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S. des Verfassers Artikel: »die wichtigsten Gebäude etc.« N.E.B. 1901.
Ehe wir die Darstellung der inneren Zustände und Verhältnisse Besigheims beginnen, müssen wir uns für einen Augenblick den Schauplatz besehen, auf welchem sich das vergangene Leben der Stadt abgespielt hat. Jakob Frischlin schreibt über sie, Ende des 16. Jahrh.:
»Diese Statt liegt am Neccarfluß nicht weit unter der Statt Bietigheim, und laufft die Enz und der Neccar zwischen diesen Stätten zusammen (!). Ich hallte Bessigkheim für eine alte Statt; hat auf der Höhin einen alten heidnischen Thurn, der wohl eine Antiquität sein kann. ... Es ist viel Weinwachs, Güetter, Aecker, Wiesen und Fischfang allda. Ist eine feine Gelegenheit!«
Als eine »alte Stadt« stellt sich Besigheim auch heute noch dem Beschauer dar, von welcher Seite er es auch betrachte. Besonders im oberen Quartier drängen sich die monumentalen Zeugen längst entschwundener Tage zu mächtiger Wirkung zusammen. Da ist vor allem der obere Turm, welcher, von einiger Entfernung aus gesehen, zu gleichsam überirdischer Höhe emporzustreben scheint. Die benachbarte Kirche, sowie das massige Steinhaus lassen seine gewaltigen Maße nur um so eindrucksvoller zur Geltung kommen. In der mittleren Partie der von Südost nach Nordwest in langgezogenem Viereck sich hindehnenden Stadt ragt das hochgegiebelte Rathaus empor, welches zusamt dem O.Amtsgerichtsgebäude der Oberstadt einigermaßen das Gleichgewicht hält. Im unteren Stadtteil hält besonders der »dicke Turm« den Charakter einer alten Stadt noch mit Erfolg aufrecht. Ein Blick endlich von der Höhe des oberen Turms auf die meist noch mit Hohlziegeln gedeckten Dächer, sowie auf die innere und äußere Mauer mit Resten verfallender Rundelle zeigt, daß die Masse der Wohnhäuser noch immer nicht im Mißverhältnis steht zu den Reliquien des Mittelalters. Einigermaßen störend, doch nicht allzusehr, wirken einige Straßenzüge, die sich in der Neuzeit an die Altstadt angelegt haben, mit der nüchternen Bauart der Gebäude und dem grellen Ziegelrot der Dächer. Die beiden Wasser, welche die Stadt fast von allen Seiten schützend umarmen, namentlich der Neckar mit seinen zahlreichen Windungen, erwecken die Vorstellung eines weislich geplanten Verteidigungssystems, während doch die Natur selbst hier geleistet hat, was sonst die Kunst des Menschen oft mit viel Mühe zuwege bringen muß.
Ist es auch eine schöne Stadt? Nach landläufigen Begriffen, und von innen angesehen, vielleicht nicht; aber das Auge des Malers ist von ihrem Anblick entzückt, und sein Urteil ist doch in solchen Fragen entscheidend!
1. Die wichtigsten Gebäude. a) Herrschaftliche Gebäude. Unsre Aufmerksamkeit widmen wir zuvörderst den beiden Türmen, als den »Höchsten im Flecken«. Sie sind zugleich das Aelteste, was von Werken der Menschenhand hier zu sehen ist. In Urkunden erwähnt finden wir sie erst spät, zum erstenmal im J. 1312. Damals fand Eberhard der Erlauchte von Württemberg, von den schwäbischen Reichsstädten und dem Landvogt Konrad von Weinsberg auf dem Asperg belagert, Unterschlupf bei Markgraf Rudolf Hesso, dem Brudersohn seiner Gemahlin, in Besigheim, wo er in einem Turm versteckt blieb, bis zum Tode des Kaisers (Herbst 1313). Die Erbauung fällt erheblich früher; nach der Form des Kamins und der das Kamin tragenden Säulen im ersten Stockwerk des oberen Turms kann sie ziemlich genau auf etwa 1220 angesetzt werden. Auch die ganze Bauart, das Verhältnis des Umfangs zur Höhe – beide annähernd gleich, die Anbringung des Eingangs in Stockwerkshöhe über dem Erdboden, das alles weist auf das frühe Mittelalter. Insbesondere sind die zahlreichen Steinmetzzeichen ganz ähnlich denen an entschieden frühmittelalterlichen Burgen in unserem Land, z. B. der in Ebersberg und Reichenberg im O.Amt Backnang, von denen erstere im J. 1230 befestigt worden ist.
Beide Türme, in der Bauweise einander gleich, in Höhe und Umfang etwas verschieden, enthalten je 5 kuppelförmige Gelasse. Ihr rundbogiger Eingang, 11 m über dem Erdboden, führt in ein Gemach mit dem vorhin erwähnten Kamin; von da an geht eine Wendeltreppe in der Mauerdicke hinauf. Diese mißt beim unteren 4, ganz oben 3½ m. Der Durchmesser des oberen ist 11½, des unteren 12½ m, die Höhe beinahe das Dreifache des Durchmessers. Die Türme sind aus Buckelquadern von Lettenkohlensandstein gefügt.
Ein Werk der Römer, für das man die Türme bis in das 19. Jahrh. gehalten hat, sind sie nicht. An und in ihnen weist nicht das geringste Zeichen auf die römische Zeit. Alle im J. 1838 angestellten Bemühungen, hier römische Entdeckungen zu machen, schlugen fehl. – Wenn nun auch ein romantisches Gemüt durch dieses Ergebnis sich um einen erhebenden Gedanken betrogen finden mag: die Türme von Besigheim bleiben darum doch ein stolzes Wahrzeichen der Stadt. Sie gehören zu den schönsten Denkmälern der mittelalterlichen Befestigungskunst. Und die Stadt tat recht daran, sie in ihr Wappen aufzunehmen.
Die Sage will wissen, daß ein geheimer Gang den oberen Turm mit dem Wartturm und weiterhin mit dem Asperg (!) verbinde oder verbunden habe. Aber von einem solchen findet sich nicht die geringste Spur; und die vermeintlichen Reste eines Ganges im Forstwald erweisen sich bei näherer Prüfung als ein Naturgebilde, das stellenweise allerdings einem Werk von Menschenhänden täuschend ähnlich sieht. Ganz ähnliche Sagen wie die hiesige knüpfen sich übrigens an zahlreiche alte Burgen u. drgl.
Mit dem oberen Turm ist das Steinhaus, mit dem unteren das frühere Schloß zusammenzunehmen; beidemal haben wir einen mittelalterlichen Burgkomplex vor uns, wobei der Turm den »Bergfried«, das Haus daneben den »Palas« (Hauptwohngebäude) und zugleich die »Kemenate« (Frauenwohnung) darstellt. Beide Türme waren mit ihren zugehörigen Burghäusern früher durch eine hölzerne Brücke, die im Notfall leicht abzubrechen war, verbunden.
Die »Hochwacht« wird erstmals 1540 erwähnt. Bei einer Bauarbeit haben die von Besigheim das Holz auf den Platz zu führen und aufzuschlagen, die von Walheim sollen den Bau »aufziehen, sticken und klaiben« (zusammenfügen und nageln). Wahrscheinlich bestand die Hochwächterswohnung schon früher, was ein Bescheid Ulrichs auf eine Walheimer Anfrage anzudeuten scheint: daß es mit der Beholzung des Dhurnblesers bleiben solle wie bisher, bis uff weitere Verfahrung (1514). Der Dhurnbleser ist aber in späterer Zeit immer zugleich »Dhurnwächter«, und das wird schon 1514 der Fall gewesen sein.
Die Baulast trug die Herrschaft, die von Besigheim und Walheim hatten aber Hand- und Fuhrfronen zu leisten (s.u.). Als 1650 die im Krieg ruinierte Wächterwohnung, »die Hauptwacht genannt«, repariert werden sollte – das Dach war abgeworfen, Stuben und Gemächer ausgebrochen, wie Vogt schon 1647 berichtet, ohne Antwort zu erhalten – wollte die Herrschaft der Stadt die Baukosten anmuten. Aber die Stadt hat damit nichts zu schaffen; die Wächter wohnen dort »seit unfürdenklichen Jahren« und erhalten 40 kr. wöchentlich von der Herrschaft. – Im J. 1656 ist die Wohnung endlich unter Dach, aber das Ingebäu ist noch nicht fertiggestellt. – Ursprünglich besaßen wohl beide Türme (wie der untere noch 1643 nach Merians Bild) eine zinnenbewehrte Plattform.
In geschichtlicher Zeit war der obere Turm herrschaftliches Gefängnis. Schon 1484 sollen die Ingersheimer »wenn sie einen gefangen gen Beficken brächten, ihn allda in den thuren legen und, er lig lang oder kurz, soll man dem gebettel (Büttel) 5 sch. geben zu floßrecht« und den Gefangenen verköstigen ohne der von Beficken Schaden. Unterschieden wird der Diebsturn oder »Diebskammer«, und der »Turn am Boden«, d.h. das unterste Gelaß, in welches schwerere Delinquenten kamen. Man wurde auf einem Seile sitzend hinuntergehaspelt. Zum letztenmal saß einer im Verließ 1811. – Daneben wird auch eine »Burgerkammer« und ein »Burgerturn am Boden« erwähnt, wobei wir an einen der Mauertürme zu denken haben werden.
Das Steinhaus, frühestens genannt 1413, als die von Stain (Kap. 2) »das Halbteil dez steinhuß zu Besenkeim in der statt by dem obern turn« mit aller Zugehörde u.s.f., besonders mit den Zinsen »die ußer bernhuser helden und zu hermannsklingen gend und gangen sind«, um 14 fl. an die Herrschaft verkaufen, hat seinen Namen von der Bauart, als »stainin Hus« (L.B. 1522). Von etwas jüngerer, weil viel unregelmäßigerer Steinfügung als die Türme, stammt es immer noch aus der Zeit, wo massive steinerne Häuser eine Ausnahme waren. L.B. 1522 ist das Steinhaus herrschaftlicher Kornkasten, »darein man pflegt der Herrschaft Frucht zu schütten«. Der »Steingarten« daneben (wegen des steinigen Bodens oder seiner Zugehörigkeit zum Steinhaus, sicher nicht nach der Familie von Stain so genannt) ist 1587 mit einer Kelter von vier Bäumen überbaut, welche 1699 der Sturm umwarf. – Der Anbau am Steinhaus, das längst als O.Amtsgerichtsgefängnis dient, ist 1798 als »Wintergefängnis« errichtet worden.
Das untere Schloß ist im L.B. 1522 beschrieben. Es ist umgeben von einem Burggraben »darin etliche bom standen und gras wächst; mer (ferner) ain klain häuslin hinter dem floß, so man den Marstall nennt, lieht man um Zins hin«. Burggraben und Zwingerhof hat der Amtm. zur Beinutzung. Fürstliche Gäste steigen im 16. und 17. Jahrh. selten oder nie mehr hier ab. Im J. 1693 ward das Schloß so übel zugerichtet, daß es einer Reparatur nicht mehr wert erschien. Von da an steht »die alte Untervogtei« unbewohnt; sie ist um 1750 Salpetersiederei, wird bald darnach abgebrochen, 1772/73 wird die Mauer abgetragen, der Zwingergraben ausgefüllt und der »Burgplatz« zum Kelterplatz gezogen. Das beim Turm stehende »innere« oder »nähere« Neckartor wird 1771 ff. niedergelegt. – 1839 wurde der untere Turm dem Dan. Fr. Bezner zum Waldhorn unter dem Beding überlassen, daß er ihn als Ruine erhalte. Einige Pfeilspitzen, bei Herstellung der Plattform im Schutt gefunden, bewahrt der derzeitige Waldhornwirt auf.
Das alte, im J. 1908 abgebrochene Oberamtsgebäude verkauft 1680 Eberh. Schaffelitzky von Muckendell, Forstmeister zu Stuttgart, an Württemberg. Dieser hatte es seinem Schwager, O.Vogt Sigmund Moser, 1663 um 3500 fl. bar abgekauft. Vorher, bis 1653, war es im Besitz der Esther, Heinrich Teuffels von Burkensee uff Sündlingen Wittib, welche das frey adelich auch bürgerlich Haus von ihrem Vater O.Vogt Joachim von Trauschwitz ererbt hatte (samt dem jetzt sog. »Bandhaus« gegenüber, Fischwassern, Gütern u. s. f.) In den 1640er Jahren bewohnt das »Trauschwitz'sche Haus« O.Vogt Konrad Schaffelitzky als seine »Amtsbehausung«. Vordem saßen hier nach G.L.B. die Späth von Höpfigheim, Junker Friedrich (1587), Heinrich (1555), und Burkhard Sturmfeder (1522), im 15. Jahrh. die von Yberg. Die Lage des Schlosses ist in dem L.B. genau beschrieben.
Noch 1684 und später werden aus ihm je 2 fl. jährlichen Zinses an St. Kathar.- und U. l. F. Pfründ hier gereicht. Dieser stammt von einer »Jahrzeit« d. h. Seelmesse, welche dereinst Hans von Yberg für sein und seiner Frau Agnes geb. von Reichingen Seelheil stiftete »uß mynem huß, hofraitten, scheuren und garten zu Besicken in der statt«. Zwei der hiesigen Kaplane sollen jährlich zweimal die Jahrzeit in der Pfarrkirchen begehen mit dem Pfarrer und dem dritten Kaplan von hier, den zwei Geistlichen zu Walheim (Michel Sailer, Pfarrer und Johannes, Frühmesser dort) und dem zu Ingersheim (Johann Lang). Dieselbigen und »der schulmeister der ein meßner ist sollen des abens singen ein placebo, und darnach mit dem rauch und weyhwasser und gewohnlichem gesangk und gebett über das grabe geen und uff morgens singen eyn ganz vigilien, eyn selmeß und eyn ampt, und unter dem offertorio der obgenannten selen gedenken, die verkunden und für sie bitten, und diß iartzit von wort zu wort gantz nach innhalt des selbuchs lutbern (verlautbaren) ... und darnach aber über das grab geen« ... Dafür soll ihnen gegeben werden »ein gutt mal mit gesotten und gebraten flaisch, oder ... mit gesotten oder gebachen und gebraten vischen und dartzu zweyerlei gut gemuß, wyßbrot und guten win«. Jeglicher Priester erhält noch 30 hl., der Schulmeister 18 hl. und 5 sch.hl. um Brot »armen luten zu spenden. Item die vorgenanten Kapplone sollen abents und morgens uff dem grab 4 kertzen brennen bis zu ußgangk der vesper, der vigilien und der messen« ... Gegeben auf St. Michaels Tag 1457. (St.A.)
Im J. 1693 wurde dem Schloß übel mitgespielt, alles Mobiliar ging » in malor«. – Für das Haus und die Scheuer gegenüber gewährte die Stadt dem Schaffelitzky 1642 die gänzliche Befreiung von allen bürgerlichen Beschwerden zu seiner Hochzeit mit Gottliebin von Püren, Witwe, »auf inständiges Ersuchen« des O.Vogts selbst. (Seine erste Frau war Anna Barbara, geb. Jägerin von Gärtringen gewesen.) – Der Brief wurde öffentlich beraten, vor der Bürgerschaft verlesen und dem Sch. vor allen Hochzeitsgästen präsentiert. Ein Teil des Magistrats wohnt dem Feste bei, die übrigen von der »Ehrbarkeit« erhalten auf dem Rathaus ihre »Notdurft«, jedem Bürger und Hausgesäß wird eine Maß Wein und ein Laiblen Brots in das Haus gegeben. – Diese Befreiung wurde aber von der Regierung kassiert und die Stadt samt dem O.Vogt erhielt einen tüchtigen Verweis.
Das jetzige Oberamtsgericht erkaufte 1684 die G.V. von Major Landbeck. Es war von da Amtswohnung des G.V., 1756–74 des Diakonus, 1774–1815 wieder Wohnung des G.V., 1815–19 Mädchenschulhaus, 1822 ff. O.Amtsgericht.
b) Von städtischen Gebäuden ist vor allem zu nennen das Rathaus. In einer vom Samstag nach Allerheiligen 1459 datierten Urkunde erteilt Markgraf Karl der Stadt die Erlaubnis, ein Kaufhaus zu bauen. Sie dürfen Brot- und Fleischbänke unten darein setzen, die Fronwag darein hängen, Leder, leinin und wullin Tuch, sowie Salz, Schmalz, Eisen u. s. f. feilhalten. Und aber sollen sie darein machen Kästen, Frucht darin zu behalten, alles das zu gebrauchen an Wochen- und Jahrmärkten. – Die Stadt hat dagegen jährlich auf Martini 2 Pfd. hl. Bodenzins der Herrschaft zu entrichten.
Auf dem Mittelboden des Rathauses wurden in alter Zeit »Hochzeitschenkinnen« abgehalten gegen 20 kr. Zins an die Stadt; von den damit verbundenen Tanzereien hieß der Raum der »Tanzboden«. Auch zu sonstigen solennen Gastereien mußte der Raum herhalten. Dabei machte der Stadtknecht den Kellner, den Wein lieferte der Stadtkeller, die Speisen bezog man vom Wirt oder wurden sie an Ort und Stelle zubereitet. In bewußter Wiederaufnahme dieser löblichen Vätersitte wurde in jüngster Zeit, am 28. Juni 1901, in dem nach altdeutschem Stil eingerichteten Ratsaal die Einweihung der 1900–01 erneuerten Ratsbehausung durch ein festliches Mahl begangen. An 100 Gäste ließen sich an reichbesetzten Tischen nieder (N.E.B. 1901, Nr. 77).
Das Haus hat auch ernstere Vorgänge mitangesehen. So wurde 1637 die Ehrbarkeit Tage lang zu banger Beratung eingesperrt, bis sie das von den Soldaten verlangte Geld zur Stelle schaffte. Hieher, auf den Tanzboden, wurde die Bürgerschaft durch die »Eidglocke« berufen, um die nicht immer liebsamen Verfügungen der Obrigkeit zur Kenntnis zu nehmen; hier leistete man 1529 und 1595 der neuen Regierung die Huldigung; 1847 diente der Tanzboden sogar zu gottesdienstlichen Zwecken. –
Größere bauliche Veränderungen fielen vor zur Amtszeit des Stadtschreibers Michael Groß genannt Stutz (1574–89), dann 1755, endlich 1900/01. Das Haus muß früher schon als Sehenswürdigkeit gegolten haben, wenn z. B. am 28. Juni 1683 etliche Kapitulare von Speier, »welche den Zehend zu Löchgau haben«, dasselbe besichtigen.
Die Rathausuhr richtete (z. B. 1660) der Mesner für jährlich 6 fl. – 1656 ist das Werk ganz verderbt; Schulmeister Joh. Ulr. Mayer in Walheim lieferte 3 Uhrtafeln samt Zeiger um 22 fl. 21½ kr.; die Uhr schlug die Viertel- und halben Stunden. Nachdem 1693 die doppelte Schlaguhr ganz verloren gegangen, bestellte man bei einem »berühmten« Uhrmacher (von Urach) ein neues Werk, welches aber noch 10 Jahre später nicht bezahlt war. Die Rathausglocke mußte seit 1693 auch zum Gottesdienst geläutet werden, auch nachdem das 1693 gestohlene Kirchgeläute wieder ersetzt war, da es in der unteren Stadt nicht gehört wurde.
Erwähnt sei noch die » Stadtschreiberei«, ein stattliches Gebäude auf der Neckarseite, erbaut 1686; eine Stadtscheuer stand in der Nähe des O.Amts, früher Almosenhaus. Ein anderes Armenhaus stand bei der alten Ziegelhütte in der Nähe des Biegelestors (1593 vom Almosen erkauft). Das frühere Schafhaus aus dem 16. Jahrhundert vor dem oberen Tor wurde im J. 1908 durch Blitzschlag eingeäschert.
c) Kirchliche und Schulgebäude. Die Kirche macht von außen einen recht nüchternen Eindruck, wenigstens das Langhaus; durch die vielen Reparaturen hat sie, was den Stil betrifft, nicht eben gewonnen. Das Innere des Langhauses ist dementsprechend. Einst mag es malerischer ausgesehen haben, als der fromme Sinn und der größere Wohlstand der Bürger für den Schmuck des Gotteshauses immer etwas übrig hatte. So haben sich 1601, nachdem ein vor Jahren von einigen Bürgern erkauftes Regal gar in Abgang gekommen, verschiedene Leute zusammengetan, um ein neues Orgelwerk, in Heilbronn gemacht, für 400 fl. zu kaufen.
Nun haben sich wiederum etliche gutherzige Leute zusammengetan, die versprachen 1, 2, 3, auch 10, 20, einer sogar 80 fl. zu geben, wenn die Kirche noch vom Maler angestrichen würde. Etliche Personen würden dann schöne biblische Historien zur Gedächtnuß an die Wände malen lassen. Damals ist die Decke mit Brettern im Bogen weiß getäfert. Im J. 1612 will man einen neuen Kanzeldeckel anschaffen, der die Inschrift tragen soll: »Der Glaub kommt aus der Predig, die Predig aber aus dem Wort Gottes. Rom. X.« Zur katholischen Zeit vollends mögen die 3 bzw. 4 Seitenaltäre neben dem Hochaltar zur Belebung des Innern nicht wenig beigetragen haben. – Bis ins 19. Jahrh. war der Chor geschmückt mit stehenden und liegenden Grabdenkmälern (s. ob. S. 12), denen hauptsächlich die verschiedenen Restaurationen verhängnisvoll geworden zu sein scheinen.
Nach dem To.B. sind hier begraben: 1625 Frau Kunigundt von Reitzenstein geb. v. Helmstatt, gewesene Obervögtin allhier, † zu Kl.-Ingersheim im Schlößlein Jägersburg, zur linken Seite des hohen Altars, neben ihren beiden Kindern; 1637 Anna Genovefa v. R.; 1657 Anna Maria v. R., welche zu Gronau gestorben; 1661 Sybilla Maria von Bettendorf, Frau des U.Vogts Schmoller; 1663 Mr. Joh. Oesterlin, St.Pfr. hier, gewesener Prälat zu Anhausen; dessen Frau 1668; nach adeliger Manier, d. h. nachts bei Fackelschein 1732 Herr Daniel v. Selchow auf Bibertaich und Belitz, Kapitän. – Zum Teil ist noch sichtbar (am Auftritt zum Hochaltar) der Grabstein der Barbara, Gemahlin Schenks v. Winterstetten, O.Vogts hier, † Dez. 1575. – Draußen an der Kirche neben der Sakristeitür steht der Grabstein der Margarethe, Melchior Noblingers Witwe († 1581).
Die Hauptzierde der Kirche war und ist der berühmte Hochaltar, den selbst die Mordbrenner Ludwigs XIV schonten. Bekannt ist weder der Stifter, noch der Künstler, noch die Zeit der Herstellung; man setzt dieselbe um das Jahr 1500 an. In der Beil. zum »Staatsanzeiger« 1910 Nr. 4 wird als Stifter des Hochaltars Christoph von Urach vermutet, Schüler des Hans Seyfer von Heilbronn. Früher durch die Orgel und eine Empore verdeckt und vielfach beschädigt, ist er 1887/88 unter Leitung des Bauinspektors Dolmetsch in Stuttgart durch Holzbildhauer Edmund Kieser ebenda wieder hergestellt worden; Aufwand 3000 Mk. – Sehr erleichtert ist die Beschauung des Kunstwerks, seit die 3 östlichen Spitzbogenfenster des Chors mit farbigem Glas ausgelegt sind und das Tageslicht etwas abdämpfen (1900).
In seinem Mittelbau hat der H.A. eine Höhe von 13 m; die Breite beträgt bei geschlossenen Flügeltüren 4, bei offenen 7 m.
Das Hauptstück soll die hl. Katharina in Lebensgröße darstellen, knieend, hinter ihr steht der Kanzler mit dem Todesurteil, seitwärts der Kaiser, im Hintergrund der Scharfrichter; vor ihr zwei Diakonen, einer von ihnen mit dem offenen Evangelienbuch. Rechts vom Hauptstück Johannes der Ev., links Johannes d. T. – Unter dem Hauptstück in kleinen Nischen die Brustbilder einer männlichen und weiblichen Person einander zugekehrt, wahrscheinlich Abbildungen der Stifter, noch weiter unten die hl. Anna mit zwei Kindern (Jesus und Joh. d. T.); zur Linken von ihnen die hl. Cäcilie, zur Rechten David mit der Harfe. – Herrliches Laubwerk breitet sich über dem Oberteil des Schreins aus und umrahmt die Figuren des St. Nikolaus, St. Martin, St. Georg und der St. Elisabeth. Ueber dem Gesimse der Hauptdarstellung thront (ziemlich grobgeschnitzt) Christus als Weltenrichter auf dem Regenbogen, die Erdkugel unter den Füßen. Unter ihm kleine nackte Gestalten, um Gnade flehende arme Seelen, über ihnen schwebende Engel mit den Marterwerkzeugen. Der Thron Christi ist von einem prächtigen Baldachin überschattet. – Die beiden Flügeltüren, deren Figuren an Feinheit der Auffassung und Ausführung hinter dem Mittelbild weit zurückstehen, enthalten in Relief: links oben die Verkündigung Mariä, unten die Anbetung der Weisen; rechts oben die Geburt Christi, unten die Flucht nach Aegypten. Darüber auf besonderem Feld die Brustbilder des Jesaja und Jeremia.
Die Deutung der Hauptfigur auf der hl. Katharina (von Alexandrien, starb im J. 307 den Märtyrertod, indem sie aufs Rad geflochten wurde) wird übrigens neuerdings mit Grund bezweifelt. Es fehlen die bei sonstigen Darstellungen üblichen Beigaben: ein mit spitzen Messern besetztes Rad, wohl auch ein Palmzweig oder, wegen ihrer Gelehrsamkeit, Bücher. Nach neuerer Vermutung hätten wir eine Darstellung der Heilung der römischen Kaisertochter Artemisia durch den hl. Cyriacus, der hier eine Pfründe hatte. Auch die als hl. Cäcilie gedeutete Gestalt ist von einem Fachmann angezweifelt worden.
Im »Käppele« ist zu sehen ein Bild aus dem J. 1604, darstellend den badischen Stiftsschaffner Veit Heußler mit Frau und Kindern. Es ist 3. oder 4. Rangs, die Symbolisierung ist außerordentlich ins einzelne ausgeführt; manche Einzelheiten sind abweichend vom Herkömmlichen und jedenfalls Erfindung des Malers. Naiv ist, daß Adam und Eva sehr große Feigenblätter tragen, ehe sie noch von dem Apfel gegessen haben. Wie dieses Gemälde, so ist noch erhalten geblieben ein Bild des Pfarrers Oesterlin mit Frau, u. eines zum Gedächtnis der am 22. Nov. 1677 im Alter von 19 Jahren verstorbenen Kathar. Veronika, Tochter des Untervogts Weinmann. – Auf dem Oesterlin'schen Grabgemälde steht ein kurzer Bericht über die Schicksale der Kirche im J. 1693, worin die Erhaltung des Gemäldes als ein ganz besonderes göttliches Wunder gepriesen wird.
Das neben der Kanzel hängende Lutherbild und das Bild »Jesus segnet die Kinder« von Maler Pfeiffer in Bes. ist eine Stiftung der Rosine Frick († 1898).
Auf größere bauliche Veränderungen an der Kirche wird hindeuten die Jahreszahl 1545 über dem Eingang zum »Käppele«, 1685 über der Sakristeitür. Um 1570 erhält das Langhaus eine neue Bedachung. Weitere Reparaturen werden vorgenommen 1749; 1791 werden die beiden Seiteneingänge auf der Westseite durchgebrochen; 1795 wird der Kirchturm erhöht; statt des bisherigen Spitzdachs erhält er ein Kuppeldach. Eine damals im Kirchturmknopf niedergelegte Urkunde wurde 1876 aufgefunden. Die Kosten betrugen, ohne die Fronleistungen, 3977 fl. 40 kr. 2 hl. Die Erhöhung war unbedingt notwendig geworden, da man unten in der Stadt und auf dem Feld draußen weder schlagen noch läuten hörte, ein Uebelstand, über den schon 100 Jahre früher geklagt worden war.
Im J. 1847 wurde die Orgel aus dem Chor auf die Westseite verlegt, was eine Erhöhung der Kirche notwendig machte; auf der Süd- und Westseite wurden Emporen angebracht, ein neuer Altar- und Taufstein gesetzt; dabei fand sich die Urkunde aus dem Jahr 1383 (s. S. 11), an deren Stelle eine neue, von Institutslehrer Walther in Bönnigheim kunstvoll geschrieben, unter den Taufstein gelegt wurde. – 1875: neue Kirchenstühle im unteren Schiff, die Chor-Empore beseitigt, Kirchenheizung eingerichtet. – Im J. 1913 wurde eine neue Orgel aufgestellt, nachdem die bisherige seit 1699 ihren Dienst getan. Sie ist ein Meisterwerk aus der Orgelbauanstalt von E. F. Walker in Ludwigsburg, mit 32 klingenden Registern und 1786 Pfeifen, auch mit Schallwerk versehen. Das schöne Gehäuse der alten Orgel konnte teilweise verwendet werden. (Betr. Glocken s. 18. Kapitel).
Umgeben war die Kirche vom » Kirchhof«, der bis Ende des 16. Jahrh. zugleich Gottesacker (»Leibleeg«, auch »Totengarten« genannt) war; dieser hinwiederum teils von der Stadtmauer, teils von verschiedenen ursprünglich kirchlichen (Pfründ-), später herrschaftlichen oder Schulgebäuden, deren Lage aus dem L.B. mit Sicherheit zu entnehmen ist.
An Stelle des jetzigen Präzeptorats stand einst St. Katharinen und St. Cyriaci Pfründhaus. Ersteres wird 1555 zu einer Amtsbehausung geordnet. Schon 1596 wird aber »unsere Untervogtei-Behausung« an Seb. Schaffelitzky v. Muckendell, O.Vogt von Brackenheim verkauft; von diesem kommt sie an Stadtschreiber Jak. Greiß (1601), 1602 an dessen Tochtermann Meurer, 1699 an Matthias Spellenberger aus dem Lüneburgischen (1704 Stabskeller in Unterriexingen), der sie von Esther, geb. Meurer, Pfr. Schmids von Gemmrigheim We., erkauft; 1713 an Herm. Rohrauer, 1715 an Regiments-Quartiermeister Hosch, 1730 an Hauptmann Daniel v. Selchau, 1742 an Vogt Essich, welcher das baufällige Haus samt dem alten Cyriacus-Pfründhaus, das indessen bald Präzeptorat- bald Provisorrathaus gewesen, niederreißen ließ und das jetzige Präzeptorrat erbaute. Im J. 1798 ging es an seinen Schwiegersohn O.Amtmann Sandberger über, um endlich, nach weiterem zweimaligen Besitzwechsel (Phil. Ludw. Kraut, Sachsenheimer Rat; Freiherr Rüdt von Collenberg zu Eberstadt in Franken) 1801 von der G.V. zu einem Schulhaus erkauft zu werden. Die ganze Gebäudegruppe ging 1867 in den Besitz der Stadt über.
Das auf der andern Seite der Kirchstaffel liegende Wilh. Türk'sche Haus bezw. dessen Vorgänger gehört schon 1494 Unser lieben Frauen Pfründ. Es ist 1555–1595 Mesner-, dann Provisorathaus; 1604 wird es von Grund aus umgebaut; 1742–1776 ist es Präzeptorat.
Das benachbarte Schulhaus (Mädchenoberklasse) ist 1494 Aller Heiligen Pfründhaus; Herr Hans Heyliger, Kaplan (auch 1500 genannt), wohnt darin (1525 Balth. Dürr). Um 1555 wird es Mart. Spretter, Schulmeister hier, zu kaufen gegeben; von da an ist es meist Privathaus.
Das alte Diakonathaus stand in der Nähe des jetzigen; es ist das Schreiner Mauk'sche Wohnhaus, welches in seiner heutigen Gestalt aus dem Jahr 1599 stammt. Zuvor stand hier St. Peters Pfründhaus. Noch ist eine Pergamenturkunde erhalten, in Händen des früheren Besitzers des Nachbarhauses (K. Allgaier), ausgestellt von Friedr. Hardar, Frühmesser der St. Pet. Pfründ, betr. den Winkel zwischen beiden Häusern (Montag vor St. Jak. 1475). Eine Abschrift, um 1650 angefertigt, im Besitz von Schreiner Mauk, enthält Nachträge bis 1826. – St. Pet. Pfründhaus wurde 1555 Amtswohnung des Diakonus und blieb das bis 1756. Das jetzige »Stadtpfarrhaus« ist erbaut 1774, wozu die G.V. den Steingarten erwarb.
Auf dem Platz des jetzigen Dekanathauses steht 1494 und 1522 eine »Herberg«. Im J. 1582 verkauft Anna, O.Pfleger Isr. Kessels Wittib, ihr neuerbautes Haus (auf demselben Platz) an die badische Vormundschaft. Diese schenkte es dem O.Vogt Joach. Dan. von Reitzenstein zum Lohn für seine treuen Dienste, unter Befreiung von allen bürgerlichen Beschwerden. Reitzenstein vertauschte das Haus durch Vertrag mit dem Stift Baden 1596 (bzw. 1608) mit dem ältesten Pfarrpfründhaus, das »gerade gegenüber« stand. Die Baulast des Pfarrhauses trug Stift Baden, welchem auch das jetzt Joos'sche Haus, gegenüber dem Dekanat, gehörte (früher Stift Baden'scher Fruchtkasten und Scheuer).
Endlich besaß St. Sebastians Pfründ ein Haus in der Nähe des Rathauses, auf der Stelle des jetzt Konrad Vöttiner'schen Hauses.
2. Allgemeines. In allen Teilen der Stadt finden sich noch alte Häuser, von denen wenigstens der meist massive Unterstock aus dem 16. und 17. Jahrh. stammt. Wir zählen Jahreszahlen aus dem 16. Jahrh. (von 1518 an) 29, aus dem 17. Jahrh. 13. – Sämtliche Häuser, die herrschaftlichen ausgenommen, zahlten einen jährlichen »öwig unablößigen« Heller- oder Bodenzins an die Kellerei; es sind meist kleine Beträge, die sich durch die Jahrhunderte gleich bleiben und am Platze haften, also mit dem Abkommen eines Hauses nicht erlöschen. Als im 17. Jahrh. viele herrenlos gewordene Häuser bzw. Hausplätze an die Stadt heimfielen, zahlte diese die betreffenden Hellerzinse. Solche Baulichkeiten, welche mit einer Staffel oder einem Anbau und dgl. auf die Straße oder einen öffentlichen Platz (Allmand) hinausrückten, zahlten einen Hellerzins an die Stadt. Außerhalb Etters zahlten Gebäude auf Stadtallmand einen Zins an die Stadt; solche, welche auf der Herrschaft zehntbarem Boden standen, entrichteten an die letztere einen jährlichen »Kanon«, zum Ersatz für den abgehenden Zehnt. – Die herrschaftlichen Bodenzinse betragen 1609 in der »Stadt« zusammen 7 Pfd. 5 sch. 6 hl.; in der »Vorstadt« 7 Pfd. 15 sch. 5 hl.; »neugebaute Häuser auf dem Graben« (schon 1494) 2 Pfd. 1 sch. 2 hl., zusammen 17 Pfd. 2 sch. (1522: 17 Pfd. 12 sch. 7 hl.). 1 Pfd. hl. = 20 sch.; 1 sch. = 13 hl.; 1 kr. = 6 hl.
Dazu kam noch der Bodenzins aus dem Rathaus. Viele Hellerzinse wurden Ende des 18. Jahrh. abgelöst mit 20fachem Hauptgut (Kapital).
In Löchgau ist (1587) »von jedem Rauch, so zu L. gehalten wird, deren jetziger Zeit 145 seyen, den beiden Herrschaften jährlich zu reichen eine alte Henne und ein junges Huhn«; geht ein Rauch ab, so fällt auch die Steuer. In Walheim fallen 1609 aus Häusern 3 sch., in Hessigheim: 0. Junge Sommerhühner aus Häusern fallen in Besigheim nur wenige, um 1520 etwa 15–17.
Die Zahl der Gebäude ist für 1628 angegeben auf 409 (Walheim 191, Hessigheim 135, Löchgau 210); 1655: 301 (bezw. 100 – 96 – 69); 1728 sind hier 291 Gebäude, darunter 75 Scheuern, 177 absonderliche Häuser, 39 Häuser und Scheuern unter einem Dach. Die Häuser sind in großer Verachtung und nicht verkäuflich. Heimgefallene, öde Hofstätten sind es noch 67. Ende des Jahrhunderts sind dagegen Wohnungen sehr schwer zu bekommen. – Nach einem Bericht aus dem J. 1780 gibt es in Stadt und Amt nur Ziegeldächer, keine mit Stroh gedeckten Häuser mehr.
Oertlichkeiten sind in früherer Zeit genannt: 1494 der Buhell (Bühl), die Wetyn (Wette, bei der oberen Enzbrücke), die Torgasse (beim Rathaus), das Biegelestor, das rechte Tor, der Kirchhofrain, das Hag, die Ramstatt (Tuchrahmen der Färber bei der Enzbrücke), das »neher Neckertor«, der »Kerker« oder die »Crufft« (Beinhaus zwischen Kirche und oberem Turm; der Platz war der Herrschaft abgekauft worden »zu erweitern den Kirchhof«); L.B. 1522 nennt die Kreuzgasse, den heilig »Kreuzbronnen« (bei der unteren Enzmühle), den Torrain; 1609 wird genannt »im Kogen«, »bei der Katzen« (am Torrain). – Straßennamen begegnen uns in älterer Zeit fast gar keine; innerhalb Etters gab es überhaupt keine Straßen, sondern nur »Allmandgassen«.
Pflasterung einzelner Straßen und Plätze ist schon im 16. Jahrh. bezeugt. Dagegen ist von Straßenbeleuchtung nirgends die Rede; in besonderen Fällen scheint man Glut- oder Pechpfannen aufgestellt zu haben. Ohne Laterne durfte sich nach Eintritt der Dunkelheit niemand betreten lassen.
Eine organisierte Feuerwehr gab es von jeher; »seit alters ist die Burgerschaft in 4 Rotten eingeteilt« mit je einem Obmann. Jeder Bürger mußte auf dem Rathaus seinen Feuereimer haben, der mit der Stadt Zeichen versehen war. Außerdem hielt die Stadt einen Feuerwagen, Leitern u. s. f. Vor den Märkten gingen vier Feuerschauer um zur Besichtigung der Feuerstätten. Während des Markts mußten die, welche Rosse hatten, in Fässern, die übrigen Bürger in Zübern Wasser bereit halten; die »Feuerordnung« wurde von Zeit zu Zeit der Bürgerschaft verlesen.
Schmale »Feuergäßchen« (in Bietigheim »Zwerchgäßchen« genannt), welche zum Neckar und zur Enz führten, erleichterten die Wasserbeschaffung bei Feuersbrünsten, so das »Wäsch«- und das »Tränktörle« in der Nähe der Enzbrücke (so genannt, weil man durch dieses das Vieh zur Tränke hinabführte), das »Hagtörle« beim Präzeptorat, das »Schweinstörle« bei der Oelmühle.
Bei vorfallenden »laidigen Prunsten« kam rasche Hilfe von weither. So als es am Samstag den 27. Jan. 1588 zu Kaltenwesten brannte, wurde in Bietigheim die ganze Bürgerschaft sofort mit Feuereimern abgefertigt. Der hiesige Hochwächter ersah das Feuer morgens 4 Uhr; alsbald erscholl die Sturmglocke, die Tore wurden besetzt und geöffnet, um die Auswärtigen von Sachsenheim, Asperg, Gröningen, Ingersheim u. s. f. durchzulassen. – Als am Palmabend 1682 des Schäfers Knecht eine Heide beim Forst anzündete, entstand großer Ußlauf, auf dem Asperg wurde dreimal die Lärmkanone gelöst. – Beim Brand des früheren Präzeptorats (1800) traf 4 Stunden nach Ausbruch des Feuers die Feuerwehr von Ludwigsburg ein. – Zu Bezeugung mehreren Eifers wurden Prämien verliehen an solche, welche die Ersten gewesen z. B. mit dem Pferd u. s. f.
3. Befestigung und Bewachung der Stadt. Ohne Zweifel wurde die Stadt bald, nachdem sie an Baden gekommen, befestigt. Damals gab es wohl noch keine »Vorstadt«, mit welchem Namen die L.B. alles das bezeichnen, was zwischen der äußeren und inneren Ringmauer lag oder stand. Die Mauern, früher viel höher als jetzt, waren mit einer Bedachung versehen und mit Schießscharten durchbrochen. Auf einem an der inneren Mauer angebrachten »Umlauf«, der teilweise noch sichtbar, konnte man rings um die Stadt gelangen. Das Uebersteigen der Mauer war verboten. Privatausgänge durften nur mit obrigkeitlicher Genehmigung und gegen Bezahlung einer Taxe (1662 z. B. 5 sch. jährlich) durchgebrochen, mußten aber in Kriegszeiten wieder zugemauert werden.
Die Stadt hatte 6 Tore. Das 1581 erbaute obere, nicht weit davon das Biegelestor, das (Enz-) Brückentor und das »rechte« (d. h. das eigentliche Tor, gegenüber dem später erbauten Brückentor) Tor beim Aipperturm; das äußere (bei der Neckarbrücke) und das nähere Neckartor (beim Waldhorn). Das »Mühltörle« durften nur die Inhaber der Burgäcker benützen. Vor dem Enzbrückentor, diesseits des Flusses, befand sich die (1788 überwölbte) »uffziehende« Brücke; über dem ziemlich engen, rundbogigen Tor erhob sich die Wärterwohnung und ein hoher spitzer Torturm. Auch am jenseitigen Ende stand ein Torhaus, davor eine »Werre« (Schlagbaum). Die Tore wurden mit dem Ave Maria-Läuten geöffnet und geschlossen, die Schlüssel abends dem Amtm. überliefert. Auch während des Gottesdienstes waren die Tore geschlossen zu halten – ein Gebot, an das sich freilich die Torwarte wenig kehrten, da sie das Publikum mehr fürchteten als die Obrigkeit (Kirchenkonvent). Nach Ende 1797 wurde das Schließen der Tore an Sonn- und Feier-, auch Buß- und Bettagen (monatlichen), das in der Kriegszeit sehr in Abgang gekommen war, wieder eingeschärft. Manche erlaubten sich, auch während der Predigt auf dem Felde zu bleiben, wodurch die Feldfrüchte gefährdet wurden. Nur den Reisenden sollte geöffnet werden.
Eine Reihe von Türmchen oder (Halb-) Rundellen diente zur Verstärkung der Stadtmauer; ein solches stand nächst dem oberen, ein andres beim Biegelestor; noch ziemlich erhalten ist das »Pulvertürmle« bei der Kelter (zeitweilig das »Weibergefängnis«), ein Türmchen oder mehrere beim Waldhorngarten, eines bei der Oelmühle u. s. f.
Der stattlichste Turm, neben den beiden Haupttürmen, war der »Aipperturm« am Torrain. Im J. 1603 wurde das »Aipperhaus« gründlich repariert, wobei auch die Amtsflecken mit Fronen und Geldbeiträgen beigezogen wurden. Das obere Gebäu, ganz bresthaft geworden, wurde abgehoben und neu aufgeführt. Die Arbeit wurde Maister Thomas Appen und Veit Sattlern, beide Maurer allhie, verliehen. Sie verpflichten sich, auf der Höhe einen Kranz Die Reste dieses Kranzes waren noch anfangs dieses Jahrh. als Einfassung des Gärtchens bei Metzger Saußele's Haus zu sehen. von »gehauener und durchbrochener Arbeit« um 60 fl. anzubringen. – Schon 1688 war der Turm wieder recht schadhaft geworden, aber man erlangte wegen der Kosten erst 1777 die Erlaubnis zur Ausführung der Reparatur. 1755 wird er beschrieben: »er steht mitten in der Stadt, massiv, mit 3 Gewölben übereinander und steinernem Kranz. Es fehlt nichts als ein kleines Gehäus oder Dachstuhl für eine Glocke« (Kostenanschlag ca. 500 fl.). Außerdem möchte man (1777) eine Türmerwohnung und eine Unterkunft für einen der Nachtwächter darin herstellen (Anschlag gegen 1200 fl.). 1780 wurde noch ein Uhrwerk (Schlagwerk) mit 2 Uhrtafeln beschlossen. Die kurz vorher neugebaute Chaussee lief unter dem Turmbogen durch. – Der »Staat« d. h. die Amtsinstruktion des Aippertürmers ist mitgeteilt G.P. 1777.
An der allein zugänglichen südöstlichen Seite war die Stadt durch einen tiefen Graben gesichert, welcher in Friedenszeiten trocken war und dem Vieh zur Weide diente, besonders dem Schlachtvieh der Metzger, gegen einen jährlichen Zins. Daher heute noch der Name: »Ochsengraben«. Jenseits des Grabens ist in den älteren L.B. die »Schiedt« oder »Schütt« erwähnt, d. h. Erdaufschüttung, vermutlich für Aufstellung von Geschützen. Auf der Stelle derselben stand seit etwa 1570 das frühere Schafhaus, im J. 1898 durch den Blitz eingeäschert.
Auf der Höhe gegen Ingersheim stand der Wartturm, früher kurzweg » die Wartt«, sehr selten erwähnt. Die Baulast hatte die Herrschaft, bei Fronpflicht der Amtsorte. Seit vielen Jahren dem Zerfall überlassen hat sie an Höhe erheblich verloren. Der Eingang befindet sich 4 m über dem Boden. Das Innere war durch eine gewölbte Decke, welche jetzt eingebrochen ist, in zwei Gelasse abgeteilt (vergl. Art. von Dr. Fr. Hertlein, in »Blätter des Schwäb. Albvereins« 1903, S. 90 ff.).
Im Nov. 1689 wird Holz zum »Losungsfeuer« auf den Wartturm geschafft. Im J. 1727 müssen Stadt und Amt Holz von Weil im Dorf dahin führen.
Die Bewachung der Stadt war in ruhigen Zeiten Sache des Hochwächters, der Torwärter und der Nachtwächter (in Stadt und Vorstadt je 2). Zur Besoldung der letzteren wurde jährlich das Wachtgeld, 15 kr. auf jede Haushaltung (früher auf den Rauch), eingezogen. Ursprünglich war die Nachtwacht kein ständiges Amt, sondern gehörte zu den »gemeinen Diensten«, deren Verrichtung den Bürgern der Reihe nach oblag. – Jede Stunde der Nacht sind in der Stadt 17, in der Vorstadt 11 Schreie zu tun an vorgeschriebenen Orten. Der erste Schrei hat oben in der Stadt auf dem Kelterplatz zu geschehen; dem Hochwächter ist ein Zeichen zu geben, worauf dieser antwortet. Ueber die Saumseligkeit der Nachtwächter wird vielfache Klage erhoben.
Der » Hochwächter«, regelmäßig zugleich Stadtzinkenist, als welcher er täglich dreimal mit einigen Gehilfen (Bürgerssöhnen, auch der Präzeptor beteiligte sich früher) vom Turme abzublasen und in den Gottesdiensten bei der »Kirchenmusik« mitzuwirken hatte – erhielt seine Besoldung teils von der Stadt (als Zinkenist), teils von der Herrschaft (wöchentlich 10 Batzen), teils von dem Amt, welches 1609 eine »Addition« von 5 Batzen wöchentlich schöpfte, da bei der geringen Bezahlung sich niemand mehr als »Turnmann« gebrauchen lassen wollte. Die Beteiligung des Amts war nicht mehr als billig, da des Turnmanns Dienste auch dem Amt zu gute kamen. Uebrigens hatte Walheim ihn von jeher aus seinem Lehenwald »notdürftiglich« zu beholzen. Diese Verbindlichkeit löste das Dorf 1827 ab mit 600 fl., wogegen die Stadt forthin den Turmwächter allein besoldet und beholzt; auch darf sie die Hochwacht nie einseitig aufheben. Drei Jahre später übernahm die Gemeinde vollends den Turm samt der Hochwacht vom Staat gegen Ueberlassung des herrschaftlichen Markt- und Standgelds.
Der Hochwächter hat (1709) morgens früh, sowie vormittags und abends je um 9 Uhr das Glöcklein zu läuten. So auch heute noch. Bei Hochzeiten hat er für das Blasen anzusprechen eine Suppen, ein Stück Fleisch, ein Paar Wecken und eine Maß Wein. Jeden Dienstag darf er ab dem Turm gehen und einen Laubertag (Urlaubstag) halten. Ohne Erlaubnis des Vogts darf er die Stadt nicht verlassen (s. »Aydbuch« von 1748).
Noch ist zu erwähnen die Torwachtpflicht der Bürger, welche namentlich in Zeiten des Kriegs oder allgemeiner Unsicherheit in Kraft trat. Die Wacht ging reihum, und die hiebei geltende Reihenfolge war auch für andere Dienste maßgebend, welche »der Wacht nach« besorgt wurden. Immer wieder mußte eingeschärft werden, daß keiner sich durch Kinder und andere untaugliche Personen vertreten lassen dürfe, sondern in Person und zwar mit Ober- und Untergewehr (Flinte und Säbel) zu erscheinen oder einen Mann zu stellen habe. Dies wird z. B. 1641 der ganzen Bürgerschaft bekannt gegeben und noch am Rathaus »assigniert«.
Als am 3. Juli 1695 »ein französischer Mordbrenner in Bönnigheim eingezogen« befiehlt Vogt, die Wacht mit je 2 Mann an jedes Tor zum Wachen und Botengehen zu bestellen. Aehnliches wird im Sept. 1702 bestimmt, als die Baiern per stratagema (durch Handstreich) Ulm einbekommen. – 1709 wird den Torwärtern eingeschärft achtzugeben, daß sie keine Bettelleute, »Garttbrüder« (Landstreicher), abgedankte Soldaten und dgl. Leute einlassen. 1715, als beide Wasser überfroren, wird ein nächtlicher Patrouillendienst um die Stadt eingerichtet. Alle Hausbesitzer, auch Witfrauen müssen mittun oder einen Mann stellen. Um die Straßenräuber und »Mauspartieen« der Soldaten abzutreiben, wird 1679, März, nicht nur jeder Ackerbauer mit einer Feuerröhre versehen, sondern es werden auch nach dem Wachtbüchlein Roth-(Rotten-)Zettel gemacht und täglich 8 Mann nebst dem Rottenmeister zum Streifen vor die Mauern entsandt. In derartigen Fällen setzte man sich regelmäßig mit den Nachbarorten zu gemeinsamem Vorgehen in Verbindung.
Im 18. Jahrh. müssen namentlich der zahllosen Deserteure wegen fast stets Bürgerwachten unterhalten werden (Genaueres z. B. G.P. 1763, April). Neben der »ordinären Burgerwacht« wurden damals noch Streifkommandos vor den Toren, aber in Gesichtsweite, aufgestellt. Tags wurden dieselben mit einer Trommel, nachts durch einen Schuß aus dem Doppelhaken alarmiert. – Mit der Visitierung der Torwächter waren die Magistratspersonen beauftragt.