juden schon verfallen gilt –
O Portia! nimm mein Herz, zu Rechte dein,
Und nie wohl führ' ich Klage um den Schein.
II
Königin Henrietta Maria
An Ellen Terry
Harrend des Siegs, steht sie im Zelt allein,
Die Augen trüb von Kummernebeln, bleich,
Der blassen Lilie wohl im Regen gleich:
Doch nimmer flößt gemeine Furcht ihr ein
Der Waffen Schall, des Himmels blut'ger Schein,
Des Kriegs Verderb, der Fall der Ritterschaft:
Mit stolzer Seele in der Liebe Kraft
Harrt sie des Königs ihres Herrn allein.
O Goldhaar! Purpurmund! O Angesicht,
Gemacht, daß jeder Mann nach dir entbrennt!
Du machst vergessen Mühe mich und Pflicht,
Den liebelosen Pfad, der Rast nicht kennt,
Der Zeit Gewalt, der Seele eitles Streben
Und Freiheit und republikan'sches Leben.
Wie die ein griechisches Gefäß betrachten
Voll schönen Bildereien von attischer Hand,
Göttin und Gott, Jungfrau und Mann, gebannt
Von all der Schönheit, nicht des Tags mehr achten
Und seiner Helle, muß ich so nicht schmachten
Nach reinen Glücks verschwiegnen Monden, sprich,
Seh ich antik erhaben mitten dich
Im Tempel Artemis', dem streng bewachten?
Und doch wär' lieber mir, du spieltest jene
Schlange vom Nil, die in des Zaubers Fron
Trunkne Cäsaren hielt – komm auf die Szene,
Großes Ägypten, mit all deiner Pracht!
Von Übersinnlichkeit schier krank gemacht,
Sei Aktium die Welt, ich dein Anton!
Wieder heben den Schatz, den verscharrten,
Wär' es wert das Erwarten?
Doch wie lernen der Liebe Sang,
Schon getrennt zu lang?
Und riefe die Zeit voll Glück
Ihre Toten zurück, –
Alles leben zum zweitenmal,
Wär' es wert die Qual?
Ich weiß noch unseren Gang
Zu der Efeubank,
Und dein Zwitschern, es klang so traut
Wie Vogellaut.
Deine Stimme bebte von Seele
Wie des Hänflings Kehle
Und schloß wie die Amsel im Lenz
So voll die Kadenz.
Wie Apriltage grau sonst und grün,
Doch sah ich erglühn
Deine Augen zum Amethyste,
Wenn ich stehen blieb und küßte.
Und dein Mund, Lieb, lächeltest du
Lang, lange mir zu,
Ganz von Lachen zitterte er
Lange, lange nachher.
Du bangtest immer vor Regen
Recht wie Blumen pflegen,
Ich weiß noch wie du in Angst
Dann mir entsprangst.
Ich weiß noch, ich konnt' dich nicht fangen –
Wem wär's besser ergangen?
Trugst du Flügel ganz leicht und licht
An den Füßen denn nicht?
Ich weiß noch dein Haar – wollt' ichs knüpfen,
Sah ich es stets entschlüpfen
Wie ein wirrer Goldsonnenstrahl.
Das war einmal!
Ich weiß noch so gut das Zimmer;
Der Flieder schlug immer
Im Juniregen, im linden,
An die Scheiben, die blinden.
Und dein Kleid, noch glaub' ich's zu schaun,
Es war bernsteinbraun,
Und die Schultern schmückten beide
Gelbe Maschen von Seide.
Dein französisches Spitzenmouchoir
Vor den Augen, fürwahr,
Sog ein Tränlein darin sich ein?
War es Regen allein?
In der Stimme, die Abschied mir bot,
War ein Schrei wilder Not,
In der Hand, die mir winkte, der bleichen,
Blauer Adern Zeichen.
»Du hast nur verwüstet dein Leben …«
O wie ließ das erbeben!
Als ich durchs Gartentor lief,
War der Riß schon zu tief.
Es leben nun noch einmal,
Wär' es wert der Qual?
Ruft je jene Zeit voll Glück
Ihre Toten zurück?
Wohl, muß denn brechen vor Schmerz
Um dich mein Herz,
Als Poetenherz bricht es, sieh,
In Melodie.
Doch wundersam, daß man nicht liest,
Wie das Hirn oft umschließt
In der dünnen Schale in Fülle
Gottes Himmel und Hölle.