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Die drei Feiertagsabende

Eine jütländische Räubergeschichte

Osterabend.

Falls du, lieber Leser, jemals auf »Snabeshöj« gewesen wärest, wo in alter Zeit das Landsting abgehalten wurde, dann hättest du von dort aus etwas südlich einen kleinen abgelegenen Weiler, der Uannet heißt. Hier wohnen und haben wohl immer nur Bauern gewohnt.

Hier wohnte auch einmal vor mehreren hundert Jahren ein Mann, der Ib hieß. Wie seine Frau hieß, habe ich niemals ermitteln können; doch soviel weiß ich, daß sie eine einzige Tochter hatten, die Maren hieß. Und für gewöhnlich nannte man sie Ma-Ibs. Sie soll hübsch und schlank gewesen sein, diese Weibsperson, und wo sie sich zeigte, da schauten die jungen Burschen hinter ihr her. Aber sie schaute nach keinem andern als nach Sejer. Er war auch einziger Sohn, und sein Vater wohnte auch in Uannet.

Nun will ich erzählen, wie einmal, und zwar am Ostersonnabend gerade, ein Mann zu Ibs kam. Er war wie ein Bauer gekleidet, im übrigen wohlgestaltet, straff und stramm und sah aus, als könnte er gegen die Dreißig sein.

Keiner bei Ibs kannte ihn, aber er sagte selbst: er sei ein Kohlenbrenner, habe kürzlich seines Vaters Hof in Pacht bekommen und wolle nun nach Norden, um Kohlen zu verhandeln. Silberknöpfe hatte er an Rock und Weste, so daß leicht zu sehen war, er war kein Bettelkumpan. Nun gaben sie ihm Speise und Trank, und unterdessen brachte er das Gespräch auf das eine und das andre.

So sagte er denn auch zu Ib, und lächelte etwas dabei: »Meine Mutter wird alt und ich muß wohl bald »eine ins Haus« haben; könntet Ihr nicht eine tüchtige Frauensperson aufspüren? Das mit dem Geld ist gleichgültig; denn damit kommen wir schon aus. Aber sie muß ein paar Hände ordentlich zum Anfassen haben – und zu alt dürfte sie auch nicht sein.«

Ib war stumpfsinnig; er kratzte sich nur hinterm Ohr und sagte: »Hm, so eine wächst nicht alle Tage hier auf den Heidehügeln« – er schaute zu der Tochter hin und lachte kurz.

Aber die Tochter konnte diese Rede nicht leiden und machte sich draußen etwas zu schaffen.

Als der Mann nun gehen wollte, fragten sie ihn, wie er heiße.

»Wahrlich«, versetzte er, »meinen Vater nennt man Ole Ohnebrot, und ich werde wohl ebenso heißen.«

Damit ging er; aber als er ein Stück vom Hofe war, trifft er Ma-Ibs, die bei Sejeres gewesen war, und da sagt er zu ihr:

»Das hilft doch nichts, langes Gerede zu machen; deinetwegen bin ich von Hause gekommen. Zu Pfingsten komme ich wieder, und inzwischen kannst du dirs überlegen. Nun sage ich Lebwohl!«

Ma-Ibs war nicht froh über diesen Freier. Als sie nach Haus gekommen war, setzte sie sich vor das unterste Tischende, legte ihre Hände miteinander in den Schoß und seufzte recht von Herzen.

»Was soll das bedeuten?« sagte der Vater.

»Er sagt mir nicht zu, dieser Kohlenbrenner hier oder was er ist,« versetzte sie. – »Kann denn nie etwas daraus werden, daß ich und Sejer zusammenkommen?«

»Ja, worauf hin denn?« sagte der Alte.

Und damit war diese Rede aus. Vater und Tochter hatten beide die Stricknadeln ergriffen.

Kurz darauf kam Sejer herein.

»Gottsabend!« sagt er.

»Danke«, sagen sie.

»Jetzt gehe ich auf den Hof hin«, sagt er, »und rede mit dem Mann; denn das hat keinen Zweck mehr, darum Gewäsch zu machen –«

»Das bleibt eins wie das andre« – sagt Ib – »der Mann hat seinen Zorn auf dich, und du wirst zu den Soldaten müssen.«

»Das kann schon so kommen«, sagt Sejer, »aber nun wollen wir mal eine Probe machen.«

Damit ging er.

Wie er nun nach Aunsbjerg kommt und durch das Tor eingeht, trifft er den Mann selber – und er hieß übrigens Jörgen Marsviin.

»Kommst du nun wieder wegen deiner Pacht?« – sagt er – Das kann dir nichts helfen – das habe ich dir schon so oft gesagt.«

»Ja aber, Herr!« sagt Sejer, »ich bitte doch so demütig.«

Da sah der Herr ihn böse an, zog die Augenbrauen herab und Falten über die Stirn; und keiner würde sich etwas andres gedacht haben, als daß er augenblicklich auf ihn stürzen und ihm eins versetzen wolle. Aber er wurde sogar anderen Sinnes und sah etwas sanfter aus und sagt:

»Hör mal, da sind doch diese Räuber, die solange die Leute geplündert und totgeschlagen haben, und die ihre Grube hier irgendwo in der Alheide haben sollen. Kannst du die mir ausfindig machen und sie mir binden, dann sollst du nicht einen Schilling für den Pachtbrief geben, und du sollst Ma-Ibs haben und außerdem noch einen Wagen und zwei Pferde hier von Ausnbjerg. Nun kennst du meine Meinung.«

»Daß Gott mir gnädig sei!« sagte Sejer und schlich sich ordentlich gedrückt davon.

Er aß den Abend nichts, und Ma-Ibs hatte es auch »nicht besser«. Und es war ein elender Feiertagsabend für sie beide.


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