Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
1.
Die Blicke deiner Augen,
O meine schöne Freundin,
So wie sie sich nur einmal
Den meinen zugelenkt, –
Ach diese Zauberblicke,
Die leuchtenden Geschosse,
Die mörderischen Pfeile
Mit süßem Gift getränkt! –
Sie haben ohne Zorn mich,
Sie haben ohne Feindschaft
Mich also schwer verwundet,
Mich also tief gekränkt,
Daß schon von Sterbedunkel
Mein irres Auge flimmert,
Daß sich mein Haupt ermattet
Zu Tod und Grabe senkt.
2.
O du mein theures Leben,
Du, mein geliebter Tod!
O sähst du meine Thränen,
Die ohne Maß vergoßnen
In meiner heißen Noth!
Zu schmelzen harte Steine,
Uralte Felsenblöcke,
Vermöchten diese Gluthen,
Vermöchten diese Fluchen,
Mit welchen meine Seele,
Mit welchen Kraft und Dasein
Hinströmet harmzerflossen
Aus schwimmender Augen Roth.
3.
Wie brennt sie, meine Wunde!
Wie fiebern meine Schläfe!
Mein Athem, ach, wie schöpft er
So ängstlich und so schwer!
Und rings in meinem Jammer,
Allrings in meiner Bange,
Nach einem Arzt der Liebe,
Nach Arzenei'n der Sehnsucht
Forsch' ich im Land umher.
Da wird mir aus dem Munde
Der Leute diese Kunde:
»Für solche schlimme Wunde,
Für solche böse Krankheit,
Sind alle Weltenrunde
An Rath und Hülfe leer;
Wenn nicht vielleicht durch jene
Dein sieches Herz gesundet,
Die dich so tief verwundet,
Die diese Noth gestiftet,
Die deine Brust vergiftet
Mit dieser Gluthbeschwer.«
4.
O du, von der getrennt mich
Unbeugsame Gewalten,
Feindselige Schrecken halten,
Die deiner Tage Herrn!
O sprich, wie kann ich athmen,
Wo deines Hauches Ambra,
Nicht alle Lüfte würzet,
O sprich, wie kann ich athmen,
Von deinem Munde fern?
O sprich, wie kann ich leben,
Getrennt von einem Lichte,
Dem seine Strahlenwonne
Zu danken hat der Sonne
Lichtloser dunkler Kern?
O sprich, wie kann ich leben
Fern deinem Angesichte,
Fern deinem Augenstern?
5.
Allein bei diesen Augen,
Bei'm Ambra dieses Mundes,
Bei deines Angesichtes
Geweihter Kaba schwör' ich:
Nicht lange mehr, so bin ich
Verloren oder selig,
Vernichtet oder heil.
Nicht lange mehr, so wird man
In meiner Hand erblicken
Ein wuthgeschwungnes Beil.
Damit werd' ich die Thore,
Die prangenden, zerschmettern,
Die meiner Thräne spotten,
Verhöhnen alle Leiden,
Von deiner Brust mich scheiden,
O meiner Seele Heil!
Dann sei der Taumel Edens,
Sei namenlose Wonne,
Wo nicht, die Pein der Hölle,
Sei Untergang mein Theil!
*
Bestieg ein edles Roß,
Um eilig heimzukehren;
Es stand mir einst in Ehren
Ein traulicher Genoß.
Nun dünkte mir, es wären
Viel besser als dies Roß
Die schlechtesten der Mähren
In schlechter Gäule Troß.
Je mehr es braust' und brannte
Und durch die Lande rannte
Und über Klüfte schoß –
Je mehr ich es mit Harme
Aus meinem Herzen bannte,
Das leidig edle Roß.
Denn aus geliebtem Arme,
Aus meiner Freuden Schloß
Von seinem Braus getragen,
Wie mochte mir's behagen,
Im Fluge hinzujagen
Nach minneleeren Hagen,
Wo mich die Welt verdroß!
*
Es rast im Schmerze
Mein liebend Herze;
Da senden Tadler
Und kalte Spötter
So harte Rügen
Und herbe Scherze,
Wie böse Bienen,
Nach meinem Busen
Unedel aus.
Sie kehren ihnen
In raschen Flügen
Zurück in's Haus.
Dort, sagen sie,
Bedeckt mit Schweiße,
Dort schreckt im Kreise
Ein Flammengraus.
Wer wagt zu nahen,
Wer hält es aus?
*
Eine Magd, mit wunderbarem Reiz geschmückt,
Der es Leid ist, daß sie unser Aug' entzückt!
Wenn du ihr zu nah'n befiehlst, so naht sie dir
Kalt und ernst, von Freude nie das Herz beglückt.
Wenn du ihr zu geh'n gebeutst, sie wallt dahin,
Und du siehst ihr Wesen nicht von Harm gedrückt.
Welch ein Eden wäre diese stolze Magd,
Von der Liebe Leidenschaft und Lust berückt!
*
Es graut die Nacht; mit einer Kanne Wein
Tritt Allia zu mir und schenket ein.
Aus ihrem Munde träufen Honige,
Purpurisch aus der Kanne quillt der Wein.
Komm, Allia, und laß dem Wein gemischt
Die Honige von deinem Munde sein!
Bald reiche mir die purpurrothe Fluth,
Bald diesen Mund in köstlichem Verein!
Die Flamme meiner Brust und dieses Weins
Beschwöre mild die süße Lippe dein!
*
Im Prunkgemach, worin die kühle Luft
Durchwonniget von reichem Ambraduft,
Da ruhten in behaglichem Verein
Drei schöne Kinder traulich und allein,
Und man beschloß, geheime, zarte Sachen
Im Wettgesange reimend kund zu machen;
Ein Beutel Goldes sollte für den Sieg
Und ich der Richter sein in diesem Krieg.
Nicht ohne Scheu sofort zum Anbeginn
Verkündete die erste Sängerin:
»Ich schlummerte; da nahte meine Lust
Und weckte nicht – o trauriger Verlust!«
Die andere, nicht ohne Rückbehalt,
Entschleierte sich im Sange dergestalt:
»Mit meinem Freund im Traume koset' ich;
O träumte mir so schön allewiglich!«
Nun kam die Reih' auch an die dritte Schöne,
Und es verriethen ihre Silbertöne:
»Sink' ich dahin in seinem Arme süß,
Mein Lager wird zum Rosenparadies.«
Drauf hat man eine Sklavin abgesendet,
Und mir die Verse sämmtlich eingehändet.
Ich krönte rasch den dritten Wettgesang;
Denn holde Wahrheit athmete sein Klang.
Noch aber ist die Mähre nicht geendet;
Bald wurde mir noch etwas eingehändet;
Ein Beutel mit Dukaten ward gesendet.
Die Siegerin, was ich ihr zugewendet
Durch meinen Spruch, das hat sie
mir gespendet.
*
Ich schlief, da trat zu meinem Bett der Teufel,
Der Teufel, wie er lebt und leibt,
Und sprach zu mir: »Du hast wohl ohne Zweifel
Ein Opiat, das süß betäubt?«
Ich sagte: Nein! »So labst du dich an Weine,
Der Feuer in die Glieder geußt?«
Ich sagte: Nein! »Doch ist ein Sänger deine,
Deß Lippe dir wie Honig fleußt?«
Ich sagte: Nein! »So hast du doch ein Weibchen,
Das dich mit holdem Reiz beglückt?«
Ich sagte: Nein! »So ist vielleicht dein Täubchen
Ein Knabe, der noch mehr entzückt?«
Ich sagte: Nein! Da hub er auf die Hände,
Ausrufend: »Nein und ewig Nein!
Unglücklicher, schlaf ewig und ohn' Ende!
Ein Fluch für dich ist, wach zu sein.«
*
Tiefe Kenner der Natur,
Alte Weise sagten aus:
Fände sich im Weltenhaus
Nur
ein Mann',
ein Weibchen nur,
Und im fernen Osten wär'
Sie daheim, im Westen
er –
Beide zögen so sich an,
Daß sie fingen an zu wandern,
Und das Eine bei dem Andern
Käm' am Ende richtig an.
*
Dunkelheit bedeckt die Erde;
Stürme weh'n, es stürzt der Regen;
Hastig her durch das Getobe
Schreitet der Geliebte mir.
Regennaß und frostgeschüttelt
Tritt er ein; entfachte Flammen,
Labetrunk und trautes Herzen
Wärmen und erfrischen ihn.
Nun jedoch der Wege denkend,
Der gefähren, die er wallte,
»Aber,« ruf' ich aus und zürne
Mit der Liebe sanftem Zorn,
»Also durch die Nacht zu schreiten,
Durch die tiefe, schimmerlose;
Nicht zu scheuen diese Güsse,
Dieser Stürme wilde Wuth;
Nicht zu fürchten die Dämonen,
Welche zu so böser Stunde
Mit dem Element verbündet
Und so großer Tücke voll!« –
»Wie doch hier in meinem Herzen,«
Also lächelnd der Geliebte,
»Nistete die Furcht, die feige,
Wäre Raum für den Bedacht?
Ganz ja füllet es die Liebe,
Füllet es dein Bild, das süße;
Uebrig ist für andre Gäste
Nicht der kleinste Winkel mehr.«
*
Durch Ibrahim, Mahadi's Sohn, bedeuten
Laß dich und leiten
Zu den drei besten Freuden,
Die du allhier auf Erden magst erbeuten.
Es ist der Umgang erstlich mit gescheidten,
Geistreichen Leuten,
Dann eine gute Flasche Wein zum zweiten,
Zum dritten sich zu weiden ohne Meiden,
Ruhend im Arm geliebten Minnebräuten.