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Die Vegetarier im Walde

Humphrey Pumps Kunst, auf einer Pfanne, die er am Strande gefunden, Pilze zu kochen, war kennzeichnend für ihn. Er gehörte, ohne daß er sich anmaßte, ein Studierter zu sein, zu jener Art von Naturwissenschaftlern, welche die Wissenschaft zu ihrem Unglück nicht mehr in ihren Reihen hat. Er war ein Naturwissenschaftler der guten alten Zeit wie Isaak Walton, der sein Wissen nicht auf akademische Weise gelernt hatte wie ein amerikanischer Professor, sondern von der Natur selbst wie ein Indianer. Und jede Wahrheit, die ein Mann als Wissenschaftler gefunden hat, ist immer im höchsten Sinne verschieden von jeder Wahrheit, die er als Mensch gefunden hat, weil Familie, Freunde, Gewohnheiten und Gesellschaft schon viel zu viel an einem herumgepfuscht haben, bevor man die Theorie von irgend etwas lernte. So könnte Ihnen zum Beispiel jeder hervorragende Botaniker in einer Sitzung der Königlichen Akademie der Wissenschaften sagen, daß es noch andere eßbare Pilze gibt außer Champignons und Trüffeln. Aber lange bevor ein gelehrter Botaniker mit seiner Entdeckung vor die Welt trat, hatte er sich schon mit Champignons und Trüffeln beschäftigt und hatte schon immer das unbestimmte Gefühl gehabt, daß diese Pilze gutschmeckende Dinge, daß Champignons ein bescheidener, auch den Mittelklassen zugänglicher Luxus sei, während Trüffeln schon ein etwas kostspieligerer Luxus sind, nur für die oberen Zehntausend bestimmt. Allein die alten Naturwissenschaftler, von denen Isaak Walton vielleicht der erste war und Humphrey Pump vielleicht der letzte ist, hatten in mancher Hinsicht am anderen Ende angefangen und durch Erfahrung herausgefunden, daß einige Pilze gut und einige giftig, daß die Pilze im ganzen und großen aber in der Mehrzahl gut sind. Ein solcher Mann wie Humphrey Pump betrachtete einen Pilz als solchen nicht mißtrauischer als ein Tier in gleicher Lage. Er hatte nicht den verdächtigen ersten Gedanken, daß etwas Purpurfarbenes unbedingt auch etwas giftiges sein müsse, ebenso wie er nicht glaubte, daß jeder Hund, der aus einem Walde kommt, unbedingt toll sein muß. Er kannte die meisten Pilze, und die er nicht kannte, behandelte er mit vernünftiger Vorsicht. Aber in ihrer Gesamtheit war er diesen einbeinigen Gesellen ziemlich freundlich gesinnt.

Du siehst, sagte er zum Kapitän, daß Pflanzenkost nicht halb so schlimm ist wie man meint, so lange man nur weiß, was man ißt, und so lange man den Magen dazu hat. Aber die Vornehmen gehen da auf Irrwegen und zwar nach zweierlei Richtung. Erstlich haben sie niemals eine Kartoffel oder Mohrrübe nur deswegen essen müssen, weil nichts anderes im Hause war, und sie haben es niemals an sich selbst erfahren, wirklich hungrig nach einer Mohrrübe zu sein wie ein Esel es zuweilen ist. Sie wissen nur, daß Gemüse zum Fleisch als Beigabe paßt; sie wissen, daß man zum Entenbraten Erbsen ißt, und sie denken sich unter einem Vegetarier nur einen Menschen, der Erbsen ohne Entenbraten ißt. Sie wissen, daß man Hummern mit Salat ißt, und sie denken beim bloßen Salat immer an die fehlenden Hummern. – – Der andere Irrtum ist noch verderblicher. Es gibt eine Menge Leute hierzulande, und noch mehr im Norden, die selten genug Fleisch zu sehen bekommen; aber wenn sie welches vor sich haben, so hauen sie ein wie Scheunendrescher. Der Haken bei den Vornehmen ist nur, wenn sie Fleisch essen wollen, daß sie dann wirklich nichts anderes wollen. Der Vegetarier, der in Ivywoods Haus essen geht, ist wie eine Kuh, die von einem Grashalm den Tag über zu leben versucht. Du und ich haben uns die ganze Zeit ganz tapfer als Vegetarier gehalten und haben den Käse in Ruhe gelassen; wir habens auch nicht so schwer gefunden, weil wir so viel zu essen hatten, wie wir nur wollten.

Es ist nicht so schwer Vegetarier wie Abstinent zu sein, antwortete Dalroy, aber wir haben doch auch das Faß in Ruhe gelassen. Ich will durchaus nicht leugnen, daß ich mich im großen und ganzen dabei sogar besser fühle, aber ich habe doch das Gefühl, daß ich es nur darum habe aushalten können, weil ich die andere Möglichkeit hatte. Und da ich gerade daran denke, schrie er und fiel in seine alte unvegetarische Energie zurück, wenn ich nun ein Vegetarier bin, so sollte ich doch ein rein vegetarisches Getränk trinken. Warum sollte ich nicht den feinsten Pflanzenextrakt sozusagen destilliert genießen? Der bescheidene Vegetarier sollte sich natürlich an Wein und Bier halten, an rein vegetarische Getränke, anstatt an Humpen, gefüllt mit Ochsen- oder Elefantenblut, wie Fleischesser vermutlich zu tun pflegen. Ein anständiges gegornes Getränk ist der Triumph des Vegetarismus – ist das nicht ein begeisternder Gedanke? Ich könnte einen Sang darauf dichten, der müßte ungefähr so anfangen:

Sucht mich in Matrosenschänken,
Laßt mich ganz in Rum ertränken,
In den ländlichen Destillen
Will ich Durst und Hunger stillen.
Leben will ich rein agrarisch,
Denn ich bin streng vegetarisch.

Ist das nicht Wortschwelgen und geistige Erbauung in hunderterlei Beziehung? Wie könnte wohl die zweite Strophe gehen? Vielleicht so:

Hab das Weinfaß leer getrunken,
Spür ich Kraft in Arm und Lungen,
Kommt die Polizei gelaufen,
Hebt gleich an ein großes Raufen,
Doch beileibe nicht barbarisch,
Denn ich bin streng vegetarisch.

Ich denke, das könnte für das Menschengeschlecht sehr lehrsam sein – hallo, wonach siehst Du?

Der vierfüßige Quudel kam aus den Bäumen heraus, später als er gewöhnlich zu kommen pflegte, und legte sich neben Humphreys linken Fuß nieder, ganz zerstreut blickend.

Lieber alter Bursche, rief der Kapitän, du scheinst uns wohl ganz gern zu haben. Ich bezweifle, Hump, ob er wohl in dem Hause dort richtig behandelt wird. Ich will nichts gegen Ivywood im besondern sagen. Ich wünsche ihn zur Hölle, weil er mir alles genommen hat, wofür ich lebte. Ich glaube, ich sage nicht zu viel, daß er es selber unterschreiben würde, wenn ich behaupte, er verstehe kein Tier. Und darum kann er nicht die tierischen Seiten des Menschen verstehen. Er weiß bis zu diesem Tage nicht, Hump, daß du sechzigmal besser siehst und hörst als er. Er weiß auch nicht, daß ich eine bessere Verdauung habe. Da war einmal ein Bursche, der sich Doktor Glück schrieb und der, hauptsächlich auf Ivywoods Betreiben, wie ich glaube, in der türkischen Friedenskonferenz anscheinend Deutschland vertrat. Mein lieber Hump, das war ein Mann, den ein wirklicher Gentleman wie Ivywood nicht einmal mit einer Stange hätte anrühren dürfen. Es war nicht wegen seiner Rasse – wenn er überhaupt eine Rasse hatte – es ist die Art von Menschen, zu denen er gehörte. Ein verdammter Levantinischer Schurke und Herumschnüffler! Aber du darfst deswegen nicht heftig werden, Hump, du mußt dich beherrschen, wenn wir über solche Leute etwas ausführlich sprechen. Und wenn du es nicht fertig bekommst, so mache ich Gedichte, wie ich es jetzt tue:

Kam ein Doktor Glück gezogen,
Seine Nase war gebogen,
Hielt von Schweinefleisch sich fern
Und aß Schnittlauchkräuter gern,
Denn er war, wenn auch nicht arisch,
Doch so wie ich streng vegetarisch.

Wenn du wirklich vegetarisch bist, so wäre es besser, wenn du jetzt kämst, Pilze müssen heiß gegessen werden, sagte Pump.

Du hast recht, Hump, und Dalroy setzte sich mit all den äußeren Merkmalen einer schweigenden Gefräßigkeit hin. Er aß mit Vergnügen und sehr viel. Dann warf er einen finstern neidischen Blick auf das Faß und sprang dann wieder auf. Er griff nach dem Schild und pflanzte es neben sich wie eine Pallisade auf. Dann begann er wieder zu singen und zwar noch lauter als zuvor:

Ivywood mag Wälder schlagen,
Seinen Kopf noch höher tragen,
Doch – – –

Weißt du, sagte Hump, der seine Mahlzeit beendet hatte, weißt du, daß ich genug von diesem Liede habe?

Genug? sagte entrüstet der Irländer, dann werde ich dir ein noch längeres Lied singen mit einer noch schlechteren Melodie, und das noch vegetarischer ist. Und du sollst mich auch tanzen sehen, und ich werde tanzen, bis du mir die Hälfte deines Königreiches anbietest, und ich werde dich um Mr. Levysons Kopf auf dieser Bratpfanne bitten. Denn mein Lied klingt ganz orientalisch und feiert die Wunderlichkeiten eines alten babylonischen Sultans und sollte in einem Elfenbeinpalast unter Palmenbäumen und zu einer persischen Nachtigall als Begleitung gesungen werden. Und er fing an, ein neues Lied über den Vegetarismus herauszubrüllen:

Nebukadnezar, der König von Babel,
Brauchte zum Essen nicht Messer noch Gabel,
Kroch auf den Händen und Knien und fraß
Wies liebe Vieh am Wege das Gras.
Lurili, lurili, lurilei.

Nebukadnezar, der König von Babel,
Macht' es den Leuten nicht recht nach der Fabel,
Wurde geschmäht und verflucht und verbannt;
Neuerer werden gewöhnlich verkannt.
Lurili, lurili, lurilei.

Als Dalroy dieses Lied sang, begann er zu tanzen wie ein Ballettmädchen und warf einen ungeheuren lächerlichen Schatten in der Sonne, als er den Pfahl mit dem Schilde schwang. Quudel sperrte Augen und Ohren auf und schien an dieser außerordentlichen Bewegung viel Anteil zu nehmen. Plötzlich begriff er mit einer jener Erleuchtungen, die auch die ruhigsten Hunde manchmal befällt, daß er zu diesem Tanze die Begleitung spielen könnte, und fing an, mit Bellen und Springen den Tanzenden zu begleiten und an ihm emporzuspringen. Aber obgleich der Seemann viel weniger mit Hunden Bescheid wußte als die Landratte, so wußte er doch soviel, daß man sie nicht erschrecken dürfe. Aber seine Stimme hätte das Bellen einer ganzen Meute übertönt.

Simeon Skudder aus Styx im Staat Maine
Wollte die Fabel in Wirklichkeit sehn,
Stopfte den Irländern Gras in den Schnabel,
Wie seinerzeit der König von Babel.
Lurili, lurili, lurilei.

Doch sind Geschmäcker und Zeiten verschieden,
Irländer sind nicht mit Grasbrot zufrieden,
Klopften dem Geizhals das Fell ganz blamabel,
Wie ihrem König die Leute von Babel.
Lurili, lurili, lurilei.

Mit einer Ausgelassenheit, die selbst bei ihm ungewöhnlich war, tanzte er weiter, durch die Disteln in das Dickicht um die alte Kapelle. Und der Hund, jetzt überzeugt, daß alles nicht nur ein Spiel, sondern ein Auszug war, vielleicht auf die Jagd, rannte bellend vor ihm her auf dem Wege, den er selbst sich durch den Wirrwarr gebahnt hatte. Bevor noch Patrick Dalroy wußte, was er tat, oder sich bewußt wurde, daß er noch das lächerliche Wirtsschild mitschleppte, fand er sich in dem offenen Eingange zu einem kleinen Turme am Ende des Gebäudes, das er nicht kannte. Quudel rannte die dunkle Treppe hinauf, immer vier oder fünf Stufen auf einmal, spitzte die Ohren und sah sich nach seinem Gefährten um.

Es ist vielleicht möglich, von einem Manne zu viel zu verlangen. Wenn dies möglich ist, dann war es von Dalroy zu viel verlangt, eine solche Einladung nicht anzunehmen. Wie auf eine plötzliche Eingebung hin pflanzte er das unförmliche hölzerne Schild in dem Distel- und Gras-Dickicht auf, bückte sich und versuchte, die Treppe emporzusteigen. Es war ziemlich dunkel, und erst nach zwei Windungen sah er wieder Licht vor sich. Und dann war eine gezackte Ritze in der Wand wie die Mündung einer Höhle, und sie war so niedrig, daß er Schwierigkeiten hatte, seinen ungeheuren Körper hindurchzuzwängen. Allein der Hund schien mit der Örtlichkeit so vertraut zu sein und sah oft zurück, ob Patrick ihm auch folge. Wenn er in eine bekannte Umgebung gekommen wäre, so würde er sogleich umgekehrt sein, aber da er Dinge sah, die ihm neu waren und die er auch nicht für möglich gehalten hätte, so blieb er.

Sein erster Gedanke war, daß er in dem verborgensten Gemache eines Traumschlosses wäre. Die Gemächer sahen aus wie in Tausend und eine Nacht. Die Verzierungen waren prächtig, gestaltlos und steif. Ein purpurnes Haus schien in einem grünen zu stehen und dieses wieder in einem goldenen. Und das seltsam geschnitzte Holzwerk und das verflochtene Gitter machten einen Eindruck wie eine wogende See. Waren das die hängenden Gärten oder das Schloß des Sonnenaufganges oder des Mondunterganges?

Ist das die Wahrheit über Morgen- und Abendland? Daß der prunkende Orient alle Aufregungen zu bieten vermag außer dem Manne, der sie genießt? Das würde die Idee der Kreuzzüge erschöpfend erklären. Vielleicht ist diese Wechselwirkung zwischen Europa und Asien von der Schöpfung so gewollt?

Er machte sich auf irgend eine Ungeheuerlichkeit gefaßt. Er würde kaum überrascht gewesen sein, wenn aus einem der porzellanenen Töpfe, die in einer Ecke standen, ein schlängelnder Streifen blauen oder gelben Rauches gekommen wäre, oder aus den Vorhängen eine Blutspur, oder aus der verschlossenen Tür ein weißgekleideter Neger, oder wenn er durch die geöffnete Tür den Sultan schlafend gesehen hätte. Und doch geschah etwas noch viel Unerwarteteres, und als er es sah, glaubte er, er wandere in den Irrgängen seines eigenen Gehirns. Auf einem Divan in blutroten und orangefarbenen Kissen lag eine auffallend schöne Frau mit brauner Hautfarbe wie eine Araberin. Sie hätte eine Prinzessin sein können aus Tausend und eine Nacht. Aber die lebendige Wahrheit bestand nicht darin, daß sie in dem Räume zu Hause war, sondern vielmehr, daß sie fühlbar nicht hineingehörte. Nicht ihre Fremdheit packte ihn, sondern ihre vertraute Erscheinung.

Der Hund lief immer schneller voraus, und die Prinzessin auf dem Sofa bewillkommnete ihn mit viel Freundlichkeit, als er sich auf die Hinterpfoten stellte. Dann sah sie auf und war wie eine steinerne Bildsäule.

Bismallah, sagte der Eintretende freundlich, möge Dein Schatten wachsen oder kleiner werden nach Deinem Wunsch! Der Beherrscher der Gläubigen hat seinem letzten unwürdigen Sklaven aufgetragen, dir diesen Hund zurückzubringen. Aber da er aufgehalten wurde, die fünfzehn größten Diamanten auf dem Monde zu suchen, so hat er den Hund ohne Halsband schicken müssen, die Schuldigen für diese Verzögerung sollen ohne Gnade mit Drachenschwänzen zu Tode gepeitscht werden. –

Da das Erschrecken über die Erscheinung nicht von ihrem Gesichte wich, so kehrte er zu einer vernünftigeren Redeweise zurück:

Kurz gesagt, im Namen der Propheten – der Hund hier – ich sage, Joan, ich wünschte, es wäre ein Traum.

Es ist kein Traum, war das erste was sie sagte, auch ich wünschte, ich wäre einer.

Dann, fuhr der Träumer logisch fort, was bist du sonst, wenn du kein Traum bist, – – und was bedeuten all diese Dinge hier, wenn sie kein Traum sind?

Das ist der neue Flügel von Ivywoods Schloß, brachte die Lady stockend heraus, er ist selbst nebenan in einer angeregten Debatte über orientalischen Vegetarismus, ich kam nur heraus, weil es mir drinnen zu heiß war.

Vegetarismus, rief Dalroy mit einem unverständlichen Gefühlsausbruch – der Tisch scheint mir wenig vegetarisch zu sein, – – und dabei zeigte er auf einen der langen schmalen Tische, die beladen waren mit auserlesenen Leckerbissen, kaltem Fleisch und kostbaren Weinen.

Ivywood ist sehr freidenkend, sagte Joan, die auf der Grenze irgend einer Gemütsbewegung zu sein schien, – – er kann nicht erwarten, daß alle plötzlich Vegetarier werden, die es nicht zuvor waren.

Es ist alles schon vorgekommen, sagte Dalroy ruhig und schritt zu den Tischen, um sie näher anzusehen – ich meine, deine asketischen Freunde scheinen ziemlich viel Champagner getrunken zu haben – du kannst mirs glauben, Joan, aber seit einem Monat ist nichts von dem, was man Alkohol nennt, über meine Lippen gekommen.

Und mit diesen Worten füllte er ein großes Glas, das für Rotwein bestimmt war, mit Champagner und stürzte es in einem Zuge hinunter.

Lady Joan Brett stand zitternd da: Das ist nicht recht von dir, Pat, mach keine Dummheiten, meinetwegen magst du Alkohol trinken, wo du willst, aber du bist hier nicht eingeladen, und er weiß nicht, daß du hier bist – und das gehört sich nicht.

Er soll alles wissen, sagte der große Mann ruhig, ich weiß ganz genau, was ein Glas Champagner kostet.

Und indem er dies sagte, kritzelte er einige Worte auf die Rückseite eines Speisezettels und legte drei Schillinge darauf.

Damit beleidigst du Philipp tödlich, rief Joan, die flammend weiß geworden war, du weißt nur zu gut, daß er von dir kein Geld nehmen würde.

Patrick Dalroy stand einige Augenblicke da mit einem Ausdruck auf seinem breiten und ungewöhnlich offenen Gesicht, den sie erheiternd fand. Endlich sagte er mit unveränderter Ruhe: Das würde seltsam zugehen, wenn einer von uns Philipp Ivywood beleidigt, so bist du es; ich halte ihn nicht für fähig, daß er sein Wort bricht. Und ich denke, er wird es umsomehr halten, als er es freiwillig und bestimmt gegeben hat. Du wirst einen Mann wie ihn nicht eher begreifen, als bis du seine Liebe für Begriffsbestimmungen verstehst.

Du philosophierst, unterbrach ihn Joan, kannst du nicht sehen, daß dies alles Unsinn ist?

Und ich möchte, sagte er, daß du der Sache auf den Grund gehst: ich habe es aus Lord Ivywoods eigenem Munde, daß ich überall, es mag sein wo es wolle, hineingehen und gegen Bezahlung alkoholische Getränke verlangen kann, wo ein Wirtsschild draußen steht. Und ich weiß, er wird von dieser Begriffsbestimmung nicht abgehen, ebensowenig wie von einer anderen. Wenn er mich hier findet, so kann er mich möglicherweise unter irgendeiner Beschuldigung ins Gefängnis bringen lassen, aber wegen des Champagners wird er kein Wort verlieren. Und er wird auch die drei Schilling annehmen, und ich werde ihm diese Folgerichtigkeit hoch anrechnen.

Ich verstehe nicht ein Wort von dem, was du sagst, sagte Joan. Wie bist du hereingekommen, wie kann ich dich wieder fortbringen? Du scheinst noch immer nicht zu begreifen, daß du in Ivywoods Händen bist.

Komm und sieh – – da draußen steht ein neuer Name für dieses Haus, sagte Patrick beruhigend und führte sie nach dem Turmzimmer. Sie folgte und beugte sich ein wenig aus dem Fenster, wo der purpurne Vogel in dem goldenen Käfig hing. Fast unmittelbar unter ihm, am Eingang der Treppe stand ein hölzernes Wirtsschild und stand so fest da, als hätte es da gestanden schon seit Jahrhunderten.

Hier sind wir wieder im »Alten Schiff«, sagte der Kapitän, darf ich dir etwas anbieten?

In dieser gefällig gastfreundlichen Bewegung seiner Hand sah Joan eine Unverschämtheit, aber eine völlig andere Gemütsbewegung legte sich auf ihre Züge, als sie hatte zeigen wollen.

Mit einer wilden Ausgelassenheit rief Patrick: Ich habe dich zum Lachen gebracht, Liebste, – – und er warf sie herum im Wirbel und verschwand dann wie fortgeblasen. Und sie stand da, die Hände auf ihren wilden schwarzen Kopf gelegt.



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