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Mansana folgte am nächsten Tage der Bahre seines Vaters genau mit dem Gefühle, das sein Aussehen verriet, nämlich mit der Lust, über dieselbe mit einem Sprung hinwegzusetzen.
Dieser eine Blick, welchen die Fürstin Teresa Leaney ihm zugesendet, der sie doch beleidigt hatte, Fürstin Teresa Leaney, in welcher er mit stolzem Trotz nun eine Todfeindin zu haben geglaubt; dieser eine Blick aus all ihrer Schönheit und mitten aus ihrem Triumphzug über den Korso, hatte in seiner Seele ein neues Idealbild geformt und aufgerichtet. Vor dieser reinen Hoheit versank alle Verleumdung als die Ohnmacht kleiner Geister und sein eigenes Thun ward zu vermessener schmutziger Roheit. Er hatte gewagt, sie zu erschrecken, zu verfolgen!
Und die Entwicklung, welche ihn bis zu solcher Entheiligung gebracht, d. h. seine eigene harte Lebensführung, – die brach nun auseinander, Glied um Glied, während er so hinter des Vaters Leiche einherging, – seine Entwicklung bis zum Vater zurück!
Denn vom Vater war die Erbschaft dieses gefährlichen Trotzes in seine Seele gelegt worden und war hier groß gewachsen. Dieser hatte ihm einen rohen Willen voll Eigenliebe gegeben; denn im Grunde war ja das eigene Selbst ihm immer der einzige Zweck gewesen. Und hatte der Vater irgendwie einen anderen gehabt?
Seine schöne, edle Mutter hatte gar oft geweint, wenn sie einsam bei ihren Kindern saß; diese Thränen rannen und klagten den Mann an, welcher Weib, Kind und Eigentum verloren, um – wem? – seinem Trotz, seinem Ehrgeiz, seiner Rachsucht zu folgen, welche so häufig die widerspenstigen Gefährten und schließlich die Herren der Vaterlandsliebe sind. Er wußte dies von sich selbst und von hundert anderen, welche er prüfte, einen um den anderen!
Die Musik brauste, die Kanonen donnerten, die Luft war erfüllt von Evivas und Blumen zum Andenken seines Vaters.
Welche Hohlheit in solch einem Leben, dachte der Sohn; von Verschwörung ins Gefängnis, vom Gefängnis zur Verschwörung, während Mutter, Frau, Kinder auf den Bettelpfad geraten, das Eigentum verkauft wird und nichts gewonnen ist als das Hasten des Herzens vom Leiden zur Rache und von der Rache wieder zum Leiden, und diese Leiden, diese Rache war sein Jugenderbe – und die Lebensleere mit ihr!
Und des Vaters alte Freunde umringten ihn, um ihm die Hand zu drücken. Sie beglückwünschten ihn zu den Ehren des Vaters; sie beglückwünschten ihn selbst als den würdigen Erben.
»Ja, leer ist mein Leben gewesen wie das seinige,« fuhr er fort, »Rachefreudigkeit, so lang es Krieg gab, unruhige Gier nach Thaten als Fortsetzung desselben, eitle Ehrsucht und übermütiges Unüberwindlichkeitsgefühl, dies wurden die Träger meines Daseins, – roh, selbstisch, hohl alles miteinander!«
Und er schwur sich, daß die Kameraden sollten etwas anderes zu reden bekommen als die letzten »Thaten« Giuseppe Mansanas, und daß er selbst nach einem höheren Ruhme streben wolle als nach dem, sich nur an dem Selbstgefühle zu weiden, daß er nie von sich selbst spreche.
Je näher man der Geburtsstadt kam, desto größer ward der Jubel und auch das Gedränge der Leute, welche Giuseppe, den berühmten Sohn, zu sehen begehrten. Doch gerade hier, auf den Spielplätzen seiner Jugend, saß wieder die Großmutter am Grabenrand und warf Steine nach dem Zug; sie saß und warf nach dem, was ihr Leben niedergetreten und all das übrige mit, das sie gesammelt hatte, um glücklich zu werden.
Doch als er vor dem ernsten, bekümmerten Auge seiner Mutter stand, da fühlte er diesen Blick als Beleidigung. Sie wußte ja nicht, was er gerade jetzt von all diesen und von dem eigenen Leben als Fortsetzung der Leistung des Vaters dachte. Weshalb ihn so kummervoll ansehen, nachdem er soeben den Lockungen der Ehrsucht Lebewohl gesagt? Und trotzig begegnete er ihrem Blick; denn derselbe traf ihn nicht mehr.