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Außer diesem schönsten und großen Werke der höchsten Zeit der Kunst lebt dieselbe in den Münzen [des] Königs Philippus von Mazedonien, Alexanders des Großen und dessen nächsten Nachfolger: der sitzende Jupiter auf Alexanders Münzen in Silber kann uns ein Bild geben von dem olympischen Jupiter des Phidias; soviel Göttlichkeit ist auch in die kleinen Züge seines Gesichts gelegt, und die Arbeit ist zur höchsten Feinheit getrieben. Auch der schöne Kopf dieses Königs in Marmor, größer als die Natur, in der Galerie zu Florenz, könnte dieser Zeit würdig geachtet werden: ein kleinerer Kopf desselben in Lebensgröße im Campidoglio ist wie für eine Kopie nach jenem Kopf von der Hand eines guten Künstlers zu achten. Ein vermeinter Kopf des Alexander in Erz unter den herkulanischen Entdeckungen ist in den Augen desjenigen, welcher jene kennt und untersucht hat, nur mittelmäßig.
Man wird hier ein Urteil erwarten über zwei geschnittene Steine mit Köpfen des Alexander und des Phocion, auf welchen der Name Pyrgoteles steht, der nur allein das Recht hatte, den Kopf dieses Königs zu schneiden. Besagte Stücke sind in allen Schriften für eine Arbeit dieses Meisters erkannt, und es wird eine Verwegenheit scheinen, dem ersten das vorgegebene Altertum abzusprechen. Den Stein mit dem vermeintlichen Kopf des Phocion, welcher ein Cameo ist, hat weder Bellori, noch der Herr von Stosch, gesehen, sondern beide haben nur nach einem Abgusse geurteilt, welcher von einem schlechten Abdrucke in Siegellack genommen war: denn der Stein war in dem gräflichen Hause Castiglione, entfernt von Rom, und es war nicht zu erhalten, denselben nach Rom zu übermachen, um ihn richtig zu formen und in Schwefel abzugießen. Der jetzige Besitzer desselben ist der Herr Kardinal Alexander Albani, und ich kann von diesem Steine urteilen, weil ich ihn unter den Händen habe. Erstlich hat die Form der Buchstaben von dem Namen Phocion sowohl als des Pyrgoteles nicht das Altertum dieser Zeit; hernach ist die Arbeit unter dem Begriffe von einem so berühmten Künstler. Alt ist der Kopf, und 280 der Name Phocion wird es auch sein, aber nicht der Name der Person, sondern des Steinschneiders: der Name Pyrgoteles aber wird in neuern Zeiten zugesetzt worden sein. Herr Zanetti in Venedig besitzt einen diesem ähnlichen Stein, welches glaublich ebenderselbe ist von welchem Vasari Nachricht erteilt, von Alexander Cesari, mit dem Zunamen der Grieche, geschnitten: er wurde dem Besitzer von dem Fürst Wenzel von Liechtenstein geschenkt. Den vermeinten Kopf des Alexander ließ der Herr von Stosch nach einem Abdrucke von Wachs von Picard stechen, welcher über diesen Kopf, der halb so groß als das Kupfer ist, von ihm selbst war geformt worden; aber aus diesem Abdrucke war wenig zu urteilen. Dieses Stück ist nicht in dem Kabinette des Königs von Preußen, wie Natter vorgibt, sondern in den Händen des Grafen von Schönborn, welcher dem Herrn Kardinal Alexander Albani den Abdruck der Schrift und vornehmlich den Namen des Künstlers nach Rom übermachte, und man erkannte die Schrift für alt. Weiter kann ich nicht davon urteilen.
Bei Gelegenheit erinnere ich, daß der ehemals in Spanien zu Taragona gefundene Kopf mit dem Namen Demosthenes, welchen Fulvius Ursinus und Bellori nebst andern für das Bild des berühmten Redners aus dieser Zeit halten, eine andere Person vorstellen müsse. Denn zwei schöne Brustbilder in Erz, aber kleiner als die Natur, und das kleinste mit dem untergesetzten Namen Demosthenes, welches nebst den Bildern anderer berühmter Männer im Herculano gefunden ist, haben einen Bart, und jener Kopf, welcher diesem gar nicht ähnlich ist, hat das Kinn glatt; jene Köpfe sind also das wahre Bild des Redners.
Von einer Statue eines Jupiter Urius, das ist, der guten Wind verleiht, welche derjenige Philo, dessen Statue des Hephästion, Alexanders Liebling, sehr geschätzt wurde, kann gemacht haben, befindet sich noch die Base nebst der Inschrift zu Chalcedon am Schwarzen Meere: denn die Basen weggeführter Statuen blieben zurück.
In der Ordnung, in welcher Plinius die Künstler namhaft macht, könnte es scheinen, daß Apollonius und Tauriscus aus Rhodus, die Meister eines großen Werkes, aus einem einzigen Blocke Marmor, welches den Zethus und Amphion nebst ihrer Mutter 281 Antiope und ihrer Stiefmutter Dirke, an einen Ochsen gebunden, vorstellte, aus dieser Zeit gewesen. Man kann glauben, daß der sogenannte Farnesische Ochse eben dieses Werk sei, und es scheint nicht glaublich, daß man ein so ungewöhnlich großes Werk wiederholt habe. Aber die es weit unter dem Begriffe, den eine Arbeit aus guter Zeit geben sollte, und für eine sogenannte römische Arbeit halten, sind so wie alle, die von diesem Werke geschrieben haben, blind gewesen. Denn was das Schönste sein sollte, ist neu, was man auch schreiben mag, daß es ohne den geringsten Mangel in den Bädern von Caracalla gefunden worden und keine andere Hilfe nötig gehabt als die Zusammenfügung der gebrochenen Teile. Die oberste Hälfte der Dirke bis auf die Schenkel ist neu; am Zethus und Amphion ist nichts als der Rumpf alt und ein einziges Bein an der einen von beiden Figuren; die Köpfe derselben scheint der Ergänzer nach einem Kopfe des Caracalla gemacht zu haben; dieser Bildhauer hieß Battista Bianchi, ein Mailänder. Antiope, welche steht, und der sitzende junge Mensch, die sich fast völlig erhalten, hätten den großen Unterschied zeigen sollen. Man wird aufhören, sich zu verwundern, daß sich der Strick erhalten hat, wenn der Kopf des Ochsen, an welchem derselbe gebunden, neu ist. Aldrovandi beschreibt dieses Werk, ehe es ergänzt worden, und damals hielt man es für einen Herkules, welcher den Marathonischen Stier erlegt. In der Villa Borghese findet sich an der vordern Seite des Palastes ein noch nicht bemerktes seltenes erhabenes Werk, welches den Amphion und Zethus nebst Antiope, ihrer Mutter, in der Mitte vorstellt, wie die obengesetzten Namen der Figuren anzeigen. Amphion hat die Leier und Zethus, als ein Schäfer, seinen runden Hut auf die Schultern heruntergeworfen, nach Art der Pilgrime: ihre Mutter scheint die Söhne um Rache anzuflehen wider die Dirke. Eben diese Vorstellung und jener vollkommen ähnlich, aber ohne Namen, findet sich in der Villa Albani.
Nach Alexanders des Großen Tode erhoben sich Empörungen und blutige Kriege in den eroberten Reichen desselben und auch in Mazedonien selbst, unter dessen nächsten Nachfolgern, die um die hundertundvierundzwanzigste Olympias alle schon mit Tod abgegangen waren, und die Kriege dauerten fort auch unter den Nachfolgern und Söhnen 282 von diesen. Griechenland litt in kurzer Zeit durch feindliche Kriegsheere, mit welchen es so oft überschwemmt wurde, durch die fast jährliche Veränderung der Regierung und durch die großen Schatzungen, womit die Nation erschöpft wurde, mehr als in allen vorigen einheimischen Kriegen. Die Athenienser, bei welchen der Geist der Freiheit nach Alexanders Tode aufwachte, taten den letzten Versuch, sich von den Mazedoniern unabhängig zu machen, und brachten andere Städte wider den Antipater in Waffen, aber sie wurden nach einigen erhaltenen Vorteilen geschlagen und gezwungen, einen harten Frieden einzugehen, in welchem ihnen auferlegt wurde, die Unkosten des Krieges und noch überdem eine große Summe zu zahlen und in dem Hafen Munichia Besatzung einzunehmen. Ja ein Teil von den Bürgern wurde nach Thrazien geschickt, und hiermit hatte die Freiheit der Athenienser ein Ende. König Demetrius Poliorcetes ließ ihnen zwar wiederum einen Schatten derselben sehen; allein ihre unglaublichen Schmeicheleien und Niederträchtigkeiten gegen diesen Prinzen machten sie der Freiheit unwürdig, und der Genuß dauerte auch nur kurze Zeit. Von diesem und dem Könige Pyrrhus finden sich Münzen von dem allerschönsten Gepräge: auf den meisten von jenen steht auf der Rückseite ein auf das feinste gearbeiteter Neptunus, und die Münzen von Pyrrhus haben einen Kopf des Jupiter in der höchsten Idee oder einen schönen bärtigen Kopf, welches etwa ein Mars ist. Einige haben teils jenen, teils diesen für das Bildnis des Pyrrhus genommen, auf deren Ähnlichkeit sich auch die Benennung eines Kopfes bei Fulvius Ursinus gründet oder auf die Ähnlichkeit derselben mit dem Kopfe einer geharnischten großen Statue (des Mars), welche ehemals im Palaste Massimi war und jetzt im Campidoglio steht; und so verhält es sich wechselweise von der Statue mit den Münzen. Hierzu kommen die Elefantenköpfe auf den Flügeln, wie sie bei den Alten hießen, am Harnische, welche man etwa auf die ersten Elefanten wird gedeutet haben, die dieser König zuerst in Griechenland und Italien geführt: daher man dieselben auch an der Bekleidung der ergänzten neuen Füße angebracht hat. Dieser angenommenen Meinung zufolge hat Gori einen ähnlichen Kopf eines geschnittenen Steins in dem Großherzoglichen Museo zu Florenz einen Pyrrhus getauft. Dieser König aber hat vermutlich nach dem Gebrauche 283 seiner Zeit unter den Griechen entweder gar keinen oder sehr wenig von Bart, wie auf einer großen goldenen Münze desselben zu Florenz getragen, und es hat keiner von allen damaligen Königen einen Bart: denn die Griechen fingen an, unter Alexander dem Großen sich denselben abzunehmen. Es hat auch der von Montfaucon angeführte erhoben gearbeitete Kopf von Porphyr in der Villa Ludovisi nichts mit dem Pyrrhus zu schaffen. Pyrrhus findet sich wirklich mit einem glatten Kinne auf seinen Münzen, wie schon Pignorius bemerkt hat.
Die Kunst, welche von der Freiheit gleichsam das Leben erhalten, mußte also notwendig durch den Verlust derselben an dem Orte, wo dieselbe vornehmlich geblüht, sinken und fallen. Athen wurde unterdessen unter dem glimpflichen Regimente der mazedonischen Statthalter, sonderlich des Demetrius Phalereus, wiederum so volkreich, als es sonst gewesen war, und man sollte aus den dreihundertundsechzig Statuen von Erz, die ihm binnen Jahresfrist aufgerichtet wurden (unter welchen viele zu Wagen und zu Pferde waren), schließen, daß der mehrste Teil von Bürgern Künstler gewesen. Es scheint auch außerordentlich, daß die Athenienser damals eine Verordnung gemacht haben über goldene Statuen (ich wollte lieber glauben, vergoldete), welche die Stadt dem Demetrius Poliorcetes und dessen Vater Antigonus setzen wollte; ferner daß die Stadt Sigea dem Antiochus Soter eine goldene Statue zu Pferde zu setzen beschlossen: aber eben diese verschwenderische Schmeichelei gereichte zum Nachteile der Wahrheit und des Fleißes in der Kunst. Es ist übrigens gewiß, daß der Flor der Kunst nicht länger als nach Alexanders Tode bestanden, das ist, wie Plinius diese Zeit angibt, in der hundertundzwanzigsten Olympias.
Um diese Zeit hatten sich die Athenienser wider den Demetrius Poliorcetes, nachdem dessen Vater Antigonus in der Schlacht bei Ipsus geblieben war, empört, und Lachares hatte sich zum Haupte der Stadt aufgeworfen; Demetrius aber verjagte denselben aus Athen, befestigte das Museum und legte Besatzung hinein: er ließ die Athenienser ihren Abfall empfinden, welche die Umstände, in die sie gesetzt waren, für eine wirkliche Knechtschaft hielten. 284
Erste Zeichen des Verfalls
Der Fall des Flors der Kunst ist zu verstehen von Künstlern, welche sich von neuem hervorgetan: denn diejenigen, welche, als Lysippus, Apelles und Protogenes, besagte Zeit überlebt, werden nach ihrem Flore gerechnet. Die große Veränderung nach Alexanders Tode äußert sich auch in der Sprache und Schreibart der Griechen: denn ihre Schriften sind von dieser Zeit an größtenteils in dem sogenannten gemeinen Dialekt abgefaßt, welcher zu keiner Zeit oder an irgendeinem Orte die Mundart des Volkes war; es war eine Sprache der Gelehrten, so wie es die lateinische jetzt ist.
Die Kunst, welche Not in Griechenland litt, wurde von den Seleucidern nach Asien gerufen, und die dortigen Künstler machten denen, die in Griechenland geblieben waren, den Vorzug streitig. Hermokles aus Rhodus, welcher die Statue des schönen Combabus machte, blühte an dem Hofe der ersten von diesen Königen. Ktesias, welcher einen sterbenden Fechter machte, war vielleicht unter den Künstlern dieses Hofes: denn Antiochus Epiphanes, König in Syrien, führte die Fechterspiele, welche den Griechen nicht bekannt waren, in Asien ein; er ließ Fechter von Rom kommen, und die Griechen, welche anfänglich diese Spiele nicht ohne Abscheu sahen, verloren durch die Gewohnheit die Empfindung; bei den Kretensern allein waren schon vor dieser Zeit Fechterspiele üblich, und es erschienen auch die geehrtesten Frauen bei denselben. Da in folgenden Zeiten zu Korinth ein Fechterspiel sollte aufgeführt werden, sagte jemand, man müsse den Altar der Barmherzigkeit und des Mitleidens umwerfen, bevor man sich diese Spiele anzusehen entschließe.
Nach Ägypten wurde die Kunst durch die Freigebigkeit des Ptolemäus gezogen, und Apelles selbst ging nach Alexandrien: die griechischen Könige in Ägypten waren die mächtigsten und reichsten unter allen Nachfolgern Alexanders des Großen. Sie unterhielten ein Kriegsheer, wenn man dem Appianus von Alexandrien glauben darf, von zweimal hunderttausend zu Fuß und von dreißigtausend zu Pferde: sie hatten dreihundert zum Kriege abgerichtete Elefanten und zweitausend Streitwagen. Ihre Seemacht wäre nicht weniger groß gewesen: gedachter Skribent redet 285 von tausendundzweihundert dreirudrigen bis fünfrudrigen Schiffen. Alexandrien wurde unter dem Ptolemäus Philadelphus beinahe, was Athen gewesen war: die größten Gelehrten und Dichter verließen ihr Vaterland und fanden ihr Glück daselbst: Euklides lehrte hier die Geometrie; der Dichter der Zärtlichkeit, Theocritus, sang hier dorische Hirtenlieder, und Callimachus pries mit einer gelehrten Zunge die Götter. Der prächtige Aufzug, welchen gedachter König zu Alexandrien hielt, zeigt, was für eine Menge Bildhauer in Ägypten müssen gewesen sein: es wurden Statuen zu Hunderten herumgeführt, die man nicht aus Tempeln wird entlehnt haben, und in dem großen Gezelte, welches bei Athenäus beschrieben wird, lagen hundert verschiedene Tiere von Marmor, von den vornehmsten Künstlern gearbeitet.
Um diese Zeit äußerte sich zuerst ein verderbter Geschmack unter den Griechen, an welchem das Hofleben ihrer Dichter einen großen Anteil hatte, und dieses war dasjenige Übel, welches zu unsern Zeiten Pedanterie heißt. Callimachus und Nikander aus der sogenannten Plejas oder dem Siebengestirn der Dichter, an dem Hofe des Ptolemäus Philadelphus, suchten mehr Gelehrte als Dichter zu erscheinen und sich mit alten und fremden Worten und Redensarten zu zeigen, und sonderlich Lykophron, einer unter diesen sieben, wollte lieber besessen als begeistert scheinen und mit Schweiß und Pein verstanden werden als gefallen; er scheint der erste unter den Griechen zu sein, welcher anfing, mit Anagrammen zu spielen. Die Dichter machten Altäre, Flöten, Beile und Eier aus Versen; selbst Theocritus hat ein Wortspiel gemacht. Zu verwundern aber ist, daß Apollonius Rhodius, ebenfalls unter den sieben Dichtern, sehr oft wider die bekanntesten Regeln der Sprache verstoßen hat. Dergleichen von meinem Vorhaben entfernt scheinende Anmerkung kann alle Zeit zu gewissen allgemeinen Mutmaßungen dienen: denn ein Dichter wie Lykophron, welcher den Beifall des Hofes und seiner Zeit erhält, gibt nicht den besten Begriff von dem herrschenden Geschmacke, und die Schicksale der Kunst und der Gelehrsamkeit sind sich mehrenteils sehr ähnlich gewesen und haben sich begleitet. Da im vorigen Jahrhunderte eine schädliche Seuche in Italien, so wie in allen Ländern, wo Wissenschaften geübt werden, überhand nahm, welche das Gehirn der Gelehrten mit üblen Dünsten 286 anfüllte und ihr Geblüt in eine fiebermäßige Wallung brachte, woraus der Schwulst und ein mit Mühe gesuchter Witz in der Schreibart entstand, zu eben der Zeit kam eben die Seuche auch unter die Künstler. Giuseppe Arpino, Bernini und Borromini verließen in der Malerei, Bildhauerei und Baukunst die Natur und das Altertum, so wie es Marino und andere in der Dichtkunst taten.
Von den ersten und besten Künstlern, welche aus Griechenland nach Alexandrien gingen, sind vermutlich diejenigen Statuen in Porphyr gearbeitet, welche sich in Rom befinden, die vom Kaiser Claudius und nur allein von demselben, wie Plinius berichtet, aus Ägypten gebracht worden. Ein schöner Sturz von einer Pallas steht am Aufgange zum Campidoglio, eine Pallas mit einem Kopfe von Marmor ist in der Villa Medicis, und die allerschönste Statue nicht allein in Porphyr, sondern man kann auch sagen, unter den schönsten aus dem Altertume, ist eine vermeinte Muse, von andern wegen ihres Diadema eine Juno genannt, über Lebensgröße in der Villa Borghese, deren Gewand ein Wunderwerk der Kunst ist. Unterdessen sind auch zu Rom Statuen in Porphyr gearbeitet, wie ein Brustbild mit einem Panzer in dem Palaste Farnese zeigt, welches nur angelegt und nicht völlig geendigt ist: es wurde im Campo Marzo zu Rom gefunden, wie Pirro Ligorio in seinen Handschriften in der Vatikanischen Bibliothek berichtet. Es werden auch verschiedene Statuen gefangener Könige in diesem Steine in der Villa Borghese, Medicis und anderwärts, in Rom selbst gearbeitet sein. Hermokles von Rhodus ist einer von den Bildhauern, welche sich in dieser Zeit berühmt gemacht haben. Unter dem Ptolemäus Philadelphus war ein Steinschneider Satyrius berühmt, welcher dessen Gemahlin Arsinoë in Kristall geschnitten hatte.
Die griechische Kunst aber wollte in Ägypten, als unter einem ihr fremden Himmel, nicht Wurzel fassen, und sie verlor unter der Pracht an den Höfen der Seleucider und Ptolemäer viel von ihrer Größe und von ihrem wahren Verständnisse. In Groß-Griechenland erfolgte ihr gänzlicher Fall: sie hatte hier, nebst der Philosophie des Pythagoras und des Zeno von Elea, in so vielen freien und mächtigen Städten geblüht und wurde durch die Waffen und Barbarei der Römer vertilgt. 287
Die Zeit des Achäischen Bundes
In Griechenland selbst aber stieg aus der übriggebliebenen Wurzel der Freiheit, die durch viele Tyrannen, welche sich unter dem Könige Antigonus Gonatas in Mazedonien und durch dessen Handreichung aufgeworfen hatte, war gekränkt worden, eine neue Sprosse hervor, und aus der Asche ihrer Voreltern wurden einige große Männer erweckt, die sich der Liebe ihres Vaterlandes aufopferten und den Mazedoniern und den Römern ein großes Aufmerken machten. Es unternahmen drei oder vier in der Geschichte kaum bekannte Städte, in den 124. Olympias, sich der Herrschaft der Mazedonier zu entziehen: es gelang ihnen, die Tyrannen, welche sich in jeder Stadt aufgeworfen hatten, teils zu verjagen, teils zu ermorden, und weil man das Bündnis dieser Städte von keiner Folge hielt, blieben sie ungekränkt: dieses war der Grund und Anfang zu dem berühmten Achäischen Bunde. Viele große Städte, ja selbst Athen, welche diesen Entschluß nicht gewagt hatten, fanden sich beschämt und suchten mit gleichem Mute die Herstellung ihrer Freiheit. Endlich trat ganz Achaja in ein Bündnis, entwarf neue Gesetze und eine besondere Form in der Regierung; und da die Lazedämonier und Ätolier aus Eifersucht gegen sie aufstanden, so traten Aratus und Philopoemenes, die letzten Helden der Griechen, und jener schon im zwanzigsten Jahre seines Alters, an ihre Spitze und waren mutige Verteidiger der Freiheit.
Griechenland aber war von seinem ehemaligen Flore sehr abgefallen, und die Verfassung der Städte, sogar zu Sparta, welche bis auf diese Zeit an vierhundert Jahre unverändert geblieben war, hatte nach der Schlacht bei Leuctra eine andere Gestalt bekommen. Nachdem der spartanische König Kleomenes wegen seiner despotischen Absichten aus seinem Vaterlande nach Ägypten hatte flüchtig werden müssen, regierten die Ephori allein; nach jenes Tode aber schritt man von neuem zu einer Königswahl, und neben dem Agesipolis, welcher noch ein Kind war, wurde die höchste Würde dem Lycurgus ausgewirkt, dessen Vorfahren nicht aus königlichem Geblüte waren, und dieses erhielt er durch ein Talent, welches er jedem Ephoro gab. Es mußte aber derselbe ebenfalls flüchtig werden und wurde wiederum zurückgerufen: dieses geschah in 288 der 140. Olympias. Nicht lange hernach, da Sparta nach dem Tode [des] Königs Pelops von verschiedenen Tyrannen, und zuletzt von Nabis regiert wurde, verteidigte dieser die Stadt mit fremden Völkern.
Da der Krieg in gedachter Olympias zwischen den Achäern und Ätoliern ausbrach, ging die Erbitterung beider Teile gegeneinander so weit, daß sie damals sogar anfingen, wider die Werke der Kunst zu wüten. Als die Ätolier in eine mazedonische Stadt, Dios genannt, aus welcher die Einwohner geflüchtet waren, ohne Widerstand einzogen, rissen sie die Mauern derselben um und die Häuser nieder; die Hallen und die bedeckten Gänge um die Tempel wurden in Brand gesteckt und alle Statuen daselbst zerschlagen. Ebensolche Wut verübten die Ätolier in dem Tempel des Jupiter zu Dodona in Epirus; sie verbrannten die Galerien, vernichteten die Statuen und richteten den Tempel selbst zugrunde; und Polybius führt in einer Rede eines akarnanischen Gesandten viele andere Tempel an, welche von den Ätoliern ausgeplündert worden. Ja die Landschaft Elis, welche bisher wegen der öffentlichen Spiele von feindlichen Parteien verschont geblieben war und das Recht einer Freistätte genoß, wurde von der 140. Olympias an ebenso wie andere Länder von den Ätoliern heimgesucht. Die Mazedonier aber unter dem Könige Philippus und die Achäer verübten das Recht der Wiedervergeltung fast auf eben die Weise zu Therma, der Hauptstadt der Ätolier, verschonten aber doch die Statuen und Bildnisse der Götter: da aber dieser König zum zweiten Male nach Therma kam, ließ er die Statuen, welche er vorher [hatte] stehen lassen, zugrunde richten. Eben dieser König ließ in der Belagerung der Stadt Pergamus seine Wut wider die Tempel aus, welche er, nebst den Statuen in denselben, dermaßen zerstörte, daß auch die Steine selbst zertrümmert wurden, um zu verhindern, daß dieselben nicht zur Wiederaufbauung der Tempel dienen könnten: dieses gibt Diodorus dem Könige in Bithynien schuld, welches vermutlich ein Versehen sein muß. In dieser Stadt war ein berühmter Aesculapius von Phylomachus gearbeitet, welcher Künstler bei andern Phyromachus heißt. Athen war zu Anfang dieses Krieges ruhig gewesen, weil die Stadt gänzlich von den Mazedoniern und von dem Könige in Ägypten abhing; durch diese Untätigkeit aber waren sie von ihrem Ansehen und [ihrer] Achtung unter den Griechen gänzlich heruntergefallen: und da die Stadt von den 289 Mazedoniern abging, rückte König Philippus in ihr Gebiet, verbrannte die Akademie vor der Stadt, plünderte die Tempel aus und ließ auch die Gräber nicht verschont. Da die Achäer in seinen Vorschlag wider Sparta und den Tyrannen Nabis nicht willigen wollten, ging er von neuem in das attische Gebiet und zerstörte die Tempel, welche er kurz zuvor ausgeplündert hatte, schlug die Statuen in Stücke und ließ auch die Steine zertrümmern, damit sie nicht zur Wiederherstellung der Tempel brauchbar sein möchten. Diese verübte Grausamkeit war es, welche vornehmlich die Athenienser bewegte, wider den König eine Verordnung zu machen, wodurch alle Statuen desselben sowohl als von Personen aus dessen Hause beiderlei Geschlechts sollten umgeworfen und vernichtet werden; alle Orte, wo irgend etwas zu des Königs Ehre von Inschriften gesetzt war, wurden für unheilig und schändlich erklärt. In dem Kriege wider den König Antiochus in Syrien ließ der Konsul Marcus Acilius, nach seinem Siege bei Thermopylä, den Tempel der itonischen Pallas in Böotien, worinnen des gedachten Königs Statue stand, zerstören. Die Römer, welche bisher in feindlichen Orten die Tempel verschont hatten, fingen nunmehr auch an, nach ihrer Meinung, das Recht der Wiedervergeltung zu üben und plünderten in der Insel Bachium, welche Phocäa gegenüberliegt, die Tempel aus und führten die Statuen mit sich fort. In eben oben erzählten Umständen befand sich Griechenland in der 140. Olympias.
Die Ätolier gingen so weit in der Feindseligkeit gegen die Achäer, daß sie die Römer zu Hilfe riefen, welche damals zuerst ihren Fuß auf den griechischen Boden setzten; die Achäer hingegen hatten die Partei der Mazedonier ergriffen. Nach einem Siege, welchen Philopoemenes, der Feldherr des Bundes, wider die Ätolier und ihren Beistand erfocht, traten die Römer, da sie besser von den Umständen in Griechenland unterrichtet waren, von denen ab, welche sie gerufen hatten und zogen die Achäer an sich, welche mit ihnen Korinth eroberten und den König Philippus von Mazedonien schlugen. Dieser Sieg wirkte einen berühmten Frieden, in welchem sich der König der Entscheidung der Römer unterwarf und sich bequemen mußte, alle Plätze in Griechenland abzutreten und aus allen Orten seine Besatzungen zu räumen, und dieses vor den bevorstehenden isthmischen Spielen. In diesen Umständen nahmen 290 die Römer ein empfindliches Herz an gegen die Freiheit eines andern Volks, und der Prokonsul Quintus Flaminius hatte im dreiundreißigsten Jahre seines Alters die Ehre, die Griechen für freie Leute zu erklären die ihn fast anbeteten.
Dieses geschah in der 145. Olympias, 194 Jahre vor der christlichen Zeitrechnung; und es scheint, daß Plinius diese Olympias, und nicht die 155. gesetzt gehabt, wenn er berichtet, daß die Künste in derselben wiederum zu blühen angefangen. Denn in der 155. waren die Römer als Feinde in Griechenland; die Künste aber können ohne eine besondere glückliche Anscheinung niemals emporkommen. Bald hernach wurde den Griechen ihre Freiheit durch den Paullus Ämilius bestätigt. Die Zeit, in welcher die Künste in Griechenland niedergelegen, wird gewesen sein wie die Zeit von Raffael und Michelangelo bis auf die Carracci. Die Kunst fiel damals in der römischen Schule selbst in eine große Barbarei, und auch diejenigen Künstler, die von der Kunst schrieben, als Vasari und Zuccari, waren wie mit Blindheit geschlagen. Die Gemälde der beiden größten Meister in der Kunst waren in ihrem völligen Glanze und im Angesichte derjenigen gemacht, die, wie ihre Arbeit zeigt, niemals ein aufmerksames Auge auf dieselben gerichtet, und keine einzige alte Statue betrachtet zu haben scheinen. Dem älteren Carracci gingen in Bologna zuerst die Augen wiederum auf.
Flor der Kunst in Sizilien
Zu der Zeit, da die Künste in Griechenland lagen und die Werke derselben gemißhandelt wurden, blühten dieselben in Sizilien auch in den größten Unruhen unter dem Könige Agathokles und im währenden Kriege desselben mit den Karthaginensern und im ersten Punischen Kriege. Von diesem Flor der Kunst zeugen die außerordentlich schönen Münzen gedachten Königs in Gold und Silber in verschiedener Größe, welche insgemein auf der einen Seite einen Kopf der Proserpina und auf der anderen eine Victoria vorstellen, die einen Helm auf ein Siegeszeichen setzt, welches Rüstungen auf den Stamm eines Baums gehängt sind. Dieser Flor der Kunst dauerte auch unter dem Könige Hiero II. zu Syrakus: dieser ließ unter andern großen Werken das im ganzen 291 Altertum berühmte Schiff von zwanzig Reihen Ruder, an jeder Seite, bauen, welches mehr einem Palaste als einem Schiffe ähnlich war. Es waren Wasserleitungen, Gärten, Räder und Tempel auf demselben, und in einem Zimmer war der Fußboden von Mosaik oder mit kleinen Steinen ausgelegt, welches die ganze Ilias vorstellte. Er sandte dem römischen Volke zu der Zeit, da Hannibal allenthalben Sieger war, eine Flotte mit Getreide und eine goldene Victoria, welche dreihundertundzwanzig Pfund wog. Diese nahm der Senat an, da derselbe, obwohl in dem äußersten Mangel, von vierzig goldenen Schalen, welche die Abgeordneten der Stadt Neapel brachten, nur eine, und zwar die leichteste, annahm, und diejenigen goldenen Schalen, welche die Stadt Pästum in Lucanien sandte, wurden den Gesandten derselben mit Danksagung zurückgegeben. Nicht lange nach den Zeiten des Agathokles ist eine Münze der Stadt Segesta in Sizilien geprägt, welche einige Aufmerksamkeit verdient, nicht sowohl in Absicht der Kunst als vielmehr der Seltenheit derselben und in Absicht der Zeitrechnung. Auf der einen Seite ist ein weiblicher Kopf, welcher die Egesta, des Hippotes aus Troja Tochter, vorstellt, von welcher die Stadt den Namen führte. Auf der andern Seite ist ein Hund nebst drei Kornähren, welche den fruchtbaren Boden bedeuten. Der Hund ist ein Bild des Flusses Crimisus, welcher sich in dieses Tier verwandelte, um die Egesta zu genießen, welche von ihrem Vater hierher geschickt war, ihr Leben zu retten. Denn da Neptunus mit dem Apollo den verdienten Lohn wegen aufgeführter Mauern der Stadt Troja vom Laomedon nicht erhielten, schickte derselbe ein schreckliches Ungeheuer wider die Stadt, dessen Mut, nach dem Ausspruche des Orakel des Apollo, die vornehmsten Jungfrauen von Troja sollten ausgesetzt werden. Das Merkwürdigste dieser Münze ist der Name Egesta und Segesta zu gleicher Zeit. Diese von den Karthaginensern belagerte Stadt wurde vom Cajus Duillius in der 129. Olympias entsetzt, und neunzehn Jahre hernach wurden die Karthaginenser durch den Cajus Lutatius Catulus aus Sizilien verjagt, und diese Insel wurde eine römische Provinz, das Reich des Hieron ausgenommen: in dieser Provinz aber ließ man einigen Städten, unter welchen Segesta genannt ist, den völligen Genuß ihrer Freiheit. Die angegebenen neunzehn Jahre finden sich auf dieser Münze mit ⌶ Ι Β. angezeigt, wenn wir den Inhalt dieser Zahl 292 teilen: denn ⌶ oder Ζ ist sieben und Ι Β zwölf; ungeteilt sollte sie Ι Θ geschrieben sein. Ich bin der Meinung, daß die Segestaner die Zeit von dem Entsatze an bis zur Eroberung von Sizilien, in welcher ihnen ihre alte Freiheit wider Vermuten bestätigt worden, auf dieser Münze haben erhalten wollen, und daß sie damals den Namen Egesta in Segesta verändert.
In gedachter Wiederherstellung der Künste in Griechenland haben sich Antheus, Callistratus, Athenäus, Polykles, der Meister des schönen Hermaphrodites, Metrodorus, der Maler und Philosoph und einige andere bekanntgemacht: der schöne Hermaphrodit in der Villa Borghese könnte für jenen gehalten werden; ein anderer ist in der Großherzoglichen Galerie zu Florenz, und der dritte liegt in den Gewölben gedachter Villa. Apollonius, des Nestors Sohn von Athen, ist auch vermutlich aus dieser Zeit: denn nach der Form der Buchstaben seines Namens an dem sogenannten Torso im Belvedere muß er einige Zeit nach Alexander dem Großen gelebt haben.
Der Torso des Herkules
Auf das äußerste gemißhandelt und verstümmelt und ohne Kopf, Arme und Beine, wie diese Statue ist, zeigt sie sich noch jetzt denen, welche in die Geheimnisse der Kunst hineinzuschauen vermögend sind, in einem Glanze von ihrer ehemaligen Schönheit. Dieser Künstler hat ein hohes Ideal eines über die Natur erhabenen Körpers und eine Natur männlich vollkommener Jahre, wenn dieselbe bis auf den Grad göttlicher Genügsamkeit erhöht wäre, in diesem Herkules gebildet, welcher hier erscheint, wie er sich von den Schlacken der Menschheit mit Feuer gereinigt und die Unsterblichkeit und den Sitz unter den Göttern erlangt hat. Denn er ist ohne Bedürfnis menschlicher Nahrung und ohne ferneren Gebrauch der Kräfte vorgestellt. Es sind keine Adern sichtbar, und der Unterleib ist nur gemacht, zu genießen, nicht zu nehmen, und völlig, ohne erfüllt zu sein. Er hat, wie die Stellung des übrigen Restes urteilen läßt, mit gestütztem und aufwärts gerichtetem Haupte gesessen, welches mit einer frohen Überdenkung seiner vollbrachten großen Taten wird beschäftigt gewesen sein; wie selbst der Rücken, welcher gleichsam in 293 hohen Betrachtungen gekrümmt ist, anzudeuten scheint. Die mächtig erhabene Brust bildet uns diejenige, auf welcher der Riese Geryon erdrückt worden, und in der Länge und Stärke der Schenkel finden wir den unermüdeten Held, welcher den Hirsch mit ehernen Füßen verfolgte und erreichte und durch unzählige Länder bis an die Grenzen der Welt gezogen ist. Der Künstler bewundere in den Umrissen dieses Körpers die immerwährende Ausfließung einer Form in die andere und die schwebenden Züge, die nach Art der Wellen sich heben und senken und ineinander verschlungen werden: er wird finden, daß sich niemand im Nachzeichnen der Richtigkeit versichern kann, indem der Schwung, dessen Richtung man nachzugehen glaubt, sich unvermerkt ablenkt und durch einen andern Gang, welchen er nimmt, das Auge und die Hand irre macht. Die Gebeine scheinen mit einer fettigen Haut überzogen, die Muskeln sind feist ohne Überfluß, und eine so abgewogene Fleischigkeit findet sich in keinem andern Bilde: ja man könnte sagen, daß dieser Herkules einer höhern Zeit der Kunst näher kommt als selbst der Apollo. Es befinden sich in der prächtigen Sammlung der Zeichnungen des Herrn Kardinals Alexander Albani die Studien der größten Künstler nach diesem Torso, aber es sind dieselben alle gegen das Original wie ein schwach zurückgeworfenes Licht. Apollonius, der Künstler dieses Werks, ist bei den Skribenten nicht bekannt; es irrt auch Dubos, wenn er vorgibt, daß Plinius mit Vorzüglichkeit von der Statue des Farnesischen Herkules rede; er gedenkt weder derselben, noch des Glykon, welcher sie gemacht.
Der Torso des Herkules scheint eines der letzten vollkommenen Werke zu sein, welche die Kunst in Griechenland vor dem Verluste der Freiheit hervorgebracht hat. Denn nachdem Griechenland zu einer römischen Provinz gemacht war, findet sich bis auf die Zeit der römischen Triumvirate keine Meldung eines berühmten Künstlers dieser Nation. Die Griechen aber verloren die Freiheit einige vierzig Jahre darauf, nachdem sie von Quintus Flaminius für freie Leute erklärt waren; und die Unruhen, welche die Häupter des Achäischen Bundes erregten, noch mehr aber die Eifersucht der Römer über diesen Bund waren die Ursachen davon. Die Römer waren nach dem Siege über den König Perseus in Mazedonien Herren von diesem Reiche geworden und hatten sich 294 vor besagtem Bündnisse der Griechen, so wie diese vor der Macht der ihnen gefährlichen Nachbarn, beständig zu fürchten. Da nun die Römer durch den Metellus vergebens gesucht hatten, in ein gutes Vernehmen mit den Griechen zu treten, wie uns die römischen Geschichtschreiber berichten, so kam endlich Lucius Mummius, schlug die Griechen bei Korinth und nahm diese Stadt, als das Haupt des Achäischen Bundes, ein und zerstörte dieselbe. Dieses geschah in der 156. Olympias, in eben dem Jahre, da Karthago erobert wurde. Durch die Plünderung von Korinth kamen die ersten Werke der Kunst aus Griechenland selbst nach Rom, und Mummius machte durch dieselben seinen Einzug prächtig und merkwürdig: Plinius glaubt, der berühmte Bacchus des Aristides sei das erste Gemälde, welches damals aus Griechenland nach Rom gebracht worden. Die ältesten und hölzernen Statuen blieben in der zerstörten Stadt; unter diesen war ein vergoldeter Bacchus, dessen Gesicht rot angestrichen war; ein Bellerophon von Holz, mit den äußersten Teilen von Marmor; ingleichen ein Herkules von Holz, welchen man für ein Werk des Dädalus hielt. Was im übrigen den Römern von einigem Werte schien, wurde fortgeführt, sogar die Gefäße von Erz, welche innerhalb der Sitze des Theaters standen, um den Ton zu verstärken.
Plünderungen
Fabretti scheint geneigt zu sein zu glauben, daß zwei Statuen im Hause Carpegna zu Rom, aus welchen man durch fremde aufgesetzte Köpfe einen Marcus Aurelius und einen Septimius Severus gemacht, unter denjenigen Statuen gewesen, welche Mummius aus Griechenland brachte, weil auf ihrer beider Base M. MVMMIVS COS. stand, ungeachtet jener Lucius hieß: die aber die Kunst verstehen, finden an denselben eine Arbeit viel niedrigerer Zeiten. Jene Basen sind vermutlich verloren gegangen, da man neue Füße mit neuen Basen, ohne Inschrift, aus einem Stücke gemacht und ergänzt hat.
Gegen die Menge von Statuen und Gemälden, mit welchen alle Städte und Orte in Griechenland angefüllt waren, wäre dieser Raub endlich zu verschmerzen gewesen: allein den Griechen muß der Mut gefallen sein, auf öffentliche Werke der Kunst Kosten zu verwenden, da 295 dieselben von diesen Zeiten an den Begierden ihrer Überwinder ausgesetzt waren; und in der Tat wurde Griechenland nunmehr ein beständiger Raub der Römer. Marcus Scaurus nahm, als Aedilis, der Stadt Sikyon alle ihre Gemälde aus Tempeln und öffentlichen Gebäuden wegen rückständiger Schulden an Rom, und sie dienten ihm zur Auszierung seines prächtigen Theaters, welches er auf einige Tage bauen ließ. Aus Ambracia, der Residenz der Könige in Epirus, wurden alle Statuen nach Rom geführt, unter welchen die neun Musen waren, die in dem Tempel des Herkules Musarum gesetzt wurden; und man schickte sogar Gemälde mitsamt der Mauer außer Griechenland, wie Muräna und Varro während ihres Aedilats mit Gemälden zu Sparta taten. Mit einer Atalanta und Helena zu Lanuvium im Latio wollte man dergleichen Versetzung unter dem Caligula nicht wagen. Man kann sich also vorstellen, daß die Künstler, sonderlich Bildhauer und Baumeister, wenig Gelegenheit gehabt haben, sich zu zeigen. Unterdessen wurden, wie es scheint, noch alle Zeit den Siegern in den olympischen Spielen zu Elis Statuen aufgerichtet, und der letzte, von welchem sich Nachricht findet, hieß Mnesibulus, welcher in der 255. Olympias, zu Anfang der Regierung [des] Kaisers Marcus Aurelius, den Sieg erhielt.
Was von Tempeln, Gebäuden und Statuen in Griechenland gemacht wurde, geschah mehrenteils auf Kosten einiger Könige in Syrien, Ägypten und anderer. Der Königin Laodice, [des] Königs Seleucus Tochter und des Perseus Gemahlin, wurde zu Delos eine Statue gesetzt, für ihre Freigebigkeit gegen die Einwohner und gegen den Tempel des Apollo auf dieser Insel. Die Base, auf welcher die Inschrift ist, die dieses anzeigt, befindet sich unter den Arundellischen Marmorn. Antiochus IV. in Syrien ließ verschiedene Statuen um den Altar des Apollo gedachten Tempels setzen.
Daß Antiochus Epiphanes, König in Syrien, einen römischen Baumeister, Cossutius, von Rom nach Athen kommen ließ, den Tempel des olympischen Jupiter, welcher seit des Pisistratus Zeit unvollendet geblieben war, auszubauen, könnte ein Beweis scheinen von der Seltenheit geschickter Leute in dem ehemaligen Sitze der Kunst; es kann aber auch aus Gefälligkeit und Schmeichelei gegen die Römer geschehen sein. In eben der Absicht scheint König Ariobarzanes Philopator II. in 296 Kappadozien, zwei römische Baumeister, den Cajus Stallius und dessen Bruder Marcus, nebst einem Griechen Menalippus, genommen zu haben, da er den Atheniensern das Odeum wieder aufbauen ließ, welches Ariston, des Mithridates Feldherr, in der Belagerung des Sylla zum Teile hatte niederreißen lassen.
Griechische Künstler in Syrien
In Asien und an dem Hofe der Könige in Syrien erging es der griechischen Kunst, wie wenn ein Licht, ehe es aus Mangel der Nahrung verlöscht, vorher in eine helle Flamme auflodert und alsdann verschwindet. Antiochus IV., der jüngere Sohn Antiochus' des Großen, welcher seinem ältern Bruder Seleucus IV. in der Regierung folgte, liebte die Ruhe und suchte seine Tage wollüstig zu genießen: die Kunst und die Unterredung mit den Künstlern war seine vornehmste Beschäftigung; er ließ nicht allein für sich, sondern auch für die Griechen arbeiten. In dem Tempel des Jupiter zu Antiochia, welcher ohne Decke geblieben war, ließ er dieselbe vergoldet machen und alle Mauern inwendig mit vergoldeten Blechen belegen, und in demselben ließ er eine Statue der Gottheit, in der Größe des olympischen Jupiters des Phidias, setzen. Den Tempel des olympischen Jupiters zu Athen, den einzigen, welcher, wie die Alten sagen, der Größe des Jupiters anständig war, ließ er prächtig ausbauen, und den Tempel des Apollo zu Delos ließ er mit einer Menge Altäre und Statuen auszieren; der Stadt Tegea baute er ein prächtiges Theater von Marmor. Mit dieses Königs Tode scheint auch die Kunst der Griechen in Syrien ausgestorben zu sein: denn da den syrischen Königen nach der Schlacht bei Magnesia das Gebirge Taurus zur Grenze gesetzt war, und sie sich alles dessen, was sie in Phrygien und in dem Ionischen Asien besessen hatten, begeben mußten, so war dadurch die Gemeinschaft mit den Griechen gleichsam abgeschnitten, und jenseits des Gebirges war nicht das Land, wo sich eine Schule griechischer Künstler erhalten konnte. Nach gedachtem Siege über dieses Königs Vater brachte Lucius Scipio eine unglaubliche Menge Statuen nach Rom, und dieses geschah in der 147. Olympias. Wenn es wahr ist, was Fulvius Ursinus sagt und wissen konnte, daß der schöne Kopf des 297 Bruders dieses Scipio, des älteren Africanus, von Basalt, im Palaste Rospigliosi zu Liternum, unweit Cuma, gefunden worden, wo dieser große Mann sein Leben beschlossen hat, so wäre dieser Kopf ein Denkmal aus dieser Zeit. Statuen desselben, welche ein neuer römischer Dichter kühnlich anführt, finden sich nicht von Scipio. Die Münzen der Nachfolger des kunstliebenden Königs in Syrien zeugen von dem Falle derselben, und eine silberne Münze [des] Königs Philippus XXIII., von Seleucus an gerechnet, gibt einen deutlichen Beweis, daß die Kunst sich von dem Hofe dieser Könige weggezogen hatte. Sowohl der Kopf dieses Prinzen als der sitzende Jupiter auf der Rückseite scheinen kaum von Griechen gemacht zu sein. Überhaupt sind die Münzen fast aller Seleucider schlechter als [die] der geringsten griechischen Städte geprägt, und auf Münzen der parthischen Könige mit einer griechischen und zum Teil zierlichen Schrift erscheint schon die Barberei in der Zeichnung und in dem Gepräge. Gleichwohl sind dieselben ohne Zweifel von griechischen Meistern gemacht: denn die parthischen Könige wollten das Ansehen haben, große Freunde der Griechen zu heißen und setzten diesen Titel sogar auf ihre Münzen.
Bithynien und Pergamus
In Kleinasien blieben die Könige in Bithynien und zu Pergamus große Beförderer der griechischen Kunst, nachdem dieselbe bereits in Syrien gefallen war: Attalus und Eumenes, dessen Bruder, suchten sich die Griechen durch große Freigebigkeiten zu verbinden, und jenem errichtete die Stadt Sikyon aus Dankbarkeit eine kolossalische Statue, neben einem Apollo, auf dem öffentlichen Platze der Stadt. Dieser hatte sich in Griechenland dermaßen beliebt gemacht, daß ihm die meisten peloponnesischen Städte Säulen aufrichteten. Zu Pergamus ließen diese Könige eine große Bibliothek anlegen; es wurden aber auch von den Gelehrten an diesem Hofe untergeschobene Schriften unter dem falschen Namen älterer Skribenten geschmiedet, und die Gelehrten in Alexandrien stritten mit jenen um den Vorzug in diesem Betruge. Man sollte beinahe hieraus schließen, daß auch in der Kunst mehr Kopien als eigene ursprüngliche Werke hervorgebracht worden. 298
Griechische Kunst unter den Ptolemäern
In Ägypten hatte die Kunst und Gelehrsamkeit unter den drei ersten Ptolemäern geblüht, und sie waren besorgt, auch die Werke der ägyptischen Kunst zu erhalten. Ptolemäus Evergetes soll nach seinem Siege wider den König in Syrien Antiochus Theos 2500 Statuen nach Ägypten gebracht haben, unter welchen viele waren, welche Kambyses aus Ägypten weggeführt hatte. Die hundert Baumeister, welche dessen Sohn und Nachfolger Philopator, nebst unglaublichen Geschenken, der Stadt Rhodus, die durch ein Erdbeben sehr gelitten hatte, zusandte, können von der Menge der Künstler an diesem Hofe zeugen. Aber die Nachfolger des Evergetes waren alle, den einzigen Philometor ausgenommen, unwürdige Prinzen und wüteten wider ihr Reich und wider ihr eigenes Geblüt, und Ägypten geriet in die äußerste Verwirrung. Theben wurde unter dem Lathyrus, dem fünften Könige nach dem Epiphanes, beinahe zerstört und seiner Herrlichkeit beraubt, und dieses war der Anfang der Vernichtung so vieler Denkmale der ägyptischen Kunst.
Die griechischen Künste hatten sich, wiewohl sie von ihrem ersten Glanze in diesem Reiche sehr abgefallen, dennoch bis unter dem Vater letztgedachten Königs, dem Ptolemäus Physkon, dem siebenten Könige in Ägypten, erhalten. Unter diesem Tyrannen aber verließen fast alle Gelehrten und Künstler Ägypten in der grausamen Verfolgung, welche er nach seiner Rückkunft ins Reich, aus welchem er geflüchtet war, wider die Stadt Alexandrien ausübte, und [sie] begaben sich nach Griechenland. Mit dieser Grausamkeit machte er das zweite Jahr seiner Regierung, welches in die 158. Olympias fällt, merkwürdig. Bei dem allen fehlte es zu Cäsars Zeiten und nachher nicht an Männern, welche zu Alexandria die Weltweisheit mit großem Zulaufe lehrten.
Griechen schaffen für Rom
Die Kunst fing also von neuem an, ihren Sitz in Griechenland zu nehmen und zu blühen: denn die Römer selbst wurden Beförderer derselben unter den Griechen und ließen in Athen Statuen für ihre Lusthäuser arbeiten, wie wir von Cicero wissen, dem Atticus dieselben für 299 sein Tusculum besorgte, unter welchen Hermen von pentelischem Marmor mit Köpfen von Erz waren: die eingeführte Pracht in Rom war eine Quelle zum Unterhalte der Künstler auch in den Provinzen. Denn sogar die Gesetze gestatteten den Prokonsuls und Prätors, ihrem Namen zu Ehren, ja ihnen selbst geweihte Tempel in den Ländern ihrer Statthalterschaft erbauen zu lassen, wozu die dem Scheine nach bei ihrer Freiheit geschützten Griechen die Kosten aufbringen mußten. Pompejus hatte Tempel in allen Provinzen. Dieser Mißbrauch nahm noch mehr überhand unter den Kaisern, und Herodes baute zu Cäsarea dem Augustus einen Tempel, in welchem dessen Statue in der Größe und Ähnlichkeit des olympischen Jupiter stand, nebst der Statue der Göttin Roma, die wie die Juno zu Argos gebildet war. Appius baute auf seine Kosten einen Porticus zu Eleusis.
Durch die aus Ägypten geflüchteten Künstler scheint der sogenannte ägyptische Stil in der griechischen Kunst, über welchen ich in dem ersten Teile dieser Schrift eine Mutmaßung gewagt habe, eingeführt zu sein: die Stadt Alexandria rühmte sich, daß von ihr die Künste ausgegangen und von neuem zu den Griechen und zu andern Völkern gekommen seien. Syrakus aber muß beständig fort sehr vorzügliche Künstler auch nach der Eroberung gehabt haben, weil Verres, welcher die schönsten Werke an allen Orten aufsuchte, vornehmlich zu Syrakus an Vasen arbeiten ließ: er hatte in dem alten Palaste der Könige eine Werkstatt angelegt, wo acht ganze Monate alle Künstler teils Vasen zu zeichnen, teils sie zu gießen und zu schnitzen beschäftigt waren; und es wurde nicht anders als in Gold gearbeitet.
Die Ruhe, welche die Künste einige Jahre in Griechenland genossen hatten, wurde von neuem in dem mithridatischen Kriege gestört, in welchem die Athenienser die Partei des Königs in Pontus wider die Römer ergriffen. Diese Stadt hatte von den großen Inseln im Ägäischen Meere, welche sie ehemals beherrschte, nur allein die einzig kleine Insel Delos übrig behalten; aber auch diese hatten die Athenienser kurz zuvor verloren, und Archelaus, des Mithridates Feldherr, machte ihnen dieselbe von neuem unterwürfig. Athen war durch Parteien zerrüttet, und damals hatte sich Aristion, ein epikurischer Philosoph, zum Herrn aufgeworfen und behauptete sich in der angemaßten Gewalt 300 durch die auswärtige Macht, von welcher er unterstützt alle römisch gesinnten Bürger ermorden ließ. Da nun zu Anfang besagten Krieges Archelaus von Sylla in Athen belagert wurde, geriet die Stadt in die äußerste Not; der Mangel an Lebensmitteln war so groß, daß man endlich Felle und Häute der Tiere fraß; ja man fand sogar nach der Übergabe Menschenfleisch. Sylla ließ den ganzen pireäischen Hafen, nebst dem Arsenal und allen anderen öffentlichen Gebäuden zum Seewesen, gänzlich zerstören: Athen war, wie die Alten sagten, wie ein hingeworfener toter Körper gegen das vorige Athen zu vergleichen. Sylla nahm aus dem Tempel des olympischen Jupiter sogar die Säulen weg und ließ dieselben, nebst der Bibliothek des Apellion, nach Rom führen; es werden auch ohne Zweifel viele Statuen fortgeführt worden sein, da er aus Alalkomene eine Pallas nach Rom schickte. Das Unglück dieser Stadt setzte alle Griechen in Furcht und Schrecken, und dieses war auch die Absicht des Sylla. Es geschah damals in Griechenland, was noch niemals geschehen war, daß außer dem Laufe der Pferde, keines von andern feierlichen olympischen Spielen zu Elis gehalten wurde: denn diese wurden damals von dem Sylla nach Rom verlegt. Es war die 175. Olympias. Leander Alberti redet von der obersten Hälfte einer Statue des Sylla, welche zu Casoli in der Diözese von Volterra in Toskana war.
In den übrigen Gegenden von Griechenland waren allenthalben traurige Spuren der Zerstörung. Theben, die berühmte Stadt, die sich nach ihrer Verheerung durch Alexander wieder erholt hatte, war, außer einigen Tempeln in der ehemaligen Burg, wüste und öde. Sparta, welches noch in dem Kriege zwischen Pompejus und Cäsar seine Könige hatte, und das Land umher war von Einwohnern entblößt; und von Mykenä war nur noch der Name übrig. Drei der berühmtesten und reichsten Tempel der Griechen, des Apollo zu Delphos, des Aesculapius zu Epidaurus und des Jupiter zu Elis wurden von dem Sylla ausgeplündert.
Großgriechenland und Sizilien waren um diese Zeit in ebenso klägliche Umstände gesetzt. Von so vielen mächtigen und berühmten Städten war zu Anfang der römischen Monarchie nur Taranto und Brundusium in einigem Flor. Die Einwohner zu Kroton, deren Mauern zwölf Milien 301 im Umkreise hatten, welche sich über eine Million erstreckten, waren in dem zweiten Punischen Kriege auf zwanzigtausend heruntergebracht. Kurz vor dem Kriege mit dem Könige Perseus in Mazedonien ließ der Zensor Quintus Fulvius Flaccus den berühmten Tempel der Juno Lacinia, unweit gedachter Stadt, abdecken und führte die Ziegel desselben, welche von Marmor waren, nach Rom, um den Tempel der Fortuna Equestris mit denselben zu belegen. Er mußte dieselben aber, da es in Rom kund wurde, woher er sie genommen, wieder zurückschaffen.
In Sizilien sah man damals von dem Vorgebirge Lilybäum an bis an das Vorgebirge Pachynum, von einem Ende der Insel zum anderen, nur Trümmer der ehemaligen blühenden Städte: Syrakus aber wurde noch jetzt für die schönste griechische Stadt gehalten, und da Marcellus in der Eroberung dieselbe von einem erhabenen Orte übersah, konnte er sich der Freudentränen nicht enthalten. Es fing sogar die griechische Sprache an, in den griechischen Städten in Italien aus dem Gebrauch zu kommen: denn Livius berichtet, daß kurz vor dem Kriege mit dem Könige Perseus, das ist im 572. Jahre der Stadt Rom, der römische Senat der Stadt Cuma die Erlaubnis gegeben, in öffentlichen Geschäften sich der römischen Sprache zu bedienen und die Waren in Latein zum Verkauf ausrufen zu lassen, welches ich vielmehr für ein Gebot als für eine Erlaubnis halte.
Der abermalige Fall des Flors der Kunst in Griechenland schließt indessen dieselbe in einigen einzelnen Künstlern nicht aus. Denn zu Julius Cäsars Zeiten machte sich in der Bildhauerei Strongylion berühmt, der Meister der Amazone mit den schönen Beinen zubenamt, welche Nero allenthalben mit sich führte; er machte auch die Statue des jungen Menschen, welchen Brutus liebte. In der Malerei war es Timomachus, dessen Gemälde Ajax und Medea von Cäsar mit achtzig Talenten bezahlt und in dem von ihm erbauten Tempel der Venus aufgehängt wurden. Vor demselben stand des Cäsars Statue zu Pferde, und es scheint aus einer Stelle des Statius, daß das Pferd von der Hand des berühmten Lysippus gewesen und also aus Griechenland weggeführt worden. Es blühte Arcesilaus, der Freund des Lucullus, dessen Modelle von andern Künstlern teurer, als 302 anderer Meister geendigte Werke, bezahlt wurden; er arbeitete eine Venus für den Cäsar, die ihm, ehe er die letzte Hand an dieselbe gelegt hatte, aus den Händen genommen und in Rom aufgestellt wurde. Ferner sind Pasiteles, Posidonius, Ladus und Zopyrus bekannt. Eine große und schöne Statue des Neptunus, welche vor wenig Jahren, nebst einer sogenannten Juno, zu Korinth in Griechenland gefunden worden und sich bis jetzt in Rom zum Verkauf befindet, ist entweder zu Julius Cäsars Zeiten oder doch nicht lange hernach gemacht worden. Es schickte derselbe eine Kolonie nach Korinth und ließ die Stadt wiederum aus ihren Trümmern aufbauen. Der Stil der Arbeit deutet auch etwa auf diese Zeit; und aus demselben, noch mehr aus einer griechischen Inschrift auf dem Kopfe eines Delphins zu den Füßen der Statue, ist erweislich, daß sie nicht vor der Zerstörung der Stadt gemacht sei. Es zeigt die Inschrift an, daß die Statue vom Publius Licinius Priscus, einem Priester des Neptun, gesetzt worden. Es ist dieselbe folgende:
Π. Λικινιος
πρεισκος
ἱερευς. . .P. Likinios Preiskos: da nicht vollkommen, entweder Priester zu . . . oder weihte (dieses Kunstwerk) . . .
Der Name der Person, welche eine Statue machen ließ, war zuweilen, nebst dem Namen des Künstlers, an dieselbe gesetzt. Pausanius meldet, daß jemand aus Korinth nach Wiederherstellung der Stadt eine Statue Alexanders des Großen in Gestalt eines Jupiter, zu Elis neben dem Tempel des Jupiter, aufrichten lassen.
Es finden sich in verschiedenen Museis Köpfe, welche den Namen Cäsar führen, und kein einziger gleicht völlig den Köpfen auf dessen Münzen; es will daher der erfahrenste Kenner der Altertümer, der erhabenste Kardinal Alexander Albani, zweifeln, ob sich wahrhafte Köpfe des Cäsar erhalten haben. Eine große Torheit aber ist es in allen Fällen, vorzugeben, daß ein Busto in dem Museo des Kardinals Polignac als ein einziges Stück anzusehen sei und nach dem Leben gearbeitet worden. Bei dieser Gelegenheit merke ich von den zehn 303 Statuen eben dieses Musei an, welche letztgedachter Kardinal unweit Frascati ausgraben ließ, daß es nicht bewiesen werden könne, daß dieselben ein Gruppo zusammen gemacht, noch viel weniger die Familie des Lykomedes, nebst dem in weiblichen Kleidern versteckten Achilles, vorgestellt. Es wurde von diesen Statuen, da der König von Preußen dieses Museum kaufte, viel Geschrei in Frankreich gemacht, und man gab vor, daß diese allein nicht aus dem Lande gehen sollten; es wurden dieselben über drei Millionen Livres geschätzt, und auch diese mit inbegriffen, ging das ganze Museum für etwa 36 000 Taler nach Berlin. Man muß aber wissen, daß alle zehn Statuen ohne Köpfe gefunden worden, welche von jungen Leuten in der Französischen Akademie zu Rom ganz neu dazu gearbeitet sind, die ihnen, wie gewöhnlich, Modegesichter gegeben: der Kopf des vermeinten Lykomedes war nach einem Porträt des berühmten Herrn von Stosch gemacht. Es verdient angemerkt zu werden, daß eine Römerin im Testamente ihrem Ehemanne auferlegte, dem Cäsar im Kapitol eine Statue von hundert Pfund Gold schwer setzen zu lassen.
Nachdem endlich Rom und das römische Reich ein einziges Oberhaupt und Monarchen erkannte, setzten sich die Künste in dieser Stadt, wie in ihrem Mittelpunkte, und die besten Meister in derselben wandten sich hierher, weil in Griechenland wenig zu tun und zu arbeiten Gelegenheit war. Athen wurde nebst andern Städten, weil sie es mit dem Antonius gehalten, ihrer vorzüglichen Rechte beraubt; Eretrien und Ägina wurden den Atheniensern abgenommen, und wir finden nicht, daß sie wegen des Tempels, welchen sie dem Augustus gebaut, und wovon das Dorische Portal noch übrig ist, gnädiger angesehen worden. Gegen das Ende seiner Regierung wollten sie sich empören, wurden aber bald zum Gehorsam gebracht.