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Arbaces hatte in der letzten Zeit das Haus der Jone seltener besucht und wußte nichts von der Liebe, die zwischen ihn und seine Absichten getreten war. Er beschäftigte sich jetzt viel mit dem Bruder der Jone, dessen Geistesstimmung ihn beunruhigte. Apäcides suchte seinen Umgang und seinen Rat nicht mehr. Man konnte ihn selten finden, er vermied sogar den Ägypter, wenn er ihm begegnete. Arbaces war einer jener mächtigen und überlegenen Geister, die gewohnt sind, andere zu beherrschen. Er fühlte sich beschämt bei dem Gedanken, daß einer, der früher sein eigen war, sich ihm gänzlich entziehen könne. Er schwor bei sich selbst, Apäcides solle ihm nicht entgehen.
Mit diesem Entschluß kam er durch eine dunkle Baumgruppe in der Stadt, die zwischen seinem Hause und dem der Jone lag, und dort begegnete er unvermutet dem jungen Priester der Isis, der sich an einen Baum gelehnt hatte und auf die Erde blickte.
»Apäcides«, sagte er, und legte seine Hand vertraulich auf die Schulter des jungen Mannes.
Der Priester erschrak und schien fliehen zu wollen. »Mein Sohn,« sagte der Ägypter, »was tat ich dir, daß du mich meiden willst?«
Apäcides schwieg, indem er auf den Boden sah, seine Lippen zitterten und sein ganzes Wesen war aufgeregt.
»Rede mit mir, mein Freund,« fuhr der Ägypter fort, »rede, dein Geist scheint beunruhigt. Was hast du mir zu entdecken?«
»Dir – nichts.«
»Und weshalb hast du gerade zu mir so wenig Zutrauen?«
»Weil du dich als mein Feind erwiesen hast.«
»Wir wollen uns darüber aussprechen«, sagte Arbaces mit leiser Stimme, und indem er den widerstrebenden Arm des Priesters faßte, zog er ihn auf eine der Bänke, die in der Nähe waren.
Apäcides war noch ein junger Mann, aber man sah ihm an, daß ihn geistige Kämpfe früh verzehrt hatten. Seine Augen lagen tief und glänzten fieberhaft, und seine ganzen Züge verrieten seine leidenschaftlichen Charakteranlagen.
»Du behauptest, ich sei dein Feind gewesen«, sagte Arbaces. »Ich kenne die Ursache jener unbegründeten Beschuldigung. Ich habe dich unter die Priester der Isis eingeführt, du fühlst dich verletzt über ihre Täuschungen und Betrügereien und glaubst, daß auch ich dich hintergangen habe. Die Reinheit deines Gemüts wurde befleckt – du glaubst, auch ich gehöre zu jenen –«
»Du hast also die Umtriebe dieser gottlosen Heuchler gekannt?« erwiderte Apäcides. »Warum verbargst du sie vor mir? Du hast in mir den Wunsch erregt, mich dem Dienst der Isis zu weihen. Du hast mir von dem heiligen Leben jener Männer erzählt, die allen irdischen Vergnügungen entsagten, um sich der Ausübung der erhabensten Tugenden zu widmen, und hast mich unter Wüstlinge gebracht, denen die gemeinsten Laster schon zur Gewohnheit wurden. Oh, wie schändlich hast du an mir gehandelt! Du hast mir die edelsten Gefühle der Jugend, den Glauben an die Menschenwürde und den Durst nach höheren Kenntnissen geraubt, und jetzt –«
Die Stimme des Jünglings wurde durch krampfhaftes Schluchzen erstickt. Er bedeckte das Gesicht mit seinen Händen, und große Tränen drängten sich durch seine abgezehrten Finger und flossen reichlich auf das Gewand.
»Was ich dir versprach, mein Freund, mein Schüler, das will ich dir halten! Jenes waren bloß Versuchungen für deine Jugend – deine fernere Laufbahn wird dafür desto glänzender sein – denke nicht mehr an diese Mummereien. Du bist würdig, in das innerste Heiligtum der Weisheit einzutreten, von nun an will ich dein Führer sein, und du, der jetzt meine Freundschaft verflucht, wirst sie einst segnen.«
Der junge Mann erhob sein Haupt und schaute mit irrenden und zweifelhaften Blicken den Ägypter an.
»Höre mich«, fuhr Arbaces mit ernster und feierlicher Stimme fort. »Von Ägypten ging alle Weisheit der Welt aus, von Ägypten kam das Wissen Athens und die gewandte Politik Kretas, aus Ägypten entsprangen zahlreiche in dem Dunkel der Vorzeit sich verlierenden Volksstämme, welche alle Vorzüge der Weisheit und der Anmut des geistigen Lebens besaßen. Und wie glaubst du, junger Mann, daß jenes Ägypten, die Mutter zahlloser Nationen, zu seiner Größe und erhabenen Weisheit gelangte? – Es war das Ergebnis tiefer und heiliger Staatskunde. Die jetzigen Nationen verdanken Ägypten ihre Macht, Ägypten verdankte sie seinen Priestern. Sie erfanden geheime Deutungen für die Veränderungen am Sternenhimmel, für das Maß der Zeit auf der Erde, für den sich wiederholenden Kreislauf menschlicher Ereignisse. Sie machten diese Deutungen der Fassungsgabe gewöhnlicher Menschen begreiflich durch die Sinnbilder von Göttern und Göttinnen, und was eigentlich nichts als eine Staatsregierung war, das nannten sie Religion. Isis ist eine Fabel – erschrecke nicht! Dasjenige, wofür die Isis eine sinnliche Darstellung sein soll, ist wirklich vorhanden und ein unsterbliches Wesen. Isis ist nichts, aber die Natur, deren Bild sie ist, war und bleibt die Mutter aller Dinge, geheimnisvoll und unbegreiflich in ihrem innersten Wesen, außer für wenige Auserwählte. »Kein Sterblicher hat jemals meinen Schleier gelüftet«, so spricht die Isis, welche du anbetest. Aber den Weisen wurde jener Schleier gelüftet, und es war uns vergönnt, der feierlichen Erhabenheit der Natur in das Antlitz zu schauen. Die Priester waren die Wohltäter, die Erzieher des Menschengeschlechts; aber sie waren auch, wenn du willst, Betrüger und Heuchler. Aber glaubst du, junger Mann, daß sie ihren Mitmenschen, ohne sie zu täuschen, hätten nützlich sein können? – Die unwissende und rohe Menge muß zu ihrem eigenen Besten gegängelt werden; an eine Wahrheit würde sie nicht glauben – aber ein Orakel verehrt sie. Und diese Orakel, Gebräuche und Zeremonien sind die Mittel unserer Herrschaft. Sie sind die Mittel, um die Ruhe und Wohlfahrt der Menschen zu fördern.«
Apäcides schwieg, aber der schnelle Wechsel seiner lebendigen Züge verriet den Eindruck, den die Worte des Ägypters auf ihn machten – Worte, die durch die Stimme und das überlegene Wesen jenes Mannes nur noch eindringlicher wurden.
»Auf solche Weise«, fuhr Arbaces fort, »haben unsere Vorfahren die ersten Grundlagen zur Kultur gelegt. Sie gaben ihnen Gesetze, sie lehrten sie Künste und Wissenschaften, die sie vervollkommneten. Sie forderten den Glauben, dagegen verbreiteten sie die Vorteile der Zivilisation. Waren nicht die Täuschungen selbst, welche man ihnen zum Vorwurf machen konnte, eine Tugend? Glaube mir, welches auch der göttliche Geist sein möge, der von jener fernen Sternenwelt auf unsere Erde herabschaut – er wird jener Weisheit seinen Beifall nicht versagen, die solche Zwecke erreicht hat. Erinnere dich zweier Aussprüche von Sextus, dem Pythagoräer, die der Weisheit Ägyptens entlehnt sind. Der erste ist: »Sprich nicht von Gott mit der Menge«; der zweite: »Der Mensch, der Gottes würdig ist, ist ein Gott unter den Menschen.« So wie geistige Überlegenheit die Priester Ägyptens durch die Religion herrschen lehrte, so kann diese Herrschaft, welche in den letzten Zeiten so sehr in Verfall geraten ist, auch nur durch geistige Überlegenheit wiederhergestellt werden. Ich glaube in dir, o Apäcides, einen meiner Lehren würdigen Schüler zu finden, ein der großen Zwecke würdiges Werkzeug, die noch zu erreichen sind. Ich unterstützte daher deine geheimen Wünsche; ich trieb dich zu dem Schritte, den du getan hast. Doch du tadelst mich, daß ich auf die geistige Nichtigkeit deiner Gefährten dich nicht aufmerksam machte. Hätte ich mich dazu entschlossen, mein Apäcides, so würde ich meinen Zweck selbst vereitelt haben, deine edlere Natur hätte widerstrebt, und Isis ihren Priester verloren.«
Apäcides seufzte laut. Der Ägypter fuhr fort, ohne auf diese Unterbrechung zu achten.
»Ich führte dich daher ohne weitere Vorbereitung in den Tempel ein, ich überließ deiner eigenen Beobachtungsgabe die Entdeckung aller jener Vorspiegelungen, welche die Menge täuschen. Es freut mich, in dir gefunden zu haben, was ich voraussetzte. Du hast deine Gelübde abgelegt, du kannst nicht zurück. Schreite vorwärts – ich will dein Führer sein.«
»Und was willst du mich lehren, o sonderbarer und schrecklicher Mann? Neue Täuschungen – neue –«
»Nein; ich habe dich in den Abgrund des Unglaubens geworfen, ich will dich jetzt zu der Höhe des Glaubens erheben. Du hast die falschen Zeichen gesehen, jetzt sollst du ihre wahre Deutung kennenlernen. Es gibt keinen Schatten, Apäcides, ohne seinen Körper. Komm diesen Abend zu mir – deine Hand darauf!«
Aufgeregt und übertäubt durch die Worte des Ägypters, gab ihm Apäcides seine Hand, und Lehrer und Schüler trennten sich.
Arbaces setzte nunmehr seinen Weg nach dem Hause der Jone fort.
Als er die Schwelle übertrat, hörte er plötzlich von dem Säulengang des Peristyls her die Stimme des jungen Glaukus, und zum erstenmal durchzuckte die Brust des Ägypters eine unwillkürliche Regung der Eifersucht. In das Peristyl eintretend, sah er Glaukus neben der Jone sitzen. Der Springbrunnen in dem duftigen Garten erhob seinen silbernen Strahl in die Luft und gewährte Kühlung vor der brennenden Sonnenhitze. Die Dienerinnen, welche der Jone fast immer Gesellschaft leisteten, die trotz der Unabhängigkeit ihres Lebens immer den zartesten Anstand beobachtete, saßen in einiger Entfernung; zu den Füßen Glaukus lag die Leier, auf der er der Jone eine lesbische Melodie vorgetragen hatte.
Arbaces stand einen Augenblick still und betrachtete das Paar mit einem Blick, den gänzlich der gewohnte ruhige Ausdruck verlassen hatte. Er sammelte sich jedoch bald wieder und näherte sich ihnen langsam, aber mit so leisem Schritt, daß selbst die Dienerinnen ihn nicht hörten, viel weniger Jone und ihr Geliebter.
»Und doch,« sagte Glaukus, »bildeten wir uns bloß ein, bevor wir wirklich liebten, daß unsere Dichter diese Leidenschaft richtig und wahr geschildert haben – in dem Augenblick, da sich die Sonne erhebt, erblassen alle jene Sterne, die wir früher gesehen hatten.«
»Ein schönes und vortreffliches Gleichnis, edler Glaukus!«
Beide erschraken, als sie hinter dem Sitze der Jone das kalte und sarkastische Antlitz des Ägypters bemerkten.
»Du bist ein unvermuteter Gast«, sagte Glaukus, indem er aufstand, mit erzwungenem Lächeln.
»So müssen alle Gäste erscheinen, die wissen, daß sie willkommen sind«, erwiderte Arbaces, indem er sich setzte und Glaukus einlud, seinem Beispiel zu folgen.
»Es freut mich,« sagte Jone, »euch endlich zusammen zu sehen; denn ihr seid füreinander geschaffen und müßt Freunde werden.«
»Gib mir fünfzehn Jahre meines Lebens zurück,« erwiderte der Ägypter, »bevor du mich mit Glaukus zu vergleichen gedenkst. Seine Freundschaft würde mich glücklich machen, aber wie kann ich sie erwidern? Kann ich ihn von denselben Lebensgenüssen unterhalten, wie er mich? Von Festen und Blumenkränzen – vor parthischen Rossen und den Wechselfällen des Würfelspiels? – Dieses Treiben sagt seinem Alter, seiner Natur, seinem Stande zu; mir aber müssen sie gleichgültig sein.«
Indem er dieses sagte, schaute der listige Ägypter nieder und seufzte. Doch warf er einen verstohlenen Blick auf Jone, um zu sehen, wie diese die Angabe der gewohnten Beschäftigungen des Glaukus aufnehmen würde. Glaukus errötete leicht und suchte möglichst unbefangen zu erwidern.
»Du hast recht, weiser Arbaces,« sagte er, »wir können uns gegenseitig achten, doch wir können nicht Freunde sein. Meinen Festen fehlt die geheime Würze, welche dem Gerücht zufolge den deinigen so viel Reiz gewährt. Aber wenn ich einmal dein Alter erreicht haben werde und es dann für weise halte, Vergnügungen deiner Art mich hinzugeben, dann werde auch ich ohne Zweifel das frohe Treiben der Jugend lächerlich zu machen suchen.«
Der Ägypter warf einen scharfen und durchdringenden Blick auf Glaukus. »Ich verstehe dich nicht,« sagte er kalt, »aber man ist es schon gewohnt, in dem Unverständlichen einen verborgenen Witz zu suchen.«
Bei diesen Worten wandte er sich mit einem kaum merkbaren Lächeln von Glaukus ab und sagte, indem er Jone anredete: »Ich war nicht so glücklich, schöne Jone, die letzten Male, da ich dich besuchen wollte, dich zu Hause zu treffen.«
»Die angenehme Seeluft hat mich einigemal an das Gestade gelockt«, erwiderte Jone etwas verlegen.
Diese Befangenheit entging Arbaces nicht, doch dieselbe scheinbar nicht beachtend, antwortete er lächelnd: »Der alte Dichter sagt, wie du weißt: Die Frauen sollen zu Hause bleiben und sich dort beschäftigen.«
»Dieser Dichter war ein Zyniker«, sagte Glaukus, »und haßte die Frauen. Andere Zeiten, andere Sitten. Hätten unsere Voreltern Jone gekannt, so würden sie andere Gesetze gemacht haben.«
»Arbaces,« sagte Jone, indem sie sich bestrebte, eine Unterredung zu unterbrechen, die wenig geeignet war, das gute Vernehmen zwischen Glaukus und ihrem Freunde zu befestigen, »Arbaces muß nicht so strenge gegen seine arme Pflegetochter sein. Als eine Waise ohne mütterliche Aufsicht, mag ich für die unabhängige, fast männliche Freiheit der Lebensart, die ich gewählt habe, wohl Tadel verdienen, aber darf denn nur bei Männern eine Vereinigung von Tugend und Freiheit möglich sein? Weshalb soll die Sklaverei als das einzige Mittel betrachtet werden, um unsere Reinheit zu schützen?«
Jone hielt plötzlich inne und warf einen furchtsamen Blick auf Glaukus, denn es war in Griechenland nicht gebräuchlich, den Frauen die in Italien selbstverständliche Freiheit zu gewähren. Aber Glaukus erwiderte ernst: »Mögest du immer so denken, Jone! Möge immer dein reines Herz dir ein sicherer Führer sein! – Ein Glück wäre es für Griechenland gewesen, wenn es würdigen Frauen dieselbe geistige Ausbildung gewährt hätte, durch die einige unwürdige Mitglieder deines Geschlechts so berühmt wurden.«
Arbaces schwieg, denn es lag weder in seinem Plan, den Ansichten des Glaukus beizupflichten, noch denen der Jone zu widersprechen, und nach einer kurzen und etwas verlegenen Unterhaltung entfernte sich Glaukus.
Arbaces setzte sich jetzt näher zu der schönen Neapolitanerin und sagte mit jenen milden und einschmeichelnden Tönen, in denen er die Verschlagenheit und den Stolz seines Charakters so wohl zu verbergen wußte: »Glaube nicht, meine süße Pflegetochter, wenn ich dich so nennen darf, daß ich deren Unabhängigkeit zu erschüttern beabsichtige. Fahre fort, die glänzende, muntere Jugend, selbst die Weisen um dich zu versammeln, aber hüte dich vor den lästernden Zungen, die so leicht den zarten Ruf eines Mädchens beflecken.«
»Was willst du damit sagen?« fragte Jone mit zitternder Stimme. »Ich weiß, du bist mein Freund, darum erkläre dich bitte deutlicher.«
»Ja, ich bin dein Freund. Aber darf ich ohne Rückhalt sprechen?«
»Ich bitte darum.«
»Wie wurdest du mit diesem jungen Wüstling, dem Glaukus, bekannt? Hast du ihn schon oft gesehen?« Und als Arbaces dieses sprach, heftete er fest seinen Blick auf Jone, als wolle er ihre innersten Gedanken erforschen.
Mit einer Ängstlichkeit, deren Ursache ihr unbewußt war, vor jenem Blicke zurückschaudernd, erwiderte die Griechin verwirrt und zaudernd: »Er wurde in mein Haus als ein Landsmann meines Vaters und, wie ich sagen darf, als der meinige eingeführt. Ich kenne ihn nur ungefähr seit dieser Woche. Aber weshalb jene Fragen?«
»Vergib,« sagte Arbaces, »ich glaubte, du kenntest ihn schon seit längerer Zeit. Der elende Verleumder!«
»Wie! Was meinst du? Woher dieser Vorwurf?«
»Sprechen wir nicht weiter davon; ich will deinen Unwillen gegen einen Menschen nicht erregen, der keinen Ruf zu untergraben vermag.«
»Ich flehe dich an; rede! – Was hat Glaukus geäußert, oder vielmehr, wie sollte er mich beleidigt haben?«
Arbaces tat, als unterdrücke er mit Mühe seine Anwallung. »Nun denn, es muß sein«, sagte er endlich. »So wisse, meine Jone, daß Glaukus erst gestern öffentlich – ja, in den öffentlichen Bädern, deiner Liebe zu ihm sich rühmte. Er sagte, dieses Abenteuer wolle er verfolgen, denn es belustige ihn. Doch ich will ihm Gerechtigkeit widerfahren lassen: er lobte deine Schönheit. Wer wird sie leugnen? Aber er lachte verächtlich, als sein Klodius oder sein Lepidus ihn fragte, ob seine Liebe heftig genug sei, um dich heiraten zu können, und wann er seine Türpfosten mit Blumen zu bekränzen beabsichtige?«
»Unmöglich! Wie erfuhrst du diese niedrige Verleumdung?«
»Nicht doch – soll ich dir alle spöttischen Bemerkungen der unverschämten Wüstlinge wiederholen, mit denen diese Geschichte in der Stadt erzählt wurde? Sei versichert, daß ich sie selbst zuerst nicht glauben konnte, daß ich jedoch durch mehrere Ohrenzeugen die Wahrheit dessen, was ich dir soeben mitteilte, leider bestätigt gefunden habe.«
Jone sank zurück, und ihr Antlitz wurde weißer als der Pfeiler, gegen den sie sich stützte.
»Ich gestehe, es verletzte, es empörte mich, deinen Namen so leichtsinnig von Lippe zu Lippe fliegen zu hören, wie den Ruf einer leichtsinnigen Tänzerin. Ich beeilte mich, diesen Morgen dich aufzusuchen und zu warnen. Ich fand Glaukus hier. Meine Selbstbeherrschung verließ mich. Ich konnte meine Gefühle nicht verbergen; ja ich war sogar unhöflich in deiner Gegenwart. Kannst du deinem Freunde vergeben, Jone?«
Jone legte ihre Hand in die seinige, aber sie schwieg.
Der Ägypter hatte mit großer Schlauheit die Schwächen der Jone aufgeregt – mit großer Gewandtheit traf sein vergifteter Dolch ihre weibliche Eitelkeit. Er glaubte unterdrückt zu haben, was, wie er nach ihrer so kurzen Bekanntschaft mit Glaukus voraussetzte, nur noch eine entstehende Neigung war, und indem er den Gegenstand der Unterhaltung veränderte, leitete er diese auf ihren Bruder. Das Gespräch wurde jedoch bald abgebrochen. Er verließ sie mit dem Vorsatze, sie von jetzt an besser zu beobachten und jeden Tag zu besuchen.
Kaum hatte er sich entfernt, als der weibliche Stolz – die Schutzwaffe ihres Geschlechts, das Schlachtopfer, welches Arbaces sich ausersehen hatte, verließ, und die gedemütigte Jone brach in einen Strom von Tränen aus.