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Anstatt der Definition des Wortes Naturgeschichte, will ich es versuchen ein Bild der Natur selbst zu entwerfen. Ich kann dazu keine bessere Einleitung geben, als eine Uebersicht der Zustände im Allgemeinen, in welchen uns die Materie im Weltraume erscheint. Wir nehmen sie wahr in zweierlei Gestalt: 1tens zu Weltkörpern geballt, und 2tens, als Dunstmasse dazwischen verbreitet.
Ich fange mit denjenigen Körpern an, welche in der Lichtbildung begriffen scheinen. Durch Herschelsche und Frauenhofersche Telescope bemerkt man nämlich Nebelsterne, welche einen mehr oder minder hellen Kern, mit einer Lichthülle umgeben zeigen: in dieser Lichthülle nimmt man ein Ab und Zunehmen der Lichtstärke wahr, eine Ebbe und Fluth. Sie mögen zu den primitiven Formationen, zu den Uranfängen des Agregatzustandes gehören. Es scheinen dies Sonnen zu seyn, die nicht von Sternen, nicht von einzelnen Weltkörpern, sondern von einem leuchtenden Fluidum, einem Lichtstoffe umgeben sind, der sich noch nicht zu sphärischen Weltkörpern gebildet hat, oder aus dem vielleicht der Central Stern durch eine anfangende Verdichtung entstanden ist.
Andere dieser Lichtmassen am Himmel, denen die Astronomen den Namen der Nebelflecke gegeben haben, lösen sich vor den Telescopen in einzelne helle Punkte auf, die aber wahrscheinlich nur näher zusammenstehende Systeme von Sonnen, welches Milchstraßen sind, die wenigstens um 100 ihrer Dunstmassen von uns entfernt sind. – Herschel hat diese entfernten Milchstraßen am ganzen Himmel aufgesucht, und es sind davon bereits über 3000 entdeckt worden.
Die aufgeklärtesten alten Philosophen vermutheten schon, daß das nie erlöschende, unbewegliche Licht der Milchstraße von unzählichen Sternen entstehen müsse, die wegen der großen Entfernung einander so nahe scheinen, daß ihr Licht zusammenfließt, und wir sie nicht unterscheiden können. Die Neueren zweifelten nicht an der Richtigkeit dieser Erklärung, obgleich sie selbst durch die stärksten Fernröhre nicht mehr einzelne Sterne entdeckten, als an andern Stellen des Himmels. – Die Fernröhre, welcher sich die Astronomen im 17ten Jahrhundert bedienten, waren von einer unbequemen, und übertriebenen Länge. Auf Befehl Ludwig XIVten wurde von Campani in Bologna ein Fernrohr von 250 Fuß Brennweite verfertigt, durch welches der große Cassini die zwei nächsten Trabanten des Saturn entdeckte. Auzout in Frankreich brachte sogar ein Objectiv von 600 Fuß Brennweite zu Stande, das aber aus Mangel einer schicklichen Vorrichtung nicht gebraucht werden konnte.
Herschel gelang es endlich, durch die Vergrößerung und Lichtstärke seines 20 Fuß Telescops, den Schimmer der Milchstraße vollkommen in kleine Sterne aufzulösen, die sich deutlich von einander unterscheiden lassen; auch bemerkte er in der That, daß jede Stelle der Milchstraße um so sternenreicher ist, je glänzender sie dem bloßen Auge erscheint. – Um sich einen Begriff von der unzähligen Menge der Sterne zu machen, die den Schimmer der Milchstraße hervorbringen, bediente sich Herschel des genau bestimmten Feldes seines Telescops als Maaß. Er fand im Durchschnitt, daß ein Raum der Milchstraße von 2° Breite, und 15° Länge nicht weniger als 50 000 Sterne enthält, die noch groß genug waren um deutlich gezählt zu werden, und wenigstens 100,000 die wegen ihres schwachen Lichtes sich nicht mehr zählen ließen. Da nun die Milchstraße im Durchschnitt eine Breite von wenigstens 12° hat, und sich über den ganzen Himmel durch 360° erstreckt, so würde dies wenigstens 20 Millionen Sterne in der Milchstraße geben. – Wären wir aber auch im Stande die Menge der Sterne in der Milchstraße einigermaßen genau zu bestimmen, so würde uns dies bei weitem nicht einen hinlänglichen Begriff von der Unermeßlichkeit auch nur desjenigen Theils des Universums geben, den unser Auge erreichen kann. Wir wissen nicht, wie viele Sternhaufen, der Milchstraße gleich, über den Himmel verbreitet liegen. Es ist offenbar, daß wenn die Milchstraße tausendmal weiter von uns entfernt wäre, die einzelnen Sterne, welche man jetzt noch in ihr entdecken kann, in eben dem Verhältniß an Lichtstärke verlieren, und näher zusammenrücken würden: das Ganze würde endlich zu einer kleinen, matten Wolke einschrumpfen, in der sich keine einzelnen Sterne mehr entdecken ließen. Wenn unser Auge von der Milchstraße nur um einen Durchmesser derselben entfernt wäre, so würde sie uns nur unter einem Winkel von 60° erscheinen, nicht viel größer als das Gestirn des großen Bären; in einer Entfernung von 10 Durchmessern, würde sie nur unter einem Winkel von 2° 25 Min., ungefähr so groß wie das Siebengestirn, und auf 100 Durchmesser unter einem Winkel von 17 Min., kleiner als der berühmte Fleck in der Andromeda erscheinen. Sie würde in dieser Entfernung dem bloßen Auge unsichtbar seyn, und durch Fernröhre als ein Wölkchen von schwachem Licht, ähnlich den kleinen Lichtmassen dastehen, denen die Astronomen den Namen der Nebelflecke gegeben haben, und deren, wie früher erwähnt, seit Herschel bereits 3000 am Himmel entdeckt sind.
Die unsere Begriffe fast übersteigende Entfernung dieser unendlich weit entlegenen Weltkörper, sind wir dennoch zu berechnen im Stande, seitdem wir gelernt haben die Geschwindigkeit des Lichtes zu messen. Nicht unser Erdkörper bietet aber den Maasstab dazu dar; am Himmel selbst muß die Messung vorgenommen werden. Olof Römer, ein Däne, fand in der Verfinsterung der Jupiters Trabanten, das Mittel dieses wichtige Problem zu lösen. Er hatte in den Jahren 1670/75 mit dem älteren Cassini auf der Sternwarte viele Verfinsterungen der Jupiters Monde beobachtet, und gefunden, daß der erste Mond nicht immer zur berechneten Zeit aus dem Schatten trat, und daß der Austritt desselben sich immer mehr verspätete, je weiter sich die Erde vom Jupiter entfernte: wogegen der Eintritt früher erfolgte, jemehr sie sich demselben näherte, so daß der größte Unterschied 14 Min. betrug. Römer schloß, daß diese Ungleichheit von dem Abstande der Erde und des Jupiters von einander abhange, und eine Folge der verschiedenen Zeit sey, welche das Licht brauche, um bei ungleicher Entfernung die Erde zu erreichen. – Genauere Berechnungen haben später gezeigt, daß das Licht in einer Sekunde 40,000 Meilen zurücklegt; es gelangt daher von der Sonne bis zu uns, in 8 Min. 13 Sek. Dagegen braucht es vom Syrius 31 Jahr, und vom entferntesten Nebelfleck mindestens 94,000 Jahr. Dies giebt eine Entfernung von 33,000 Billionen Meilen. Es folgt daraus, daß das Weltgebäude ein Alter von wenigstens 24,000 Jahr hat, weil das Licht was wir heute sehen, schon vor so langer Zeit von dort ausgegossen ist. Schwindel erregend! gleich der Betrachtung, daß die zerstörendsten Revolutionen jene leuchtenden Gestirne längst vernichtet haben können, welche mit ruhiger Klarheit unsere Nächte erhellen, und daß vielleicht Generationen vergehen, ehe nur die Kunde davon zu uns gelangt.
Eine sehr merkwürdige Erscheinung am Himmel sind die veränderlichen Sterne, deren Licht entweder in beständigen Perioden ab und zunimmt, oder die nachdem sie einmal erschienen sind, auf immer verschwinden. Manche Sterne sind am Himmel verloren gegangen, manche sieht man, wo man sonst keine bemerkte. – Durch die Erscheinung eines neuen Sterns ward Hipparch, 125 Jahr vor Chr. Geb. zur Verfertigung eines Verzeichnisses der Fixsterne bewogen. Einer ähnlichen Erscheinung verdanken wir das von Tycho gemachte Verzeichnis der Sterne. Der von Tycho beobachtete Stern erschien 1572 plötzlich mit einem Glanz der den des Jupiter und Sirius übertraf; so daß der Stern sogar am Tage sichtbar war. Einen Monat nachher nahm sein Glanz stufenweise ab, bis zum März 1574, da er ganz verschwand.
Neuere Astronomen haben eine Menge Sterne beobachtet, die in beständigen Perioden eine Ab und Zunahme des Lichtes leiden, und sogar ganz verschwinden. Diese Perioden sind sehr verschieden; von einigen Tagen, bis zu mehreren Jahren. – Den Grund dieser Erscheinung hat man wahrscheinlich, theils in physischen Veränderungen, die auf diesen Weltkörpern vor sich gehen, theils in ihrer Umdrehung um die Axe zu suchen. Dies letzte ist, besonders bei solchen Sternen zu vermuthen, deren Lichtwechsel periodisch ist. Wenn nämlich ein Theil der Oberfläche dunkler als der andere, oder so beschaffen ist, daß er weniger Licht verbreitet, so wird der Stern uns mehr oder weniger glänzen, nachdem er uns während seiner Rotationsperiode seine helle oder dunkle Seite zukehrt. Andere Sterne die plötzlich erscheinen, und dann wieder verschwinden, erlitten vielleicht irgend eine große Revolution: es entwickelten sich bisher ruhende Kräfte, und machten seinem veralteten Daseyn ein Ende, um ihn schöner aus der Asche wieder hervorgehen zu lassen.
Doppelsterne nennt man zwei oder mehrere Sterne, die so nahe bei einander stehen, daß sie dem bloßen Auge, und selbst durch kleine Fernröhre, wie ein einzelner Stern erscheinen, durch stärkere Vergrößerungen aber aus einander gerückt werden. Bessel hat gezeigt, daß einige derselben sich um einen gemeinsamen Schwerpunkt drehen, sich also wohl noch nicht selbstständig haben konstituiren können. Man findet 3–4 zusammen; ja im Sigma des Orion laufen 16 Sterne um einen Schwerpunkt. Man hat bis jetzt nahe 700 (675) dieser Doppelsterne entdeckt. Merkwürdig und auffallend ist die Verschiedenheit der Farbe, welche an denselben bemerkbar. Sie erscheinen abwechselnd blau – roth – weiß doch so, daß der mittlere Stern stets ein weißes, die circulirenden Weltkörper dagegen ein buntfarbiges Licht ausstrahlen. Man hat die Vermuthung aufgestellt, daß, da besonders verlöschendes Licht farbig erscheint, diese Körper verlöschende, in einer Abnahme des Lichtprocesses begriffen seyn mögten. – Auf keinen Fall kann man ihnen ein planetarisches Licht zuschreiben; sie müssen selbstleuchtend seyn, da ein reflectirtes Licht in so unermeßlicher Ferne nicht sichtbar seyn könnte. Auch ist zu erwähnen, daß die Bewegung mancher Doppelsterne von Osten nach Westen geht; im Gegensatze unseres Systems, wo alle Bewegung von Westen nach Osten fortrückt.
Auffallend ist die Geschwindigkeit mit welcher diese mehrfachen Sonnen sich bewegen. Bessel hat im Schwan einen Doppelstern entdeckt, dessen Fortrücken schon nach 6 Monaten bemerkbar erschien.
Eine merkwürdige Erscheinung am südlichen Himmel sind die sogenannten Magellanischen Wolken, deren lichtgebende Dünste jeden Abend in der Nähe des Südpols sichtbar werden. Diesen entgegengesetzt sind jene räthselhaften, von Sternen entblösten schwarzen Stellen, unpoetisch Kohlensäcke (coalbags) genannt, die ich ebenfalls in der südlichen Hemisphäre mehrfach beobachtet habe. Die eine dieser Stellen erscheint in der Spitze des südlichen Kreuzes, die andere in der Eiche Carl II, nahe am Südpol. Auffallend ist, daß, die durch meteorologische Instrumente bemerkbare Veränderung der Atmosphäre, auf das sichtbar werden dieser Flecken keinen Einfluß zu haben scheint. In jenen Nächten, wenn die übrigen Gestirne im schönsten Glanze leuchten, waren die dunkeln Stellen oft nicht sichtbar, und erschienen dagegen, wenn gleich das Hygrometer andeutete, daß die Luft stark mit Dünsten angefüllt sey. – Man hat diese Erscheinung aus dem Kontraste erklären wollen, den eine minder mit Sternen besäete Stelle am Himmelsraum, gegen den besonders hellfunkelnden Glanz der südlichen Gestirne, hervorbrächte. Ich kann dieser Meinung nicht seyn, die auch die beiden Forster nicht theilen, welche Coock's 2te Erdumseglung begleitend, dieser Erscheinung eine vorzügliche Aufmerksamkeit gewidmet haben. – Im Scorpion befindet sich ein Raum von 3°, auf dem selbst durch Herschelsche Telescope, kein einziger Stern bemerkbar ist; und dennoch bleibt diese Stelle dem Auge unsichtbar, und erscheint vollkommen wie jeder andere Raum des Himmels.
Eine dritte ausgezeichnete Erscheinung bietet das sogenannte Thierkreislicht (Zodiacal Licht) dar, das schon im südlichen Europa, nach Untergang der Sonne sichtbar, besonders im Anfange des Frühlings, spitz=pyramidenförmig sich erhebend, seinen leuchtenden Schimmer verbreitet. – Mit mehr Wahrscheinlichkeit ist dieses noch immer räthselhafte Phänomen einer Anhäufung leuchtender Körper zuzuschreiben, als wie gewöhnlich, anzunehmen, daß es von den feinsten, und ausgedehntesten Theilen der Sonnenatmosphäre herrühre. Zum erstenmale habe ich dies schöne Schauspiel zu Valencia in Spanien beobachtet; später hat es sich mir dargeboten am Orinoco, unweit Carracas, und auf der höchsten Ebene der Cordilleren, wo durch die dünne Luftschicht durchblickend, dies Licht oft leuchtender erschien, als selbst der Glanz der Milchstraße.
Welchen Platz nun unser Planetensystem in der umgebenden linsenförmigen Sternschicht einnehme, ist nur im Allgemeinen zu bestimmen: nach der neuesten Ansicht steht es dem Adler am nächsten. Obgleich die Fixsterne ihren Namen von dem angenommenen Feststehen bekommen haben, so lehren doch neuere Beobachtungen, daß auch die Fixsterne, wiewol äußerst langsam ihren Ort am Himmel verändern, wodurch die große Entdeckung von dem Fortrücken unseres Sonnensystems gemacht ward, das, nach Herschel sich gegen das λ im Hercules bewegt.
Unser System besteht aus einem Centralkörper, um welchen sich 11 Hauptplaneten und 18 Nebenplaneten bewegen. Der Centralkörper ist von so ungeheurer Größe, daß unser Mond fast 2 mal darin seinen Umlauf um die Erde vollenden könnte. – Zunächst werden wir alle Planeten in 2 Klassen theilen; in solche welche sich entweder innerhalb oder außerhalb der Bahnen der neu entdeckten Planeten Ceres, Pallas, Juno und Vesta bewegen, und daher innere und äußere genannt werden. Diese 4 Planeten, wegen ihrer Kleinheit von Herschel mit Verachtung Asteroïden genannt, wie man die Halbmetalle der Alkalien Metalloïde nennt, sind alle zusammen nicht so groß als unser Mond, ja die Vesta als der kleinste, hat eine Oberfläche von 10,000 □Meilen, also weniger als der preußische Staat. – Die 4 inneren Planeten Merkur, Venus, Erde, Mars haben eine größere Dichtigkeit als die äußeren; nämlich:
Mercur, | Venus, | Erde, | Mars; |
Platina | Gold | Magneteisenstein; |
sie sind deshalb, weil sich ihre Masse mehr concentrirte mondarm, und haben alle zusammen nur einen Mond. Die 4 äußeren sind weit weniger dicht:
Pallas etc. | Jupiter, | Saturn, | Uranus |
Bernstein, | Naphta, | Wasser, |
und ihrer viel schnelleren Bewegung halber, sehr abgeplattet, was besonders beim Jupiter sehr auffallend bemerkbar ist.
Diese schneller rotirenden Weltkörper sind auch sehr reich an Satelliten, dagegen unsere Erde nur von einem Monde begleitet wird. Der Saturn bietet außerdem die sonderbare Erscheinung eines Ringes, der jedoch wahrscheinlich nichts anderes ist, als ein System von Satelliten, eine Menge knotenförmig verwachsener Trabanten. Die Fläche dieses Ringes ist auf beiden Seiten mit ungeheuren Bergen, von der fast unglaublichen Höhe von 200–300 Meilen bedeckt, die selbst über den Rand des Ringes hervortreten. Diese hervorragenden Berge sind fast 6 mal so hoch als die selbe Dicke des Gewölbes von der sie getragen werden, und weit größer als der ganze Planet Vesta.