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Das höchste Ziel aller Naturbetrachtung kann nur erreicht werden durch klare Erkenntnis unserer eignen Natur, und wir wenden uns daher zur Betrachtung der höchsten Stufe organischer Bildung auf unserm Planeten, zu der des Menschen.
Den Alten, selbst den Griechen in der Blüthe ihrer Kultur, war die Idee einer gemeinsamen Abstammung der Menschen fremd, und erst durch das Christenthum wurde die wichtige Lehre von der Einheit der Menschenart allgemeiner verbreitet. Mit dieser Ansicht milderte sich das Schicksal der Sclaven, die früher, als einem andern Geschlechte angehörig betrachtet wurden. – Nachdem Amerika zum 2ten male entdeckt worden war – das erste mal im 10ten Jahrhundert, von Scandinavien aus, durch die Normannen; zum 2t mal, zu Ende des 15t Jahrh. durch Columbus – nahm allerdings der Sclavenhandel wieder überhand. Die Guanchen von den canarischen Inseln, die Neger der Westküste von Afrika, die unglücklichen Amerikaner wurden zu gleicher aufreibender Arbeit verdammt, der gleichen unmenschlichen Behandlung unterworfen. Wachsende Industrie, neue Bedürfnisse, Reichthum, Ausartung des Christenthums brachten würdigere Ansichten von der Menschennatur in Vergessenheit, und mit Empörung lesen wir von öffentlichen Sclavenmärkten, die im 15ten Jahrhundert zu Lisboa, Cadix und Madrid gehalten worden sind, wenn auch die Päbste niemals aufhörten den Grundsatz von der Einheit des Menschengeschlechts zu proclamiren.
Trotz dieser anerkannten Einheit drängen sich zunächst die Fragen auf: welche relative Verschiedenheit herrscht unter den Völkerstämmen in ihrer Verbreitung, und wie hat sich dieselbe gebildet, wie ist sie entstanden?
Die Betrachtung der äußern Erdrinde veranlaßte zu ähnlichen Untersuchungen. Leichter war es, zu bestimmen, wie die verschiedenen Schichten übereinander gelagert sind – gleichsam eine Geognosie der Position – als hinauf zu steigen bis zum wie ? ihrer Entstehung.
Zwei Möglichkeiten stellen sich uns dar, die Frage zu beantworten, indem wir entweder annehmen, daß ein Urtypus der gemeinsamen Abstammung zu Grunde liege, aus dem, durch eine Degeneration, die sich Jahrhunderte und Jahrtausende fortpflanzte, und durch abweichende, eben so lange dauernde Einwirkung der Klimate, sich die jetzt offenbare Verschiedenheit entwickelt habe, oder daß mehrere Menschenstämme aus verschiedenen Typen hervor gegangen sind.
Pallas, und nach ihm mehrere, sind der Meinung gewesen, daß, wenn von einem Urstamm der Menschen die Rede sey, man die schwarze Menschenrace dafür erkennen müsse, aus der nachmals die edelste Form, die circassische sich entwickelt habe. Eine Ansicht, die aber keineswegs allgemeinen Beifall gefunden hat, und eben so wenig den Negervölkern gefallen würde, welche die caucasische Race unstreitig für eine Ausartung der ihrigen zu halten geneigt sind. – So erzählte mir Major Denham, daß der Anblick seiner weißen Farbe, in Bornu allgemein den Eindruck des Entsetzens und Ekels erregt habe, der bei Frauen bis zum Erbrechen und ohnmächtig werden sich gesteigert habe, und daß es zuletzt ihm oft unangenehm gewesen, so der stete Gegenstand von Abscheu und Widerwillen zu seyn.
Wie relativ die Begriffe von Schönheit und Häßlichkeit aber auch seyn mögen, wie verschieden modificirt nach Nationalvorurtheilen, und nach der eignen Individualität, so müssen wir doch einen abstracten Urtypus der Schönheit anerkennen, unabhängig von den conventionellen Begriffen der Anmuth und des Ebenmaaßes, einer höhern Ideenwelt angehörend. –
Die Haut des Negers möge noch so weich und zart seyn, die schwarze Farbe wird den Begriff der Schönheit ausschließen, denn ihr fehlt der belebende Ausdruck – das Erröthen. – Bei Kindern und jungen Negerinnen will man zwar die Röthe auf den Wangen durchscheinend bemerkt haben; es ist dies aber doch nur ein sehr unvollkomnes Erröthen. Im Allgemeinen bezeichnet sich Jugend und Frische bei den Negern durch tieferes Schwarz; Blässe verräth Alter und Krankheit.
Der Geschichtsforscher der Natur bedarf es nicht mehrere Menschenarten anzunehmen; er würde willkührlich das Vermögen der Natur beschränken die Körper zu verändern, wenn er die Möglichkeit, ja die Wahrscheinlichkeit der Abstammung von einem Urstamme läugnen wollte. Haut und Haare sind nicht wichtig genug, um deshalb den gemeinsamen Ursprung zu verkennen, für den die allen Stämmen gemeine, wenn auch verschieden entwickelte Intelligenz zeugt. Ist gleich dasjenige, was von der Dichtkunst und Litteratur der schwarzen Völker uns bekannt geworden, nicht eben wichtig, so zeigen neuere Forschungen bei einem andern Stamme, den Indern und Chinesen eine früh entwickelte Litteratur, und das Daseyn tief metaphysischer Werke, ähnlich denjenigen welche der Scharfsinn der Europäer hervorgebracht hat.
Dem Systematiker wird es aber vergönnt seyn, verschiedene Hauptstämme aufzustellen, und sie nach der abweichenden körperlichen Bildung einzutheilen. Die Hauptverschiedenheiten welche sich uns darbieten, bezeichnen nach Cuvier den Stamm der Caucasier, der Mongolen und der Neger. –
Blumenbach, der Nestor der deutschen Naturforscher, nimmt 5 Menschenracen an, die Caucasische, Americanische, Mongolische, Malayische und die Aethiopische.
I. Der weiße caucasische Stamm zeichnet sich vorzüglich durch eine starke Ausbildung des Schedels aus, wobei die Stirn sehr gewölbt ist, die Gesichtsknochen dagegen zurückspringen. Das Haupthaar ist weich, lang, zuweilen lockig, nie wellig; die Farbe der Haut mehr oder weniger weiß, so daß das Blut durchschimmert und die Wangen röthet. Nur beim weißen Menschen mag jene augenblickliche Durchdringung des Hautsystems vom Blut, jene leichte Veränderung der Hautfarbe statt finden, die den Ausdruck der Gemüthsbewegung so mächtig erhöhet.
Bei diesem Stamme findet sich der höchste Grad der Civilisation, die größte Ausbildung der intellectuellen Kräfte, und nach unsern Begriffen, der Typus der größten Schönheit, hauptsächlich bei den Circassiern und Georgiern, wenn auch nicht in so unbedingter Ausdehnung als man früher angenommen. –
Zu diesem Stamme werden gerechnet alle Völker welche gegenwärtig Europa bewohnen, selbst die Finnen und Lappen welche man früher fälschlich den Mongolen zugezählt hat. – Neuere Untersuchungen haben ergeben, daß die Bildung dieser Völkerschaften sich von der europäischen nicht unterscheidet, daß nicht nur die Kinder weiß geboren werden, sondern daß auch bei den Erwachsenen die dunklere Hautfarbe nur von dem Oel und Schmutz herrührt, welcher sie handschuhartig überzieht. – Ferner gehören hierher viele Völker des westlichen, selbst des südlichen Asiens, Araber, Perser und Inder. – Bei dieser Gelegenheit will ich die merkwürdige Entdeckung des H. Klaproth nicht unangeführt lassen, welche durch die Untersuchungen von Abel Remusat bestätigt werden, daß nämlich in Manuscripten der Mandschuh und der Chinesen, eines blonden blauäuigigen Völkerstammes, den Germanen ähnlich, Erwähnung geschieht, welcher 165 Jahr nach Anfang der christlichen Zeitrechnung, vom östlichsten Asien, bis gegen die chinesische Mauer, und jenseit des Baikalsee's, sich verbreitet, und den Stamm der Hiongnu verdrängt habe, der nicht mit den Hunnen verwechselt werden darf, welche dem mongolischen Menschenstamme angehören. Die blauäugigen Völker werden Usin? Uisuren? genannt. Unstreitig ein höchst merkwürdiges Factum – eine Völkerwanderung 200 Jahre vor der Zeit, in der 374 nach Chr. Geb. die Hunnen unter Attila sich auf die germanischen Völker, die Alanen und Gothen am Don warfen.
Auch in Africa ist der caucasische Stamm gleichfalls verbreitet. Die Mauren welche sich an die Südeuropäer schließen, bewohnen einen großen Theil jenes Welttheils.
II. Die gelbe Varietät, die Mongolen. Bei diesen findet man ein glattes, breites Gesicht mit zurücktretender Stirn; weit aus einander, und schief nach innen stehende Augen; eine plattgedrückte Nase; eine waizengelbe, gelbbraune, oder rothe (Kupfer) Farbe, und schwarzes straffes Haar. Dieser Stamm umfaßt die Japaner, Chinesen, Thibetaner, Kalmücken, Aleuten, die Bewohner der Südsee, und die Amerikaner. – Die größten Weltreiche der Vorzeit: des Attila, Dschengis-Chan, Tamerlan – die Reiche der Mexicaner und Peruaner – sind aus diesem Stamme hervorgegangen, und noch jetzt gehören die weitherrschenden Gebieter der Chinesen ihm an.
III. Der schwarze aethiopische Stamm zeigt einen von den Seiten zusammengedrückten Schedel, mit zurücktretender Stirn, und Kiefern welche vor Stirn und Kinn hervortreten, stumpfe Nase und aufgeworfene Lippen, eine graue oder schwarze Farbe, wo selten eine Spur von Röthe durchschimmert, und wolliges Haar. Dieser Stamm zieht sich südöstlich und südwestlich von den maurischen Völkern bis gegen die Südspitze Africa's. Auch auf den Andaman Inseln kommen Neger vor. Ferner gehören hierher die Nigritos der Südsee, die nicht als Kolonie, sondern unstreitig als Stammvolk, das Innere jener Inseln bewohnen.
Blumenbach stellt als gesonderten Stamm die Malayen zwischen die Europäer und Neger, die er charakterisiert, durch eine dunkle, braune Farbe, dichtes, schwarzes, lockiges Haar, breite Stirn, und großen Mund. Er rechnet hierher hauptsächlich die Bewohner der Südsee Inseln, oder des eigentlichen Australiens, die der Philippinen, der Molucken, und die eigentlichen Malayen von der Halbinsel Malacca.
Die Amerikaner bilden nach Blumenbach den Uebergang zwischen den Mongolen und Negern, scheinen aber doch vielmehr einen ganz abgeschlossenen Völkerstamm darzustellen. Die Stirn ist niedrig und schräg zurückweichend, die Gesichtszüge sind stark, die Backenknochen hervorstehend. Das Haar ist schwarz und starr, die Farbe heller oder dunkler kupferroth. – Wenn im Allgemeinen die Fluth der Völker von Osten gegen Westen statt gefunden hat, so muß dagegen in Amerika die Verbreitung von Norden nach Süden angenommen werden. Von Anahuak, dem jetzigen Mexico, kann man der Ausbreitung des alten Gila Stammes folgen, der Gleichheit der Sprache, der Gesichtsbildung und der religiösen Ansichten charakterisiren. Südlicher als der See von Nicaragua verlieren sich diese Spuren, und kein geschichtliches Factum erklärt uns den Zusammenhang der Bevölkerung von Nord und Südamerika.
Außer den obengenannten Merkmalen, dem Knochenbau, dem Dermoïdalsystem, den Haaren p. p. hat man den Unterschied der Menschenstämme auch nach der sogenannten Gesichtslinie zu bestimmen versucht. Camper hat zuerst auf die Verschiedenartigkeit der Winkel aufmerksam gemacht, welche 2 Linien bilden deren eine man sich durch die Höhlen des Ohrs, bis auf den Boden der Nase, und die andere von den Hervorragungen des Stirnbeins, bis auf den am meisten hervortretenden Theil des Kinnbackenknochens, gezogen denkt. – In diesem Winkel soll nicht nur der Unterschied der Thiere, sondern auch der verschiedenen Nationen bestehen, und die Natur sich desselben bedient haben, um durch alle Verschiedenheit der Thierbildung, stufenweise bis zum Schönen, der schönsten Menschenbildung aufzusteigen. Die Vögel beschreiben den kleinsten Winkel, und dieser Winkel wird größer, je nachdem das Thier sich mehr der menschlichen Gestalt annähert, wie aus den Affenköpfen erhellt, von denen einige Arten einen Winkel von 42° beschreiben. Der Kopf eines Negers bildet einen Winkel von 70°, der eines Europäers von 80–85°.
Cuvier stellt noch außer dieser Camperschen Gesichtslinie (Faciale) einen andern Eintheilungsgrund auf, der in der Betrachtung der Profil und Querdurchschnitte des Schedels von Innen begründet ist.
Die Analogie und Verschiedenheit der Sprachen ist schon von den ältesten Völkern benutzt worden, um die Verschiedenheit der Stämme danach zu bestimmen. Herodot erwähnt das sonderbare Criterium welches Pharomiticus angewendet habe, um den Streit zu schlichten, welches die älteste Sprache sey. Er ließ 2 Kinder bei einem Hirten erziehen, der sorgfältig darauf sehen mußte, daß kein menschlicher Laut ihnen nahen durfte. Das erste Wort dieser Kinder war: beccos – welches in phrygischer Sprache Brot bedeutet. Und somit war denn entschieden, daß das Phrygische die Ursprache sey.
Die Sprachverschiedenheit der Völkerstämme scheint einen Eintheilungsgrund abzugeben, der allerdings viel für sich hat. Meines Bruders W v. Humboldt: Philosophische Untersuchungen über die Vertheilung der Sprachen, auf der ganzen Erde, beweisen jedoch, daß keinesweges Gleichheit der Sprache, auch Gleichheit der Abstammung bedingt. Zwischen einer und derselben Race herrscht oft die größte Sprachverschiedenheit, während in dem Idiom der entferntesten Völker sich Analogien finden, die in Erstaunen setzen. So z. B. bemerkt man eine Sprachähnlichkeit zwischen Kopten, den Bewohnern von Congo u. den Baskischen Völkern.